Protocol of the Session on February 25, 2010

Es gibt eine weitere Nachfrage durch den Abgeordneten Barth.

Herr Minister, auch ich bin ähnlich wie die Kollegin Sojka kein Jurist, deswegen will ich ihre Frage noch mal aufgreifen und nachfragen: Gibt es im Rahmen der Dienst- oder der Rechtsaufsicht insgesamt, vom Ministerium angefangen über die Kommunalaufsicht im Landesverwaltungsamt bis hinunter in die Kommunen eine Möglichkeit, die Sie sähen unter Wah

rung der Rechtssicherheit und aller hohen Werte, die Sie hier auch zu Recht genannt haben, dienst- oder fachaufsichtlich einzugreifen und dieses dann morgen gegebenenfalls geänderte Wahlrecht noch zum Termin vor dem Ablauf der Amtszeiten der neu zu wählenden Bürgermeister in Kraft zu setzen?

Herr Abgeordneter Barth, diese Möglichkeit gibt es aus meiner Sicht nicht. Die Frage der Rechtsaufsicht kann nur an ein rechtswidriges Verhalten der kommunalen Aufsichtsbehörden anknüpfen. Die kommunalen Aufsichtsbehörden haben sich rechtmäßig verhalten; auch die dienstliche Wahrnehmung der Amtsaufgaben durch die Landräte ist nicht zu beanstanden.

Danke, Herr Innenminister. Damit haben wir die Stunde sogar knapp überschritten. Das heißt, ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir treten wieder ein in die Debatte Tagesordnungspunkt 4 a und b. Da ich den Tagesordnungspunkt von meiner Vorgängerin geerbt habe, eine Nachfrage: Mir liegt im Augenblick nur vor eine Wortmeldung der Abgeordneten Anja Siegesmund von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bezieht die sich auf den Haushaltsteil a bzw. b, weil der Innenminister ja auch noch von einer Einbringung gesprochen hat?

(Zuruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Wir wollten erst die Einbringung.)

(Zuruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir wollten erst die Einbringung, hatten wir vereinbart.)

Gut. Dann folgt die Einbringung durch den Innenminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 9. Februar 2010 den Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes und anderer Gesetze verabschiedet. Hierbei handelt es sich um ein Artikelgesetz, das neben den notwendigen Änderungen im Thüringer Finanzausgleichsgesetz auch Änderungen der Kommunalordnung, des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit und des Thüringer kommunalen Doppikgesetzes enthält.

Den Schwerpunkt des Artikelgesetzes bildet die Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes. Da die derzeit geltende Regelung zur Höhe der Finanzausgleichsmasse in § 3 Abs. 1 FAG sowie die Höhe der Schlüsselzuweisungen in § 7 FAG lediglich die Finanzausgleichsleistung in den Jahren 2008 und 2009 bestimmen, sind für das Ausgleichsjahr 2010 die entsprechenden Anpassungen vorzunehmen, um den Kommunen auch im Jahr 2010 die angemessene Finanzausstattung zu gewährleisten. Das Land ist nach Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung verpflichtet, den Kommunen eine insgesamt angemessene Finanzausstattung sicherzustellen. Entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben und den konkreten Anforderungen, die der Thüringer Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Juni 2005 an die Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs gestellt hat, hat sich die Bemessung der vom Land an die Kommunen auszureichenden Ausgleichsleistungen, wie für die Ausgleichsjahre 2008 und 2009 auch, im Wesentlichen am kommunalen Finanzbedarf orientiert. Soweit Leistungen betroffen sind, die über die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen hinausgehen, wird selbstverständlich auch die Leistungskraft des Landes im Jahr 2010 berücksichtigt. Wie Sie wissen, wird der der angemessenen Finanzausstattung zugrunde liegende kommunale Finanzbedarf durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren sind z.B. die Steuereinnahmen der Kommunen. Aber auch deren Aufgabenbestand und Aufgabenumfang sind ständigen Änderungen unterworfen. Darin liegt zugleich auch die Ursache dafür, dass die Regelungen des Kommunalen Finanzausgleichs nur Geltung auf Zeit und nicht auf Dauer beanspruchen können. Vor diesem Hintergrund hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 21. Juni 2005 den Gesetzgeber verpflichtet, die Ergebnisse der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung ständig, d.h. jährlich, mit der Aufstellung des Landeshaushalts bzw. bei einem Doppelhaushalt zweijährig zu überprüfen. Um diese Überprüfungspflicht zu unterstreichen, hat der Gesetzgeber bereits zusätzlich zu den vom Verfassungsgerichtshof geforderten Maßstäben eine Revisionsklausel in das Finanzausgleichsgesetz aufgenommen. Danach ist die Angemessenheit der kommunalen Finanzausstattung zur Erfüllung der Aufgaben der Städte, Gemeinden und Landkreise für die auf das Ausgleichsjahr 2009 folgenden Ausgleichsjahre rechtzeitig zu überprüfen. Die Landesregierung ist bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs dieser Überprüfungsverpflichtung nachgekommen. In der vollzogenen Revision wurden die verschiedenen, die angemessene Finanzausstattung des Jahres 2009 beeinflussenden Parameter und Prognosen einer Prüfung unterzogen, ob und wenn ja inwieweit sich diese für das Jahr 2010 geändert haben. Hierbei galt es, die zwischenzeitlichen Veränderungen im Aufgabenbestand und -umfang ebenso zu berücksichtigen

wie die veränderte Einnahmesituation der Kommunen und des Landes.

Erstens: Die Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung des Jahres 2010 schreibt die für das Jahr 2009 prognostizierte angemessene Finanzausstattung fort. Anders als noch für die Ausgleichsjahre 2008 und 2009 bedurfte es deshalb keiner erneuten aufwendigen landesweiten Datenerhebung. Vielmehr wurden die einzelnen, die angemessene Finanzausstattung beeinflussenden Ansätzen, wie z.B. die Steuereinnahmen der Kommunen, der Verbraucherpreisanstieg, die Personalkostenentwicklung oder auch die Aufgabenstandards für das Jahr 2010 einer aktuellen Prognose unterworfen und mit den entsprechenden Ansätzen des Jahres 2009 verglichen. Die festgestellten Veränderungen wurden erfasst und mit dem Betrag der angemessenen Finanzausstattung des Vorjahres saldiert, das heißt in Abzug gebracht beziehungsweise aufgeschlagen. Die Veränderungen der einzelnen Parameter sind wie für die Ausgleichsjahre 2008 und 2009 in der Anlage 1 zur Begründung des § 3 ThürFAG dargestellt.

Ungeachtet dessen möchte ich zum besseren Verständnis das angewandte Verfahren an einigen Beispielen erläutern. Ausgangspunkt ist der für das Jahr 2009 ermittelte Betrag der angemessenen Finanzausstattung, der auch die im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2007 vorgenommenen Änderungen berücksichtigt. Dieser Betrag bezog sich 2009 auf 2,477 Mrd. €. Von diesem Ausgangsbetrag werden die einzelnen festgestellten Veränderungen saldiert. Lagen der Bemessung der angemessenen Finanzausstattung 2009 noch rund 1,0349 Mrd. € Steuereinnahmen zugrunde, ergibt die Prognose für das Jahr 2010 Steuereinnahmen der Kommunen einschließlich fiktiver Mehreinnahmen aus der Grundsteuer B in Höhe von 26,4 Mio. €, zu denen ich später noch etwas sagen werde, nur noch 1,0184 Mrd. auf der Basis der Steuerschätzung vom November. Dies ist ein Rückgang um 16,5 Mio. €. Entsprechend der Systematik des Kommunalen Finanzausgleichs wird dieser Rückgang der Steuereinnahmen durch das Land kompensiert. Mit anderen Worten: Mit Blick auf die Steuereinnahmen der Gemeinden im Jahr 2010 wird der Betrag der angemessenen Finanzausstattung des Jahres 2009 um 16,5 Mio. € erhöht.

Um möglichen Nachfragen vorzubeugen: Die Prognose der Steuereinnahmen des Jahres 2010 berücksichtigt neben der Steuerschätzung vom November insbesondere auch die Einnahmeverluste der Kommunen aufgrund der Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes. Angenommen wird, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Jahr 2010 voraussichtlich Mindereinnahmen der Kommunen in Höhe von 13 Mio. € verursachen wird.

Abweichungen zwischen den prognostizierten Sollansätzen und den tatsächlichen Steuereinnahmen - Herr Kuschel, das war das, was Sie gestern angesprochen haben - werden im Rahmen der nach § 3 Abs. 2 Finanzausgleichsgesetz geregelten Abrechnung ausgeglichen. Unter Beibehaltung der bereits für die Jahre 2008 und 2009 angewandten Systematik werden auch im Jahr 2010 im Rahmen der Prognose der Steuereinnahmen sogenannte fiktive Mehreinnahmen aus der Grundsteuer B angesetzt. Das ist das, was Herr Meyer vorhin thematisiert hatte. Vor dem Hintergrund, dass die Kommunen zunächst einmal ihre eigenen Einnahmen in zumutbarer Weise ausschöpfen müssen, bevor ihnen über den Kommunalen Finanzausgleich Landesmittel zur Verfügung gestellt werden, ist es aus der Sicht der Landesregierung notwendig und zumutbar, dass die Thüringer Kommunen ihre eigenen Anstrengungen zur Einnahmebeschaffung moderat steigern. Hierzu werden fiktive Mehreinnahmen in Höhe von 26,4 Mio. € bei der Bedarfsermittlung angerechnet. So zeigt eine Berechnung des durchschnittlichen Hebesatzes der Grundsteuer B der Thüringer Kommunen, dass dieser von 342 vom Hundert im Jahr 2006 auf 336 vom Hundert im Jahr 2008 gefallen ist. Der durchschnittliche Hebesatz der ostdeutschen Flächenländer betrug im Jahr 2008 laut Statistischem Bundesamt jedoch 389 vom Hundert. Dieser durchschnittliche Hebesatz wird bei der fiktiven Betrachtung auch in Thüringen unterstellt. Die Zulässigkeit des Vorgehens ist, wie Sie wissen, Gegenstand des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof. Hier werden wir am 18.03. endgültig Klarheit haben.

Wie für die Ausgleichsjahre 2008 und 2009 stellen die fiktiven Mehreinnahmen aus der Grundsteuer B lediglich eine Kalkulationsgrundlage bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung dar. Das war das, was Herr Hauboldt vorhin gefragt hatte.

Eine wie auch immer geartete Verpflichtung der einzelnen Gemeinden, ihre Hebesätze zu erhöhen, folgt aus diesem Ansatz natürlich nicht. Die Entscheidung wird von der einzelnen Kommune in Ausübung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts getroffen.

Lassen Sie mich ein Wort zum Minderbedarf bei den SGB II-Leistungen sagen. Die in der Anlage 1 zur Begründung des § 3 ausgewiesene Reduzierung des Finanzbedarfs für die Aufgaben nach dem SGB II im Jahr 2010, verglichen mit dem Vorjahr von 12 Mio. €, resultiert aus der - im Nachhinein betrachtet - zu hohen Kostenprognose für das Jahr 2009, die bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung in Ansatz gebracht worden ist. Im Jahr 2007 wurde im Rahmen der Haushaltsaufstellung für das Jahr 2009 noch ein Finanzbedarf von 432 Mio. € prognostiziert. Da sich der Arbeitsmarkt im Jahr 2009 jedoch günstiger entwickelte, als dies im Jahr 2007 zu er

warten war, lag der tatsächliche Bedarf jedoch nur bei 403 Mio. €. Im Jahr 2010 wird mit einer Steigerung der Nettoaufwendungen der kommunalen Träger gegenüber den tatsächlichen Aufwendungen im Jahr 2009 von 403 auf 420 Mio. gerechnet. Gegenüber den Ansätzen für 2009 bleibt damit aber ein Minderbedarf von 12 Mio. €, der bei der Bedarfsermittlung als Abzugsposten berücksichtigt werden muss, da die Revision als Basis für die Anpassung von den Sollwerten für das Haushaltsjahr 2009 ausgeht.

Zum Verbraucherpreisanstieg: Im Rahmen der Revision werden die Veränderungen der Inflationsrate für das Jahr 2010 fortgeschrieben. Bezogen auf die ermittelte angemessene Finanzausstattung des Jahres 2009 ergibt sich für das Ausgleichsjahr 2010 ein Mehrbedarf wegen der Berücksichtigung des Verbraucherpreisanstiegs in Höhe von rund 47 Mio. €. Wie bereits bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung der Jahre 2008 und 2009 wird auch bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung dieses Jahres ein Anstieg der Verbraucherpreise angesetzt, der sich am Zehn-Jahres-Durchschnitt orientiert. Berücksichtigt wird der tatsächliche Verbraucherpreisanstieg von 1999 bis 2008. Damit wird an der Systematik festgehalten, die Prognosen auf der Basis eines Zehn-Jahres-Durchschnittswerts zu ermitteln. Dies bietet Gewähr, dass die jährlich auftretenden Schwankungen bei den Verbraucherpreisanstiegen mittels Rückgriff auf einen Durchschnittswert zeitversetzt ausgeglichen und entsprechend berücksichtigt werden können. Werden die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Preisanstiege dieser Jahre zugrunde gelegt, errechnet sich ein Durchschnittswert von rund 1,6 Prozent. Wird der so ermittelte durchschnittliche Verbraucherpreisanstieg von 1,6 auf den bereits bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung der Jahre 2008 und 2009 zugrunde gelegte Basiswert sowohl für die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 als auch für 2010 angelegt, errechnet sich ein Mehrbedarf im Vergleich zum Vorjahr in Höhe von 47 Mio. €. Dieser Betrag wird mit dem Ausgangswert saldiert. Darüber hinaus wird in dem Gesetzentwurf auch der Mehrbedarf, der bei den Städten und Gemeinden durch die neue Pflichtaufgabe Feuerwehrrente entsteht, in Höhe von 6,2 Mio. € berücksichtigt.

Deutlich wird das Verfahren schließlich am Beispiel der Auftragskostenpauschale. Wurde im Jahr 2009 noch ein Betrag von 153,4 Mio. € in Ansatz gebracht, wird für das Jahr 2010 eine Auftragskostenpauschale in Höhe von rund 199,2 Mio. € prognostiziert. Der Unterschiedsbetrag von rund 45,8 Mio. € wird ebenfalls mit dem Betrag der angemessenen Finanzausstattung saldiert. Der Mehrbedarf für die Auftragskostenpauschale ist im Wesentlichen auf die nach Artikel 14 des Haushaltsbegleitgesetzes von 2007 vollzogene Überführung der Kostenausstattung der

Personal- und Sachkosten, der kommunalisierten Landesaufgaben in die Auftragskostenpauschale, auf die Anpassung der Personal- und Sachausgaben und auf einen Aufwuchs bei Mehrausgaben beim Wohngeld zurückzuführen sowie auf die Überführung der Finanzierung der Aufgabe Vollzug des Personenstandswesen vom eigenen in den übertragenen Wirkungskreis.

Neben den exemplarisch genannten Parametern sind auch die übrigen, die angemessene Finanzausstattung beeinflussenden Faktoren im Rahmen der Revision überprüft worden. Die dabei festgestellten Veränderungen im Vergleich zum Ansatz des Vorjahres wurden berücksichtigt. An dieser Stelle möchte ich auf die wiederum umfangreiche Gesetzesbegründung samt der zugehörigen Anlage 1 verweisen. Dort sind die jeweiligen Abzugsposten bzw. Mehrbedarfe im Vergleich zum Prognoseansatz des Vorjahres dargestellt. Der vorliegende Gesetzentwurf zum Kommunalen Finanzausgleich geht in Anwendung des eben skizzierten Revisionsverfahrens von folgenden Eckdaten aus:

Die angemessene Finanzausstattung der Kommunen beträgt 2010 rund 2,623 Mrd. € gegenüber 2,477 Mrd. € 2009. Davon entfallen auf das Thüringer Finanzausgleichsgesetz, d.h. auf die Finanzausgleichsmasse, rund 2,221 Mrd. € sowie außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes, d.h. auf die Einzelpläne der Fachressorts, rund 402 Mio. €.

In der Finanzausgleichsmasse ist eine Schlüsselmasse in Höhe von 1,074 Mrd. € nach rund 1,22 Mrd. € im Jahr 2009 enthalten. Dieser Rückgang beruht vor allem auf dem Umstand, dass in der Schlüsselmasse des Vorjahrs der Abrechnungsbetrag des alten Kommunalen Finanzausgleichs in Höhe von 200 Mio. € enthalten war - der Einmaleffekt, der gestern von Herrn Hey schon thematisiert worden ist.

Wie in den Jahren 2008 und 2009 erhalten die Kommunen über die angemessene Finanzausstattung hinaus freiwillige zusätzliche Leistungen des Landes für die kommunale Aufgabenwahrnehmung. Diese im Einzelnen in der Anlage 4 der Gesetzesbegründung zu § 3 genannten Zahlungen belaufen sich auf rund 223 Mio. €.

Damit erhalten die Kommunen im Jahr 2010 Leistungen des Landes für kommunale Aufgabenerfüllung in Höhe von insgesamt rund 2,85 Mrd. €. Nimmt man die Konjunkturmittel hinzu, liegt der Wert über 3 Mrd. €.

Zweitens: Nachdem die Eckdaten des Finanzausgleichs vorgestellt sind, erläutere ich die wesentlichen Änderungen, die im vorliegenden Gesetzentwurf enthalten sind.

Beim Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und anderer Gesetze liegt der Schwerpunkt auf Artikel 1 der Änderungen des FAG. Die Ergebnisse der Revision erfordern zunächst eine Anpassung der Regelungen des § 3, in dem die Höhe der Finanzausgleichsmasse für das Jahr 2010 als Gesamtbetrag genannt wird. Dies gilt in entsprechender Weise für die Regelungen des § 7, in dem die Höhe der Schlüsselzuweisungen an die Landkreise sowie Städte und Gemeinden benannt wird.

Eine weitere Änderung wird in § 27, der Regelung des Landesausgleichsstocks, vorgenommen. Auch in Zukunft werden Kommunen - und dies wahrscheinlich gerade in den schwierigen Jahren 2010 und 2011 - auf die Hilfe aus dem Landesausgleichsstock angewiesen sein. Da der jährliche Bedarf schwankt, insbesondere in einnahmestarken Jahren zurückgeht und in einnahmeschwachen Jahren steigt, würde ein Ansatz, der den allgemeinen Regelungen der Haushaltsordnung unterfiele, diesen Anforderungen nicht gerecht. Damit der Landesausgleichsstock kein bloßer Haushaltstitel ist und seiner Funktion als Fonds nachkommen kann, werden die nicht im laufenden Ausgleichsjahr für Festsetzungen und Bedarfszuweisungen gebundenen Mittel des Landesausgleichsstocks in das Folgejahr ohne Einsparauflage nach der Haushaltsordnung übertragen und im Haushaltsansatz erhöhend zugeführt. Einnahmen aus Rückzahlungen von Überbrückungshilfen aus Vorjahren fließen dem Landesausgleichsstock ebenfalls ohne Einsparauflage zu. Dieses Verfahren ermöglicht es, dass für den Fall, dass in einem Ausgleichsjahr weniger Mittel zur Festsetzung benötigt werden als im Mittelansatz prognostiziert, ein entsprechender Stock aufgebaut werden kann. Dadurch wird sichergestellt, dass in Jahren, in denen eine unvorhergesehene Häufung von außergewöhnlichen Lagen auftritt und mehr Bedarfszuweisungen erforderlich werden, genügend Mittel zur Verfügung stehen, um auch den finanzschwachen Kommunen eine finanzielle Mindestausstattung, unabhängig von der Leistungskraft des Freistaats, gewähren zu können.

Weitere Änderungen erfahren die Regelungen zur Kreis- und Schulumlage. In den §§ 28 und 31 wird jeweils ein Absatz 2 a eingefügt, der mit der Möglichkeit, zur kommunalen Doppik überzugehen, zusammenhängt.

Darüber hinaus wurde der in § 35 des Finanzausgleichsgesetzes enthaltene Regelungsgehalt überarbeitet, der den Familienausgleich regelt. Der Familienausgleich wird auf einen Festbetrag umgestellt. Er stellt im System des Kommunalen Finanzausgleichs seinem Wesen nach eine Finanzzuweisung dar, mit der das Land seinen Verpflichtungen nachkommt, die angemessene Finanzausstattung insge

samt bereitzustellen. Insofern ist diese Umstellung auf den Festbetrag mit keiner finanziellen Schlechterstellung der Kommunen verbunden. Aufgrund des Übergangs zu einer Festbetragsregelung und Finanzierung wurde zur Abwicklung des bisherigen Abrechnungssystems eine Übergangsregelung aufgenommen. Der Gesetzentwurf sieht zudem die Entfristung des § 36 vor, womit die Grundlage geschaffen wird, freiwillige Gemeindefusionen auch in Zukunft zu fördern. Neben den Änderungen am Finanzausgleichsgesetz erfolgen im vorliegenden Artikelgesetz Änderungen an weiteren Gesetzen. Das gilt für das Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit, die Kommunalordnung und das Gesetz über die kommunale Doppik. Darüber hinaus enthält der vorliegende Gesetzentwurf mit der Änderung des § 53 Thüringer Kommunalordnung vor dem Hintergrund der Erfahrung mit Derivatgeschäften ein ausdrückliches Verbot von Spekulationsgeschäften für Kommunen.

Den kommunalen Spitzenverbänden wurde der Referentenentwurf nach dem ersten Kabinettsdurchgang zur Anhörung übermittelt. Diese haben gegenüber dem Thüringer Innenministerium umfassend Stellung genommen. Das Ergebnis der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände ist in einer Anlage 5 zum Entwurf des FAG im Einzelnen dokumentiert und liegt dem Landtag vor. Es liegt in der Natur der Sache, das habe ich gestern schon gesagt, dass ein Verfahren, in dem die Betroffenen angehört werden, auch zu einer Überarbeitung und Änderung der Ansätze führen kann.

Nicht Gegenstand der Anhörung und insofern auch nicht Gegenstand der Auseinandersetzung mit den Spitzenverbänden waren die vor dem zweiten Kabinettsdurchgang im Gesetzentwurf aufgenommenen Änderungen bei den prognostizierten Kosten der Kindertagesbetreuung. Dazu wurde heute Morgen alles Notwendige gesagt. Ich habe gestern dazu Stellung genommen. Entscheidend ist, dass es eine Spitzabrechnung geben wird im Rahmen des Vollzugs des Kindertagesstättengesetzes. Da gibt es, Herr Meyer, auch keine Lebenslüge oder wie Sie es genannt haben; wenn es jetzt einen Mehrbedarf in diesem Bereich gibt, der bei der Spitzabrechnung verrechnet werden soll, muss natürlich auch eine Überfinanzierung verrechnet werden.

Mit dem Thüringer Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und anderer Gesetze wird die Basis dafür geschaffen, dass unsere Kommunen auch dieses Jahr eine insgesamt angemessene Finanzausstattung erhalten. Nicht deutlich genug kann in diesem Zusammenhang hervorgehoben werden, dass die Höhe der vom Land an die Kommunen fließenden Finanzausgleichsleistungen, insbesondere auch die zurückgehenden Steuereinnahmen der

Kommunen, im Jahr 2010 berücksichtigt, soweit dies nicht ausreicht - Herr Kuschel, das habe ich vorhin schon erwähnt - über die Abrechnung zwei Jahre später. Aber auch die Bereitschaft des Landes, wie in den Jahren 2008 und 2009 erneut erhebliche freiwillige zusätzliche Mittel über die angemessene Finanzausstattung hinaus den Kommunen zur Verfügung zu stellen, ist angesichts der zurückgehenden Leistungskraft des Landes beachtlich.

Mit dem Finanzausgleichsgesetz schafft das Land die Basis dafür, dass die Kommunen ihre pflichtigen Aufgaben im eigenen und übertragenen Wirkungskreis erfüllen und darüber hinaus weiterhin freiwillige Selbstaufgaben leisten können. Dass der Umfang der freiwilligen Leistungen in Einzelfällen, verglichen mit den Vorjahren, eingeschränkt werden muss, ist angesichts der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auch auf die Einnahmen der Kommunen wie auf die Einnahmen des Landes nicht zu vermeiden. Es wäre unverantwortlich und naiv, diese Tatsache zu ignorieren und ein „Weiterso“ beim Ausgabe- und Einnahmeverhalten wie in den guten Jahren 2008 und 2009 zu fordern oder gar umzusetzen.

Unter dem Strich zeigt sich auch gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Gesamtsituation, dass sich das neue System des Kommunalen Finanzausgleichs in Thüringen bewährt. Nach dem alten Verbundquotensystem hätte die verschlechterte Einnahmesituation des Landes zu einer deutlich geringeren Finanzausstattung der Kommunen geführt, wodurch diese in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung massiv beschnitten worden wären. Das ist aber nicht der Fall. Das scheint mir die entscheidende Botschaft des neuen Thüringer Finanzausgleichsgesetzes zu sein. Dessen Zustandekommen ist weder verantwortungslos und es ist auch nicht das Ergebnis eines „Rechne-mich-arm/rechne-mich-reich“-Spiels, wie es in der Haushaltsdebatte angeklungen ist. Es liegt diesem Gesetz eine sehr differenzierte, komplizierte - zugegebenermaßen optimierungsfähige -, bedürftige und fehleranfällige Ermittlung zugrunde. Es gehört sicher zu den Aufgaben der nächsten Jahre, hier die Rationalität und Transparenz zu erhöhen.

(Beifall CDU)

Auch die 350 Mio. €, die von der Fraktion DIE LINKE vermisst wurden, sind aus Sicht der Landesregierung keine Defizit dieses Gesetzes.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Haben Sie die nun gefunden?)

Ob der Anspruch besteht, darüber wird der Verfassungsgerichtshof ja in drei Wochen entscheiden. Ich bin relativ zuversichtlich, dass diese Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit unseres Gesetzes bestä

tigen wird.

Ich möchte zum Schluss kommen, möchte aber vielleicht, was die vollmundigen Forderungen insbesondere von der von mir aus links sitzenden Fraktion angeht, doch eines deutlich machen. Die Länder haben - deswegen waren ja auch Ihre Anfragen immer darauf gerichtet, was die Landesregierung im Bundesrat machen wird - keine nennenswerten Steuergesetzgebungskompetenzen. Sie haben kaum Möglichkeiten, die Einnahmeseite zu verändern. Deswegen erscheint es mir problematisch, einfach immer nur mehr zu fordern. Ich schließe mich da ja gern Herrn Meyer an, der gestern gesagt hat: Mehr Geist und nicht nur - wenn ich es richtig zitiere - der platte Ruf nach immer mehr Geld ist das Gebot der Stunde. Wir werden das Verfahren des Kommunalen Finanzausgleichs optimieren mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammen. Wir werden die Aufgaben der Kommunen einer Aufgabenkritik unterziehen und wir werden auch auf den Prüfstand stellen, ob die Kommunalisierung der Aufgaben, die die heutige Rechtslage kennzeichnet, der Wahrheit letztes Ergebnis bzw. der Weisheit letzter Schluss ist. Insgesamt bitte ich aber aus Überzeugung um Unterstützung für den von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Innenminister. Ich eröffne wieder die Aussprache. Das Wort hat Abgeordneter Kuschel, Fraktion DIE LINKE.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die letzten Worte des Innenministers waren ja nicht so optimistisch. Er hat um Verständnis geworben, er kann nicht, selbst wenn er wollte, weil das Land keine Steuerkompetenz hat. Das war jetzt nicht gerade der Hinweis darauf, dass Sie die nächsten Jahre als Lobbyist für die Kommunen auftreten wollen, sondern es war eher eine Kapitulation vor dem föderalen System. Wer soll es denn sonst machen in diesem Land, wenn nicht diese Landesregierung? Da müssen Sie auf Bundesebene eben Druck machen. Wenn das nicht hilft - Sie haben mich an Ihrer Seite -

(Beifall DIE LINKE)