Protocol of the Session on November 24, 2006

Frau Kollegin Enders hat in ihrer Funktion als Berichterstatterin noch einmal deutlich gemacht, wie umfänglich wir uns in den zuständigen Ausschüssen mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Als Ergebnis der Diskussion hat Minister Trautvetter im Ausschuss für Bau und Verkehr für die Landesregierung einen ausführlichen Bericht zu Punkt 1 des Antrags für voraussichtlich Januar 2007 angekündigt. Die Bereitschaft der Landesregierung, in diesem Bericht Infrastrukturvorhaben in Thüringen hinsichtlich der Schwere des Eingriffs detailliert zu analysieren und gleichzeitig Auskunft über die jeweiligen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu geben, wird von uns als CDU-Fraktion begrüßt. Ich sehe diesem Bericht mit einiger Spannung entgegen, denn ich glaube, dass wir dort sehr viel über die Aufbauleistungen, aber auch über die Anstrengungen erfahren werden, bereits im Planungs- und Genehmigungsverfahren die Eingriffe für Mensch und Natur so niedrig wie möglich zu halten oder angemessenen Ausgleich zu erwirken.

Grundsätzliche Argumente zum PDS-Antrag wurden schon in der Plenardebatte am 14.07.06 ausgetauscht, so möchte ich an dieser Stelle lediglich noch einmal auf drei Punkte der vergangenen Diskussion eingehen:

Kritisiert wird immer wieder die Zerstörung von Wanderwegen und Skiloipen durch Forstfahrzeuge oder Wegebaumaßnahmen. Gerade jetzt, wenn der Winter vor der Tür steht, ist das ein Thema, was immer wieder die Wogen hochschlagen lässt, weil der Wintertourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor natürlich gerade im oberen Waldgebiet ist. Und doch gibt es auch hier positive Beispiele dafür, wie es funktionieren kann. Ich denke, die Wintersportinteressierten, die selber aktiv Langlaufski fahren, kennen den Bereich zwischen Siegmundsburg und Friedrichshöhe. Das ist ein Bereich, der sehr rege für Langlaufski genutzt wird, und dort hat doch tatsächlich der Forst in den vergangenen Wochen durch umfangreiche Holzabfuhr die Wege natürlich auch in Mitleidenschaft gezogen. Ich bin ja nun ab und zu auch im Wald unterwegs und habe noch so gedacht, na, das gibt ja wieder ein Konfliktpotenzial, wenn es jetzt auf den Winter zugeht. Aber siehe da, durch das Forstamt Neuhaus wurde der Saarweg, der betroffen war, nach Beendigung der Holzabfuhr über die Länge von 2 km wieder in einen hervorragenden Zustand versetzt, so dass der Winter kommen kann

und dort auch die Loipen in entsprechender Qualität bespurt werden können.

Nennen möchte ich auch die derzeitigen Abstimmungsrunden zwischen den Vertretern der Gemeinden im oberen Thüringer Wald und dem Forstamt Schönbrunn, um im Vorfeld Missverständnisse und eine damit einhergehende Beeinträchtigung des Wintertourismus zu vermeiden. Ich denke, die Beispiele zeigen, dass sich der Forst zunehmend und auch mancherorts recht vorbildlich seiner Verantwortung für beide Wirtschaftszweige, die Holzgewinnung und den Wintertourismus, die im Winter nun mal die gleichen forsteigenen Waldwege beanspruchen, bewusst ist, dass es keiner Aufforderung der Landesregierung an den Forst bedarf, die verursachten Schäden zu beseitigen, um den Thüringer Wald attraktiv zu halten.

Frau Doht, Sie haben in Ihrer Rede verschiedene Dinge kritisiert, mir ist haften geblieben: „Parkplätze“. Natürlich ist das immer wieder ein Thema, aber das ist auch eine Frage, wie gehen die verantwortlichen Kommunen vor Ort mit dieser Thematik um. Ich weiß zum Beispiel, der Naturpark Thüringer Wald wird am 05.12. eine Abstimmungsrunde mit den Kommunen vor Ort diesbezüglich tätigen. Zum Beispiel hat Steinheid zusätzliche Parkplätze geschaffen im Bereich des Kiefele. Sicherlich, man könnte sich an manchen Stellen mehr wünschen, aber auf der anderen Seite wollen wir den Thüringer Wald auch erhalten und nicht nur durch Parkplätze ersetzen.

Dann kam die Kritik mit dem Skibus Oberhof. Ich denke, vielleicht sollte man es differenziert sehen, warum hat Masserberg diesen Skibus eingestellt, weil sie vielleicht in Fehrenbach selber einen Lift haben und die Leute vielleicht vor Ort dort integrieren wollen. Auch diese Dinge muss man ganz einfach vor Ort hinterfragen.

Ein anderes Problemfeld ist immer wieder die Errichtung von Windparks in Thüringen. Der geplante Windpark auf dem Milmesberg gegenüber der Wartburg ist ein treffliches Beispiel dafür, wie die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei der Errichtung von Windkraftanlagen immer weiter auseinandergeht, wenn es um die Belange von Natur und Umweltschutz geht. Selbst die vermeintliche Einsparung von CO2 durch Windkraft ist in Deutschland ökologisch und ökonomisch so ineffizient, wenn man den tatsächlichen Nutzungsgrad der Anlagen betrachtet, dass mit dem Geld durch Unterstützung anderer regenerativer Energieträger ein vielfach sinnvolleres Ergebnis erzielt werden könnte.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Genau.)

Ich will in dieser Hinsicht auch nicht noch mal auf die Verantwortung der Kommunen aufmerksam machen, wenn es darum geht, dass bei der Ausweisung von Flächen für Windkraftanlagen auch die technische Weiterentwicklung der Anlagen im Auge zu behalten ist.

Vom geplanten Ausbau der Windenergie im Norden der Republik im Rahmen des EEG zur Errichtung einer 380-kV-Leitung über den Thüringer Wald ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Dieses gewaltige Bauvorhaben bewegt natürlich in erster Linie die davon betroffenen Menschen und Kommunen, um nicht zu sagen, die ganze Region. Doch auch hier ist es wichtig, noch einmal klarzustellen, dass es nicht im Ermessen der Landesregierung liegt, in irgendeiner Weise steuernd in die entsprechenden Raumordnungsverfahren einzugreifen. Wenn man sich auf dem Boden von Recht und Gesetz bewegt, dann gibt es eine zuständige Behörde und - das ist uns bekannt - das ist das Landesverwaltungsamt.

Herr Worm, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Kummer?

Herr Worm, Sie haben jetzt gerade wunderschön die Verantwortung der Kommunen und die Regionalplanung angesprochen. In dem Zusammenhang würde mich interessieren, sehen Sie denn dann auch die Notwendigkeit, dass bei Zielabweichungsverfahren die Einvernehmensregelung im Landesplanungsgesetz erhalten bleibt, dass wir in Zukunft auch der Region wirklich ein deutliches Mitspracherecht - in dem Fall, dass man was anderes als in der Region geplant ist, durchsetzen will - erhalten sollten?

Ich denke, das muss man ganz einfach differenziert sehen, Herr Kummer.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt haben Sie mich ein bisschen rausgebracht, Herr Kummer. Also wir waren bei der 380-kV-Leitung.

(Unruhe bei der CDU)

Herr Kummer, Sie haben vorhin natürlich auch an die Landesregierung und die CDU-Fraktion Ihre entspre

chende Kritik gerichtet, dass man sich da nicht ganz so in die Thematik einbringt. Ich glaube, es ist ganz einfach wichtig, an dieser Stelle auch mal darauf hinzuweisen, dass eine Reihe von Wahlkreisabgeordneten der CDU-Fraktion im Bereich der geplanten Streckenführung der 380-kV-Leitung von Vieselbach über Altenfeld bis Sonneberg sich aktiv gegen den vorgesehenen Trassenverlauf starkmachen. Das heißt aber nicht, dass auch gleichzeitig die Notwendigkeit der 380-kV-Leitung in Frage gestellt wird.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Also doch das Floriansprinzip, Herr Kollege?)

Nein, auch nicht das Floriansprinzip, Herr Höhn. Ich denke, seit dem europaweiten Stromausfall Anfang November ist auch hier jedem klar, dass wir in Deutschland inklusive Thüringen ein flächendeckendes und leistungsfähiges Stromnetz brauchen.

(Beifall bei der CDU)

Ziel muss es jedoch sein, Herr Höhn, dieses Stromnetz so umweltverträglich unter kritischer Berücksichtigung aller Schutzgüter - Mensch, Natur, Fauna, Flora, Landschaftsbild usw. - zu errichten, dass die negativen Einflüsse auf die Region geringstmöglich gehalten werden.

In diesem Sinne möchte ich noch mal auf den Antrag der PDS an sich kommen. Zielrichtung des Antrags ist es ohne Zweifel, verschiedene Infrastrukturvorhaben in Thüringen infrage zu stellen. Allein die indirekte Unterstellung, hierbei werde in Größenordnungen Landschaftszerstörung an den gesetzlichen Schutz- und Ausgleichsvorschriften vorbei geduldet, ist so nicht hinnehmbar. Ich empfehle deshalb meiner Fraktion und dem Plenum der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr zu folgen, welche empfiehlt, den Punkt 2 des Antrags zu streichen. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Bitte, Abgeordnete Enders.

Lassen Sie mich bitte noch eines vorwegnehmen: Die Meinung, die ich jetzt hier äußern werde, ist meine ganz persönliche, nicht die Meinung meiner Fraktion, aber ich spreche auch hier für viele Bürgerinnen und Bürger in Thüringen und Bayern und ich spreche auch für viele Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen, die auch meine Auffassung teilen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Thüringer Wald wurde gerade in den letzten Jahren durch die verschiedensten Infrastrukturmaßnahmen stark in Anspruch genommen. Wir haben einiges heute auch schon gehört. Wenn ich - das sage ich Ihnen auch mit aller Deutlichkeit - an den bevorstehenden Weiterbau der ICE-Strecke denke, stelle ich mir die Frage: Was kann man dem Thüringer Wald mit seinem Natur- und Erholungswert, was kann man den Städten und Gemeinden und den dort lebenden Bürgerinnen und Bürgern überhaupt noch zumuten. Ich sage das mit aller Deutlichkeit: Meinen Bürgermeisterkolleginnen und -kollegen und mir selbst, uns graut vor der Vorstellung bei der Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses zum ICE. Ich spreche hier insbesondere auch für den Silberbergtunnel, der ja nun auch in der nächsten Zeit geschaffen werden soll. Es stehen riesige Rodungen von Waldflächen an, Baustelleneinrichtungen, das Anlegen von Baustraßen, wie das auch schon in einigen Gemeinden geschehen ist und natürlich auch die Einrichtung von Deponien, auf denen das zukünftig aus dem Tunnel herausgesprengte Material abgelagert und verarbeitet werden soll. Es sind An- und Abtransporte von Baumaterialien Tag und Nacht vorgesehen. Ich habe vor wenigen Tagen ein Gespräch gehabt mit der DB Projektbau, dort wurde mir noch mal deutlich gesagt, die Baumaßnahme wird ungefähr 10 Jahre dauern. Das ist eine wahnsinnige Belastung, die hier auf die Bevölkerung zukommt, ganz zu schweigen auch von der Belastung des Naturraums Thüringer Wald.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Im gleichen Atemzug diskutiert man eine 380-kVFreileitung durch den Thüringer Wald, die ebenfalls eine enorme Boden- und Raumbelastung darstellt. Und, Frau Doht, warum haben wir das im Ausschuss so intensiv diskutiert? Weil es eine aktuelle Maßnahme ist, weil es eine Maßnahme ist, die Gemüter und Herzen der Menschen bewegt. Ich muss Ihnen auch eins sagen: Sie kritisieren hier die Arbeit des Ausschusses. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten sich gerade bei diesem Tagesordnungspunkt ein bisschen intensiver eingebracht und das, muss ich Ihnen ehrlich sagen, habe ich völlig vermisst.

Meine Damen und Herren, von allen Systemen des Engerietransports ist das Netz von Hoch- und Mittelspannungsleitungen am stärksten umweltbelastend.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Dann hätten Sie doch einen Antrag gestellt.)

Diese Umweltbelastung wird vor allem...

Frau Abgeordnete Enders, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schwäblein?

Zum Schluss.

Am Ende, Herr Schwäblein.

Diese Umweltbelastung wird vor allem durch die indirekte Flächeninanspruchnahme durch Schutzstreifen, durch Schneisen, durch Mast- und Seilsysteme und die damit verbundenen landschaftlichen und ökologischen Stör- und Zerschneidungsfunktionen verursacht. Wenn man sich die Darlegungen im Raumordnungsverfahren anschaut, dann geht man hier von einer Masthöhe von 70 bis 100 Metern aus, je nach der topographischen Lage, und von einer Schneisenbreite, die bis zu 120 Meter erreichen kann. Es richtet sich ebenfalls auch hier nach der Masthöhe. Es ist kein Wunder, dass Bürgerinnen und Bürger unzählige Bürgerinitiativen mobil machen, und dass auch die betroffenen Landkreise und die Kommunen dieses Vorhaben ablehnen. Ja, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich habe noch keine Gemeinde gefunden, die sich positiv für dieses Vorhaben ausgesprochen hat, mit aller Deutlichkeit. Schauen Sie sich die Stellungnahme einmal an und auch die Kreise, Ilm-Kreis, Sonneberg, machen momentan mobil und es gibt viele Bürgerinitiativen, die sich auch dagegenstellen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Glauben Sie, das zu verhindern?)

Frau Präsidentin, werte Damen und Herren, wir dürfen nicht vergessen, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Thüringen ist der Tourismus. Dabei spielt gerade der Thüringer Wald nicht nur eine entscheidende, sondern die entscheidende Rolle. Auch wenn die Übernachtungszahlen in Thüringen rückläufig sind, muss man auch hier an dieser Stelle sagen: Das ist natürlich hausgemacht, hausgemacht durch das Land, durch die strukturellen Probleme, die wir hier haben. Der Regionalverbund funktioniert nach zwei Jahren immer noch nicht, aber dazu wollen wir ja heute hier an dieser Stelle nicht sprechen, das ist nicht das Thema. Von insgesamt 5,9 Mio. Übernachtungen von Januar bis August 2006 in Thüringen stellt der Thüringer Wald allein 2,8 Mio. Übernachtungen. Es entspricht fast 50 Prozent aller Übernachtungen hier in Thüringen. Wir können da nicht nur auf Städtetourismus setzen, so wie das die TTG immer wieder propagiert und ihre Werbestrategien aufbaut. Der ent

scheidende Tourismusfaktor in Thüringen ist nun mal der Thüringer Wald und darauf setzen auch viele Städte und Gemeinden. Wir dürfen auch nicht vergessen, der Naturpark Thüringer Wald und der unter Denkmalschutz stehende Rennsteig sind eines der Markenzeichen Thüringens schlechthin und nicht auszudenken, dass bei der Trassenführung zur 380 kV im Raumordnungsverfahren eine Rennsteigwerbung der Leitung bei Friedrichshöhe, einen der schönsten und einen der beschaulichsten Orte des Rennsteigs, überhaupt in Erwägung gezogen worden ist.

Meine Damen und Herren, während der Bau der Thüringer Waldautobahn insgesamt auf hohe Akzeptanz in der Bevölkerung gestoßen ist, ist erkennbar, dass diese Akzeptanz beim ICE schon nachlässt. Beim Bau der geplanten 380-kV-Höchstspannungsleitung ist sie nicht mehr vorhanden und zu Recht sehen die Menschen in dieser dritten großen Infrastrukturmaßnahme eine Bedrohung der sie umgebenden Natur und Landschaft sowie ihrer Lebensqualität und eine Bedrohung der Grundlage für den Wirtschaftszweig Tourismus. Auf Unverständnis stößt dabei auch der Fakt, dass sie mit ihren diesbezüglichen Sorgen von der Landesregierung alleingelassen werden und von offizieller Seite keinerlei Unterstützung erfahren.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Trautvetter, da reicht es eben nicht, sich auf laufende Verfahren zurückzuziehen, nach dem Motto: Zuständig ist das Landesverwaltungsamt, da habe ich mich nicht einzumischen. Die Menschen, die Städte und Gemeinden, die Landkreise erwarten, dass Sie sich nicht in das Verfahren, aber zumindest in den Prozess einmischen. Sie erwarten von einer Landesregierung, dass diese Landesregierung alles tut, die Interessen der betroffenen Kommunen und Landkreise zu wahren und sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen, so wie das im Moment von vielen hier empfunden wird und, wie ich meine, auch so ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ihre Nachfrage, Herr Abgeordneter Schwäblein, bitte.

Ich bin noch nicht fertig. Sie müssen mir noch einen Moment zuhören.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Jetzt haben wir schon gehofft.)

Na ja, das war nicht der Fall.