Wir machen dann weiter mit der Mündlichen Nachfrage des Abgeordneten Kummer von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/6219.
Die von der Thüringer Fernwasserversorgung betriebene Talsperre Haina wurde abgelassen, weil nach Berechnungen der Hochwasserüberlauf nicht
mehr den aktuellen Erfordernissen entsprechen soll. Da die Gemeinde Haina sich zur Übernahme der Talsperre bereit erklärte, wurden die Sanierung beschlossen und die notwendigen Maßnahmen ausgeschrieben. Nach erfolgter Auftragsvergabe stellte sich heraus, dass die erwarteten Kosten für die Entsorgung des in der Talsperre befindlichen Schlamms massiv überschritten würden, da der Schlamm eine geogen bedingte Schwermetallbelastung aufweist.
1. Unter welchen Bedingungen kann der Schlamm aus der Talsperre auf landwirtschaftliche Flächen in der geologisch identischen Umgebung ausgebracht werden?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz. Herr Staatssekretär Richwien, bitte.
Danke schön, Herr Präsident. Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kummer wie folgt:
Zur Ihrer 1. Frage: Die Frage zielt auf das Auf- bzw. Einbringen von Materialien in oder auf Böden ab. Hier greifen die spezialgesetzlichen Anforderungen des vorsorgeorientierten § 12 der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV). Der § 12 BBodSchV beinhaltet Regelungen und Anforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Material auf oder in den Boden im Rahmen des Geltungsbereichs des Bundesbodenschutzgesetzes. Nach § 12 Abs. 2 BBodSchV ist das Aufund Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht zulässig, wenn insbesondere nach Art, Menge, Schadstoffgehalt und physikalischen Eigenschaften der Materialien sowie nach den Schadstoffgehalten der Böden am Ort des Auf- und Einbringens die Besorgnis des Entstehens einer schädlichen Bodenveränderung gemäß Bundesbodenschutzgesetz nicht hervorgerufen wird. Das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung ist mit Blick auf die Schadstoffe in der Regel nicht zu besorgen, wenn die Vorsorgewerte nach Anhang 2 Nummer 4 nach der BBodSchV nicht überschritten werden. Eine Aufbringung gemäß § 12 Abs. 2 BBodSchV ist zudem nur zulässig, wenn mindestens eine natürliche Bodenfunktion
oder die Nutzungsfunktion als Standort für die landoder forstwirtschaftliche Nutzung nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt wird. Die Forderung nach einer nachhaltigen Sicherung oder Wiederherstellung der Ertragsfähigkeit landwirtschaftlich genutzter Böden wird durch § 12 Abs. 5 BBodSchV für das Aufbringen von Bodenmaterial nochmals explizit betont.
Zur Ihrer 2. Frage: Im Rahmen der Studie zur Nutzungsentscheidung Talsperre Haina, Wiederherstellung der Überflutungssicherheit hat ein Ingenieurbüro aus Erfurt im September 2011 festgestellt, dass im Staubecken von einer durchschnittlichen Sedimentauflage von 0,75 Meter und einer Gesamtmenge von ca. 6.000 m³ auszugehen ist. Nach Ablassen der Stauanlage im Juni 2011 wurde im Bereich des Einlaufbauwerkes des Grundablasses die Mächtigkeit des Sedimentes mit ca. 2 Meter festgestellt. Hierdurch wird der Grundablass verlegt und ein ordnungsgemäßer Betrieb kann nicht mehr sichergestellt werden. Im Rahmen einer Sanierung der Stauanlage wird in oben genannter Studie eingeschätzt, dass bei Erhaltung des Dauerstaus die Entnahme des gesamten Sedimentes erforderlich wird, um dauerhaft den weiteren sicheren Betrieb der Stauanlage einschließlich des Grundablasses zu gewährleisten. Da innerhalb einer bisherigen Nutzungsdauer von ca. 45 Jahren bereits ein Drittel des Stauraums verlandet ist, erscheint diese Aussage auch sinnvoll und die Entnahme des Sedimentes zweckmäßig.
Zu Ihrer 3. Frage: Ob das Sediment im Fall des Rückbaus der Stauanlage auf den bisher überstauten Grundstücken liegen bleiben kann, hängt von der Art der Nachnutzung ab. Hierfür ist innerhalb der weiteren Planung zu untersuchen, ob durch das Sediment Beeinträchtigungen für den Boden oder durch Auswaschungen für Grund- oder Oberflächenwasser zu erwarten sind.
Zu Ihrer 4. Frage: Der Rückbau der Stauanlage stellt einen Gewässerausbau nach § 67 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz dar, der planfeststellungsbedürftig ist. Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens wäre auch zu entscheiden, ob bei einem Belassen des Sedimentes eventuell nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen des Grundeigentums, insbesondere im Hinblick auf die beabsichtigte Nachnutzung, verbleiben würden. Es handelt sich um ein öffentlich-rechtliches Verfahren. Auf das Einverständnis des Grundstückseigentümers kommt es, im rein rechtlichen Sinne, letztendlich nicht an.
Herr Staatssekretär, ich fange mal mit dem Letzten an. Es ist ja im Vorfeld ein Variantenvergleich gemacht worden, der zu dem Ergebnis kam, dass bei den jetzt erwarteten Kosten für die Entsorgung des Schlamms, also bei der vollständigen Schlammentsorgung, sehr hohe Kosten anfallen, so dass also ein Rückbau preiswerter wäre, weil man da nicht den gesamten Schlamm entsorgen muss. Da hätte man ja aber, wenn man diese Entscheidung getroffen hat, dann schon dem Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens, das Sie eben angesprochen haben, vorgegriffen, denn man ist ja davon ausgegangen, man kann also beim Rückbau einen Teil des Schlamms in der Anlage belassen. Ansonsten hätten wir, wenn man von der vollständigen Schlammentnahme ausgehen würde, ja günstigere Kosten für den Erhalt der Anlage. Sehen Sie das auch als eine Vorwegnahme des Planfeststellungsbeschlusses?
Ich sehe das nicht so. Es gibt noch eine zweite Mündliche Anfrage des Abgeordneten Höhn. Wenn wir die abwarten, dann wird die Beantwortung auch gleichzeitig inbegriffen sein, weil er die Frage gestellt hat, warum unterschiedliche Kosten entstanden sind. Das würde ich dann dort beantworten.
Noch eine Nachfrage zu Punkt 1, weil ich denke, da kann man dann wahrscheinlich doch noch einen günstigeren Weg finden. Nach Ihren Ausführungen, Herr Staatssekretär, würde das ja bedeuten, eine schädliche Bodenbeeinträchtigung wäre nur dann gegeben, wenn ich also einen Schadstoff aufbringe, der zu einer negativen Veränderung führt. Wenn ich die gleiche Konzentration an dem Schwermetall, ich glaube Nickel ist es hier …
Wenn ich die gleiche Konzentration auf dem Boden in der Umgebung habe wie im Schlamm, ist ja die schädliche Bodenverunreinigung nicht zu erwarten. Aus der Sicht müsste doch dann die Aufbringung eines Schlamms, der als Dünger gilt, im Rahmen der normalen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, also wie gesagt, im Aufbringen einer Düngemaßnahme, möglich sein. Oder sehe ich das falsch?
Wenn Sie mir gestatten, das ist sehr weit hergeholt, Herr Abgeordneter Kummer. Ausgebracht werden darf das Schlammmaterial, wenn es zu keiner Beeinträchtigung der entsprechenden Fläche kommt. In der Beantwortung der Mündlichen Anfrage von Herrn Abgeordneten Höhn gehe ich auf die zwei Punkte noch mal ein. Ich glaube, es ist nicht im Interesse der Grundstückseigentümer, wo wir dann das Sediment ausbringen, dass es dort zu einer Beeinträchtigung kommt. Ich glaube, so ist die Frage auch nicht zu verstehen gewesen.
Es gibt eine weitere Nachfrage zunächst durch den Abgeordneten Höhn. Er hat zurückgezogen. Dann, Herr Dr. Augsten, sind Sie dran.
Ich kommentiere jetzt mal nicht, dass man auf eine belastete Fläche durchaus noch einmal belastetes Material aufbringen kann.
Herr Richwien, Herr Kummer hat ja bei Punkt 1 ganz konkret nachgefragt zu dem speziellen Fall. Sie haben ausgeführt, Bundesgesetzgebung, was da drin steht und so weiter, alles nachvollziehbar. Aber was bedeutet denn das, was Sie da aus der Bundesgesetzgebung ableiten, für den ganz konkreten Fall? Kann man das Material dort ausbringen, ja oder nein?
Das überlasse ich den Fachleuten, da ja jetzt die Situation entstanden ist, dass unterschiedliche Entsorgungskosten entstanden sind. Man hat von Anfang an gesprochen von, glaube ich, 125.000 € und wir liegen jetzt bei dem, was uns zugearbeitet wurde, bei etwa 500.000 €. Jetzt müssen sich die Beteiligten wieder zusammensetzen, weil wir im Handling immer so verfahren. Und wir haben gesagt, wir stellen demjenigen, der diese Stauanlage übernimmt, die Kosten zur Verfügung, die uns ein Rückbau kosten würde. Alles Weitere muss verhandelt werden. Deswegen muss man sich jetzt mit den Beteiligten noch einmal zusammensetzen und sehen, wo die Mehrkosten abgefedert werden können.
Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Wir machen weiter mit der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Kemmerich von der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/6220.
Position der Landesregierung zur Rücknahme der vorfristigen Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge
Mit der im Jahr 2005 verabschiedeten Regelung zur vorfristigen Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge sollte den Sozialversicherungsträgern Liquidität verschafft werden. Dieser Effekt trat einmalig ein. Doch bis heute werden vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Thüringen und deutschlandweit durch diese Regelung, zum einen durch die vorgezogenen Zahlungen, des Weiteren aufgrund des damit verbundenen zusätzlichen bürokratischen Aufwands, doppelt belastet. Nach der Ablehnung eines Antrags der FDP-Fraktion in der 120. Plenardebatte, der die Rücknahme der vorfristigen Fälligkeit gefordert hatte, fordert nun auch die Fraktion der CDU die Abschaffung der Vorauszahlung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen unnötiger Belastungen der KMU (Pressemitteilung der Fraktion der CDU vom 4. Juni 2013).
1. Teilt die Landesregierung den Vorschlag, die vorfristige Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge zurückzunehmen?
2. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass die Unternehmer aufgrund der Regelung 24 statt 12 Lohnabrechnungen erstellen müssen vor dem Hintergrund des Anspruchs, Bürokratie abbauen zu wollen?
3. Trifft es zu, dass dem zuständigen Thüringer Ministerium die Belastungen der Thüringer KMU gar nicht bekannt waren?
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Herr Staatssekretär Staschewski bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kemmerich für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Für die Thüringer Landesregierung hängt die Wiedereinführung des bis zum Jahr 2005 geltenden Fälligkeitstermins wesentlich davon ab, ob unter Berücksichtigung der aktuellen Liquiditätssituation der Sozialversicherungsträger die zu erwartenden Belastungen ohne Leistungskürzungen und ohne eine Erhöhung der Beiträge aufgefangen werden können. Mit der Rücknahme der vorfristigen Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge ist zum Beispiel eine nicht unerhebliche finanzielle Belas
tung für die Sozialversicherungsträger verbunden, weil allein im Umstellungsjahr ja nur elf Monate Beitrag gezahlt werden würden.
Zu Frage 2: Bürokratieabbau hat grundsätzlich in allen die Wirtschaft und den einzelnen Bürger betreffenden Regelungsbereichen einen hohen Stellenwert. Das gilt sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene. Gerade deshalb hatte der Bundesgesetzgeber bereits im Juni 2006 mit dem sogenannten Ersten Mittelstandsentlastungsgesetz zügig auf den erhöhten bürokratischen Aufwand der Wirtschaft auf monatliche doppelte Beitragsberechnungen reagiert und entsprechende bürokratische Entlastungen herbeigeführt. Hierbei wurde den Arbeitgebern die Möglichkeit zur Leistung einer an der Höhe der im Vormonat geleisteten Beiträge orientierten pauschalen Abschlagszahlung für Sozialversicherungsbeiträge eingeräumt und somit das Erfordernis einer doppelten Beitragsabrechnung für den jeweiligen Monat im Ergebnis beseitigt. Somit brauchen die nach dem jeweiligen Beschäftigungsmonat exakt berechneten Sozialversicherungsbeiträge nur noch mit den geleisteten pauschalen Abschlägen berechnet werden, mit anderen Worten entfällt mit der Regelung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB V für Arbeitgeber, die diese Option nutzen, die Beitragsschätzung und somit doppelte Gehaltsabrechnung. Mit dieser Verfahrenserleichterung konnten die durch die Vorverlagerung des Fälligkeitstermins bedingten bürokratischen Mehrbelastungen im Ergebnis wesentlich abgesenkt und auf ein niedriges Niveau reduziert werden.
Zu Frage 3: Nein. Der Punkt ist nicht der, dass Belastungen der Thüringer KMU nicht bekannt wären, sondern dass deren praktische Bedeutung offenbar unterschiedlich von uns eingeschätzt wird, Herr Kemmerich. Auch von der Wirtschaft selbst scheinen die Belastungen offenbar unterschiedlich bewertet zu werden. Jedenfalls werden sie offenbar nicht generell als so gravierend eingeschätzt, als dass alle wichtigen Spitzenverbände und Kammern der Wirtschaft und des Mittelstands die Notwendigkeit eines rechtlichen Änderungsbedarfs sehen würden, obwohl die in Rede stehende Regelung grundsätzlich alle mittelständischen Unternehmen gleichermaßen betrifft.
Herr Staatssekretär, vielen Dank soweit. Aber die Forderung des Thüringer Handwerkstages eben genau mit dieser Zielrichtung ist Ihnen sehr wohl bekannt?
Ich habe ja gesagt, mir ist bekannt, dass teilweise Forderungen da sind, aber es gibt sowohl bei uns keine konkreten Anfragen, keine konkreten Beschwerdehinweise als auch sind das alle Verbände, die diese Forderungen stellen. Da gibt es auch bei den Verbänden unterschiedliche Einschätzungen.
Bei der Fragestellung ging es bei dem Wort „Abrechnung“ nicht darum, wie oft man bei der Kasse zahlt, sondern wie oft man Meldungen zu den Sozialversicherungsträgern abgeben muss. Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, dass man das zweimal machen muss, nämlich einmal zum eigentlichen Erhebungszeitraum, das ist der sechstletzte Tag im Monat, und der zweite Abgabetermin ist dann, wenn der Monat um ist. Die konkrete Schätzung ist die Frage nach 24 Einheiten, insofern, wie stehen Sie zu der bürokratischen Hürde, die dann immer noch da ist?
So habe ich das ja in Frage 2 auch ausgeführt, dass es da entsprechende - mir ist das nicht bewusst - Erleichterungen durch dieses erste Mittelstandsentlastungsgesetz gab.
Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Herr Staatssekretär. Dann machen wir weiter mit der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/6221. Sie wird vorgetragen von der Abgeordneten Schubert. Bitte schön.