Protocol of the Session on March 21, 2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich verwahre mich auch dagegen, ich nenne es einmal so hart, hier Schaufensterdebatten zu führen, denn ich habe von niemandem bisher gehört, dass es keine Überprüfung mehr geben sollte. Ich meine auch, dass die Überprüfung in der Tat ausgesprochen wichtig ist. Es kann kein Schlussstrich unter die Aufarbeitung des durch den Staatssicherheitsdienst der DDR begangenen Unrechts geben, wenn es uns darum geht, für die Zukunft daraus zu lernen. Aber ich habe auch den Eindruck, dass sich darüber alle hier in diesem Hause überwiegend einig sind. Die Frage ist dennoch, wie gestalten wir ein solches Gesetz und ist ein solches Gesetz, so wie es jetzt verlängert werden soll, in der Tat angemessen in der Form, wie es vorliegt? Ich möchte das mit einem Fragezeichen versehen, zumindest was einen Paragraphen ganz explizit anbelangt. Wir wissen alle, dass am 25. Mai im Jahr 2000 der Thüringer Verfassungsgerichtshof geurteilt hat, dass § 8 dieses Gesetzes, nämlich der Mandatsentzug, Artikel 52 Abs. 2 und 3 sowie Artikel 53 in Verbindung mit Artikel 83 Abs. 1 unserer Verfassung des Freistaats Thüringen widerspricht und damit nichtig ist. Warum bitte lassen wir dann diesen Paragraphen in dem Gesetz stehen, wo wir alle wissen, dass er keine Anwendung finden kann?

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, es gehört in der Tat dazu, dass wir im Jahr 24 nach der friedlichen Revolution ein Gesetz brauchen, was zum einen natürlich der Gesetzlichkeit und damit dem entspricht, was ein Verfassungsgericht geurteilt hat, wenn wir aus der Vergangenheit lernend nach vorn schauen wollen, denn darum geht es. Wir müssen uns fragen, wie Aufarbeitung umfassend gelingen kann und - das habe ich auch schon in unserer Debatte hier im Juni 2012, als die Ergebnisse der letzten Abgeordnetenüberprüfungen vorlagen, formuliert - es muss uns darum gehen, umfassend und differenziert auch über Geheimdienste hinaus zu betrachten, wer an welcher Stelle und mit welchen Methoden Verantwortung für 40 Jahre Diktatur in der DDR getragen hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn, Herr Bergner, an der Stelle gebe ich Ihnen völlig recht, die Staatssicherheit war nicht irgendein Geheimdienst, sie war Schild und Schwert der Partei, die über Jahre die Diktatur getragen und ausgeübt hat. Deswegen greift es uns zu kurz, nur danach zu schauen, ob Menschen tatsächlich eine Erklärung des MfS unterzeichnet haben oder nicht.

(Abg. Scherer)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen vermutlich schon, worauf ich jetzt hinaus will. Es gibt einen weiteren Punkt, über den wir sprechen müssen, wenn wir dieses Gesetz hier erneut aufrufen. Es geht um die Feststellung der Parlamentsunwürdigkeit. Wir alle kennen dieses Verfahren hier aus dem Thüringer Landtag, und das ist keineswegs vergleichbar mit der Praxis in anderen Landtagen, insbesondere wenn es sich so gestaltet, wie wir es erlebt haben. Es haben Überprüfungen erneut stattgefunden, obgleich keinerlei neue Erkenntnisse vorgelegen haben. In MecklenburgVorpommern und in Sachsen-Anhalt finden Überprüfungen von Abgeordneten nur dann noch einmal statt, wenn neue Erkenntnisse vorliegen. Ich sage ganz offen für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn es keine neuen Erkenntnisse gibt zu Abgeordneten, die - obwohl die Menschen wissen, dass sie für einen Geheimdienst wie Staatssicherheit oder aber auch die K 1 gearbeitet haben - in den Thüringer Landtag gewählt werden und das sogar zum wiederholten Mal, was rechtfertigt dann oder begründet eine erneute Überprüfung ohne neue Aktenerkenntnisse oder ohne neue Vorlagen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben hier Gesprächsbedarf. Deswegen sage ich noch einmal ganz deutlich, wir meinen, dass die Parlamentsunwürdigkeitserklärung kein probates Mittel ist, wenn es uns tatsächlich um Aufarbeitung geht. Da möchte ich an dieser Stelle einmal Wolfgang Templin zitieren, der sagte: „Wir brauchen Aufarbeitung ohne den Impuls der Rache.“ Dafür möchte ich gerade als eine, die selbst aus der Bürgerrechtsbewegung der ehemaligen DDR kommt, nachdrücklich werben.

Ich hoffe, wir werden diesen Gesetzentwurf sachlich und zeitgemäß im Justiz- und Verfassungsausschuss beraten und wir werden dort natürlich auch entsprechende Änderungen einbringen wie beispielsweise zur Frage der Parlamentsunwürdigkeit und auch zur Frage des § 8, weil dieser, wie gesagt, gar keine Anwendung finden kann. In diesem Sinne hoffe ich auf eine sachliche Diskussion über alle Parteigrenzen hinweg. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Pidde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Werden Stasiüberprüfungen heute noch gebraucht? Wir befinden uns im 23. Jahr nach der Wiedervereinigung. Sollte man nicht irgendwann einen Schlussstrich ziehen? Das ist eine juristische, aber

mehr noch eine moralische Frage. Wir hier im Hohen Haus haben eine Verantwortung für die Opfer, für die Menschen, die ins Visier dieses Stasisystems geraten sind,

(Beifall CDU, SPD)

die durch Verrat und Denunziation ins Unglück gestürzt worden sind. Wenn man in den Stasiakten liest, dann sieht man, wie unerwartet tief menschliche Untiefen sein können.

Es ist auch zu verzeichnen, dass die Rolle der Stasi und auch die Rolle der SED - und beides ist ja eng miteinander verknüpft - jetzt nach 23 oder 24 Jahren nach der politischen Wende verharmlost werden. Deshalb geht es darum, die Aufklärung weiter voranzutreiben. Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ist auf einem guten Weg vorangekommen, sollte aber jetzt nicht zum Abbruch und zum Stillstand kommen. Wir haben nach wie vor - und das ist hier von den Vorrednern schon gesagt worden eine sehr hohe Zahl von Anfragen an die Stasiunterlagenbehörde, also es ist ein Interesse von sehr hohem Maße vorhanden.

Meine Damen und Herren, zum Glück setzte die friedliche Revolution dem Treiben des SED-Regimes 1989 ein Ende. Aber es ist auch zu verzeichnen, dass schon im November 1989 der Befehl von ganz oben kam, es wurde damit begonnen, Unterlagen aus den Stasibehörden auf Lastwagen wegzufahren, zu schreddern oder, weil das nicht schnell genug ging, zu verbrennen. Da waren es die Bürgerrechtler, die eingeschritten sind. Sie stellten Mahnwachen auf vor den Stasizentralen, sie erzwangen sich Einlass und sie verhinderten Abtransport und Zerstörung. Wir haben es den Bürgerrechtlern zu verdanken, dass ein Großteil der Unterlagen erhalten geblieben ist. Heute befinden sich in der Stasiunterlagenbehörde und in den Außenstellen über 100 Kilometer Akten der Staatssicherheit, Millionen von Karteikarten und Fotografien, Tausende von Tonbändern, Filmen und Videos. Das alles wurde archivisch aufgearbeitet und wird es noch heute.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion, die SPD, sagt Ja zu einer erneuten Überprüfung, zum einen, weil es ja auch neue Erkenntnisse gibt. Da haben wir einmal die sogenannten Rosenholz-Akten, die in den USA landeten und nach Deutschland zurückgekehrt sind; die Aufarbeitung liefert neue Erkenntnisse. Da haben wir zum Zweiten die vielen Tausend Säcke an geschreddertem Material, die sichergestellt werden konnten. Nur etwa 3 Prozent davon sind bisher manuell bearbeitet und rekonstruiert worden. Aber diese 3 Prozent sind 1 Mio. Blatt an Schriftgut, die bisher rekonstruiert worden sind. Deshalb befürworten wir eine erneute Überprüfung, weil es neue Erkenntnisse gibt. Wir sehen es aber auch im Hinblick auf die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Es ist bundesweit festgelegt

(Abg. Rothe-Beinlich)

worden, dass die Stasi-Überprüfung für diese Personen noch bis 2019 vollzogen werden soll. Dann wäre es nicht zu vermitteln, dass der Stasi-Check für die Abgeordneten des Landtags 2014 enden sollte. Deshalb haben CDU- und SPD-Fraktion sich vorgenommen, das Abgeordnetenüberprüfungsgesetz zu ändern, so wie es der Kollege Scherer schon vorgetragen hat. Wir sehen auch, dass das Überprüfungsverfahren vielleicht verbesserungsbedürftig ist, was Frau Rothe-Beinlich eben in die Diskussion gebracht hat, aber da hätten wir wirklich vor Jahren anfangen und über dieses Verfahren reden sollen. Jetzt denken wir, dass es nicht sinnvoll ist, noch einmal eine erneute Grundsatzdiskussion zu Verfahrensfragen zu führen. Wir wollen nur, dass die Laufzeit dieses Gesetzes geändert wird, dass es nicht 2014 ausläuft, sondern bis zum Ende der 6. Legislaturperiode des Thüringer Landtags bis 2019 gilt. Deshalb möchten wir auch keine Ausschussüberweisung. Es geht nur um eine Entscheidung, soll es verlängert werden oder nicht. Dazu ist Gelegenheit, indem die heute gehörten Argumente verarbeitet werden. Die Fraktionen haben fünf Wochen Zeit bis zum nächsten Plenum, um diese auszuwerten und zu beraten, und dann sollten wir in der nächsten Plenarsitzung abschließend eine Entscheidung treffen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich der Abgeordnete Korschewsky zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, vorweg auch eine Vorbemerkung von meiner Seite, meine sehr geehrten Damen und Herren. Herr Dr. Pidde, Herr Bergner und Herr Scherer, es ist tatsächlich so, Sie haben viele Beispiele aufgezählt, die aber alle eigentlich mit dem Überprüfungsgesetz gar nichts zu tun haben, die richtig sind, die völlig richtig sind, aber die mit dem vorgelegten Gesetz hier wirklich nichts zu tun haben.

(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Doch, doch.)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Womit denn dann?)

(Unruhe FDP)

Lassen Sie mich am Anfang meines Beitrags ein Zitat bringen. Der deutsch-französische Politologe Alfred Grosser hat einmal seinem zur Wendezeit erschienenen Buch „Ermordung der Menschheit“ einen Satz vorangestellt. Gleich ihm möchte ich diesen Satz uns bei der Debatte mit auf den Weg geben. Alfred Grosser sagte: Man hüte sich davor,

die Widersprüche von gestern mit den Kriterien von heute zu erklären.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, der Gedanke von Grosser ist nicht nur richtig, sondern gleichsam zeitlos, aber auch mahnend.

Mit dem erneut vorgelegten Gesetz zur Überprüfung der Abgeordneten machen es sich aus meiner Sicht die Fraktionen der CDU und der SPD sehr einfach. Es wird einfach die Fristsetzung geändert und schon hat man das Thema abgehakt. Doch ganz so einfach, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es nicht zu haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Eine solche Verfahrensweise verkennt deutlich, dass es nicht nur um das Auswechseln eines Datums geht, sondern wie Kollegin Rothe-Beinlich schon angemerkt hat an dieser Stelle, grundsätzliche Fragen zu diskutieren sind. Diese Fragen reichen von gesellschaftspolitischen Aspekten über juristische Sachverhalte bis hin zum Umgang untereinander und miteinander.

Ich möchte aber insbesondere zwei Bemerkungen machen, meine Damen und Herren. Ich möchte auf den Gegenstand der generellen Fristverlängerung und das gewählte Verfahren sowie die Frage der Vergangenheitsaufarbeitung eingehen. Zur Vergangenheitsaufarbeitung generell: Wir als LINKE - und ich betone das ausdrücklich - sind auch weiterhin für einen offenen und transparenten Umgang mit Biographien von Kandidatinnen und Kandidaten sowie Mandatsträgern und haben das auch in der Vergangenheit stets so praktiziert und auch in allen Beschlüssen der Partei niedergelegt.

(Beifall DIE LINKE)

Die Wähler haben Anspruch auf die Offenlegung, um eine adäquate Wahlentscheidung treffen zu können. Darum sind wir ausdrücklich - ich betone das auch hier noch einmal - nicht gegen Überprüfungen, wie das zum Teil immer wieder falsch dargestellt wird. Wichtig - und das möchte ich hier aber auch betonen - war uns immer die Auseinandersetzung mit der eigenen politischen Biographie und die Frage nach entsprechenden Schlussfolgerungen sowie die Frage nach objektiver Bewertung jeweils anhand der spezifischen Biographie. Ein besonders wichtiger Aspekt der Bewertung war neben anderen Beweggründen vor allem auch die Frage nach der persönlichen Verantwortung. Ich sage es hier noch einmal: An der Tätigkeit des nach innen gerichteten Spitzelwesens und Repressionsapparates des MfS gab es für DIE LINKE nie etwas zu beschönigen,

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Dr. Pidde)

aber man sollte Menschen, egal was sie getan haben, auch immer Einsichts- und Veränderungsfähigkeiten zugestehen. Ich denke, das ist in diesem Prozess und im mittlerweile größeren zeitlichen Abstand unbedingt notwendig. Deshalb seien hier nochmals am Vorgehen von CDU und SPD, hier nur ein Datum zu verändern, einige Zweifel erlaubt, meine Damen und Herren.

In einem zweiten Aspekt möchte ich nun die Fristen und das gewählte Verfahren reflektieren. Beim ursprünglichen Erlass des Stasi-Unterlagen-Gesetzes war immer vom Gesetzgeber betont worden: Dieses Gesetz hat lediglich eine befristete Geltung und ist der historischen Übergangssituation von der Diktatur in die Demokratie geschuldet. Die immer wieder rituale Veränderung der Überprüfung für bestimmte Personengruppen hinsichtlich einer Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst verstieß bereits mehrfach gegen den ursprünglichen Willen des Gesetzgebers. Wenn man nur die Bundestagsdebatten diesbezüglich nimmt, so haben diese mit politischer Instrumentalisierung und nur wenig mit sachbezogener Vergangenheitsdiskussion zu tun. Es ging also nicht um das Sachthema. Wäre es der Fall, dann müsste man im Übrigen auch über rechtsstaatliche Prinzipien reden, dann müsste man darüber reden, dass zum Rechtsstaat der Rechtsgedanke der Verjährung im Strafrecht und im Zivilrecht gehört. Die Zeit spielt dabei eine entscheidende Rolle, das wissen Sie. Diese Bewährung in der Demokratie, meine Damen und Herren, spielte bei den früheren Abwägungen des bekannten Landtagsgremiums aus meinem Erleben und aus Sicht meiner Fraktion leider keinerlei Rolle. Das lehnen wir ab, weil wir hier andere Prinzipien anlegen müssen. Im Grunde ging es in den früheren Verfahren ich habe da noch so manche Rede im Ohr - nur um Stigmatisierung von Menschen, niemals, meine Damen und Herren, um wirkliche Vergangenheitsaufarbeitung und Auseinandersetzung.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist eine Unterstellung.)

Aber es gibt weitere zu kritisierende Aspekte: Neben mangelnder Transparenz des gesamten Vorgangs der Überprüfung hier im Landtag ist es auch zugleich ein höchst umstrittenes Prozedere. Das wird schon - und auch das wurde hier zumindest schon teilweise angeführt - an den denkbar knappen Verfassungsgerichtsurteilen der jüngsten Zeit überdeutlich. Im Wesentlichen ging es immer um die Frage, ob ein Gremium des Landtags das öffentliche Verdikt der Parlamentsunwürdigkeit verhängen darf. Ziehen wir nur zwei der höchsten Gremien dieses Staates in dieser Sachfrage als Beispiel zurate, fällt das Urteil eindeutig aus. Das Bundesverfassungsgericht meinte in einem Urteil, ein Landtagsgremium könne dies nicht. Das Bundesverfassungsgericht hält eine Personalenquete in der Frage der Zusammenarbeit nur insofern für zu

lässig, als sich das Parlament auf Feststellungen beschränkt und selbst keine Wertungen trifft. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof schließt sich im Urteil von 2/99, welches hier schon zitiert wurde, auf Seite 19 an. Auch der Deutsche Bundestag verzichtet bekanntlich auf diesbezügliche Wertungen der Feststellung. Der Ausschussvorsitzende Dieter Wiefelspütz, seines Zeichens SPD, erklärte in der Debatte zu § 44 b Abgeordnetengesetz: „Wir treffen Feststellungen. Die Würdigung haben Fraktionen und Gruppen zu treffen und die deutsche Öffentlichkeit.“ Beide haben wohl erkannt, dass das Attribut der Unwürdigkeit, dem Landtag anzugehören, ein Werturteil von Parlamentskollegen, aber nicht vom Souverän, der Wählerinnen und Wähler, ist. Die grundsätzlichen Bedenken in dem Verfahren hat in der letzten Legislatur die Verfassungsrichterin Frau Dr. Iris Martin-Gehl in ihrem damaligen Sondervotum treffend beschrieben. Sie schrieb: „Das Parlament erhält seine Legitimation durch das Volk. Zieht es die politische Tragbarkeit einzelner seiner Mitglieder in Zweifel, stellt es seine eigene Legitimation infrage und erhebt sich damit über den Wählerwillen. Der Respekt vor dem Wählerwillen verbietet es, im parlamentarischen Raum über Abgeordnete Urteile zu fällen, durch die sich der Wähler dem Vorwurf ausgesetzt sieht, eine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Zudem kommt es einer Bevormundung des Wählers gleich, dass ihm die eigene Einschätzung, ob er einem Abgeordneten sein Vertrauen geben kann, vom Parlament durch ein vorgefasstes Urteil der Parlamentsunwürdigkeit abgenommen wird. Auf diese Weise politischen Druck auf die Wählerinnen und Wähler auszuüben, ist mit dem Demokratieprinzip schwerlich vereinbar.“

(Beifall DIE LINKE)

Ich glaube, meine Damen und Herren, diesen Worten gibt es nichts hinzuzufügen, was die hier zu debattierende Sache anbetrifft.

Ich will zweitens auch deutlich klarstellen, DIE LINKE hält die Öffnung und Beibehaltung der Öffentlichkeit der Stasi-Akten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nach wie vor für richtig. Allerdings kritisieren wir die Art und Weise des Umgangs mit ihm und vor allen Dingen den Fakt wie hier im Thüringer Landtag, dass die ungenierte parteipolitische Vereinnahmung und der Missbrauch immer noch nicht sanktioniert werden. Nach der allgemeinen Überzeugung einer großen Zahl von Zeithistorikern ist auch in diesem Zusammenhang die Aufarbeitung der DDR-Geschichte bisher weitestgehend gescheitert, meine Damen und Herren. Eine der wesentlichen Ursachen dafür - und das sagen Experten im Übrigen sehr unverblümt - ist die politische Instrumentalisierung des Themas und der damit verbundene subtile Eingriff in die Wissenschaft. Deshalb sage ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hier brauchen wir tatsächlich

einen Neuanfang ohne jegliche parteipolitische Einflussnahme. Für eine Geschichtsaufarbeitung muss es über die Parteigrenzen hinweg einheitliche Aussagen geben.

Ich will zum Schluss nur noch eines betonen, dass ein anderer, nicht einseitiger und auch nicht durchschaubarer instrumentalisierter Umgang mit der DDR-Vergangenheit das beste Rezept gegen eine jegliche Verklärung der DDR-Geschichte wäre, ist, glaube ich, unstrittig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Fraktion würde sich sehr gern dem Votum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN anschließen und im Ausschuss über das Gesetz in Gänze diskutieren. Deshalb werden wir diesen Antrag auch unterstützen. Sollte es nicht dazu kommen und sich die Parlamentsmehrheit dem verschließen, dann werden und können wir dieser Verlängerung dieses Gesetzentwurfs wiederum leider nicht zustimmen.

(Unruhe CDU)