Protocol of the Session on June 21, 2013

land und da ist dann auch in den Ländertests herausgekommen, dass auch Thüringen da nicht ganz weit an der Spitze liegt. Ich glaube, deshalb ist ein wesentlicher Punkt hierbei, in die Bildung zu investieren. Dabei geht es nicht nur um die Schulbildung, um die Frage des Sitzenbleibens, um die Frage des gemeinsamen Lernens, um die Frage der Gemeinschaftsschule, sondern dabei gilt es natürlich auch, schon viel weiter anzusetzen, nämlich bei der Kindertagesstätte. Nun haben wir in den letzten Wochen und Monaten viele Diskussionen gehabt, vielleicht insbesondere in Erfurt, aber auch in anderen Städten findet das ja statt, dass es Diskussionen gibt über hohe Kita-Beiträge. Wir als LINKE sagen natürlich, wir brauchen eine kostenlose Kita.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn die Kindertagesstätten frühkindliche Bildungsangebote sind, dann müssen sie eben auch behandelt werden wie die ganz normale Schule, die ist auch kostenfrei, wir haben Lernmittelfreiheit. Das brauchen wir für die Kindertagesstätten in Thüringen auch.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie dann fragen, woher wir das Geld nehmen wollen, dann würde ich Ihnen zum einen den Armuts- und Reichtumsbericht ab Seite 89 empfehlen, dort steht drauf, bei wem wir das Geld haben wollen. Und es ist natürlich auch so, dass wir wieder eine Beteiligung an der Bildungsfinanzierung brauchen, und zwar ein Drittel durch den Bund, ein Drittel durch das Land und ein Drittel durch die Kommunen. Ich denke, dass, wenn wir so eine Drittelfinanzierung von Bund, Land und Kommune hinbekommen, wir dann die Kitas auch kostenfrei stellen können und damit hätten wir im frühkindlichen Bereich durchaus etwas gewonnen.

Ich will vielleicht noch zu einigen anderen Dingen etwas sagen, weil die Familienförderung von Frau Meißner so gelobt wurde, wie gut das alles in Thüringen ist. Ja, in Thüringen wird auch viel Geld für Familienförderung ausgegeben, das ist an der einen oder anderen Stelle auch richtig, an einer anderen Stelle ist es vielleicht etwas falsch. Die Stiftung FamilienSinn beispielsweise würde ich hier ganz frei auch kritisieren und sagen, das ist überflüssig wie ein Kropf. Des Weiteren ist das Landeserziehungsgeld auch überflüssig.

Wenn man sich jetzt die Jubelmeldung anschaut, die gestern durch die Zeitung gegangen ist, dass also Frau Kristina Schröder - sie ist Familienministerin, wenn ich mich nicht täusche - und Herr Schäuble, wenn sie da ihre Studie vorlegen, dass in Deutschland 156 familienpolitische Leistungen erbracht werden und dass man daran festhalten möge und dass das wichtige und gute Leistungen sind, da muss man sich tatsächlich noch mal die Frage stellen, wie wirken diese familienpolitischen Leis

tungen überhaupt? Denn da, habe ich den Eindruck, ist Frau Schröder nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Beispielsweise der Kölner Sozialwissenschaftler Christoph Butterwegge, der bei der letzten Armutskonfernz der Landesregierung in der Fachhochschule Erfurt einen sehr einprägsamen Vortrag gehalten hat, hat zum Beispiel herausgefunden und analysiert, dass die meisten familienpolitischen Leistungen eben nicht danach gezahlt werden, welche Bedürfnisse und welche Bedarfe haben Kinder, sondern dass die meisten familienpolitischen Förderleistungen danach gezahlt werden, aus welchem Milieu kommen die. Da ist es eben so, dass diejenigen Eltern, die mit ihrem Einkommen ganz gut dastehen, die bessere Förderung bekommen und diejenigen, die kaum Einkommen haben oder eben auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, auch die wenigsten familienpolitischen Förderleistungen bekommen. Da ist das Kindergeld anzusprechen, was der Mittelstandsmensch, was die Mittelstandsfamilie bekommt, aber diejenigen, die im Sozialgeldbezug sind, denen wird das Kindergeld als Einkommen abgerechnet, aber diejenigen sind es, die es am ehesten bräuchten.

Da gibt es weitere Dinge, beispielsweise das Ehegattensplitting. Dort wird ausschließlich die Ehe, der Trauschein subventioniert. Das mag für Menschen aus dem katholischen Eichsfeld ein Wert an sich sein,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ja, ist er auch.)

aber das hat nichts damit zu tun, Frau Tasch, ob in dieser Ehe tatsächlich Kinder vorhanden sind, denn eigentlich brauchen wir ein Kindersplitting oder brauchen wir eine Förderleistung, die das Kind in den Fokus nimmt und nicht die Ehe oder sonstige politische Vorgaben für das Zusammenleben von Menschen.

Eine andere Sache im Bereich der Familienpolitik, die, denke ich, aus unserer Sicht noch einmal dringend kritisch angesprochen werden muss, ist natürlich der fehlende Kita-Ausbau. Wir hatten ja das KiFöG, das Kindertagesförderungsgesetz, wo der flächendeckende Ausbau der Kindertagesstätten mit dem Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr ab 1. August 2013, also ab diesem Jahr, festgeschrieben wurde. Das Geld für den Kita-Ausbau fehlt im Land, das Geld für den Kita-Ausbau wurde kaum in Anspruch genommen. Hier ist auch noch mal anzumerken, dass natürlich auch die ostdeutschen Bundesländer hier durchaus Nachholbedarf haben, zwar nicht, was den Kita-Bau an sich angeht, aber was natürlich die Sanierung angeht.

Wenn ich da mal nach Erfurt schaue, wir haben rund 110 Einrichtungen, von denen sind 40 Einrichtungen in den letzten sieben Jahren renoviert und saniert worden, aber da gibt es eben noch eine ganze lange Liste von Einrichtungen, die noch sa

niert werden müssen, und dafür fehlt der Kommune in Erfurt schlicht das Geld. Auch hier wäre eine Prioritätensetzung angebracht, denn auch außerhalb von Erfurt gibt es sehr viele Kindertagesstätten, die nicht gerade in einem sehr guten Zustand sind. Auch hier vermissen wir Aussagen von der Landesregierung bezüglich einer Unterstützung der Kommunen für die Sanierung von Kindertagesstätten.

Eine weitere, vor allem bundespolitische Fehlentscheidung ist natürlich diejenige zum Betreuungsgeld. Das Geld, die Mittel, die in das Betreuungsgeld hineinfließen, könnte man beim Kita-Ausbau wesentlich sinnvoller verwenden.

Ich will vielleicht noch mal ganz kurz dazu kommen, dass es natürlich auch Alternativen gibt in der Familienförderung, die weniger die soziale Mobilität behindern und die viel mehr für soziale Gleichheit und soziale Gerechtigkeit geeignet sind, u.a. die Kindergrundsicherung. Die Kindergrundsicherung ist ein Konzept, was von verschiedenen Verbänden und Vereinen priorisiert wurde. Hier sollen also die Kinder mit eigenen Rechtsansprüchen in den Fokus genommen werden. Davon sind wir in Thüringen meilenweit entfernt und auch auf Bundesebene gibt es dazu leider keinen großen Konsens. Das wäre aber genau das Richtige.

Im Großen und Ganzen müssen wir sagen, die gesellschaftliche Umverteilung von oben nach unten lässt sich aus Thüringen allein heraus nicht bewältigen, aber die soziale Umverteilung von oben nach unten muss im Rahmen eines sozialökonomischen Umbaus bewältigt werden und hier haben wir auch Chancen. Stellen Sie sich beispielsweise das Mittagessen in Thüringer Kindertagesstätten vor; wir haben ja das Problem, dass wir die Förderung des Mittagessens bei Kindertagesstätten zurückgenommen haben, jetzt gibt es da gar keine Landesförderung mehr. Das wäre z.B. so ein Modellprojekt, wo man natürlich kleinteilig regional, aber im gesamten ländlichen Raum für Veränderungen sorgen könnte, wenn z.B. regionale Anbieter, Agrargenossenschaften usw. mit Tagesstätten und mit Schulen gemeinsam arbeiten, so dass man hier vielleicht auch zu Veränderungen kommen und zumindest eine Unterstützung beim Mittagessen etablieren könnte. Sie haben viele Sachen noch genannt, Frau Meißner und auch Herr Koppe, TIZIAN und das Schulobstprogramm etc. pp., dabei will ich es erst einmal bewenden lassen. Für uns als LINKE steht natürlich die Umverteilung von oben nach unten im Fokus und in diesem Sinne möchte ich hier enden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Bärwolff. Als Nächster hat jetzt Abgeordneter David Eckardt für die SPD-Fraktion das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst einmal meinen Dank an das Ministerium für die sehr umfängliche Beantwortung der Großen Anfrage „Soziale Mobilität, sozialer Aufstieg und Bedingungen für Chancengerechtigkeit in Thüringen“ der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die uns heute die Gelegenheit gibt, über die Frage zu diskutieren, wie wir gemeinsam Gleichberechtigung erreichen können und soziale Mobilität als gesellschaftliche und politische Aufgabe wahrnehmen und fördern.

Meine Damen und Herren, ich will meine Rede mit einem Auszug aus dem Grundgesetz beginnen: Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischer Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Große Anfrage zielt darauf ab, herauszufinden, inwieweit den Bürgerinnen und Bürgern im Land gesellschaftlicher Aufstieg innerhalb des eigenen Lebens ermöglicht wird und wie weit sich diese Chancen im Vergleich zu früher verändert haben. Wie aus dem Bericht ersichtlich ist, beschäftigen wir uns im Rahmen der sozialen Ungleichheit vor allem mit Einkommen, Vermögen und Bildung. Weitergehend beinhaltet dies aber auch den Umgang mit den Strukturen unserer Gesellschaft, also sozialen Merkmalen, wie Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Berufsgruppenzugehörigkeit und Herkunft.

(Beifall SPD)

Seit 150 Jahren setzt sich die SPD für Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit ein, um sozialer Ungerechtigkeit zu begegnen und soziale Mobilität zu fördern. Diese Ziele verfolgt auch die SPD in der Landesregierung und diese Ziele wurden auch so im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

(Beifall SPD)

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Armut, vor allem Kinderarmut, zu bekämpfen, für die Chancengleichheit zu streiten, um so die Lebensbedingungen und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Thüringen zu verbessern und ein Klima der Integration zu schaffen. Mit der Antwort auf die Große Anfrage hat das TMSFG Stellung in der Debatte um den Umgang mit sozialer Ungleichheit und Verteilung von Einkommen, Bildung und Ansehen bezogen. Diese Punkte sind vor allem als Prozesse zu verstehen. Die Antwort des Sozialministeriums gibt darüber Auskunft, wo wir uns in diesem Pro

zess befinden. Aus der Antwort geht aber auch hervor, warum es weiterhin wichtig ist, sich für Gleichberechtigung, soziale Mobilität und gesellschaftliche Integration einzusetzen und für weitere Impulse und Reformen zu streiten. So kann zum heutigen Tag konstatiert werden, dass wir in Thüringen noch immer vor Herausforderungen stehen, die im Zusammenhang mit Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, ihres Alters und ihrer sexuellen Orientierung stehen. Der ungleichen Behandlung und dem Entstehen sozialer Ungleichheiten müssen wir in der Politik begegnen und wir müssen sie beseitigen, meine Damen und Herren.

Lassen Sie mich dazu auf einige Punkte näher eingehen. Die Bildung ist ein zentraler Ansatzpunkt, um frühzeitiges Entstehen sozialer Ungleichheit zu verhindern. Daher vertreten wir in der SPD auch den Standpunkt, frühestmöglich an diesem Punkt anzusetzen. Initiativen zur frühkindlichen Bildung und das moderne Kita-Gesetz sind Ausdruck unserer Bemühungen, den Bildungsplan für Kinder bis zehn Jahre auszugestalten. Hier haben wir die Möglichkeiten erkannt und wahrgenommen, besonders Kinder aus sogenannten schwer erreichbaren und bildungsfernen Schichten zu erreichen. Dazu wurden, wie in der Antwort in der Großen Anfrage ausführlich verwiesen, die Maßnahmen und verbesserten Rahmenbedingungen zur Durchführung und Schulung fachlicher Qualifikation veranlasst. Die Betreuungsqualität wurde zudem durch kleinere Gruppen und der Einstellung von 2.400 zusätzlichen Erzieherinnen verbessert. Behinderte Kinder werden nun auch besser gefördert. Ebenso haben wir den Rechtsanspruch für Kinder auf einen Kindergartenplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr durchgesetzt und die Strukturqualität in Thüringer Kitas verbessert.

Damit die Zugänge zur frühkindlichen Bildung allen Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft offenstehen, haben wir uns dafür eingesetzt, dass die Elternbeiträge sozial gestaffelt sind und wenn nötig eine Übernahme der Kosten durch die öffentliche Jugendhilfe stattfindet.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, weiterhin haben wir in dieser Legislaturperiode entscheidend zu einer positiven Veränderung unserer Schullandschaft beigetragen. Im Rahmen der Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie ist die Entwicklung einer inklusiven und innovativen Lernumgebung als Ziel für die künftige Gestaltung der Schulen festgesetzt. Zudem haben wir mit den Änderungen des Thüringer Schulgesetzes 2010 entscheidende Schritte in die Wege geleitet, um ein gerechteres Bildungssystem zu gestalten. Das Prinzip des längeren gemeinsamen Lernens, auch der Ausbau von Gemeinschafts

schulen, sind im Zusammenhang mit der Ausrichtung auf das Prinzip der individuellen Förderung im Lehr- und Lernbereich wesentliche Bestandteile einer demokratischeren Schulkultur, die wir anstreben.

Wir stehen für Chancengleichheit auf dem Bildungsmarkt. Darum haben wir die Schulsozialarbeit erweitert, um den Erziehungs- und Bildungsauftrag an Thüringer Schulen zu unterstützen und die Jugendhilfe im Schulalltag zu verankern. 2013 fließen 3 Mio. € in die Förderung der Schulsozialarbeit, 2014 werden es 10 Mio. € sein. Dafür haben wir in den Haushaltsdebatten gekämpft und das haben wir auch erreicht.

Wir sind davon überzeugt, dass die Integration junger Menschen in den Sozialraum auch eine erfolgreiche, individuelle und gesellschaftliche Integration bedeutet. Somit werden die kulturellen Bildungsund Teilhabemöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler verbessert. Das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, das Ministerium für Wissenschaft, Bildung und Kultur, der Thüringische Landkreistag sowie Gemeinde- und Städtebund arbeiten dabei gemeinsam an den Maßnahmen zur schulbezogenen Jugendarbeit und der schulbezogenen Jugendsozialarbeit.

Auch außerhalb der Schule haben wir die Möglichkeiten der Teilhabe an Bildung und Beratung und Angeboten der Jugendhilfe verbessern können. Mit der Jugendpauschale zur Unterstützung örtlicher Träger der hier öffentlichen Jugendhilfe unterstützen wir die Kommunen bei der Verbesserung der Angebote für Kinder und Jugendliche aus armutsgefährdeten und einkommensschwachen Familien. Dadurch können die Kommunen bei der Planung und Bereitstellung einer bedarfsgerechten Sozialund Bildungsstruktur besser unterstützt werden und die Verantwortung für Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vor Ort wird gemeinsam durch Land und Kommune getragen.

Von der frühkindlichen Bildung bis zur Hochschule hat sich die SPD Thüringen für offene Zugänge unabhängig der sozialen Herkunft eingesetzt.

(Beifall SPD)

Mit der Abschaffung der Verwaltungskostenbeiträge an den Thüringer Hochschulen haben wir das auch bewiesen. Unserem Einsatz ist es zu verdanken, dass ein Studium in Thüringen gebührenfrei geblieben ist. Somit haben wir zur Erhöhung der Bildungsbeteiligung durch ein attraktives Bildungsangebot beigetragen, Möglichkeiten zur Weiterqualifikation von Berufstätigen geschaffen und berufsbegleitende Ausbildungsmöglichkeiten gestärkt. Bildungsteilhabe und Zugänge zu kulturellen Gütern sind eine Voraussetzung von sozialer Mobilität. Dazu zählen wir die Förderung der Arbeit von öffentli

chen Bibliotheken, die allen Menschen gleichermaßen die Möglichkeit zur Partizipation offenhält.

Lassen Sie mich nun zum Bereich Arbeitsmarkt und Wirtschaft kommen, meine Damen und Herren. Wir haben in dieser Legislaturperiode deutlich gemacht, dass die Bekämpfung von Armut eine aktive Bildungspolitik braucht, um sozialer Ungleichheit früh entgegenzusteuern und soziale Mobilität zu fördern. Auf dem Arbeitsmarkt folgen wir dem gleichen Prinzip. Hier wollen wir gezielt gegen Armut, besonders Kinderarmut vorgehen. Der Sozialstrukturatlas 2011 bekräftigt uns in unserem Anliegen. 15,8 Prozent der Haushalte leben von einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 900 €, bei 18,4 Prozent liegt dieses zwischen 900 und 1.300 €. Gering qualifizierte Personen, erwerbslose Personen und Alleinerziehende sind in Thüringen akut armutsgefährdet. Wir reagieren auf diese Missstände und haben wirkungsvolle Instrumente geschaffen, um diesen Prozessen wirkungsvoll entgegenzusteuern. Allerdings sei hier gesagt, dass auch der Bund gefragt ist, wenn es um die Schaffung neuer Strukturen zu einer wirkungsvollen Armutsbekämpfung geht. Hier passiert bei Schwarz-Gelb aber nur sehr wenig, um nicht zu sagen, so gut wie gar nichts. Hingegen wurden in Thüringen wichtige Initiativen ins Leben gerufen, die es uns besser ermöglichen, auf die genannten Zustände zu reagieren, soziale Mobilität fördern, vorhandene Strukturen verbessern und neue Impulse für den Arbeitsmarkt schaffen. Dazu zählt neben der Thüringer Initiative zur Integration und Armutsbekämpfung mit Nachhaltigkeit - kurz TIZIAN - auch die Thüringer Initiative für Integration, Nachhaltigkeit, Kooperation und Aktivierung - kurz ThINKA. Somit haben wir maßgeblich dazu beigetragen, dass die Integration vor allem von Frauen und Alleinerziehenden auf dem Arbeits- und Beschäftigungsmarkt durch die Verbesserung und Stärkung der Elternkompetenzen gefördert wird.

Zusammen mit TIZIAN trägt auch das Landesarbeitsmarktprogramm mit den darin enthaltenen Arbeitsmarktförderrichtlinien zur individuellen Integration auf dem Arbeitsmarkt bei. So wird die Einstellung arbeitsloser Frauen, Langzeitarbeitsloser, ALG-II-Empfänger, schwer Vermittelbarer und Menschen mit Behinderung begünstigt und weiterhin die Existenzgründung von Arbeitslosen gefördert. Damit erreichen wir eine dauerhafte und nachhaltige Integration. Ergänzend dazu zählen auch Arbeitsmarktprogramme, die spezielle Angebote für Langzeitarbeitslose enthalten. Mit der Umsetzung dieses Programms erreichen wir auch Personen, welche für den ersten Arbeitsmarkt als schwer erreichbar gelten. Zuzüglich tragen die Maßnahmen zur aktiven Arbeitsmarktförderung durch das SGB II und III einschließlich der Maßnahmen aus dem Bildungsund Teilhabepaket zur Förderung der sozialen Mobilität bei.

Auch die Thüringer EU-Förderpolitik berücksichtigt neue Rahmen zur Erarbeitung Operationeller Programme zur Förderung sozialer Integration und der Bekämpfung von Armut und wird die Kommunen bei der Ausführung dieser Programme unterstützen.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, es hat sich einiges getan. Aber es muss auch noch vieles getan werden. Zwar sinkt die Zahl der Arbeitslosen und die Jugendarbeitslosigkeit in Thüringen zählt zu den niedrigsten in ganz Europa, aber der bereits angesprochene Armutstrend, der im Sozialstrukturatlas beschrieben wird, ist besorgniserregend. Wir brauchen eine Trendwende, weg vom Niedriglohnland. Der Anteil vollzeitbeschäftigter Männer und Frauen sinkt in Thüringen kontinuierlich ab. Hingegen steigt die Zahl der Männer und Frauen, die in Leiharbeitsverhältnissen beschäftigt sind, dramatisch an. Dieser Trend geht einher mit der zunehmend schlechten Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nach dem Freistaat Sachsen hat Thüringen den zweithöchsten Anteil am Niedriglohnsektor. Für die betroffenen Personen steigt dadurch das Armutsrisiko vor allem im Alter dramatisch an.

Die Thüringer Landesregierung hat sich mit der Mindestlohninitiative bereits im Bundesrat stark gemacht, um diesem Trend entgegenzuwirken. Ebenso werden Unternehmen, die viele Leiharbeiter beschäftigen, wenig bis gar nicht gefördert. Aber auch hier brauchen wir Gesetze der Bundesregierung. Wir brauchen den Mindestlohn und wir werden uns auch weiterhin dafür stark machen. Wir können soziale Mobilität nur fördern, sozialen Aufstieg begünstigen und Chancengerechtigkeit erreichen, wenn wir konsequent dafür einstehen. Damit meine ich auch, solche unsinnigen Einrichtungen wie das Erziehungsgeld abzuschaffen. Es müssen stattdessen bedarfsgerechte Betreuungsangebote geschaffen werden, um beiden Elternteilen die volle Berufstätigkeit, wenn gewünscht, zu gewährleisten. Mit dem modernen Kita-Gesetz hat die Thüringer SPD einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. Mit der Einrichtung des Erziehungsgeldes durch die CDU in der vergangenen Legislaturperiode wird diese Bestrebung aber konterkariert. Hier werden finanzielle Anreize geschaffen, welches, würde man weiter denken als nur vier bis fünf Jahre, nicht nur die soziale Mobilität der betroffenen Kinder erheblich eindämmt, sondern auch das Armutsrisiko steigert. Besonders bildungsferne, einkommensschwache Familien nehmen das Angebot des Betreuungsgeldes wahr. Bei diesen Kindern können also auch keine Maßnahmen der frühkindlichen Bildung greifen. Somit trägt das Betreuungsgeld wesentlich dazu bei, dass sich die sozialen Schichten in Thüringen verfestigen. Es gibt Beispiele, an denen es sich zeigt, wie sich Armut innerhalb einer Generation verfestigt, in denen bereits drei Generationen ei

ner Familie von Hartz IV leben. Die brauchen Maßnahmen zur Steigerung der sozialen Mobilität. Ich mache das hier noch einmal ganz klar deutlich, meine Damen und Herren.

Alle Initiativen, Maßnahmen und Gesetzgebungen, welche wir anstreben, um soziale Mobilität zu fördern, laufen dem Sinn und Zweck des Thüringer Erziehungsgeldes zuwider.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erst mit dessen Abschaffung können wir die Prinzipien der gerechten Teilhabe auch in die Realität umsetzen, ohne dass ein Gesetz existiert, was unsere Bestrebungen letztendlich konterkariert.

(Beifall SPD)

Dies ist nur ein Beispiel, das zeigt, es besteht noch dringender Handlungsbedarf. Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sozial bedingte Unterschiede müssen durch die Gesellschaft und die Politik ausgeglichen werden. Dafür tragen wir Verantwortung, und diese Verantwortung nehmen wir auch wahr. Mit der Regierungsbeteiligung der SPD in der jetzigen Legislaturperiode wurden diese Chancen verbessert. Wir haben soziale Mobilität gefördert und aktiv an einer Verbesserung der Aufstiegsmöglichkeiten gearbeitet. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Eckardt. Als Nächste hat jetzt Abgeordnete Anja Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.