Protocol of the Session on July 3, 2008

Die SPD-Fraktion jedenfalls fordert den Verzicht auf die automatische Kennzeichenerfassung. Ihr Herumdoktern an den Vorschlägen der Landesregierung, verehrte Kollegen der CDU-Fraktion, bringt absolut nichts. Bisher konnte niemand, wirklich niemand die praktische Eignung solcher Systeme überhaupt nachweisen. Auf ein Beispiel aus der Anhörung darf ich an dieser Stelle verweisen. Wenn die bayerische Polizei die Notwendigkeit der automatischen Kennzeichenerfassung mit Erfolgen bei der Feststellung von sogenannten Flitzern bei der Fußballweltmeisterschaft begründet, dann muss doch das nun weiß Gott Sie genauso wenig überzeugen wie uns. Die vorgeschlagenen Regelungen jedenfalls würden zu einer massenhaften heimlichen Beobachtung von Unverdächtigen ermächtigen. Die Beobachtung an sich bliebe in der Regel unbemerkt. Was die Datenschüt

zer dazu sagen, haben Sie ja zur Kenntnis genommen; ich hoffe es jedenfalls. Sie deklarieren das als gravierenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie befürchten zudem, dass eine neue Infrastruktur geschaffen wird, die künftig noch weit tiefer gehende Einschnitte und Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht ermöglicht.

Wir sind gegen eine solche lückenlose Überwachung, bei der jedes Auto erfasst wird, bei der jeder unter Generalverdacht gestellt wird, meine Damen und Herren. Verantwortungsvolle Sicherheitspolitik sieht nach unserer Auffassung anders aus. Wir wollen an dieser Stelle keine Potemkinschen Dörfer, in denen eine Sicherheit suggeriert wird, die es gar nicht gibt. Wir wollen das Sicherheitsbedürfnis unserer Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen. In Sicherheit leben ist ein Grundanspruch der Menschen. Deshalb ist es richtig, das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit, da haben wir es wieder, geradezu in einer älter werdenden Gesellschaft immer wieder neu zu bestimmen, weil sich auch das Sicherheitsbedürfnis in der Gesellschaft verändert. Sicherheitspolitik muss dabei allerdings die Eignung neuer polizeilicher Möglichkeiten wirklich ehrlich bewerten. Statt immer neuer gesetzlicher Befugnisse sehen wir eine leistungsfähige Thüringer Polizei im Zentrum verantwortungsvoller Sicherheitspolitik. Deren Leistungsfähigkeit, meine Damen und Herren, wird nicht durch den Verzicht auf zusätzliche, in ihrer Wirkung fragwürdige Befugnisse geschwächt, geschwächt wird die Thüringer Polizei durch mangelnde Aus- und Weiterbildung, durch Personalabbau, durch schlechtes Gesundheitsmanagement, durch mangelhafte Ausstattung. Die Liste ließe sich noch ein ganzes Stück erweitern.

(Beifall SPD)

Die SPD-Fraktion weist schon seit Jahren auf die hohe Zahl mittlerweile eingeschränkt bzw. nicht mehr dienstfähiger Kolleginnen und Kollegen, den hohen Altersdurchschnitt und die dramatisch abnehmende Personalstärke bei der Thüringer Polizei hin. Wir haben hier schon oft darüber diskutiert. Gleichzeitig nimmt aber die Zahl der Aufgaben bei der Thüringer Polizei ständig zu, von der Bekämpfung der Internetkriminalität bis zur Bekämpfung des Rechtsextremismus. Dazu kommen an immer mehr Wochenenden Großeinsätze. Das hat zur Folge, dass die Thüringer Polizei immer mehr an ihre Belastungsgrenze gerät. Sie haben dieser Entwicklung in den vergangenen Jahren nun wahrlich nichts, wirklich nichts entgegengesetzt. Statt die Probleme anzupacken, haben Sie versucht, den dramatischen Personalverlust bei der Thüringer Polizei hinter einer Neuorganisation zu verstecken. Ich wähle bewusst diesen Begriff, weil den eigentlichen Begriff für diese sogenannte Reform ja schon gar niemand mehr

öffentlich auszusprechen wagt. Man kann konstatieren, Sie sind damit sang- und klanglos gescheitert.

Im Übrigen an Ihre Adresse, Herr Minister Scherer: Sie handeln entgegen Ihren eigenen Ankündigungen. Sie wollten auf den massiven Personalverlust bei der Thüringer Polizei mit einer wirksamen Begrenzung der Aufgaben reagieren. Mit Ihrem Gesetzentwurf schlagen Sie zusätzliche Aufgaben für die Polizei vor. Immer mehr Aufgaben für immer weniger Polizei - mit verantwortungsvoller Sicherheitspolitik, mit Verantwortung und Weitsicht hat das nach unserer Auffassung wenig zu tun.

(Beifall SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einige Bemerkungen zum Verfassungsschutzgesetz: Unser Gesetzentwurf beinhaltet diverse Regelungen, um die durch den Artikel 97 Satz 3 der Thüringer Verfassung festgeschriebene parlamentarische Kontrolle zu sichern. Das ist notwendig, weil das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz in den letzten Jahren immer wieder mit Mängeln konfrontiert wurde. Sie erstreckten sich von skandalösen Praktiken bei der Amtsführung, bei der Amtsleitung, über die Weitergabe sensiblen Datenmaterials bis hin zum Verschweigen von Informationen gegenüber der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtags. An dieser Stelle an die Adresse des Vorsitzenden dieser Kommission, an Sie, Herr Kölbel: Nach den heftigen Auseinandersetzungen, die es gegeben haben soll in den letzten Jahren in der PKK und nach Ihrem hier in diesem Hohen Hause öffentlich gehaltenen durchaus kritischen Bericht im April haben wir jedenfalls keinerlei Anpassungswillen bei Ihrer Fraktion erkennen können, diesen sensiblen Bereich wirklich anzupacken und einer Veränderung zuzuführen. Das enttäuscht schon sehr.

(Beifall SPD)

Wenn ich Ihnen das noch einmal in Erinnerung rufen darf, die miserable Informationspolitik Ihres ehemaligen Innenministers hat die Kontrollkommission quasi lahmgelegt. Abgeordnete, sowohl von der SPD- als auch von der CDU-Fraktion sahen sich in ihrer Arbeit behindert und wollten sich ganz einfach nicht mehr ständig an der Nase herumführen lassen. Diese eingeschränkte Arbeitsfähigkeit hat natürlich auch Folgen für die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes als eines der Grundpfeiler unserer Demokratie.

Die Kontrolle eines Geheimdienstes in einer Demokratie ist nämlich naturgemäß eine Gratwanderung zwischen notwendiger Geheimhaltung einerseits und der für eine wirksame Überwachung notwendigen Transparenz. In Thüringen - das zeigen

unsere Erfahrungen in den letzten Jahren wirklich eindringlich - gelingt diese Gratwanderung schlicht und ergreifend nicht. Wir schlagen deshalb vor, die Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission im Verfassungsschutzgesetz zu verbessern. Wir wollen, dass zum einen die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission nur dann als geheim eingestuft werden, wenn dies die Kommission selbst beschließt, zum anderen, wenn die Parlamentarische Kontrollkommission im Einzelfall einen Sachverständigen mit Untersuchungen beauftragen kann. Wir wollen, dass sich Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz in dienstlichen Angelegenheiten an die PKK wenden können. Wir wollen - und das ist, glaube ich, die gravierendste Veränderung an dieser Stelle - zur Absicherung einer wahrheitsgemäßen Information der PKK, dass Falschaussagen oder unvollständige Berichterstattungen unter Strafe gestellt werden. Weder im Gesetzentwurf der Regierung noch in den Änderungsanträgen der CDU-Fraktion finden sich entsprechende Regelungen.

Werte Kollegen von der CDU, mit Ihrer mehrfach dokumentierten Unwilligkeit, die Kontrolle des Verfassungsschutzes zu bewerten und zu verbessern, schwächen Sie seine Akzeptanz hier in Thüringen. Sie leisten damit wirklich keinen Beitrag, den Verfassungsschutz für seine eigentliche Aufgabe - die Abwehr der Feinde der freiheitlich-demokratischen Ordnung - zu stärken. Wie das gehen kann, meine sehr verehrten Damen und Herren, das will ich Ihnen zum Abschluss auch noch nahelegen. Wie kann das gehen, verantwortungsvolle Sicherheitspolitik für Thüringen? Ganz einfach: Nehmen Sie den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion an. Sie sind sachlich und fachlich kompetent und finden bei Experten und Bürgern einen viel besser akzeptierten Kompromiss für die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Fiedler, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin ganz froh, dass ich als Letzter hier reden kann. Ich freue mich, dass die Fraktionen vor mir geredet haben. Ich habe es selten erlebt, Herr Kollege Hahnemann, Sie haben jetzt schon zum zigsten Mal - 2000 beginnend und folgende - immer wieder dasselbe vorgetragen. Sie haben sich nicht ein Jota weiterentwickelt und Sie haben nicht ein Einziges dazu beigetragen, dass die Sicherheitsgesetze in Thüringen vernünftig weiterentwickelt werden

(Beifall CDU)

Sie haben weder eine Vorlage gemacht, Sie haben sich überhaupt nicht beteiligt. Sie sind nur diejenigen, die dann von hinten durch die Brust ihre sogenannten klugen Sprüche loslassen. Eines muss ich Ihnen sagen, Herr Kollege Hahnemann, was Sie hier vorgetragen haben, wie Sie diese Sicherheitsgesetze dargestellt haben - da sollten Sie sich bei Ihrem IM Kuschel und bei Ihrer zweiten IM erkundigen -, das waren die Stasimethoden, die wir lange genug hatten. Das hat mit rechtsstaatlichen Dingen überhaupt nichts zu tun. Es ist eine Schande, wie so etwas hier dargestellt wird. Ich möchte erst einige allgemeine Aussagen treffen und dann werde ich ganz mit Ruhe die ganzen Dinge vortragen.

Ich habe das Gefühl, Herr Kollege Höhn - Herr Gentzel ist ja heute leider nicht da, wir wissen warum -, Ihr Gesetzentwurf vom 31.03.2006, auch im Ausschuss haben wir das gesagt, das war eine Vorlage, mit der man durchaus arbeiten konnte. Sie haben das ja gemerkt, wer in den Ausschüssen dabei war, dass wir das nicht etwa unter den Tisch gekehrt haben, sondern wir haben gesagt, dort sind wirklich gute Dinge drin, die man mitbewerten kann, und die haben wir mitbewertet. Aber auch seit dem 31.03.2006, sehr geehrter Herr Höhn, hat sich die Welt weiterentwickelt. Es sind in Größenordnungen Verfassungsgerichtsurteile ergangen, die haben Sie aber nicht eingearbeitet in Ihr Gesetz.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das mussten wir nicht, das war doch schon berücksichtigt.)

Nein, das haben Sie nicht berücksichtigt. Sie haben überhaupt nicht Ihr Gesetz weiterentwickelt. Das ist stehen geblieben, Sie haben auch nichts Neues dazu gebracht und das muss ich Ihnen vorwerfen. Sie hatten genügend Zeit. Und jetzt kommt das Kuriosum.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Sie haben keine Ahnung.)

Also, Herr Matschie, wenn Sie von den Sicherheitsgesetzen Ahnung haben, da werde ich demnächst Pfarrer und predige von der Kanzel.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Der Herr- gott möge uns davor bewahren.)

Ja gut, der Herrgott wird uns auch vor anderem bewahren. Das hoffe ich jedenfalls, dass manches, was sich so manche denken, nicht eintritt. Ich möchte, dass wir bei der Materie bleiben, dass die SPD sich überhaupt nicht weiterentwickelt hat und ich möch

te auch vor allen Dingen...

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Die SPD entwickelt sich nicht.)

Also Ihre Streitigkeiten können Sie hier von hellrot zu dunkelrot, wer auch immer sich das anziehen will, doch gerne machen. Ich glaube aber, und deswegen, Herr Höhn, möchte ich noch mal darauf hinweisen: Sie haben vorhin einiges herausgegriffen, was auf Bundesebene passiert ist, auf Länderebene, aber eines haben Sie vollkommen ausgelassen. Sie haben dort nur bestimmte Leute benannt. Sie haben nicht benannt, dass Otto Schily, Ihr Innenminister, der federführend über lange Zeit hier im Bund das Ganze - natürlich nach dem 11. September und wir bleiben dabei, es war eine ganz schlimme Geschichte und es musste gehandelt werden zur Sicherheit für unsere Bürger insgesamt. Otto Schily hat in Größenordnungen den Katalog, er heißt ja nicht umsonst Otto-Katalog auch heute noch, auf den Weg gebracht. Ich glaube auch, nicht nur die, die Sie genannt haben, sondern auch der Herr Kollege Wiefelspütz - der ist, glaube ich, von Ihrer Fraktion in Berlin - hat auch diese Dinge alle mitgetragen. Ich will Ihnen nur in Erinnerung rufen, dass es Gott sei Dank in Berlin dort eine gute Große Koalition auf diesem Gebiet gibt zwischen CDU und SPD. Nur ich kann nicht erkennen, wie Sie hier im Thüringer Landtag das Ganze weiterführen, wie Sie das Ganze aufnehmen. Das ist das, was ich Ihnen vorwerfe, dass Sie sich in Thüringen …

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ihr Gesetz ist doch ein Rückschritt.)

Am 31.03.2006 haben Sie angefangen, Ihren Gesetzentwurf vorzulegen und seit der Zeit haben Sie nichts gemacht. Wir haben eine große Anhörung dazu durchgeführt. Das ist richtigerweise gesagt worden, dass wir eine große Anhörung hatten. Und auch ich muss festhalten, dass der Regierungsentwurf der Landesregierung des damaligen Innenministers in großen Teilen mangelhaft war. Das muss man einfach festhalten und das ist so. Nun haben wir aber nicht etwa gesagt, jetzt lassen wir das alles irgendwo liegen oder wir nehmen das so. Es ist unsere Aufgabe als Legislative, Herr Kollege Höhn, wir sind der Gesetzgeber. Dass wir natürlich da, wo wir Dinge erkennen, die geändert werden sollten, natürlich müssen wir die ändern, dafür sind wir ja da, sonst brauchten wir ja nur eine Landesregierung und keine Parlamentarier mehr. Also haben wir uns der schweren Aufgabe unterzogen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Sie haben es aber nicht besser gemacht.)

Ja, das behaupten Sie. Sie werden noch in Kürze merken, wie die Fachwelt das Ganze loben wird. Das werden Sie erleben. Wir sprechen uns wieder in diesem Hohen Hause.

(Heiterkeit SPD)

Wir haben entsprechend natürlich dann aus der Anhörung heraus und insbesondere, weil ja in der Zwischenzeit einige Verfassungsgerichtsurteile dazu kamen - deswegen war ich auch in dem letzten oder vorletzten Ausschuss etwas sehr verwundert. Auf der einen Seite hat die SPD gefordert, wie lange wollen sich denn nun die CDU und SPD noch Zeit nehmen, dass endlich das Gesetz herkommt und dass endlich die Leute draußen wissen, was los ist. Auf der anderen Seite, nachdem wir uns dann - ich sage mal - noch etwas mehr beeilt haben, hieß es, jetzt geht es mit Schweinsgalopp durch, was soll denn das hier, wir können da doch mit Ruhe uns noch Zeit lassen. Sie müssen sich schon mal einig werden, was Sie denn wollen.

Ich verweise noch mal ausdrücklich auf diese - wie Sie sagen - kurze Anhörung. Wir waren uns ganz bewusst. Erstens wollten wir, dass vor der Sommerpause dieses Gesetz verabschiedet ist, damit die Anwender, die Polizei und die Betroffenen dieses an die Hand bekommen und entsprechend handlungsfähig sind.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Doch schon?)

Da stehe ich dazu, Herr Kollege Höhn - Sie haben gesagt „ein Abgeordneter“, der das gesagt hat; das war ich. Ich kann ja das sagen, glaube ich jedenfalls, wenn es mich betrifft. Ich habe gesagt, natürlich wird sich das weiterentwickeln. Wenn die nächsten Verfassungsgerichtsurteile kommen, die uns entsprechende Dinge aufgeben, dann haben wir zu handeln. Wir werden handeln, wenn das notwendig ist; denn wir nehmen schon Verfassungsgerichtsurteile sehr ernst und noch dazu, wenn es hier um Eingriffsrechte geht, die die Bürger insgesamt betreffen. Deswegen haben wir diese kurze Anhörung zusätzlich dazwischengeschoben. Es war überhaupt keine Veranlassung oder Pflicht, aber wir haben es gemacht. Wir haben gesagt, wir geben den Betroffenen - und die Betroffenen, das waren insbesondere die Priester, die Anwälte etc. - noch mal die Möglichkeit, dazu etwas zu sagen. Die wussten ja genau, was sie betrifft und was sie bemängelt haben, das kann ich in ein paar Tagen durchaus bearbeiten und kann das durchaus auch so weitergeben. Ich will Ihnen an der Stelle zumindest mal eins nennen, das ist die Pressemitteilung des Katholischen Büros zum Schutz des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses in dem Thüringer Sicherheitsgesetz vom 2. Ju

li: „Die vom Innenausschuss des Landtags vorgenommenen Änderungen zum Schutz des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses in den Sicherheitsgesetzen, die am Donnerstag im Landtag verabschiedet werden sollen, stellen eine wesentliche Verbesserung gegenüber den bisher vorliegenden Entwürfen dar.“ Da fällt Ihrer mit darunter. „Das Thüringer Verfassungsschutzgesetz gewährleistet im Einklang mit den Staatskirchenverträgen einen absoluten Schutz durch ein generelles Erhebungs- und Verwertungsgebot. Auch alle Maßnahmen des Polizeiaufgabengesetzes stehen nun bezüglich des Beicht- und Seelsorgegeheimnisses unter einem Erhebungs- und Verwertungsverbot. Nur eine eng formulierte Ausnahme, Gefahr für Leib und Leben einer Person, die bundesgesetzlich geregelt ist“ - das können wir nicht ändern - „eröffnet ein relatives Verwertungsgebot. Damit haben sich die nun vorliegenden Entwürfe den kirchlichen Anliegen weitgehend angenähert.“

(Beifall CDU)

Ich wollte dieses noch mal kundtun, weil das immer so hingestellt wird, da reagiert niemand, macht niemand was. Aber Bundesgesetze, die können wir dann nur schwer ändern, darüber kann man sicher zum richtigen Zeitpunkt, wenn notwendig, reden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mal auf den § 18 zu sprechen kommen. Wir haben ja hier in dem Entwurf insbesondere in § 18 die spezialgesetzliche Regelung zur Wohnungsverweisung, Schutz von Opfern häuslicher Gewalt weiter intensiviert. Ich werde darauf nicht weiter eingehen, denn ich gehe davon aus, dass meine Frau Kollegin Christina Tasch dieses hier noch mal unterstreicht. Ich habe gestern - ich glaube, das erste Mal - an einer Sitzung des Gleichstellungsausschusses teilgenommen.

(Zwischenruf aus dem Hause: Haben Sie was gelernt?)

Ja, ich habe etwas gelernt. Soll ich es Ihnen sagen, was ich gelernt habe? Ich sage es Ihnen. Die Vorsitzende kam herein und hat nicht mal die Abgeordneten begrüßt. Das habe ich gelernt. Ja, das war mir aufgefallen im Gleichstellungsausschuss. Aber es war trotz alledem dort eine Atmosphäre, das man meinte, das ist alles gut. Man hat auch dem § 18 dann zugestimmt, die Opposition. Aber dann hat man ganz schnell hinterhergeschoben, aber mit dem Rest, da haben wir nichts am Hut. Aber gut, Kollegin Tasch, ich finde es einen sehr gut gelungenen Paragraphen, der ja gemeinsam auf den Weg gebracht wurde und der den Betroffenen sicher helfen wird.

Ich möchte jetzt in die Fachmaterie einsteigen, nachdem ich alles, was das Umfeld dazu war, noch mal hier dargelegt habe. Meine sehr verehrten Damen und Herren Mitglieder der Landesregierung, ich begrüße insbesondere den neuen Innenminister, Manfred Scherer, dass wir heute hier über diesen Gesetzentwurf sprechen. „Gesetze sind wie Kleider, eine Zeit lang sitzen sie gut, dann sind sie abgetragen und es wird Zeit, sie auszuwechseln.“ Hierbei handelt es sich um ein Zitat vom französischen Justizminister Jean Foyer, der von 1962 bis 1967 wirkte. Ähnlich verhält es sich mit den Thüringer Sicherheitsgesetzen. Sie müssen fortgeschrieben und an neue Gefahren angepasst werden. Die derzeit geltenden Sicherheitsgesetze erfahren durch den Gesetzentwurf der Landesregierung, dem Thüringer Gesetz zur Änderung sicherheits- und verfassungsrechtlicher Vorschriften vom 20.04.2007, ich will auch das Datum noch mal in Erinnerung rufen, seit dem 20.04.2007 liegt das alles vor, auch der Landesregierung. In der durch den Innenausschuss abgeänderten Fassung mit mehrfachen Änderungen im Polizeirecht bilden die Rechtsänderungen auf dem Gebiet des Datenschutzes den eindeutigen Schwerpunkt des Gesetzespakets. Mit den datenschutzrechtlichen Umgestaltungen im Innenausschuss erfolgt eine umfassende Rechtsanpassung. Seit der letzten Novelle aus dem Jahre 2002 zum Thüringer Polizeiaufgabengesetz ergingen nicht weniger als 25 für die Sicherheitsgesetze von Bund und Ländern bedeutsame Entscheidungen der Verfassungsgerichte von Bund und Ländern. Das ist allein so ein Packen - weil jemand vorhin sagte, was schleppt denn der hier so viel Zeug vor. Allein das ist in der letzten Zeit in dieser Materie auf Bundesebene entsprechend verändert worden. Daran sieht man schon, wie wichtig die Gesetzgeber und auch die Gerichte diese Entscheidungen nehmen. Davon bezogen sich fünf Entscheidungen unmittelbar auf das Gefahrenabwehrrecht der Länder, die anderen 20 Entscheidungen ergingen zu den Sicherheitsgesetzen des Bundes. Der Vollständigkeit halber sei hier angemerkt, dass der Staat nicht in allen Rechtsstreitigkeiten vor den Verfassungsgerichten unterlag. Oftmals waren die Verfassungsbeschwerden unzulässig oder wurden verworfen. Aber auch insoweit haben wir die Urteile und Beschlüsse ausgewertet und die Rechtsansichten in das im Hohen Hause heute behandelte Änderungsgesetz mit einfließen lassen. Aber auch aus anderen Gesichtspunkten heraus wurde die Landesregierung tätig. Infolge der genannten Entscheidung hatte der Bundesgesetzgeber diverse Neuregelungen, wie z.B. in der Strafprozessordnung, im Telekommunikationsgesetz, Telemediengesetz, Zollfahndungsdienstgesetz und Außenwirtschaftsgesetz vorgenommen. Diese Rechtsänderungen haben wiederum einen normativen Handlungsbedarf auf Landesebene zur Folge gehabt, was sich der Öffentlichkeit aufgrund der föderalistischen Struktur nicht

ohne Weiteres erschließt. Ferner haben wir europäisches Recht zu berücksichtigen gehabt. Dies betrifft nicht nur die Vorratsdatenspeicherung, sondern auch Regelungen zum Schengenrecht. Die Änderungen des Gesetzes zum Bundeskriminalamt befinden sich noch in der politischen Diskussion, das wurde am 4. Juni 2008 im Bundeskabinett beschlossen. Alle, meine Damen und Herren, erfolgten Rechtsänderungen in der Strafprozessänderung, die zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft traten, gehören zu den größten Gesetzesvorhaben seit dem Inkrafttreten der Strafprozessordnung, die bekanntermaßen im Jahre 1877 erfolgte. Auch die Änderungen in den anderen Bundesgesetzen stellen eine Zäsur in der Rechtsetzung dar. Es ist soweit nicht verwunderlich, dass gerade das legislative Tätigwerden des Bundes einen größeren Anpassungsbedarf bei den Landesregelungen verursacht. Gleichzeitig werden in Form eines Artikelgesetzes neben den Änderungen im Polizeigesetz das Thüringer Verfassungsschutzgesetz, das Thüringer Gesetz zur Ausführung des Artikel10-Gesetzes sowie das Thüringer Sicherheitsüberprüfungsgesetz überarbeitet, wodurch verschieden gelagerte Rechtsbedürfnisse aufgegriffen werden.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch zurückblenden, wie weit sich das geltende Polizeiaufgabengesetz bewährt hat. Die Geschichte wollte es, dass das vormalige Sicherheitspaket am Tage der verheerenden Anschläge des 11.09.2001 im Kabinett behandelt wurde. Nur wenige Monate später traten in Thüringen Sicherheitsgesetze spezifischer Regelungen in Kraft, um den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität bekämpfen und beobachten zu können, und zwar ohne dass in die Freiheits- und Bürgerrechte unschuldiger Dritter rechtswidrig eingegriffen wurde. Den Kritikern und des Lesens Mächtigen sei von dieser Stelle aus klar gesagt: Schon die bestehenden polizeilichen Regelungen gewährleisten einen hohen und undifferenzierten Grundrechtsschutz für Amts- und Berufsgeheimnisträger beim Umgang mit personenbezogenen Daten. Es sei hier auf § 31 Abs. 3 Satz 3 bis 5 sowie § 35 Abs. 1 Satz 3 PAG verwiesen, die einen umfassenden Berufsgeheimnisträgerschutz gewährleisten. Bereits bei der Schaffung dieser Schutzbestimmung im Jahr 2002 orientierte sich der Gesetzgeber ohne Abstriche an den Vorgaben, wie sie ehemals von den Landesverfassungsgerichten vorgegeben worden sind. Dies ist in der Begründung zur Landtagsdrucksache 3/2128 aus der letzten Legislaturperiode klar und deutlich zu entnehmen. Herr Hahnemann, Sie können dort auch noch einmal nachlesen. Der Freistaat Thüringen hat nach dem Freistaat Sachsen als zweites Bundesland die sogenannte Berufsgeheimnisträgerregelung für Rechtsanwälte, Pfarrer, Ärzte und Journalisten im Polizeirecht eingeführt. Sie sind seither bei allen verdeckten Rechtseingriffen von der Polizei zu achten. Selbst

in Fachkreisen lösten wir mit dem besonderen Berufsgeheimnisträgerschutz große Aufmerksamkeit aus, weil solche Regelungen im Gefahrenabwehrrecht noch als systemfremd angesehen wurden. Es war gängige Rechtsansicht in der Rechtsliteratur, dass solche absoluten Regelungen nicht mit einer effektiven Gefahrenabwehr in Einklang zu bringen seien. Rechtssorgfalt ist und bleibt unser Ziel, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ein anderes Beispiel: Im Zusammenhang mit dem 11. September 2001 hatte Thüringen einen großen Erfahrungsaustausch im Hinblick auf die präventiv polizeiliche Telefonüberwachung zu leisten, die erstmals in einem bundesdeutschen Polizeigesetz zur Gefahrenabwehr Eingang fand. Bei der Einführung der nicht strafprozessualen Telefonüberwachung hat die Thüringer Polizei Pionierarbeit geleistet, wie ehemals in der Anhörung vor dem Thüringer Innenausschuss von Herrn Dr. Honnacker, Richter am Bundesverwaltungsgericht a.D., vorgetragen wurde. Heute ist diese Maßnahmeform aus Polizeigesetzen nicht mehr wegzudenken. Dies beweist die Tatsache, dass sie bereits in mehreren Polizeigesetzen anderer Länder aufgenommen wurde, um den internationalen Terrorismus sowie das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, aber auch um Leben von abgängigen Personen zu schützen und zu retten. Ich darf diesbezüglich erinnern, allein im Jahr 2007 hatte die Polizei in 60 Fällen die Position von Vermissten und Verunglückten bestimmt. In vier weiteren Fällen hatte die Polizei mit diesem Instrument Straftaten verhütet. Die frühe Einführung der Regelung hat bis heute mannigfach abhängigen oder verzweifelten Menschen das Leben gerettet, indem die Polizei Schlimmeres verhindern konnte.

(Beifall CDU)