Protocol of the Session on January 27, 2006

(Beifall bei der SPD)

Denn Bildung zahlt sich aus, das gilt für den Einzelnen und für uns alle. Wer studiert, darf langfristig mit einem höheren Einkommen rechnen. Wissenschaftler haben für den Durchschnitt der OECDStaaten eine Bildungsrendite von bis zu 12 Prozent ermittelt. Der gesellschaftliche Ertrag von Bildung wird sogar höher veranschlagt. Bei einigen Staaten seien mehr als 0,5 Prozentpunkte des Wirtschaftswachstums auf die Steigerung des so genannten

Humankapitals zurückzuführen. Bildung, so Andreas Schleicher, Bildungsbeauftragter der OECD, sei die mit Abstand wichtigste Produktivkraft in den Zeiten der Globalisierung. In vielen europäischen Ländern wird dieser Einsicht Rechnung getragen. Sie investieren im Schnitt 6,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung, in Deutschland sind es nur 5,3 Prozent. Dabei sind Bildungsaufgaben, und dazu zählen Kindertagesstätten, Zukunftsinvestitionen. Angesichts des schrumpfenden und sich rapide verändernden Arbeitsmarkts tragen sie wesentlich dazu bei, der steigenden Last der Sozialausgaben entgegenzutreten. Es gilt, bei der Bildungsfinanzierung umzudenken und möglichst früh anzufangen. Es kann kein Dienst an der sozialen Gerechtigkeit sein, das Studium aus dem Steuertopf zu finanzieren, für den Platz im Kindergarten hingegen die Eltern zur Kasse zu bitten und jetzt weitgehend auch mit höheren Gebühren in Thüringen für die Eltern. Ich meine damit nicht, und das will ich ausdrücklich betonen, dass jetzt das Studium nicht mehr kostenfrei sein soll. Ich meine eher, die Finanzpolitik darf nicht den Inhalt der Familienpolitik bestimmen. Die Fraktion der Linkspartei.PDS begrüßt den Vorschlag der Bundesfamilienministerin von der Leyen, Kindern und Eltern Plätze in der Bildungseinrichtung „Kindertagesstätte“ beitragsfrei zur Verfügung zu stellen und ihre Aufforderung an die Länder, entsprechend zu handeln. Die Realisierung dieses Vorschlags käme allen Kindern zugute, im Gegensatz zu der von der Bundesregierung geplanten Neuregelung der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, die sozial schwächere Familien kaum entlastet.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Linkspartei.PDS fordert seit Langem - in vielen Programmen nachlesbar -, Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen anzuerkennen, die Begrenzung des Rechtsanspruchs aufzuheben und die Plätze allen Kindern generell beitragsfrei anzubieten. Die Landesregierung und das Land Thüringen scheinen weit davon entfernt, Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen anzuerkennen. Wie sollte man sonst eine Kleine Anfrage meiner Kollegin - schon von Kollegin Pelke erwähnt - Heidrun Sedlacik interpretieren, in der es da auf die Frage, was aus Sicht der Landesregierung für ein beitragsfreies drittes Kindergartenjahr spricht, heißt - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Niederschwellige Betreuungsangebote - um solche handelt es sich bei den Kindertagesstätten im Freistaat - machen es Eltern mit Kindern leichter, Familie und Beruf in Einklang zu bringen.“ Es ist schon erstaunlich, Kindertagesstätten als niederschwellige Betreuungsangebote zu bezeichnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielleicht sollten Sie, Herr Minister Goebel, erst einmal Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen anerkennen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wäre das so, dann würden wir über so einen Antrag nicht kurz nach der Verabschiedung eines - nach Minister Zeh - der innovativsten, für alle Bundesländer vorbildlichen Familienfördergesetzes reden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Meine Kollegin Pelke hat es schon ausgeführt, in der Antwort 3 der Anfrage heißt es, dass 50 bis 60 Mio. € dagegen sprechen. Ich komme auf die gleichen Zahlen wie Kollegin Pelke. Ich denke, man kann natürlich nur die Kosten der Elterngebühren rechnen. Da ich in meinen Ausführungen zum Familienfördergesetz häufig angezweifelt habe, dass die Zahl 65 oder 70 überhaupt durchschnittlich in Thüringen stimmt, rechnen wir doch einfach einmal großzügig mit 100 € im Durchschnitt an Elterngebühren in Thüringen, dann wären das bei einem Jahrgang 20,4 Mio. €. Und wenn Sie gewollt hätten, da hätten Sie für Thüringen ein Zeichen setzen können, denn auf die Anfrage meiner Kollegin haben Sie klar gesagt, ja, die Landesregierung hat sich schon in der Vergangenheit für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt und wird das auch in Zukunft tun. Wenn Sie das wirklich gewollt hätten, dann hätten Sie nach der Beantwortung dieser Anfrage vom 12.09.2005 handeln können. Das haben Sie nicht getan. Ihre Antwort 4 in dieser Anfrage belegt das noch deutlicher. Es bedarf keiner Korrektur der Thüringer Familienoffensive, vielmehr ist die Thüringer Familienoffensive Vorbild für alle Bundesländer, die schon Interesse an den im Freistaat geplanten Regelungen zeigen. Nur in vielen anderen Bundesländern - und das ist heute schon gesagt worden - denkt man anders.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Gott sei Dank!)

(Beifall bei der SPD)

Ab dem 1. Januar gehen Berliner Vorschulkinder in die Kita, ohne dass die Eltern einen Beitrag zahlen müssen - die Beispiele der Kollegin Pelke lasse ich jetzt weg -, in Berlin trotz Haushaltsnotlage - die Verhältnisse in Berlin sind ja jedem bekannt. In Rheinland-Pfalz können die Eltern - und das ist gesagt worden - auch darauf hoffen, dass die Kindertagesstätten völlig gebührenfrei besucht werden und die zusätzlichen 70 Mio. € pro Jahr wird das Land übernehmen - so die Aussagen. In dem Bundesland gilt übrigens schon die Gebührenfreiheit für das dritte Jahr. Wir sehen die frühkindliche Förderung von

Kindern in Tageseinrichtungen als eine wesentliche Voraussetzung, allen Kindern einen guten Schulstart zu ermöglichen und ihnen vor allem gleiche Chancen auf Bildung zu ermöglichen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir betrachten den Antrag der SPD deshalb auch maximal als Einstieg für einen Stufenplan, für eine generelle kostenlose Kindertagesbetreuung, und das im Hinblick auf eine qualitative Weiterentwicklung des Bildungs- und Betreuungsangebots in Kindertagesstätten. Da stimme ich dem Antragsteller voll zu: Der Freistaat Thüringen steht dabei nicht nur im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern, die zunehmend die Beitragsbefreiung realisieren, sondern auch in der Verpflichtung gegenüber dem Vorhaben der Bundesregierung. Mit dem Familienfördergesetz haben Sie gerade das Gegenteil erreicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Werte Abgeordnete, Bildung kann nicht früh genug beginnen. Kinder - und das habe ich hier schon häufig gesagt - lernen vom ersten Tag ihres Lebens an. In den frühen Jahren werden die entscheidenden Weichen für ihre weitere Lernentwicklung gestellt. Auf Kindertagesstätten kommt deshalb eine zentrale Aufgabe zu. Um zu lernen, brauchen Kinder andere Kinder. Wer an Kindern spart, wird in Zukunft verarmen. Ich fordere Sie deshalb auf, dem Antrag als ersten Schritt für generell beitragsfreie Kindertagesstätten zuzustimmen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Panse, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Frau Kollegin Pelke, Sie haben bei Ihren Wünschen, bei Ihren Bitten um unsere Zustimmung zu diesem Antrag, wofür Sie geworben haben, im Konjunktiv gesprochen. Ich denke, Sie wissen schon warum. Ich werde Ihnen jetzt erklären, warum die CDU-Fraktion diesem Antrag in dieser Form nicht zustimmen wird.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: In welcher Form denn?)

Sie haben einiges übersehen bei dem, was Sie dargestellt haben. Sie haben eine ganze Menge übersehen, insbesondere was die Berechnung angeht.

(Unruhe bei der SPD)

Sie haben auch einiges an der Wirklichkeit im Freistaat Thüringen bewusst ausgeblendet. Ich werde Sie darauf hinweisen, auch wenn ich mir relativ sicher bin, dass es sich auch diesmal wieder nicht bei Ihnen verfangen wird. Ich sage Ihnen aber vorab, Frau Kollegin Pelke, als Opposition kann man sich ganz viel wünschen. Das mag so sein, das kann man machen. Als Opposition ist es ja auch so, dass man hier von seinem Wunschrecht im Thüringer Landtag immer reichlich Gebrauch macht. Sie haben das heute wieder getan. Sie machen das bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Aber jedes Mal, wenn es dann um die Realisierung Ihrer teilweise auch recht utopischen Wünsche geht, dann zucken Sie mit den Schultern, zeigen auf die Landesregierung und sagen: Das sollen die mal machen; wie das gehen soll, verraten wir nicht, das warten wir mal ab. Da das offensichtlich bei Ihrer Partei ja auch so ein Stück ein Problem ist - je nachdem, wo Sie sich in der Opposition oder in Mitverantwortung befinden -, würde ich Ihnen gern einmal den Beschluss des sächsischen Landtags von gestern zur Kenntnis geben. Am gestrigen Tag - passenderweise - haben dort SPD und CDU gemeinsam - so vermeldet es zumindest eine Agenturmeldung - eine Forderung der Linkspartei. PDS in Sachsen abgelehnt, wo es um eine kostenlose Kita-Betreuung bis 2010 ging. Sie haben auch einen Antrag der Grünen abgelehnt, in dem die Grünen in einem ersten Schritt für ein kostenloses Vorschuljahr plädiert haben. Sie werden es nicht glauben, das hat die familienpolitische Sprecherin der SPD, Gisela Schwarz, auch blumig begründet, warum sie das abgelehnt haben und warum das nicht geht. Genau aus den gleichen Gründen werden wir hier in Thüringen Ihrem Antrag auch nicht folgen können. Ich werde Ihnen genau aus diesen gleichen Gründen sagen, das, was Sie hier vortragen, ist populistisch, ist konzeptionslos und es ist unrealistisch. Genau deswegen, glaube ich, ist es auch ein Stückchen immer wieder an der Zeit, Sie darauf hinzuweisen. Denn wenn Sie es ernst meinen würden mit dem, was Sie hier an Forderungen vortragen, glaube ich, würden Sie auch ein Konzept dazu unterbreiten. Dann würden Sie sich vielleicht auch Gedanken machen, wie Sie das in das von beiden Oppositionsfraktionen mit unterstützte Volksbegehren einflechten können. Ich bin da sehr gespannt, wie Sie das machen, wie Sie das finanzieren wollen, wie Sie das einbauen und umsetzen wollen. Das steht Ihnen ja völlig frei, aber spätestens dann werden Sie doch auch - sowohl Linkspartei als auch SPD-Fraktion - vor den gleichen Problemen stehen. Sie werden sich Gedanken machen müssen, wo Sie dieses Geld hernehmen, und Sie werden sich Gedanken machen müssen, ob das in dieser Form so sinnvoll ist. Dann haben Sie Beispiele aus anderen Bundesländern gebracht, auch aus dem Bundesministerium, wo die Forderungen herkommen. Man muss sich mal die Frage stellen: Warum kommen diese Forderungen

aus Rheinland-Pfalz, aus dem Saarland, vornehmlich aus alten Bundesländern? Wohl im Wesentlichen deswegen, weil es dort, erstens, kein ausreichendes Angebot an Ganztagsplätzen gibt und im Wesentlichen deswegen, weil sich dort zweitens die Nutzung von Kindertagesstätten in einem Prozentsatz bewegt, der weit von dem abweicht, was wir hier in Thüringen und in den neuen Bundesländern insgesamt haben. Ich darf Ihnen das einfach mal in Erinnerung rufen: In Thüringen haben wir nach wie vor die höchste Quote der Nutzung von Plätzen in Kindertagesstätten, durchschnittlich 92 Prozent von Kindern in dem Alter des Rechtsanspruchs nutzen einen Platz in einer Kindertagesstätte. Im letzten Jahr, wo es darum geht, die Kostenfreistellung herbeizuführen, sind es in Thüringen 97 Prozent. 97 Prozent der Kinder gehen in eine Kindertagesstätte. Das sind identisch die Zahlen, die wir zu DDR-Zeiten hatten. Es gibt keinerlei Indiz, dass die übrigen 3 Prozent die Kindertagesstätte deswegen nicht nutzen, weil es die Eltern nicht finanzieren könnten, sondern das ist dann eine sehr bewusste Entscheidung der Eltern. Wenn Sie diese 3 Prozent bekommen wollen, sage ich Ihnen ganz offen, müssen Sie eine Kindergartenpflicht einführen. Wenn Sie eine Kindergartenpflicht für das letzte Jahr einführen, dann können Sie auch tatsächlich über ein verpflichtendes Vorschuljahr diskutieren. Ich weiß, dass das bei der SPD im Jahr 2003, glaube ich, mal ein Parteitagsbeschluss in Bad Blankenburg war. Ich halte das nicht für sinnvoll. Ich denke, wir werden uns da, was die Vorbereitung auf die Schule angeht, eher mit qualitativen Fragen in den Schulen, aber auch in den Kindertagesstätten vorher auseinander setzen müssen.

Sie haben bei den Fragen, und da wird es dann besonders spannend, einer Gebührenbefreiung offensichtlich gar nicht im Blick, dass es in Thüringen eine Vielzahl von Eltern gibt, die gebührenbefreit sind. Frau Jung, Sie müssten es eigentlich wissen aus der Stadt Gera. Wir haben eine soziale Staffelung, die vorsieht, dass Kinder von Eltern, die Hilfe zum Lebensunterhalt empfangen, gar keine Gebühren bezahlen. Die sind gebührenbefreit im Freistaat Thüringen. Wir haben eine soziale Staffelung flächendeckend in Thüringen mit Ausnahme von Gera. Ich weiß, in Gera ist das ein besonderes Problem, aber das müssten Sie vielleicht mit den kommunalen Kollegen mal vor Ort klären. Ansonsten haben wir eine soziale Staffelung, die geht in Thüringen von null im niedrigsten Fall bis 170 € im höchsten Fall in der Stadt Weimar. Frau Kollegin Pelke, Sie wissen, wie die Zahlen in Erfurt sind. In Erfurt haben wir eine soziale Staffelung, die setzt bei 0 € an und geht bis 148 €. Wenn Sie 148 € Elterngebühren bezahlen, müssen Sie 3.050 € monatliches Nettoeinkommen haben. Das ist eine ganze Menge.

Jetzt denken wir mal das zu Ende, was Sie fordern. Sie wollen eine Gebührenbefreiung. Sie wollen also,

dass die Gebühren der Eltern von dem Land, von der Kommune, vom Bund, von wem auch immer übernommen werden. Das bedeutet zuallererst, dass Sie denjenigen, die bis jetzt keine Gebühren bezahlen, zunächst gar nichts anbieten, denn sie bezahlen auch nichts. Denjenigen, die durchaus über Einkommen verfügen, denen sagen Sie, ihr könnt diese Gebühren sparen. Das ist ein ziemlich abenteuerlicher Vorschlag, wenn ich den von der SPD und von der PDS höre. Das hören wir bei jeder anderen Debatte sonst hier genau andersherum.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das macht ihr doch mit dem Familiengeld genauso.)

Was werden Sie denn den Sozialhilfeempfängern sagen? Die Gebührenbefreiung wollen wir für alle die, die Einkommen haben. Für alle anderen, die bis jetzt nichts bezahlt haben, ist es halt nicht so. Völliger Unfug. Herr Matschie, insofern muss ich Ihnen einfach sagen, da haben Sie und Ihre Fraktion als Antragsteller wahrscheinlich nicht bis zum Ende an dieser Stelle gedacht.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Sagen Sie das auch der Bundesfamilienministe- rin, die den Vorschlag gemacht hat.)

Frau Jung, Sie haben versucht, uns vorzurechnen, was das Ganze den Freistaat Thüringen vielleicht kosten könnte. Ein Blick in die Papiere, die uns vorliegen, hätte da genügt. Da hätten Sie das sehr exakt ausrechnen können. Der Gemeinde- und Städtebund beziffert die durchschnittlichen Kita-Gebühren, die die Eltern bezahlen - wie gesagt, von 0 bis 170 € irgendwo dazwischen - ziemlich exakt bei 76 €. 76 € das ist so ziemlich mit Abstand das Niedrigste, was Sie in allen Bundesländern im Vergleich finden werden. Sie können sich gern die Zahlen mal dazu raussuchen. Wir werden das vielleicht auch noch mal diskutieren können, aber das sind ausgesprochen niedrige Gebühren, die wir in Thüringen haben.

Jetzt rechnen wir das mal zu Ende, was Sie gefordert haben. Die 50 bis 60 Mio. €, auch die kann man ungefähr ausrechnen. Wir haben etwa 70.000 Kinder in Thüringen in Kindertagesstätten. Auf das Jahr hochgerechnet, kommen Sie auf einen Gesamtbetrag bei Elterngebühren, was derzeit gezahlt wird, da ist nicht das eingerechnet, was die Kommunen sowieso schon übernehmen für Sozialhilfeempfänger, von 67 Mio. €, was die ganze Sache kostet, wenn man es insgesamt will.

(Zwischenruf Abg. Jung, Die Linkspar- tei.PDS: Für das letzte Jahr.)

Natürlich, ich gehe darauf ein. Wenn man das für das letzte Jahr ausrechnen möchte und mag, 97 Prozent

der Kinder nutzten im letzten Jahr eine Kindertagesstätte. Auch wieder auf diese Summe der Elterngebühren hochgerechnet, kommen Sie auf 15,5 Mio. €, was uns das kostet.

(Zwischenruf Abg. Jung, Die Linkspar- tei.PDS: Ich habe 20 gesagt.)

Was uns das kostet oder wem auch immer oder den Kommunen oder den Bund. Frau Jung, damit Sie nicht denken, wir wenden uns, was die realistischen Betrachtungen angeht, dann immer nur an die SPD- Fraktion, ich würde Ihnen gern mal ein Zitat vortragen, was Bürgermeister vor Ort dazu sagen. Es gibt einen Bürgermeister, der hat dazu gesagt, die politische Willensbekundung ist schwerlich mit der Realität in Übereinstimmung zu bringen. Das können Sie in der „Thüringer Allgemeinen“ vom 17.01. nachlesen, wohl gemerkt in der „Thüringer Allgemeinen“ in Sömmerda, das hat nämlich der Bürgermeister Flögel - glaube ich, mit Mandat der Linkspartei versehen - gesagt. Der weiß sehr wohl um die Realisierbarkeit Ihrer utopischen Forderungen hier und der sagt das auch deutlich. Er schenkt sich das dann hier, populistische Forderungen aufzumachen, sondern er sagt, Leute, das, was geht, geht und das, was nicht geht, das muss man auch ehrlich benennen. Insofern ärgert mich das schon, es gibt weder von Ihrer Partei noch von der SPD-Fraktion Überlegungen zur Finanzierbarkeit des Ganzen. Das hat im Übrigen auch die Bundesfamilienministerin nicht gemacht. Die hat gesagt, das könnten ja die Kommunen, das könnten ja die Länder machen, es könnte ja jemand finanzieren, hat uns aber nicht verraten, wo vielleicht, wenn man das insgesamt will, die 67 Mio. € in Thüringen herkommen sollen.

Ich bitte Sie einfach, versuchen Sie es doch einmal auszurechnen, versuchen Sie uns doch mal einen Vorschlag dazu zu unterbreiten. Ich sage Ihnen aber einen Vorschlag, den wir nicht mitgehen werden. Die PDS-Fraktion denkt auf Bundesebene - wenn ich das richtig mitbekommen habe - darüber nach, man könnte ja das Kindergeld dafür abschaffen. Das ist ein Vorschlag, der ist ganz sicher mit uns nicht zu machen. Wir werden nicht das Kindergeld als eine Unterstützung für alle Eltern und für alle Kinder letztendlich abschaffen, um dann dieses Geld in ein auch jetzt schon hoch subventioniertes Betreuungssystem komplett reinzustecken, aber kein Angebot mehr für alle Eltern zu haben. Das wird mit der CDU nicht zu machen sein. Im Übrigen, auch manche Ideen, die dann immer so von der Linkspartei durch den Raum geistern, man könnte das Kindergeld ja staffeln nach Einkommensgruppen, das geht nicht. Sie wissen, das Bundesverfassungsgericht hat sich dazu klar positioniert. Insofern bin ich sehr gespannt, was Ihre Partei, spätestens dann, wenn Sie beim Volksbegehren angelangt sind, uns dazu für einen Finanzie

rungsvorschlag unterbreiten wird. Für die CDU-Fraktion sage ich Ihnen nur eins zur Finanzierung in Kindertagesstätten: Wir leisten derzeit sehr viel im Freistaat Thüringen, die Kommunen leisten sehr viel, aber das, was wir dann zusätzlich leisten könnten, das wird nicht zulasten direkter Leistungen an Familien gehen, also nicht zu Finanzierungsfragen oder Abstrichen beim Kindergeld oder beim Landeserziehungsgeld führen. Wenn wir tatsächlich entsprechend mehr Geld in den Kindertagesstätten einsetzen, dann darf ich doch sehr herzlich an alle Beteiligten hier appellieren, dass wir sehr intensiv darüber nachdenken, wie wir das in zusätzliche Qualität in Kindertagesstätten investieren, aber nicht mit solchen abenteuerlichen und auch populistischen Vorschlägen zu kommen, die in keiner Weise zu realisieren sind. Die CDU-Fraktion wird diesen Antrag genau aus diesem Grund ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Emde, CDU-Fraktion. Zieht zurück? Gut. Der Abgeordnete Emde hat zurückgezogen. Wünschen weitere Abgeordnete das Wort? Das ist nicht der Fall. Der Herr Minister Goebel möchte sprechen.

Vielen Dank Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Diskussion um ein beitragsfreies letztes Kindergartenjahr wird ja gegenwärtig - wir haben das in der Debatte schon gehört - nicht nur in Thüringen geführt. Die Forderung findet überall Anhänger und Skeptiker quer durch die verschiedenen Parteien. Die jüngste Forderung der Bundesfamilienministerin von der Leyen nach kostenlosen Kindergärten hat beispielsweise Bundesfinanzminister Steinbrück als vom Bund und von den Trägern nicht finanzierbar bezeichnet.

Meine Damen und Herren, wir unterstützen die Bundesregierung und damit auch die Frau Bundesfamilienministerin in ihren familien- und arbeitsmarktpolitischen Vorstellungen, das heißt aber nicht, dass wir für jeden Einzelvorschlag begeisterte Zustimmung haben. Bezüglich einer Politik, die Familien in ihrer Erziehungsverantwortung stärkt und auch finanziell unterstützt, haben wir in Thüringen, denke ich, einiges vorzuweisen.

Herr Kollege Panse hat das bereits erwähnt, es besuchen 92 bis 97 Prozent aller Kinder die Kindertageseinrichtungen im Bereich des Rechtsanspruchs, 97 Prozent im letzten Kindergartenjahr, 70 Prozent davon sind ganztätig in der Kindertageseinrichtung angemeldet. Wir haben also in diesem Bereich prak

tisch eine Vollversorgung. Nicht repräsentative Umfragen zu den Kindern, die keine Einrichtung besuchen, haben ergeben, dass es sich dabei auch um Kinder aus Familien handelt, die ein großes Interesse daran haben, ihr Kind im Vorschulalter selbst zu bilden, zu erziehen und zu betreuen und darauf haben sie ein verfassungsmäßig garantiertes und verbrieftes Recht.

Das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung kostenfrei zu gestalten bedeutet, dass sich Kosten ergeben für die Gemeinden als die Träger der Einrichtungen und für das Land. Es ist dieser Kostenumfang, der hier genannt worden ist von 15/16/17 Mio. €. Ich habe die Beantwortung meiner Kleinen Anfrage, die hier zitiert worden ist, nicht mehr vorliegen, aber ich werde es selbstverständlich prüfen. Ich kann mir nur vorstellen, wenn die Frage so gestellt worden ist, dass bei der Beantwortung über die Gesamtheit der Kinder mit Rechtsanspruch gerechnet wurde. Das ist dann, bitte sehr, ein Versehen. Kein Versehen allerdings, Frau Jung, ist es, dass ich geantwortet habe, dass Kindergartenbetreuung ein niederschwelliges Angebot ist und 97 Prozent Annahme dieses Angebots zeigt, dass es ein niederschwelliges Angebot ist.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Wo haben Sie das her?)

Wenn Sie allerdings meinen, niederschwellige Angebote seien grundsätzlich qualitativ minderwertige Angebote, dann, sehr geehrte Frau Jung, sind Sie allerdings auf dem Holzweg. Denn Bildung im Kindergarten ist für uns etwas mit sehr hohem Stellenwert. Deshalb haben wir Leitlinien für die frühkindliche Bildung; deshalb erarbeiten wir einen Bildungsplan; deshalb verpflichtet das Kindertagesstättengesetz die Bildungseinrichtungen auch, entsprechend zu arbeiten und Qualitätsstandards einzuhalten.