Protocol of the Session on June 22, 2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Beispiel will ich nur sagen. Herr von der Krone ist nicht da, der darf doch nicht denken, dass die erfolgreiche Entwicklung in Ichtershausen daran liegt, dass er wie eine Klette an der Kreisstadt Arnstadt klebt und seine Unabhängigkeit sichert. Sondern die Erfolge beim Erfurter Kreuz kommen durch die kommunale Zusammenarbeit, richtig, weil die Linkspartei.PDS im Stadtrat Arnstadt die stärkste Partei ist. Natürlich hat das eine Ursache. Meinen Sie, die Telekom oder N3, die würden zu Ihnen kommen, wo man nichts weiß oder wo alles so bleiben soll, wie es ist. Nein, die Leute wollen Entwicklung, fortschrittliche Entwicklung und nicht konservative Entwicklung, die man zementiert. Insofern ist das eine Erfolgsgeschichte und die betrifft auch Ichtershausen und da kommen viele Bürger, die sagen, wenn wir doch endlich mal zu Arnstadt gehören würden. Aber das entscheidet ja der Wähler.

Herr von der Krone, Sie kommen wie immer zu spät, ich wiederhole es jetzt nicht mehr, weil die Redezeit begrenzt ist.

Herr Mohring, Sie sagen, 28 Mio. € Wohngeldersparnis des Landes und formulieren das als einen besonderen Gnadenakt an die Gemeinden. Das ist ein Rechtsanspruch, Ihr Ministerpräsident hat das zugesagt wie alle Ministerpräsidenten. Aber es kommt eine andere Wirkung dazu: Die Kommunen können doch darüber nicht frei verfügen, die können mit diesen 28 Mio. € nicht irgendetwas machen, sondern müssen damit die steigenden Kosten der Unterkunft finanzieren. Das Defizit wird dort höher. Wir hatten im Haushalts- und Finanzausschuss, wo Herr Mohring ja auch sitzt, mehrfach gerade diese Kostenentwicklung durch die Zusammenlegung der Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Da wurde deutlich, dass der kommunale Anteil zur Finanzierung dieser Aufgabe steigt. Nur weil das Land die eingesparten Mittel beim Wohngeld durchreicht und damit das Defizit geringer wird, dann von diesem Pult so zu tun, als könnten die Gemeinden mit den 28 Mio. € sonst etwas anfangen, das ist einfach unredlich, meine sehr geehrten Damen und Herren. Dann sagen Sie auch noch, eigentlich weiß das jeder Kommunalpolitiker. Deswegen hoffe ich ja, dass das viele hier hören. Wir werden Ihre Rede, Herr Mohring, auf alle Fälle weit streuen. Das spricht für sich. Ich muss das aber trotzdem hier klarstellen. Sie sagen, in Sachsen bekommen die Kommunen weniger Geld vom Land.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: So ist es.)

Ja, rein statistisch stimmt das. Aber jeder, der mit Statistik zu tun hat, weiß, wie fehlerhaft man das auch interpretieren kann. Denn Sie müssen neben der Dotierung der Finanzzuweisung an die Kommunen auch die sogenannte Befrachtung mit Aufgaben berücksichtigen. Der Thüringer Finanzausgleich kennzeichnet sich dadurch, dass Sie ihn seit 1995 mit insgesamt 35 Aufgabenkomplexen befrachtet haben. Sie haben also Aufgaben zugeordnet, ohne aber die Finanzausgleichsmasse insgesamt 1 : 1 anzugleichen. Das kommt natürlich einer Kürzung gleich. Wenn Sie beispielsweise die Auftragskostenpauschale von 26,00 Mio. € auf inzwischen rund 150 Mio. € innerhalb des Finanzausgleichs aufstocken, dann geht das natürlich zulasten anderer Aufgaben, und die Auftragskostenpauschale ist für den übertragenen Wirkungskreis. Da haben die Kommunen sowieso ein Anrecht drauf. Aber weil es im Finanzausgleich erfolgt, kommt das natürlich einer Finanzkürzung gleich. Das ist doch ganz klar. Das müssen Sie zumindest mitsagen. Vielleicht haben Sie es wirklich nicht gewusst. Aber jetzt wissen Sie es. Die Planungssicherheit, die Sie angesprochen haben über das Jahr 2010 hinaus -

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

wenn Sie den eigenen Referentenentwurf gelesen haben -, der Innenminister wird sicherlich dann noch etwas dazu sagen, er muss ja Richtigstellung machen und so, Belehrung. Das ist klar. Ja, deswegen gebe ich Ihnen ja noch ein Stichwort, auch mit Blick zu Herrn Mohring, der sagt, über das Jahr 2010 hätten die Gemeinden angeblich Planungssicherheit. Sie sind ja hauptverantwortlich, davon gehe ich mal aus, für diesen Referentenentwurf im Rahmen der Landesregierung. Sie schreiben bewusst, dass nur die Jahre 2008 und 2009 betrachtet werden und ab dem Jahr 2010 wollen Sie Erfahrungen einfließen lassen. Ja, was ist denn jetzt? Haben Sie jetzt schon weitergehende Überlegungen oder ist es tatsächlich so, dass nach dem Paradigmenwechsel Sie erst mal prüfen müssen, wie die Wirkung in diesen zwei Jahren ist?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aufgrund der Zeit - nur deshalb, sonst würde ich Ihnen ja noch mehr Erläuterungen geben, weil das ja notwendig ist - muss ich mich auf Schwerpunkte konzentrieren. Da will ich noch etwas dazu sagen, wie Sie die Kommunen über den Tisch ziehen und das noch als Wohltat verkaufen.

Fangen wir mit der Korridorbildung an. Mit der Korridorbildung erkennen Sie insgesamt pro Jahr 370 Mio. € an tatsächlichen Kosten nicht an. Also erst mal ist das nicht gerade ein Ausdruck von Vertrauen gegenüber kommunalen Ebenen. Sie unterstellen nämlich der kommunalen Ebene, die können nicht

mit Geld umgehen. Sie schließen also von sich immer auf andere. Das sollten Sie nie tun.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ach, das ist doch so ein Quatsch!)

Das sollten Sie nie tun. Die kommunalen Haushalte unterliegen doch der Rechtsaufsicht Ihrer Behörde, Herr Minister. Sie werden doch nicht zugeben, dass in den Kommunalaufsichten Leute sitzen, die nicht die Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Haushaltsaufstellung berücksichtigen. Das kann ich mir nicht vorstellen. Im Einzelfall gibt es das immer. Ich kann Ihnen ein paar Namen geben, aber vom Grundsatz her sind das Leute, die darauf achten. Das heißt, wie kommen Sie überhaupt dazu, einfach zu sagen 370 Mio. € erkennen wir erst mal nicht an? Das sind 15 Prozent; 15 Prozent des Bedarfs erkennen Sie einfach nicht an. Hinzu kommt aber, dass Sie bei der Bedarfsermittlung die investive Seite völlig herausnehmen. Sie sagen die IstInvestition von 2003 bis 2005 ist der Bedarf. In 2003 bis 2005 haben Sie aber die Kommunen auch über den Finanzausgleich in eine derartige Finanzsituation gebracht, dass Sie die Investitionen zurückgefahren haben auf zum Schluss knapp nur noch 300 Mio. € im Jahr. Wir waren mal in den 90er-Jahren, da gab es einen Investitionsstau, das weiß ich, bei 1,9 Mrd. €. Das Ifo-Institut hat gesagt, 1,3 Mrd. € sind im Jahr in Thüringen notwendig, um die Infrastruktur zu erhalten. Die haben 300 Mio. € noch investiert. Jetzt sagen Sie, diese Ist-Investition ist angeblich der Bedarf. Ob Sie das so im Privaten auch machen, also erst immer weiter kürzen und zum Schluss sagen, das Wenige, das setzen wir jetzt mal als Bedarf an, da habe ich meine Zweifel.

Jetzt sagt Ihr Staatssekretär, sicherlich im Auftrag der Landesregierung, bei den Straßen haben wir keine belastbaren Kennziffern, um dort die Kosten zu ermitteln. Also, nun wird es ja, na … Sie sind auch verantwortlich dafür, dass die Doppik eingeführt werden soll. Sie wissen, was das ist. Das will ich jetzt nicht erläutern. Da muss die Vermögensseite bewertet werden. Da müssen Sie auch die gemeindlichen Straßen bewerten. Nun ist Thüringen wieder Schlusslicht, denn was Doppik ist, wissen Sie noch, aber Sie wissen nicht, wann Sie es einführen wollen, obwohl sich Ihre Vorgänger in der Innenministerkonferenz ursprünglich verpflichtet hatten, dass es 2007 losgeht. Wir wissen in Thüringen jetzt nicht einmal, wann es losgeht. Aber es ist egal, es gibt Länder, die haben die Doppik schon eingeführt. Jetzt wäre es doch einfach, wenn Sie sich einmal mit Ihren Kollegen in der Bundesinnenministerkonferenz verständigen, oder auf Staatssekretärsebene oder auf Mitarbeiter-/Abteilungsebene - es ist egal wie -, wie in den anderen Bundesländern, wo die Kommunen bereits die Doppik eingeführt haben - Nordrhein-Westfalen oder

Hessen - das Straßenvermögen bewertet wird und wie das z.B. dann in die Kosten-/Leistungsrechnung einfließt. Dann haben Sie nämlich die jährliche Abschreibung, die zum Erhalt des Vermögens erforderlich ist, denn das ist der Vermögensverlust und damit haben Sie auch eine Kennziffer. Wenn Sie das aber nicht machen, dann müssen Sie entweder ein paar Leute austauschen oder müssen die weiße Flagge hissen und sagen, wir können es nicht. Wir könnten vielleicht helfen, müssten aber dann einen größeren Oppositionszuschlag bekommen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Also, ich verspreche Ihnen, ich kann Ihnen einen Vorschlag machen. Das können wir auch auf Honorarbasis machen mit Werkvertrag. Sie geben ja sowieso an Ferdinand Kirchhoff 31.000 € für das Gutachten „Abschaffung der Wasserbeiträge“. Ich hätte es billiger gemacht, aber jetzt kann ich es nicht mehr, ich werde gut alimentiert als Landtagsabgeordneter.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

Aber ich kenne Menschen, die würden Ihnen für weniger Geld Vorschläge machen, wie Sie das Vermögen tatsächlich durch Kennziffern in Ihre Berechnung mit einbeziehen können. Was nicht geht, ist einfach zu sagen, wir blenden diese Vermögensseite aus, weil das das Bild verzerrt. Wenn Sie das so machen, dann wäre das Problem mit der Kreditfinanzierung tatsächlich weg. Aber solange wir viele Bereiche haben, die nur nach der Kameralistik bewertet werden und Sie die Vermögensseite einfach ausblenden, ermitteln Sie nicht den Bedarf, denn zum Bedarf gehört auch das Eigentum. Da haben die Gemeinden eine doppelte Verpflichtung, eine Verpflichtung in der Daseinsvorsorge und eine Verpflichtung als Eigentümer. „Eigentum verpflichtrt“ heißt natürlich auch, sorgsam damit umzugehen. Deshalb ist es unredlich, mit einer solchen Korridorarbeit heranzugehen. Der Vergleich mit der Auftragskostenpauschale ist tatsächlich nicht machbar, denn es sind zwei völlig unterschiedliche Bereiche. Sie wissen es selbst, im übertragenen Wirkungskreis üben Sie auch die Fachaufsicht aus. Damit ist natürlich das Ermessen der Gemeinden dort viel geringer, damit auch die Streubreite der Kosten viel geringer. Ich stelle Ihnen nur einmal eine Aufgabe, die wir zurzeit in der Region Wartburgkreis diskutieren, mit Ihrer Korridorbildung. Der Wartburgkreis hat mit 306 € pro Einwohner die geringsten Sozialkosten in Thüringen. Die Stadt Eisenach hat mit 598 € die höchsten Sozialkosten, das ist aber ein strukturelles Problem. Das liegt nicht daran, dass in der Stadt Eisenach unwirtschaftlich gearbeitet wird. Jetzt machen wir da Ihre Korridorbildung, also in der Mitte, das wären rund 450 €, das wären diese 100 Prozent. Den Durchschnitt machen Sie aus 100 Prozent. Der Wartburgkreis erhält kei

ne 450 €, sondern der kriegt nach wie vor die 306 €, aber die Stadt Eisenach, die erhält anstatt der 598 € nur die 450 €. Dass das zu chaotischen Verhältnissen auf der kommunalen Ebene führen muss, muss doch sogar Ihnen als Jurist bekannt sein, der sonst nicht ganz so nah an den Bürgern in den Kommunen dran ist.

Meine Damen und Herren, da komme ich zu einem Problem, das diesen Referentenentwurf begründet. Es ist ein strukturelles Problem in der Landesregierung, meine Damen und Herren. Wir haben bedauerlicherweise einen Innenminister, der für die Kommunen zuständig ist, der aber kein Herzblut für die Kommunen hat. Er ist mit Leib und Seele Jurist und bei Juristen läuft ja alles in Paragrafen, aber was dort stört, ist der Bürger, ist der Mensch in den Kommunen, aber dort findet nun mal das Leben statt.

(Zwischenruf Abg. Lehman, CDU: Unverschämt.)

Er hatte bisher einen Staatssekretär, der natürlich dieses Defizit nicht ausgleichen konnte.

(Zwischenruf Abg. Grüner, CDU: Das ist Berufsbeleidigung, unflätig.)

Da braucht man sich nicht zu wundern, dass so etwas herauskommt. Jetzt habe ich Hoffnung mit einem neuen Staatssekretär, der aus diesem kommunalen Bereich kommt, dass es besser wird. Aber er kommt bedauerlicherweise zumindest für die Beratung im Bereich der Landesregierung offenbar zu spät. Aber anders ist das doch nicht zu erklären. Wenn Sie ein Herzblut für die Kommunen hatten, müssten Sie doch hier aufstehen, müssten Ihr Amt zur Verfügung stellen und müssten sagen, entweder wird es so gemacht oder ich gehe. Ich würde das so machen. Sonst bin ich gescheitert, Herr Innenminister.

(Unruhe bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu den fiktiven Hebesätzen: Also widersprüchlicher kann die Politik nicht sein, Herr Mohring. Manche Dinge kann man ja sogar noch teilen, also nicht politisch, aber von ihrer Logik her, aber Sie können sich doch hier nicht herstellen mit Ihrem Ministerpräsidenten und können immer wieder betonen: Unternehmen müssten entlastet werden - dem haben Sie jetzt erst wieder zugestimmt - und gleichzeitig werden die Kommunen gezwungen, die Hebesätze der Gewerbesteuer zu erhöhen. Nun wird als Begründung der durchschnittliche Hebesatz der neuen Bundesländer herangenommen. Das ist wieder ein Beispiel, wie man mit Statistik auch zu völligen Fehlinterpretationen kommen kann.

(Unruhe bei der CDU)

Der Durchschnitt der Hebesätze wird im Wesentlichen durch die hohen Hebesätze in Sachsen bestimmt. Dann kommt schon Thüringen. Thüringen hat schon die zweithöchsten Hebesätze im Durchschnitt. Wir liegen oberhalb von Mecklenburg-Vorpommern, höher als Sachsen-Anhalt, höher als Brandenburg. Nur Sachsen ist höher, aber Sachsen hat auch andere Voraussetzungen, hat eine andere Gemeindestruktur, hat eine andere Wirtschaftsentwicklung und sie haben auch nicht die unmittelbare Konkurrenz von Hessen und Bayern. Bei uns waren die etwas reduzierteren Hebesätze durchaus ein Kriterium für manche Unternehmensentscheidung, eines, nicht das alleinige. Hinzu kommt, also wie kann ein Innenminister es zulassen, dass ein fiktiver Hebesatz über alle Gemeindengrößen festgeschrieben wird? Gerstengrund mit 56 Wählern in der Rhön soll denselben Hebesatz dann anwenden wie Erfurt. Dabei wissen Sie doch ganz genau, dass die Höhe des Hebesatzes mit der Gemeindegröße in irgendeinem kausalen Zusammenhang steht. Das heißt, wenn Sie schon fiktive Hebesätze machen, dann hätten Sie es doch nach den Gemeindegrößen tun müssen. Jetzt macht der Herr von der Krone wieder eine seiner typischen, unsachlichen

(Zwischenruf Abg. von der Krone, CDU: Sie haben doch keine Ahnung.)

Einwände und trägt damit nicht zum intellektuellen Niveau dieser Debatte bei.

(Unruhe bei der CDU)

Jetzt ist das auch schon so, aber jetzt ist der Hebesatz bei 300 und natürlich in der Mitte, wenn wir ihn aber auf 410 anheben, dann müssen wir natürlich gucken, dann müssen wir ihn differenzieren. Wenn er relativ niedrig ist, dann brauchen Sie ihn nicht zu differenzieren.

Meine Damen und Herren und Herr Mohring, wenn Sie natürlich sagen, die Kommunen haben im nächsten Jahr und im übernächsten Jahr mehr Geld als im Jahr 2007, warum zwingen Sie dann die Gemeinden, die Hebesätze zu erhöhen?

(Unruhe bei der CDU)

Es geht dort um 38 Mio. € und sagen Sie mir nicht, Ihnen geht es um Steuer- und Einnahmengerechtigkeit. Das aus ihrem Munde, das bereitet mir Schauer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt können Sie sich erst einmal aufregen, genau. Jetzt kommen wir zu den 300 Mio., die Herr Althaus wieder drauflegt und dann haben Sie es ja fast geschafft,

also die 300 Mio. legen Sie drauf. Das jetzt noch einmal für den Innenminister und seinen Staatssekretär zum Mitrechnen, es kann ja sein, dass ich verkehrt rechne, ich bin gern bereit, mich von Ihnen widerlegen zu lassen. Aber da müssen Sie zuhören und ich mache es langsam, also 300 Mio. legen Sie zu. Das ist erst einmal für 2 Jahre. Wir sind uns einig, 300 : 2 = 150 Mio. legen Sie zu. So, davon ist eine Spitzabrechnung 230 Mio. für 2 Jahre. Wenn man das abzieht, wir runden einmal auf, damit es jeder mitrechnen kann, 120 Mio. pro Jahr. So, jetzt hat der Staatssekretär schon versucht, vorhin uns zu erklären, dass es zulässig ist, die Spitzabrechnung für 2006 und 2007 im Jahre 2008 und 2009 auszuzahlen und anzurechnen. Zulässig ist die Auszahlung, das ist unstrittig, aber die Anrechnung, also wir haben jetzt eine Gesetzeslage, das steht den Gemeinden zu, es steht im Gesetz und wir können das Gesetz nicht rückwirkend ändern, sondern zum 01.01.2008 ändert sich das Gesetz und damit haben die Gemeinden natürlich ein Anrecht auf die Spitzabrechnung von 2006 und 2007. Es steht ihnen zu, unabhängig von dem, was wir ab 01.01.2008 machen. Sie können es jetzt schon auszahlen und es ist auch gerechtfertigt, weil Sie haben doch in diesem und im letzten Jahr Steuermehreinnahmen gehabt und bisher gab es die Verbundlösung, rund 27 Prozent der Landeseinnahmen fließen in die kommunale Kasse. Das hat der Gesetzgeber so gewollt und ich hoffe doch, dass Sie als Landesregierung, Sie haben einen Eid abgegeben, hier das auch respektieren, was der Gesetzgeber gewollt hat. Das heißt, es bleiben zum Schluss rund 30 Mio., die Sie zulegen im Jahr, davon sind 20 Mio.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das stimmt doch gar nicht.)

Unternehmenssteuerreform eigentlich. Jetzt wurde gesagt 10 Mio. Jugendpauschale, die holen Sie aber von außerhalb. Die Kommunen haben bisher 9 Mio. Jugendpauschale bekommen, also Sie legen 1 Mio. zu, nehmen es nur in den Finanzausgleich herein. Wir wissen nicht, ob die Kommunen gegenfinanzieren. Bisher konnten wir davon ausgehen, 18 Mio. in diesem Bereich, weil 50prozentige Gegenfinanzierung, aber es ist 1 Mio. Und Sie machen 5 Mio. Köckert-Vorwegschüsselzuweisungen. Das ist ja, er hat es auch gesagt, es reicht ihm nicht. Ich weiß nicht, ob er im Wort steht. Das müssen Sie erst einmal klären, aber mit den Vorwegschlüsselzuweisungen nehmen Sie ein erneutes Instrument auf, um eine fragwürdige gemeindliche Struktur in diesem Land wieder zu zementieren. Alle Experten sind sich einig, es ist ein doppelter Systembruch. Vorwegschlüsselzuweisungen werden steuerkraftunabhängig als ProKopf-Pauschale gezahlt. Sie werden aus der Schlüsselmasse genommen. Es ist also keine Segnung des Landes, sondern alle Gemeinden finanzieren das

letztlich. Der Name sagt es schon: Vorwegschlüsselzuweisung. Sie wollen die Finanzmasse um die 5 Mio. € erhöhen, probieren wir mal aus. Wenn, dann bin ich gern bereit zu akzeptieren, dass Sie zum ersten Referentenentwurf 30 Mio. € mehr geben. Das ist ein erster kleiner Schritt, damit ist eine Mauer durchbrochen. Wenn Sie noch eine Null vor dem Komma machen, können wir darüber diskutieren. Vorher bleibt es dabei, da sagen wir, Sie kürzen bei den Kommunen unzulässig.

Die 3 Prozent freie Finanzmasse für freiwillige Aufgaben, da will ich nur das Stichwort geben: Daraus müssen die Kommunen künftig nicht mehr bloß die freiwilligen Aufgaben finanzieren, sondern auch die Eigenanteile für die Investitionen, weil es die Investitionspauschale nicht mehr gibt, um beim letzten Beispiel zu bleiben, was seine Wirkung hat, wenn die Investitionspauschale wegbricht. Bleiben wir bei Eisenach. Eisenach hat einen unausgeglichenen Haushalt - strukturelles Defizit, keinen überschüssigen Verwaltungshaushalt. Bisher hat Eisenach zumindest 2 Mio. € Investitionspauschale im Jahr gehabt und konnte damit Eigenanteile für Investitionen einsetzen. Das ist künftig nicht mehr so. Jetzt müssen Sie, Herr Innenminister, Ihre Aufsichtsbehörde, entscheiden, ob eine Gemeinde, eine Stadt mit einem Defizit im Verwaltungshaushalt, wo nicht mal die Tilgung als Mindestzuführung in den Vermögenshaushalt überführt werden kann, noch investieren darf. Wie wollen Sie das machen? Wollen Sie dann über Bedarfszuweisung wieder rumreisen und sagen, ich gebe das mal gnädigerweise. Das ist höchst unanständig. Sorgen Sie dafür, dass die Investitionspauschale bleibt in der bisherigen Form. Das Verfassungsgericht hat Ihnen einen Weg aufgezeigt. Interpretieren Sie dabei das Verfassungsgericht nicht grob fehlerhaft. Als Jurist - davon gehe ich aus - haben Sie eine hohe Achtung vor dem Verfassungsgericht. Das ist nicht immer so bei allen Regierungsmitgliedern. Aber Sie sind da sicherlich in einer besonderen Verantwortung, auch ein Beispiel für die anderen. Dann, glaube ich, sollten Sie diesen Referentenentwurf am Dienstag nicht in den 2. Kabinettsdurchlauf gehen lassen, sondern sollten sich tatsächlich mit den kommunalen Spitzenverbänden hinsetzen und sollten die nächste Zeit nutzen, um dann einen Referentenentwurf vorzulegen, der die Vorgaben des Verfassungsgerichts erfüllt und der Ihnen auch sichert, dass wir gemeinsam mit der kommunalen Ebene an die kommenden Aufgaben herangehen können. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Abgeordneter Kuschel, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf für Ihre Bemerkung gegenüber Herrn Wetzel „Sie denken nur in Promille und nicht mehr in

Prozenten“ und ebenso rüge ich Ihre Wortwahl bei dem Ausdruck „Die ganze Woche läuft beschissen“.

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten vor. Ich erteile das Wort Herrn Minister Gasser.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir haben in der vergangenen Stunde hier einige besonders gute Ausführungen gehört auf einem intellektuell sehr hohen Niveau. Vielleicht fange ich mal an mit Frau Taubert.

Frau Taubert, Sie hatten gerügt, dass wir hier nachbessern würden bei der Jugendpauschale. Das hatten Sie angeführt. Was heißt hier „nachbessern“? Nachbessern ist es doch erst, wenn man einen Fehler gemacht hat, reparieren muss. Was wir hier haben, ist ein ganz normales Gesetzgebungsverfahren. In einem ganz normalen Gesetzgebungsverfahren ist natürlich eine Diskussion durchaus üblich und dann überlegt man, soll man das noch einbeziehen, soll man das nicht einbeziehen. Es sind viele daran beteiligt und ich muss sagen, das kann ich nicht verstehen, dass wir nachbessern. Die Jugendpauschale ist jetzt vorgesehen. Die wird im Einzelplan 08 sein und ich denke, das ist im Gesetzgebungsverfahren in der Vorbereitung völlig normal.

Sie hatten dann angeführt, wie wir zu dem Korridor kommen würden. Es sei merkwürdig, wie wir das Verfassungsgerichtsurteil interpretieren. Sie können davon ausgehen, dass wir das so interpretieren, dass es richtig ist und dass es rechtlich in Ordnung ist. Der Korridor - nebenbei bemerkt - ist etwas, was von dem Thüringer Landkreistag vorgeschlagen wurde als sinnvoller Maßstab. Im Übrigen muss man auch sagen, bei der Auftragskostenpauschale wird dieser Korridor so angewandt und ist vor dem Verfassungsgerichtshof akzeptiert worden. Aber das sind eigentlich Dinge, die nicht so wesentlich sind. Wir haben hier, denke ich, uns sehr viel Mühe gegeben, wir haben sehr viel Arbeit investiert und das Gesamtsystem, was wir erarbeitet haben, ist in Ordnung, es ist gut durchstrukturiert, es ist rechtlich einwandfrei und es erschreckt mich in keiner Weise, dass man an die Wand malt, dass wir hier ein Verfassungsgerichtsurteil zu fürchten hätten, Herr Kuschel. Also wir haben das nicht zu fürchten, sehen wir dem mal gelassen entgegen. In der ersten Runde hat man erhofft, dass Millionen- und Abermillionenbeträge herauskommen werden, die zusätzlich zu zahlen sind, das war ja nun ein großer Irrtum.

Wenn ich erinnern darf, das Verfassungsgericht hat gesagt, dass es einige Punkte zu beanstanden hat

bezogen auf die Verteilung. Sie waren der Auffassung, man müsse mehr in die Schlüsselzuweisungen hineingeben, und haben im Übrigen keine Entscheidung darüber getroffen, ob die kommunale Ebene zu viel oder zu wenig bekommen hat, sondern haben gesagt, das Verfahren muss transparent sein, um nachvollziehbar zu sein. Dafür haben wir gesorgt und wir haben all diese Punkte, denke ich, sehr vernünftig gelöst. Das muss ich Ihnen von der PDS vorwerfen und auch von der SPD, was Sie gemacht haben hier bei Ihrem Entschließungsantrag ist im Grunde genommen nur eines: Sie haben etwas gehört, dass da eine Änderung vorgesehen ist - die können wir noch ausgiebig diskutieren, wenn der Gesetzentwurf dann im Landtag ist - und dann haben Sie genau die Punkte, die die kommunale Ebene angeführt hat - und das hätte ich, nebenbei bemerkt, als Rechtsanwalt auch gemacht, an diesen Punkten angesetzt -, abgeschrieben. Das ist alles. Das ist das ganze Zauberwerk, Herr Kuschel, Herr Huster etc., was Sie hier gemacht haben und Sie haben sich dann entlanggehangelt und der Staatssekretär Hütte hat vorhin diese Einzelpunkte aufgeführt, warum wir das gemacht haben, warum wir das so angesetzt haben. Herr Kuschel, Sie haben sich eben spöttisch dazu ausgelassen zur Preissteigerungsrate im Jahre 2008/2009. Das kann immer nur eine Prognose sein, es sei denn, Sie wären Hellseher. Diese Prognose haben wir durchgeführt auf der Grundlage der vergangenen Preissteigerungsquote - und das ist über viele Jahre berechnet - und sind zu dem Ergebnis gekommen 1,5 Prozent und das haben wir angesetzt für die Berechnung für 2008 und 2009 und das ist vollkommen in Ordnung. So geht es ähnlich auch mit den anderen Punkten. Ich habe aber ehrlich gesagt keine Lust, zu diesem Zeug Stellung zu nehmen, was Sie hier angeführt haben,

(Beifall bei der CDU)