Protocol of the Session on September 12, 2008

Ich war mit dabei, ich habe auch ganz deutlich von Vattenfall gehört, dass man Freileitungsmonitoring grundsätzlich ablehnt und dass man sich eben auch nicht den Aufgaben stellt, Hochtemperaturseile zum Einsatz zu bringen. Ich denke, das haben Sie auch sehr, sehr deutlich dort bei Vattenfall in Berlin hören können

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Und man hat Ihnen aber auch gesagt, warum.)

Ich komme nachher auch noch einmal dazu. Gleichzeitig habe ich einen Besuch abgestattet bei E.ONNetz. Und ich habe mich davon überzeugt, dass Freileitungsmonitoring funktionieren kann.

Man hat dort auf der 110-kV-Ebene erreicht, dass die Stromkapazitäten um bis zu 50 Prozent erhöht werden konnten. Man hat dazu auch einen Versuch gemacht, der lief über ein Jahr.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Kurzzeitig.)

Und, Herr Höhn, auch das kann ich Ihnen noch einmal mit aller Deutlichkeit sagen: Man hat mir dort

auch ganz klar und deutlich gesagt, dass man das ebenfalls auf die 380-kV-Ebene übertragen will, weil es eben ein erfolgreicher Versuch war. Man hat mir auch gesagt, dass man im Jahr 2009 anfangen will, Hochtemperaturseile einzusetzen. Herr Höhn, das ist der richtige Weg und den sollten wir hier auch anschieben und deshalb sollten wir auch alles dafür tun, dass ein solches Modellprojekt in Thüringen auf den Weg gebracht wird.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: … wenn man von Technik keine Ahnung hat.)

Herr Höhn, Sie waren überhaupt nicht dort, Sie reden hier in diesem Landtag über etwas, was Sie sich nicht angeschaut haben, mit dem Sie sich überhaupt nicht beschäftigt haben. Wissen Sie, deshalb geht in der Politik nämlich so viel verquer, weil man sich nämlich nicht einmal intensiv auch mit den technischen Fragen auseinandersetzt und hier einfach irgendwas daherredet.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ich habe was mit Strom studiert im Gegensatz zu Ihnen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was wir aber auch dringend brauchen, sind ordentlich fundierte Zahlen über tatsächlich vorhandene und mittelfristig tatsächlich notwendige Leitungskapazitäten und das nicht nur im Vattenfallbereich, sondern auch im bundesdeutschen Netz und im europäischen Verbundnetz.

Was wir auch machen sollten, was wir auch immer wieder erleben, wir sollten uns nicht ständig von den großen Netzbetreibern und den Energiekonzernen an der Nase herumführen lassen, sondern wir sollten endlich einmal fundierte Zahlen fordern, wir sollten eine Lastflussanalyse einfordern und uns vorlegen lassen.

(Beifall DIE LINKE)

Dann bin ich überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es uns auf der Grundlage der positiven Ergebnisse von E.ON gelingt, das Atomzeitalter und das Zeitalter der Verwendung fossiler Brennstoffe bei der Energieerzeugung zu beenden und dass es uns auch gelingt, diese Energiewende ohne neue riesige natur- und landschaftszerstörende Stromleitungen zu erreichen.

Und auch das möchte ich hier an dieser Stelle von diesem Rednerpult aus sagen, ich sehe da sogar positive wirtschaftliche Effekte für Thüringen. Bereits jetzt beschäftigen sich Thüringer Unternehmen mit

der Technologie des Leitungsmonitorings. Sie suchen jetzt eigentlich nur noch Möglichkeiten, diese Dinge auch mal in die Realität umzusetzen. Ich erinnere z.B. an die energiepolitische Konferenz, die vor wenigen Wochen an der Technischen Universität in Ilmenau stattgefunden hat. Dort hat sich ein Unternehmen aus Jena präsentiert. Wir sollten darauf drängen, dass man diesen Unternehmen in Thüringen eine Chance gibt und dass Freileitungsmonitoring endlich zur Realität wird hier in Thüringen.

Meine Damen und Herren, ich sage, ein Land wie Thüringen muss doch in der Lage sein, solche innovativen Lösungen auf die Beine zu bringen, die den notwendigen technischen Fortschritt und die wirtschaftliche Entwicklung sichern, ohne in massivster Form in Natur, Umwelt und Lebensqualität einzugreifen. Deshalb haben wir den Vorschlag gemacht, das Modellprojekt „Leitungsoptimierung von Neubau von Stromnetzen“, das nicht nur die 380-kV-Leitung verhindern wird, sondern auch in allen anderen Bundesländern ein Beispiel sein kann und nachgenutzt werden kann, auf den Weg zu bringen. Davon bin ich überzeugt.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme nun zum zweiten Punkt. Mitte Juni wurde durch das Bundeskabinett das Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze in den parlamentarischen Umlauf gebracht. Auch um dieses Gesetz zu verhindern, brauchen wir dieses Modellprojekt, was wir eingangs in Punkt 1 gefordert haben. Dieses Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht für den Lobbyismus der Bundesregierung für die multinationalen Energiekonzerne. Finanziert wird das Ganze auf dem Rücken der Endverbraucher. Wer den Gesetzentwurf liest, wer ihn wirklich liest, der stellt fest, hier werden in keinster Weise Trassennotwendigkeiten geprüft, überhaupt nicht, sie werden de facto festgeschrieben. Mit diesem Gesetz werden dem Land grundlegende hoheitliche Kompetenzen der Mitsprache und der Prüfung aberkannt. Es ist ein massiver Eingriff in die politische Demokratie unseres Landes. Und für betroffene Landkreise, Städte und Gemeinden und vor allen Dingen auch für unsere Bürgerinnen und Bürger werden rechtliche Möglichkeiten massiv eingegrenzt. Das ist aus meiner Sicht, aus unserer Sicht eine eklatante Beschneidung demokratischer Grundrechte in unserem Land.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Heißt das, die Bundesregierung ist undemo- kratisch?)

Ich will es auch mit aller Deutlichkeit sagen - Herr Höhn, Sie können doch nachher noch mal vor und da können Sie ganz viel noch dazu sagen, das steht Ihnen alles frei -, das EnLAG ist ein Bürgerbeteiligungsverhinderungsgesetz und für mich, das sage ich mit aller Deutlichkeit, darauf können Sie nachher noch mal eingehen, erinnert das an tiefste Zeiten zentralistischer Diktatur.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das müs- sen Sie ja wissen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, dieses Gesetz konterkariert den Willen und den mehrheitlichen Beschluss …

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das mit dem Zentralismus meine ich.)

(Unruhe CDU)

Darf ich jetzt mit meiner Rede weitermachen? Sie können nachher alle von hier vorn reden und sich dazu äußern.

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz konterkariert den Willen und den mehrheitlichen Beschluss auch des Thüringer Landtags, der ja zusätzlich zu dem Jarass-Gutachen erst vor wenigen Monaten - es ist heute hier auch schon gesagt worden - ein zweites Gutachten dieser Art in Auftrag gegeben hat. Wenn dieses geplante Energieausbaugesetz gilt, dann können wir uns eigentlich ein Gutachten jeglicher Art sparen. Sehr geehrter Herr Minister, dann hätten wir auch die 200.000 € sparen können und hätten die wesentlich effizienter im sozialen oder einem anderen Bereich einsetzen können, denn dann interessiert dieses Gutachten niemanden mehr. Wie bitte wollen wir damit auch die verbundene Ohnmacht der Landespolitik den Menschen hier im Freistaat erklären?

Ich erwarte jetzt ganz einfach vom Ministerpräsidenten, dass er vor diesem Hintergrund im Bundesrat als oberster Repräsentant Thüringens aktiv wird und den angestrebten Eingriffen in die Landesobliegenheiten massiv widerspricht. Eins möchte ich auch noch sagen, im momentan vorliegenden und uns bekannten EnLAG ist als eines von vier Projekten die 380- kV-Leitung durch Thüringen Abschnitt Altenfeld - Rettwitz sowie zusätzlich die Rennsteigquerung konkret benannt und die Möglichkeiten eröffnet, in Teilabschnitten die Erdverkabelung zu realisieren. Das berühmte Erdkabel - für schlichte Gemüter der Kompromiss. Wir sagen, was an Stromübertragungskapazitäten nicht notwendig ist, das braucht auch nicht als Kabel in der Erde vergraben zu werden.

(Beifall DIE LINKE)

Mal abgesehen davon, für die Realisierung von Teilabschnitten der 380-kV-Leitung als Erdkabel müssen nach dem vorliegenden Gesetz bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Wir kennen das, es müssen bestimmte Mindestabstände zur Wohnbebauung eingehalten werden und das Ganze muss wirtschaftlich effizient sein. Das sind die Grundvoraussetzungen, um überhaupt eine Teilverkabelung realisieren zu können.

Meine Damen und Herren, mir stellt sich da sofort die Frage: Würde - ich betone würde - es unter diesen Voraussetzungen überhaupt Erdverkabelung geben? Auch wenn man in der Presse von einer erdverkabelten Rennsteigquerung spricht, meine Damen und Herren, beurteilen kann das zum gegenwärtigen Zeitpunkt sowieso noch niemand; denn für den genannten Abschnitt Altenfeld - Rettwitz gibt es noch gar keine Planungsunterlagen. Lassen Sie mich auch mal eins sagen: Für uns ist das Erdkabel ein Köder, der ausgelegt wurde, damit wir in die Falle der 380kV-Leitung tappen. Es ist doch wohl keiner hier so naiv in diesem Hause, dass das hier auch noch jemand glaubt.

Ich möchte noch mal ein Wort zur Erdverkabelung sagen. Mittlerweile gibt es ja auch jetzt ganz neu, das ist mir gestern erst zugegangen, eine Empfehlung der Ausschüsse und Unterausschüsse des Bundesrates zum Energiedurchleitungsgesetz. Herr Schubert hat ja gerade gesagt, man kann das Gesetz nicht grundsätzlich ablehnen, es hat im Prinzip vielleicht noch etwas Positives irgendwo. Vielleicht haben Sie da an die Erdverkabelung gedacht. Hier hat man nämlich vor, dass man die Erdverkabelung grundsätzlich aus dem Gesetz herausnehmen will. Das schlagen die Ausschüsse und Unterausschüsse vor. Sie begründen das damit: „Die in § 2 EnLAG vorgesehene Möglichkeit einer Teilverkabelung bestimmter Leitungsvorhaben, die sowohl von der Intention der Regelung als auch von faktisch einem unumkehrbaren Trend zur Verkabelung bewirken würde, liefe dem primären Beschleunigungsziel des vorgeschlagenen Gesetzes zuwider. Sie wäre auch mit den allgemeinen Zielen einer sicheren wirtschaftlichen und umweltverträglichen Energieversorgung nicht vereinbar.“ Letztendlich wird das heißen, dass es überhaupt keine Erdverkabelung geben wird. Was man eigentlich erreichen wollte, war, den Bürgerinnen und Bürgern hier zu erklären, sich nicht mehr zu engagieren gegen diese Leitung. Aber ich kann Ihnen sagen, der Protest ist ungebrochen. Wir werden weitermachen und wir werden alles tun, um diese 380-kVLeitung durch Thüringen zu verhindern.

(Beifall DIE LINKE)

Nun möchte ich noch mal etwas zur wirtschaftlichen Effizienz sagen. Das war ja auch ein Kriterium, was in

diesem Beschleunigungsgesetz mit festgelegt worden ist. Wenn man schon die wirtschaftliche Effizienz als oberstes Bewertungs- und Entscheidungskriterium festlegt, dann gilt erst einmal die Herangehensweise:

1. Die Überprüfung der Notwendigkeit zur Erhöhung der Leitungskapazitäten und

2. wenn die Notwendigkeit nachgewiesen ist, Netzoptimierung vor Leitungsneubau.

Da möchte ich auch noch einmal einen Hinweis an die Landesregierung richten: Vor drei Tagen hatte ich ein Gespräch an der Freien Universität in Berlin mit Prof. Säckel, einem renommierten, hoch anerkannten Rechtswissenschaftler. Gegenstand des Gesprächs war - wie kann es anders sein - natürlich auch das von der Landesregierung beauftragte Gutachten. Vorweg möchte ich erst einmal sagen, ich bin Prof. Säckel sehr dankbar, dass dieses Gespräch stattgefunden hat, dass wir dort auch unsere Meinungen austauschen konnten. Irritiert hat mich allerdings schon, dass als Grundlage zur Beurteilung der technischen Notwendigkeit der 380-kV-Leitung vor allem eine Überprüfung der Notwendigkeit auf der Grundlage von gegenwärtig bestehenden EU-, Bundes- und Landesrecht-Richtlinien und der DENA I erfolgen wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in all den derzeit geltenden Gesetzen - dazu hätten wir keinen Gutachter gebraucht -, Vorschriften und Richtlinien gilt, dass mit der Antragstellung de facto die Notwendigkeit festgeschrieben ist. Aber es gilt auch, Richtlinien, Gesetze und Vorschriften werden von Menschenhand gemacht und können auch von Menschenhand geändert werden, so man es will.

(Beifall DIE LINKE)

Um noch einmal bei dem „es gilt“ zu bleiben - physikalische Gegebenheiten, Naturgesetze wirken unabhängig von unserem Zutun. Aber man kann sie sich zu eigen machen und deshalb schlagen wir wiederholt vor, nutzen Sie Freileitungsmonitoring, nutzen Sie diese Hochtemperaturseile und dann brauchen wir diese 380-kV-Leitung durch Thüringen und Bayern nicht.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Und wa- rum wird die in Bayern schon gebaut?)

In Bayern wird noch nichts gebaut. In Bayern hat man gerade den Planfeststellungsbeschluss abgeschlossen. Das wollen wir jetzt erst mal deutlich sagen. Inwieweit man dann auch in Bayern noch Initiativen, Aktivitäten, auch rechtliche Schritte nutzen wird,

das werden wir auch sehen. Die Bürgerinitiativen werden da schon ihren Weg gehen.

Nun zum dritten Punkt unseres Antrags, der ja heute zu vielen Fragen und Diskussionen hier in diesem Hause geführt hat. Der dritte Punkt unseres Antrags war die Untersuchung von Modellen zur Betreibung von Höchstspannungsnetzen - um es noch einmal mit dieser Klarheit zu sagen - in öffentlicher Hand und die Überprüfung von verschiedenen Konzessionsmodellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist für uns eigentlich das aktuellste Problem mit. Gemeint ist nämlich - das wurde heute auch schon einmal hier angedeutet - der Verkauf des Vattenfall-Verbundnetzes und die bereits dafür laufenden Übernahmegespräche. Wir haben in einem Gespräch mit Vertretern von Vattenfall gehört - Herr Höhn war ja auch mit dabei, Herr Schubert ebenfalls -, dass die Verkaufsverhandlungen zügig vorangehen. Es wurde ja auch von einem Pressesprecher, der dort zugegen war, angedeutet, dass die Übernahme auch durch Aktien und Investmentfonds erfolgen kann, wird, wie auch immer, man hielt sich dort noch etwas bedeckt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte in diesem Hause keine Schwarzmalerei betreiben, aber was das bedeutet, haben wir in Deutschland gerade in den letzten Jahren zur Genüge erlebt bei effizienten, florierenden mittelständischen Unternehmen, die Mitnahme jeglicher Profitchancen, keine Neuinvestitionen in Technologien, Qualifizierung und marktfähige Produkte. Die Unternehmen wurden regelrecht ausgeblutet und oft genug endete diese Art der Übernahme in der Insolvenz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbst Prof. Säckel von der Freien Universität, der von der Landesregierung auch mit dem Landesgutachten zur 380-kV-Trasse beauftragt wurde, hat auf meine Nachfrage, nachdem, das ist ganz klar, er doch vorher betont, er hält nichts von Verstaatlichung, aber er hat auch deutlich gesagt, ehe es vielleicht - er spekulierte hier auf GAZPROM - dazu kommt, dass GAZPROM die Leitungen kauft, sollte sich der Staat selbst darum bemühen. Warum sollten nicht überregionale Stromnetze ähnlich wie die Eisenbahnschienen und die Autobahnen in Bundesbesitz sein? Bei 9 Prozent Rendite und 5 Prozent Zinsen wäre das sogar ein sehr gutes Geschäft, so die Aussage von Prof. Säckel.