Protocol of the Session on July 17, 2014

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Es ist auch Geld übrig.)

Selbst wenn Sie die bis zum Ende zurückzahlen sollten, Herr Minister, dann haben Sie in der Zeit immer noch Zinsen bezahlt für diese Schulden, die Sie selber gemacht haben.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Wir haben 600.000 € getilgt.)

Wenn man Schulden tilgt, wenn ich hergehe und sage, ich habe Schulden getilgt, dann habe ich am Ende weniger Schulden als am Anfang.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Ja, haben wir auch.)

Nein, haben Sie nicht. Sie haben höchstens genauso viele, Sie haben in der Summe vielleicht keine neuen gemacht. Mit der Lesart, dass man Schulden getilgt hat, wenn man am Ende mehr Schulden hat oder genauso viele wie vorher, da müssen Sie mal zu Ihrer Bank gehen, die erklärt Ihnen das vielleicht besser als ich.

(Beifall FDP)

Die FDP-Fraktion hat in den Haushaltsberatungen über 2.500 Anträge hier eingebracht, meine Damen und Herren - mit geringem Erfolg, das ist das Los von Oppositionsanträgen. Aber wir haben mit diesen Anträgen gezeigt, Frau Ministerpräsidentin, auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, auch Herr Pidde hat das immer nicht wahrhaben wollen, dass man Konsolidieren, Investieren und Sparen unter einen Hut hätte bringen können, wenn man nur gewollt hätte.

(Beifall FDP)

Sie haben es nicht gewollt. Das ist der Punkt. Mike Mohring hat 2010 gesagt, die 1 Mrd. €, die geplant war als Neuverschuldung im Haushalt, die sieht man gar nicht, wenn man durchs Land fährt. Geplant haben Sie es trotzdem, 370 Mio. € Schulden sind am Ende übriggeblieben. Deswegen sage ich, mit etwas mehr Anstrengung könnte Thüringen heute tatsächlich weniger Schulden haben, als wir im Jahre 2009 hatten. Aber das wollte außer uns in diesem Haus niemand.

(Beifall FDP)

Jetzt könnte man natürlich defätistisch sein und sagen, wenigstens ist damit gesichert, dass unsere Kinder, Enkel und Urenkel noch etwas von dieser Regierung haben. Das sind die Schulden, mit denen Sie sich die politische Zustimmung erkauft haben. Die haben Sie auf Kosten der kommenden Generationen gemacht. Da hatten Sie eine gemeinsame Basis, da waren Sie sich wirklich mal einig.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, in zwei Monaten wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Es ist unsicher, ob dem Landtag wieder eine FDP-Fraktion angehören wird. Wenn es die nicht geben wird, dann sind Sie mit Ihrer Gefälligkeitspolitik hier alleine. Dann können Sie Schulnoten abschaffen, dann können Sie das Sitzenbleiben abschaffen, dann können Sie Schulden machen und dann können Sie die Wirtschaft behindern, ohne dass Ihnen irgendjemand hier im Hohen Hause den Spiegel vorhält. Das wird bequemer für Sie - vielleicht sogar auch bequemer für mich, aber ich will es nicht bequem haben -, aber es schadet dem Land. Deswegen verspreche ich Ihnen, dass wir kämpfen werden, damit Sie sich auch in den nächsten fünf Jah

ren diese unbequeme Meinung immer mal anhören müssen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Das Wort hat jetzt Abgeordnete Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren und Gäste, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, das waren jetzt ganz schön viele Phrasen. Die Phrasendreschmaschine war ordentlich gefüllt.

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Böse war das.)

Die Ministerpräsidentin fing an: Mit voller Kraft in Richtung Zukunft. Das ist als Erstes aus der Phrasendreschmaschine gekommen. Herr Pidde: Wir sind auf einem guten Weg.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Nichts als Wahrheiten.)

Nein, und das ist eben der Punkt, Frau Ministerpräsidentin, „nichts als Wahrheiten“ ist falsch. Das sind maximal Halbwahrheiten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen stimme ich dem Kollegen Barth auch ausnahmsweise mal zu, es gibt eine Bilanz immer von zwei Seiten zu betrachten und das wollen wir an dieser Stelle tun. Ich war überrascht, Frau Ministerpräsidentin, dass Sie überhaupt den Mut hatten, am Ende dieser viereinhalb, zum Teil sehr quälenden Jahre, für Sie vor allen Dingen quälend, überhaupt hier Bilanz zu ziehen. Dann komme ich zum Stichwort Halbwahrheiten. Sie haben geflissentlich viele Dinge einfach weggelassen, bewusst weggelassen, denn wenn man aus der Staatskanzlei in den vergangenen 12 Monaten irgendwas gehört hat, dann vor allen Dingen Versorgungsskandale.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Landesregierung ist vor allen Dingen darüber wahrgenommen worden, welchen Staatssekretär oder welchen Minister Sie mal wieder in die Wüste schicken mussten.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Wir haben gearbeitet.)

Darüber haben wir nichts gehört. Das gehört aber auch zu Ihrer Bilanz, Frau Ministerpräsidentin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil Sie so furchtbar viel mit dem Personal beschäftigt waren, das zu ordnen, kamen auch keine politischen Impulse mehr und so dümpelte diese schwarz-rote Regierung, dieses Sonntagsfrüh

stückskabinett, doch schon sehr lange vor sich hin. Sonntagsfrühstückskabinett, was meine ich damit? Die CDU bringt die Brötchen, die SPD die rote Marmelade, dann sorgt man für gute Stimmung, das Protokoll ist beschäftigt und das Land ist egal.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit Ambiente, meine sehr geehrten Damen und Herren, konnten Sie immer gut glänzen, das haben Sie auch 2009 gezeigt bei den Koalitionsverhandlungen oder beim 20. Jahrestag der Verfassung auf der Wartburg. Aber Ambiente reicht eben nicht, regieren muss man wollen. Dazu braucht man Inhalte und tragbare Entscheidungen und da kam doch in den letzten Jahren überhaupt nichts mehr.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: 400 Initiativen, 400 muss man erst mal haben.)

Entschlossen regieren, vertrauensvoll Personal auswählen oder dieses Land führen, das können Sie nicht. Das haben Sie gezeigt. Oder ehrlich den Koalitionsvertrag bilanzieren, das wollten Sie heute nicht. Sie hatten die Gelegenheit. Oder sich mal an Ihre Jenaer Rede erinnern, was Sie 2010 vorhatten, auch das haben Sie sich heute nicht getraut.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Sie haben es nicht gehört.)

Was Sie wollten, ist weichzeichnen, und wir wollen klarmachen, was alles schiefgelaufen ist in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen, Frau Ministerpräsidentin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das müssen Sie sich auch anhören. Ich komme zuerst zum Koalitionsvertrag. Sie haben behauptet, vollmundig behauptet, erneut weichgezeichnet, aber diesmal mit einer Zahl, 90 Prozent des Vertrags wurden abgearbeitet - 90 Prozent. Dann frage ich Sie, ob die 10 Prozent, die fehlen, wirklich nur das Bildungsfreistellungsgesetz sind und etwas weniger Straßen oder was da eigentlich tatsächlich fehlt?

Damit komme ich zum Stichwort Halbwahrheiten. Zitat, im Koalitionsvertrag steht: Grüne Technologien „wollen die Koalitionspartner ausbauen. Thüringen soll führender Standort einer der wichtigsten Leitmärkte zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden.“

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Das haben wir gemacht.)

Fünf Jahre später: Die Thüringer Solarbranche ist größtenteils insolvent, auch aufgrund Ihrer Untätigkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

(Abg. Barth)

Einen industriepolitischen Dialog zum Schutz der Solarbranche gibt es von Ihnen nicht.

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Das ist doch der Oberhammer.)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nur Briefe für die Braunkohle.)

Der Studiengang Photovoltaik und Halbleitertechnologie bricht zusammen - Sie wissen genau, in welch schwierigem Fahrwasser der in Jena gerade ist -, so bauen Sie doch keine grünen Technologien aus, Halbwahrheit.

Zum Stichwort Energiewende: Sie haben gesagt, Sie hätten die Energiewende mit voller Kraft angepackt. Wie kommt es denn dann, dass wir beim LEITSTERN deutlich zurückgefallen sind?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)