Protocol of the Session on October 11, 2007

Meine Damen und Herren, wie verträgt sich das mit dem gebetsmühlenartig wiederholten bildungspolitischen Mantra der Landesregierung, die Regelschule sei das Herzstück des Thüringer Schulwesens? Sollte man da nicht erwarten können, dass die Ausbildungsdauer der Regelschullehrer jener der Gymnasiallehrer entspricht?

Die Enquetekommission „Erziehung und Bildung in Thüringen“ hat auf diese Frage bereits vor mehr als drei Jahren eine eindeutige Antwort erteilt. Auf Seite 159 ihres Abschlussberichts heißt es: „Bei einer Neuordnung der Lehrerbildung sollten Maßnahmen getroffen werden, die historisch überkommene, heute jedoch funktional nicht mehr zu begründende Hierarchisierung der Lehrerbildung aufzuheben. Die Kommission begrüßt unter diesen Gesichtspunkten ausdrücklich die Erfurter Studienreform, die für Grund- und Regelschullehrerinnen und -lehrer ein volles akademisches Studium mit dem Abschluss eines Magisters vorsieht.“ Und weiter heißt es: „Von den Erfurter Reformen ausgehend, ließen sich die inhaltlichen und rechtlichen Voraussetzungen schaffen, für Lehrämter eine gleich lange Grundausbildung in der ersten und zweiten Phase einzurichten, die je nach Art der Lehrämter inhaltlich unterschiedlich strukturiert ist.“

So weit die eindeutigen Aussagen der Enquetekommission, der ja seinerzeit auch Sie, Herr Goebel, angehörten. Im Gesetzentwurf findet das im Übrigen einstimmig gefasste Kommissionsvotum allerdings keinen Niederschlag. Und dass Ihr Haus, Herr Goebel, in seiner Begründung zur Novelle dennoch behauptet, es habe die Empfehlung der Enquetekommission berücksichtigt - und Sie haben es ja heute noch mal wiederholt -, das ist angesichts der Tatsache für mich ziemlich dreist. Meine Damen und Herren, da hätte ich mir schon gewünscht, Sie könn

ten sich heute noch an das erinnern, was Sie, Herr Goebel, vor wenigen Jahren bedenkenlos mitgetragen haben.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass meine Fraktion deutlichen Nachbesserungsbedarf beim vorliegenden Gesetzentwurf sieht. Insbesondere gilt es, dort die Gleichwertigkeit und Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Lehrämter festzuschreiben. Mit dieser Forderung sehen wir uns übrigens in guter Übereinstimmung mit der von der CDU gestellten Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Dort hat das Kabinett vor Kurzem beschlossen, demnächst eine für alle Lehrämter gleich lange Ausbildung einzuführen. Für sämtliche Lehrämter soll es in Nordrhein-Westfalen künftig ein zehnsemestriges Hochschulstudium mit Masterabschluss geben. Dieser Schritt hat dort öffentlich breite Resonanz gefunden und ein durchgängig positives Echo. Thüringen hätte mit dem Entwurf des Lehrerbildungsgesetzes die Chance gehabt, sich an die Spitze der von Nordrhein-Westfalen ausgehenden Reformbemühungen zu stellen und dann mit der raschen Einführung einer auf Gleichwertigkeit abzielenden Lehrerausbildung zu punkten. Diese gute Gelegenheit ist vertan worden und so gewinnt man den Eindruck, dass sich die Landesregierung in Sachen Lehrerausbildung noch nicht einmal innerhalb des eigenen politischen Lagers auf der Höhe der Zeit bewegt. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Das Wort hat Abgeordneter Emde, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Schülerinnen und Schüler aus Kahla - die sehe ich gerade, vielleicht wollen davon ja auch einige gern mal Regelschullehrer werden, das ist ja alles möglich -, wir reden heute über das Lehrerbildungsgesetz. Ein solches Gesetz hat es in Thüringen noch nicht gegeben, denn bisher sind diese Fragen im Schulgesetz und angrenzenden Regelungen geklärt.

Herr Döring, zu Ihnen eingangs doch mal ein Wort: Ihre Anmerkungen, in allgemeiner Larmoyanz eingebetteten Bemerkungen, und das Schlechtreden von Thüringer Schule

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Nein, nein, das war alles konkret.)

(Beifall CDU)

passen nun wirklich nicht in die Landschaft. Ständig wird Thüringen bei allen möglichen Studien gelobt für eine sehr hervorragende und gut ausgestattete Schul- und Bildungslandschaft. Das können Sie nicht negieren, insofern passt das überhaupt nicht in die Landschaft.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das reden Sie sich ein.)

Ich bin weit davon entfernt, nicht auch an der einen oder anderen Stelle Kritik zu üben oder nach neuen Wegen zu suchen, denn nichts ist so gut, dass wir es nicht besser machen könnten, und dem soll sicherlich auch das Lehrerbildungsgesetz dienen. Unsere Fraktion trägt die Intentionen und die fachliche Ausrichtung dieses Gesetzentwurfs voll mit.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist erstaunlich.)

Meine Damen und Herren, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen an die Schule ändern sich immer rasanter. Das geht viel schneller, als ein Lehrerberufsleben andauert. Dem muss die Lehrerbildung in ihren drei Phasen Rechnung tragen, nämlich einmal an der Universität, dann in den Studienseminaren und Ausbildungsschulen und später an der Schule und den Fortbildungsinstitutionen. Wenn möglich soll die Lehrerqualifizierung sogar Vorlauf verschaffen. In den Ausführungen meiner Vorredner habe ich wenig gehört von diesen drei Phasen, man beschränkt sich nur darauf zu beklagen, dass die Lehrer nicht alle einheitlich und in einheitlicher Dauer ausgebildet werden. Dazu werde ich dann noch ein Wort sagen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist nicht wahr.)

Ich halte es aber für ganz wesentlich, dass man diese drei Phasen auch mal herausstreicht. Gerade in einer Zeit, in der die Anforderungen an die Schule und an den Lehrerberuf immer größer werden, hat meines Erachtens insbesondere die dritte Phase, nämlich die berufsbegleitende Qualifizierung und Fortbildung, einen entscheidenden Stellenwert. Das rückt für mich immer stärker in den Vordergrund in den nächsten Jahren.

Meine Damen und Herren, immer neue und immer mehr fachliche Inhalte der einzelnen Unterrichtsfächer können nicht mehr umfänglich vermittelt werden, aber immer mehr Wert liegt neben den kognitiven Fähigkeiten auch bei der Ausbildung sozialer Methoden und Selbstkompetenzen der Lehrer. Wir stellen auch einen Mangel der diagnostischen Kompetenzen fest. Der Qualität von Schule und auch der öffentlichen Rechenschaftslegung darüber wird mehr

Bedeutung zukommen in den nächsten Jahren. Das geht meiner Überzeugung nach nur, wenn die berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung noch stärker in den Focus der Lehrerbildung rückt. Eigentlich geht es nach dem Studium erst richtig los.

Meine Damen und Herren, bereitwillig und mit wirklichem Ernst geht aber nur der an seine berufsbegleitende Qualifizierung, der darin einen Sinn, der darin auch Bestätigung und mehr Wert erfährt. Was heißt das aber im Einzelnen für die Lehrerausbildung? Zuallererst, denke ich, ist es die Wertschätzung und das Akzeptieren der Profession von Lehrern durch die Gesellschaft und durch Eltern und diese lassen stark zu wünschen übrig. Der Minister führte aus, wie viel Freude der Lehrerberuf machen kann, aber Lehrer und Erzieher müssen auch für den Umgang mit lernunwilligen und verhaltensauffälligen Kindern und deren Familien gewappnet sein. Sie brauchen hier fachliche und sachliche Unterstützung, auch um ihre Gesundheit und positive Berufseinstellung zu erhalten. Die Fortbildung muss für den Lehrer nicht nur widerstrebend ausgeführter Zwang sein, sondern muss spürbaren Kompetenz- und Wissenszuwachs bringen. Schließlich muss die Lehrerbildung auch verknüpft sein mit Fragen des beruflichen Fortkommens und des Verdienstes. Bereits in der Enquetekommission „Bildung und Erziehung“ in unserer letzten Legislaturperiode wurden Fragen der Lehrerbildung und Personalentwicklung in einen engen Zusammenhang gestellt. Das Kultusministerium hat mit seinem Führungskräfteentwicklungskonzept die Entwicklung besonders geeigneter Führungskräfte auf den Weg gebracht. Diese Schwerpunktsetzung ist gut. Reserven gibt es sicherlich zum Beispiel noch in Fragen der Motivation von Lehrern, der leistungsorientierten Bezahlung oder dem dauerhaften Erhalt der Leistungsfähigkeit von Führungskräften.

Ein Wort zur Kritik an den Studienzeiten:

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Da bin ich gespannt.)

Herr Döring, die derzeitige Praxis in der Ausbildung von Grund- und Regelschullehrern zeigt doch, dass die Studiendauer durchaus ausreichend ist. Ich kenne eine Menge anderer Bundesländer, die das genauso handhaben. Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund, jetzt auf eine generelle Verlängerung von Studienzeiten hinzuwirken, im Gegenteil, insgesamt steht ja immer wieder in Rede, Studien- und Ausbildungszeiten zu verkürzen. Ich sagte schon, die Frage der Professionalisierung nach dem Studium und Referendariat ist wohl das Entscheidende, und das gilt für alle Schularten. Auch die Aussagen, die Lehrer in dumme und kluge oder schlechte und weniger schlechte zu differenzieren, muss ich doch weit von

mir weisen. Es gibt in jedem Beruf Leute, die machen ihren Job besser oder machen ihren Job auch schlechter, mit klug und dumm hat das nichts zu tun. Wer ein Lehrerstudium schafft - egal was er für ein Lehrer wird -, gehört gewiss nicht zu den Dummen. Es hat vielmehr etwas zu tun mit der Eignung für spezielle Tätigkeitsfelder oder Anforderungen, aber auch mit dem Interesse und der Hingabe für den Beruf des Lehrers. Es gibt also unterschiedliche Anforderungsprofile für den Beruf des Lehrers und für die verschiedenen Lehrämter. Oder wollen Sie wirklich ernsthaft behaupten, dass die Anforderungen an einen Lehrer in der Schuleingangsphase dieselben sind wie für den in der gymnasialen Oberstufe?

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Andere.)

Ich denke, das fachspezifische Studium muss bei einem Lehrer, der in der gymnasialen Oberstufe unterrichtet, deutlich mehr Raum einnehmen und damit auch eine längere Studienzeit beinhalten.

In den Beratungen und der vorzusehenden Anhörung wollen wir unter anderem Fragen erörtern wie:

1. die verbindlichere Regelung für eine Eignungsfeststellung für künftige Lehrer - denn noch zu viele stellen sehr spät fest, dass der Lehrerberuf für sie nichts ist - und Praktika vor Studienbeginn;

2. die schulscharfe Zuordnung von Referendarstellen - der Lehramtsanwärter muss zur Schule passen und es ist ja auch unser Ziel, ihn später im Lande zu halten;

3. Kooperationsverpflichtung für Einrichtungen der Lehrer- und Erzieherausbildung;

4. abgeleitet aus den Empfehlungen der Enquetekommission die Frage: Wird eine bessere Berücksichtigung der Lehrerausbildung in den Universitätsstrukturen und wird die bessere berufsfeldorientierte Kompetenzentwicklung während des Studiums mit dem Gesetzentwurf wirklich auch gefördert? Wie schlägt sich das Lehrerleitbild in der Lehrerausbildung nieder?

5. Ich möchte daran erinnern, dass unsere Hochschulen die Frage nach der Ausbildung von Lehrern für Wirtschaft, Technik und Recht, aber auch der Ausbildung von Sprachheilpädagogen und Förderschullehrern bisher nicht ausreichend beantwortet haben.

6. Um die Nähe zur Schulpraxis zu befördern und eine engere Verzahnung von erster und zweiter Phase der Lehrerbildung zu bewirken, ist über eine Verlagerung der Zuständigkeit des Landesprüfungsamts für Lehrämter von der Universität zu diskutieren.

Zur Klärung dieser Fragen beantragen wir die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Bildungsausschuss.

(Beifall CDU)

Danke. Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Es ist beantragt, den Gesetzentwurf an den Bildungsausschuss zu überweisen. Damit kommen wir zur Abstimmung über diesen Antrag. Wer dafür ist, diesen Gesetzentwurf an den Bildungsausschuss zu überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist der Gesetzentwurf an den Bildungsausschuss überwiesen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3

Ökonomische, ökologische und soziale Aspekte des Salzeintrags in Werra und Weser Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/2844 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt - Drucksache 4/3399 - dazu: Änderungsantrag der Fraktio- nen DIE LINKE und der SPD - Drucksache 4/3432 -

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rose aus dem Ausschuss für Naturschutz und Umwelt zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, am 02.07.2007 stellten die Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP im Hessischen Landtag unter Drucksache 16/7536 den Antrag, die Versalzung der Werra nachhaltig zu verringern. Dieser Antrag macht deutlich, dass sich die hessischen Parteien zu einem einheitlichen Handeln hinsichtlich der Werra-Belastung verständigen wollen. Um ein gemeinsames Handeln in dieser für die Werra-Region wichtigen Frage zu sichern, stellte die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag im Ausschuss für Naturschutz und Umwelt in seiner Sitzung am 7. September 2007 den Vorschlag für einen fraktionsübergreifenden Plenarantrag, angelehnt an den hessischen Antrag, „Versalzung der Werra nachhaltig verhindern“ zur Diskussion. Ein gemeinsames notwendiges Vorgehen der Landtage Hessens und Thüringens liegt diesem Antrag zugrunde. Kernpunkte sind: Sicherung der Arbeitsplätze in

der Werra-Region, zum einen bei Kali + Salz, zum anderen in der aufstrebenden Tourismusregion; Reduzierung von Ressourcenverbrauch und Umweltbelastung; Senkung der Salzbelastung der Werra und Ablehnung der Fortschreibung des bis zum Jahr 2012 geltenden Grenzwertes für Chlorid von 2.500 mg/l bzw. des bis zum Jahr 2009 geltenden Grenzwertes für die Gesamthärte von 90 Grad deutscher Härte; Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit Kali + Salz zur Sicherung der Entlastungsziele und Einrichtung eines runden Tisches; Forschung, Entwicklung und Anwendung dauerhaft wirksamer Vermeidungs- und Entsorgungsstrategien durch Kali + Salz und eine zweijährige Berichterstattung zu den Umsetzungsfortschritten.

14 Tage später erfuhren die Mitglieder des Ausschusses für Naturschutz und Umwelt aus der Presse, dass DIE LINKE und die SPD einen Antrag mit dem Thema „Verringerung der Salzbelastung der Werra durch die Kaliproduktion“ vorgelegt haben und sie darauf hoffen, dass sich die CDU-Fraktion ihren Forderungen anschließt. Kernpunkte dieses Antrags sind:

- keine Duldung von Salzbelastungen aus der Kaliindustrie über das bisherige Maß,

- Übertragung der Grenzwerte des Pegels Gerstungen auf die Werra und

- nach Ablaufen des gültigen Härte- und Chloridgrenzwertes neue Grenzwerte festzulegen, die eine Wiederherstellung der Werra mit heimischen Arten ermöglichen.

In seiner Sitzung am 28. September hat der Ausschuss für Naturschutz und Umwelt beide Anträge diskutiert. Der Antrag der CDU-Fraktion wurde dahin gehend geändert, dass er von dem vorgeschlagenen fraktionsübergreifenden Plenarantrag in einen Antrag der CDU-Fraktion geändert wurde. Die Anträge wurden kontrovers diskutiert, obwohl mehrere Teile weitgehend identisch sind. Die CDU-Mitglieder des Ausschusses vertraten die Meinung, dass ihr Antrag umfassender formuliert ist und einem gemeinsamen Vorgehen beider Bundesländer Rechnung trägt.

In dem Antrag von LINKE und SPD wird aus Sicht der CDU folgenden Punkten keine Rechnung getragen:

- Sicherung der Arbeitsplätze in der Werra-Region sowohl in der Kali + Salz GmbH als auch in der Tourismusregion Werra,

- Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit der Kali + Salz GmbH zur Sicherung der Entlas

tungsziele und Einrichtung eines runden Tisches,