Protocol of the Session on December 8, 2005

Wissen Sie, Herr Hausold hat vorhin eine Frage angesprochen, wie es mit der Erfüllung eines Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz ist. Er hat das Gesetz nicht gelesen. Es steht drin, dass es den Rechtsanspruch ab zwei Jahren geben wird. Die kommunale Ebene, die Wohnsitzgemeinde, wird ihn erfüllen. Sie haben gesagt, was ist denn, wenn kein Platz mehr da ist. Dann werden die Plätze geschaffen, Herr Hausold, wie wir es seit 15 Jahren im Freistaat Thüringen erleben. Genauso ist es und das steht in dem Gesetz drin.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Insofern - wir haben es ja als CDU-Fraktion mit einem unserer Änderungsanträge auch deutlich gemacht - wollen wir die Erfüllung des Anspruchs in der Wohnsitzgemeide. Wir wollen es nicht beim Landkreis, wir haben an dieser Stelle geändert, wir haben auf die Meinungen gehört, wir haben mit den kommunalen Spitzenverbänden geredet und haben gesagt, wir wollen die Erfüllung dessen auf kommunaler Ebene in der Wohnsitzgemeinde. Das ist natürlich genau der Fingerzeig darauf, was Sie hier angesprochen haben, dass wir nicht wollen, dass die Eltern ihre Kinder 20 bis 30 Kilometer durch die Gegend fahren. Also stel

len Sie sich doch bitte nicht hier hin und behaupten Sie so etwas, wenn Sie augenscheinlich diesen Änderungsantrag nicht wahrgenommen haben oder er an Ihnen vorbeigerauscht ist.

Wir haben bei dem Wunsch- und Wahlrecht - darauf ist keiner der Vorredner bis jetzt eingegangen - gesagt, zukünftig sollen Eltern auch entscheiden können, wo sie diesen Betreuungsanspruch in Anspruch nehmen möchten, also auch in der Nachbargemeinde, auch mit einer klaren Regelung, was dann die Wohnsitzgemeinde der erfüllenden Gemeinde an Kosten zu erstatten hat. Das ist einer der Änderungsanträge von der CDU-Fraktion, der Ihnen vorliegt, aber darauf ist augenscheinlich keiner eingegangen. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Für die jungen Mütter, für die jungen Väter ist das schon eine gewisse Planungssicherheit, wenn sie wissen, sie können ihr Kind auch in einer Einrichtung am Arbeitsplatz betreuen lassen und es ist sichergestellt, dass die Wohnsitzgemeinde, wo sie herkommen, auch die Kosten dafür erstatten muss. Das ist unbestreitbar eine wesentliche Veränderung und Verbesserung dessen, was wir als Änderungsvorschlag Ihnen heute auf den Tisch gelegt haben.

Wir haben - und darauf möchte ich schon ein bisschen intensiver eingehen - die Frage mit den behinderten Kindern, mit den Fachkräften für behinderte Kinder. Sie wissen, wie momentan die Betreuung von den behinderten Kindern erfolgt, pauschal, dadurch, dass in Regeleinrichtungen eine halbe Fachkraft zusätzlich zur Verfügung gestellt wird, wenn es mehr als ein behindertes oder von Behinderung bedrohtes Kind ist. Diese Regelung gilt im Übrigen weiter für die Kinder, die in den Einrichtungen sind. Das ist bei allen finanziellen Berechnungsgrundlagen außer Acht gelassen worden, auch das, was Ihre Fraktion oder Ihr Fraktionsreferent Ihnen da ausgerechnet hat mit den möglichen Kürzungen, das ist nicht eingerechnet, dass die Frage von behinderten Kindern für die nächsten drei Jahre mit einer Übergangsregelung dahin gehend ausgestattet ist, dass wir die Fachkräfte selbstverständlich in den Einrichtungen brauchen, die sie brauchen, auch bleiben werden. Danach, auch das haben wir deutlich gemacht, das steht ja im Gesetz, wollen wir zukünftig, dass bei Kindern, die Einrichtungen besuchen, ganz klar auch geschaut wird, wo Leistungen der Eingliederungshilfe auch in Regeleinrichtungen fließen können, dass aber auch entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Kinder in Regeleinrichtungen eine Förderung erfolgen kann. Sie wissen, dass das bis jetzt nur eingeschränkt möglich war, weil in den Regeleinrichtungen in der Regel dann zwar zusätzliche Fachkräfte beschäftigt wurden, aber die Therapiemöglichkeiten und Hilfemöglichkeiten, die Unterstützungsmöglichkeiten in Regeleinrichtungen weitestgehend verschlossen waren. Wir wollen das genau ändern, auch

dafür haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, wo wir an dieser Stelle sagen, dass in Regeleinrichtungen die Förderung von behinderten oder von Behinderung bedrohten Kindern weiter erfolgen soll, aber dann, wenn auch ihre individuelle Förderung dort sichergestellt ist. Wir wollen, dass dazu auch die Mittel der Eingliederungshilfe eingesetzt werden können.

Es ist in den letzten Tagen immer diskutiert worden, wie das mit dem Betreuungsschlüssel ist oder mit den Fachkräften. Für die CDU-Fraktion war immer klar, wir halten an dem Fachkräftegebot fest. Wir wollen, dass in den Einrichtungen unsere Kinder nur von Fachkräften betreut werden. Das ist wichtig, weil das auch ein Streitthema der letzten Wochen und Monate war, wo wir auch an keiner Stelle da von unserer Argumentation abgegangen sind. Wir haben aber auch darüber hinaus mit dem Änderungsantrag deutlich gemacht, dass die Personalbemessung in den Einrichtungen, so wie es im Gesetz formuliert ist, die personelle Mindestausstattung benennt. Dass es natürlich der kommunalen Ebene freigestellt ist, da, wo individuelle Angebote unterbreitet werden, da, wo Kindertagesstätten besondere Konzepte haben, da, wo es aufgrund von Räumlichkeiten nicht anders geht, auch abweichend von dieser personellen Mindestbemessung andere Personalausstattungen zugelassen werden können. Das geschieht momentan auch, das findet momentan statt, wo die Kommune mit dem Träger verhandelt und sagt, wenn ihr ein interessantes Angebot habt, was aber einen anderen personellen Schlüssel erfordert, sind wir bereit, dies mitzutragen, dann werden wir dies entsprechend genehmigen und in den Kita-Bedarfsplan einordnen. Wir haben das noch einmal klarer gefasst und haben auch an dieser Stelle einen Änderungsantrag vorgelegt, der sagt, es handelt sich um die Mindestpersonalausstattung.

Zu den Finanzierungen der Plätze: Es wird immer ausgeblendet, dass bei dem, was im Gesetz drinsteht, ganz klar geregelt ist, die Kommune hat die Defizitfinanzierung vorzunehmen, den ungedeckten Finanzbedarf der Kindertagesstätte, der nicht über Elternbeiträge gedeckt ist. Das war in der Vergangenheit so, das ist auch in der Zukunft so. Darauf hat auch die Kommune nur begrenzten Einfluss, weil sie nicht weiß, wie sich die Sozialstrukturen entwickeln, weil sie nicht weiß, von welchen Eltern wie viel Elternbeiträge zu bekommen sind. Genau aus diesem Grund muss am Jahresende die Kommune immer ausgleichen, muss die Kommune am Jahresende das Defizit in den Einrichtungen auch tragen. Das war ja genau der Punkt, wo wir das mit den 20,45 € - das erkläre ich nachher gern noch einmal - erlebt haben, dass die Kommune an dieser Stelle sich dann von Ausgaben selbst verabschiedet hat.

Die Infrastrukturpauschale, Investitionspauschale: Wir müssen uns schon mal fragen, wie war das bis jetzt, wenn in Einrichtungen investiert wurde? Da hat die kommunale Seite Geld aufgebracht oder sie hatte Glück und konnte über Landesfördermittel Kindertagesstätten sanieren. Zukünftig sagen wir, wir wollen mit der Infrastrukturpauschale einen festen Posten schaffen, wo wir die Kindertagesstätten und die kommunalen Träger anhalten, dies regelmäßig in die Werterhaltung, in die Investition von Kindertagesstätten zu stecken. Nun kann man sagen, aber dann entzieht man ja dieses Geld den Kindertagesstätten. Ich sage Ihnen, dieses Geld, was ansonsten die Kommunen aufgewandt haben für Investitionen, ist selbstverständlich für die kommunale Seite genauso möglich auch in Sachkosten- und Betriebskostenzuschüsse von Kindertagesstätten zu stecken. Weil wir aber genau dieses Problem gesehen haben, dass eine hohe Unsicherheit auch auf der kommunalen Seite bestand, haben wir einen Änderungsantrag formuliert, der besagt, die Infrastrukturpauschale kann auch über die Übergangsfrist der nächsten zwei Jahre hinaus in Zukunft weiter für Sach- und Betriebskosten, also auch für Personalkosten, in Kindertagesstätten genutzt werden, nämlich dann, wenn die kommunale Seite nachweist, dass die bedarfsgerechten Investitionen in Kindertagesstätten in ausreichendem Umfang erfolgt sind. Das ist durchaus eine Verbesserung und eine Anreizwirkung auch für kleinere Orte, die ihre Kindertagesstätten in den letzten paar Jahren in Ordnung gebracht haben, zu sagen, dann kann ich dieses Geld auch weiter nutzen und auch eine kleine Kindertagesstätte, die eben nur 15 Kinder noch hat, trotzdem weiter in ihrem Bestand sichern. Ich glaube, das ist ein sinnvoller und richtiger Änderungsantrag, insofern war er auch natürlich wichtig.

Wir haben in Artikel 3 des Familienfördergesetzes, das ist der, wo es um das Landeserziehungsgeld geht, noch mal klarer gefasst, wie es mit dem möglichen Missbrauch aussieht. Sie wissen, ich habe das vorhin auch schon mal angeschnitten, das Tagesstättenausbaubetreuungsgesetz und auch die Änderungen zum SGB VIII, die zum 1. Oktober in Kraft getreten sind, besagen da ganz klar, wir wollen, dass eine stärkere Verantwortung von staatlicher Seite beim Missbrauch auch erfolgen kann. Dass das örtliche Jugendamt gefordert ist, entsprechenden Hinweisen viel intensiver nachzugehen, dass das Jugendamt gefordert ist, auch intervenierende Maßnahmen vorzuschlagen, teilstationäre, stationäre und ambulante Möglichkeiten. Und wir haben auch immer gesagt, für uns ist das auch natürlich der Besuch einer Kindertagesstätte, wo die kommunale Seite die Verantwortung hat, das entsprechend auch in Einzelfällen entsprechend nicht nur anzumahnen, sondern auch darauf zu drängen. Diese Missbrauchsregelung in § 3 a des Erziehungsgeldgesetzes besagt genau dieses. Es stärkt die Kontrollfunktion des Jugend

amts und es sagt dann aber eben auch, es kann die Zahlung des Landeserziehungsgeldes verweigert werden, nämlich dann, wenn von einem Missbrauch an dieser Stelle ausgegangen werden kann. Das Landeserziehungsgeld wird auf kommunaler Ebene ausgezahlt, von den Bürgermeistern sozusagen, die so ein Stückchen die Situation in ihren Gemeinden auch kennen, die so ein Stückchen auch beurteilen können, wo ist denn ein möglicher Missbrauch vielleicht im Raum, wo kann man das Jugendamt auf etwas hinweisen. Da sind wir alle gefordert, hinzuschauen in Familienstrukturen, wo wir glauben, es funktioniert nicht, aber dann auch das zu benennen und nicht zu sagen, was interessiert mich das, was im Nachbarhaus geschieht.

Wir haben uns als Letztes zu den wesentlichen Änderungen darauf verständigt, dass wir in einem Stiftungsparagraphen in Artikel 5 die Stiftungen zusammenfassen wollen, dass wir da auch die Elternakademie integrieren, dass wir ein Stückchen auch klarer machen wollen, was wir mit Familienstiftung wollen. Das ist ein Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt, den wir auch im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit besprochen haben. Aber es gibt neben den wesentlichen Änderungen, die ich Ihnen jetzt gerade vorgestellt habe, auch vielleicht marginale Änderungen, wo Sie glauben, da ist nur ein Wort oder nur eine Formulierung geändert worden, wo wir uns aber sehr wohl etwas dabei gedacht haben und das auch deutlich gemacht haben im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen - § 18 des Artikels 4 des Kindertagesstättengesetzes: In § 18 geht es um die Gesamtfinanzierung der Kita-Plätze. Darin steht bis jetzt eine Formulierung: Die Finanzierung setzt sich zusammen aus den Elternbeiträgen, dem Eigenanteil der Träger und letztendlich der kommunalen Defizitfinanzierung. Wir sehen sehr wohl die Sorge der freien Träger, die sagen: Was heißt denn das, Eigenanteil der Träger? Wie definiert das denn die Kommune bei uns? Wollen die dann pauschal von uns 5 oder 10 Prozent Eigenanteil? Wir haben gesagt, nein, so ist es nicht gemeint und so wollen wir es auch nicht. Aus diesem Grund fügen wir vor diesen Eigenanteil das Wörtchen „möglichen“ Eigenanteil des Trägers und wollen damit eines deutlich machen: Es ist möglich, dass Träger einen Eigenanteil erbringen können, dass sie Sachleistungen, Fortbildungskosten, auch Investitionsmaßnahmen, aber eben auch durch Elterninitiativen Leistungen in der Kindertagesstätte erbringen. Es soll aber nicht möglich sein, dass die kommunale Seite hingeht und sagt, wir wollen pauschal von den freien Trägern 5 oder 10 Prozent Eigenanteil haben. Denn das muss uns allen klar sein, wir haben ein ganz klares Verständnis, wie freie Träger Kindertagesstätten führen sollen. Sie dürfen nicht schlechter gestellt sein als die kommunale Ebene, sie dürfen nicht benachteiligt werden,

sie müssen die gleichen Voraussetzungen haben. Das bedeutet auch, dass die kommunale Seite nicht hingehen kann und sagen kann, wir wollen von euch 5 oder 10 Prozent als Anteil haben, sondern dass die kommunale Seite genau diese Defizitfinanzierung, die ich vorhin beschrieben habe, auch in Zukunft vornehmen muss.

Ich habe bei der ersten Beratung im Landtag gesagt, es gehört schon zur Ehrlichkeit dazu, dass man sich über die Haushaltssituation verständigt und dazu etwas sagt, zur Haushaltssituation und zu den Kostenentwicklungen in den Kindertagesstätten. Es ist nachzulesen, wir haben die Haushaltsansätze, die Haushaltspläne, wir haben den Haushaltsvollzug der letzten paar Jahre. Und es ist ja - das ist ja auch heute schon mehrfach gesagt worden - in den letzten Jahren eine erhebliche Kostenexplosion in diesem Bereich zu verzeichnen gewesen. Von 110 Mio. €, die wir im Jahr 2000 noch hatten, auf heute 153 Mio €, das sind 43 Mio. € mehr, da muss man die Frage stellen: Wo kommen diese 43 Mio. € her? Herr Matschie, Sie haben das vorhin mit mehr Kindergartenplätzen begründet. Das ist so nicht richtig. Man muss sich die Zahlen und Statistiken genau ansehen, die kann man nicht so hin- und herdrehen, wie man sie gerade braucht.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Das müssen gerade Sie sagen.)

Wir haben inzwischen seit 1999 eine konstante Geburtenentwicklung im Freistaat Thüringen, das ist nachzulesen, 17.000 Geburten im Jahr. Seit 1999 hat sich nichts geändert. Wir haben die gleiche prozentuale Inanspruchnahme von Plätzen. Insofern stimmt es nicht, was Sie sagen, dass wesentlich mehr Kinder heute in Betreuung in Kindertagesstätten sind. Insofern ist es auch nicht die Legitimation zu sagen, da kommen 43 Mio. € Steigerung her, das ist falsch.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Die Zahlen kommen vom Landesjugendamt.)

Und Sie haben sich diese Zahl - das habe ich Ihnen beim letzten Mal gesagt -, die Sie meinen, aus dem Jugendhilfeausschuss herausgehört zu haben, schon beim letzten Mal versucht, so hinzudrehen, wie Sie sie gerne hätten. So ist es nicht. Wir haben aber einen Punkt, und das muss man ehrlich sagen, das haben Sie ja auch angesprochen, den Zuschuss an die freien Träger, Herr Matschie. Das sind im Übrigen 20,45 €, nicht 20,50 €, aber das nur marginal. Die 20,45 €, die wir an die freien Träger zahlen - hätte man nachlesen können -, sammeln die Kommunen im Rahmen der Defizitfinanzierung hintenrum wieder ein. Darüber kann man streiten, ob das richtig ist oder nicht. Wir haben bei der Anhörung im Ausschuss

für Soziales, Familie und Gesundheit den Gemeinde- und Städtebund, den Landkreistag gefragt, wie ist das eigentlich mit den 20,45 €? Dort ist eingeräumt worden, dass 90 Prozent der Kommunen genauso verfahren, dass sie nämlich am Jahresende diese insgesamt 13 Mio., die das ausmacht, quasi von den freien Trägern wieder einsammeln im Rahmen der Defizitfinanzierung. Da ist auch nur ein begrenztes Unrechtsbewusstsein an dieser Stelle da, weil es durchaus kommunale Vertreter gibt, die an dieser Stelle von Kopfgeld reden und sagen, das war das Kopfgeld für uns dafür, dass wir unsere - wohlgemerkt unsere - Einrichtung an freie Träger abgegeben haben.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Sie wollten unbedingt Subsidiarität.)

Das ist falsch, weil wir nämlich, als wir dieses Gesetz verabschiedet haben, gesagt haben, diese 20,45 € gehen an die freien Träger, die gehen nicht an die Kommunen, sondern an die freien Träger. Es war damals damit gemeint, dass die freien Träger mit diesen 20,45 € zusätzliche Leistungen erbringen können. Es kann nicht rechtens sein, das Gesetz hat es zwar zugelassen, aber es kann doch nicht rechtens sein von der Systematik her, dass man sagt, hintenrum wird dieses Geld wieder eingesammelt und dient zur Entlastung kommunaler Haushalte. Das ist nicht unser Verständnis. Genau an dieser Stelle haben wir auch jetzt ein Stopp-Signal gesetzt und haben gesagt, so geht es angesichts von 13 Mio. selbstverständlich nicht weiter.

Man kann auch mit einer zweiten Mär aufräumen, die immer so durch den Raum geistert. Das haben wir bei der Anhörung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit ja auch diskutiert, die Frage von Gehaltssteigerungen. Herr Matschie, Sie haben das hier versucht, so blumig zu erklären, mit den Steigerungen der Gehaltskosten, was der Gemeinde- und Städtebund Ihnen erklärt habe. Ich kann Ihnen nur sagen, wir haben, als wir im Sozialausschuss bei der Anhörung danach gefragt haben, von Herrn Krumrey gesagt bekommen, dass bei den kommunalen Trägern, wohl gemerkt nur bei den kommunalen Trägern, die Ost-West-Anpassung im Rahmen des BAT lediglich 10 Prozent zwischen 2002 und 2005 ausgemacht haben. Dann haben wir Frau Bemmann vom DGB gefragt, die uns ja nicht so nahe steht, aber wir haben sie gefragt, wie sie sich diese ganzen Zahlen dann erklärt. Sie hat uns gesagt, dass es effektiv sogar zu Gehaltssenkungen gekommen ist in weiten Bereichen, und dass es insbesondere deswegen zahlreiche Träger gibt, und da nenne ich an allererster Stelle die Kolleginnen und Kollegen von der AWO, die mit ihren Mitarbeiterinnen Haustarifverträge abschließen, die teilweise mehre 100 € unter dem liegen, was in kommunalen Einrichtun

gen bezahlt wird.

(Unruhe bei der SPD)

Da muss man schon mal die Frage stellen, da frage ich Sie gerade, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die dann immer so auf die qualitative und gerechte Entlohnung von Erzieherinnen drängen: Wo bleibt denn da eigentlich Ihr Aufschrei an dieser Stelle? Warum protestieren Sie an dieser Stelle nicht? Das tun Sie nicht. Vielleicht mag es mit dem Träger zusammenhängen. Vielleicht mag es aber auch damit zusammenhängen, dass Sie sich hier Ihr eigenes Weltbild schnitzen. Wir benennen diese Probleme an dieser Stelle. Wenn es so ist, dass freie Träger einen erheblich anderen Tarif bezahlen als kommunale Träger, weniger bezahlen, wenn es so ist, Herr Matschie, wie Sie es auch bestätigt haben, dass eine Vielzahl von Einrichtungen von der kommunalen Seite zu den freien Trägern gewandert ist, dann kann man sich doch hier vorn nicht hinstellen und kann sagen, die Gehaltssteigerungen sind für diese 43 Mio. € zuständig. Sie sind es nicht. Es ist nicht nachweisbar. Es ist nicht belegbar. Ich habe Ihnen das gerade vorgerechnet und ich habe Ihnen gesagt, wir haben sehr wohl bei der Anhörung im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit darüber gesprochen. Man muss natürlich fragen, was machen denn die freien Träger damit, wenn sie ihren Mitarbeitern 200 oder 300 € weniger bezahlen im Monat. Wir haben schon einmal darüber diskutiert. Es gibt einzelne Träger, die kommen sogar auf die Idee, sich davon Hotelbeteiligungen anzuschaffen. Die kommen sogar auf die Idee, Mitarbeiterfortbildungen in Malta zu organisieren. Sie haben auch ein Unrechtsbewusstsein an dieser Stelle, wo sie dann durchaus sagen, ja, das ist ja schon legitim, wenn wir in dem einen Bereich so ein Stückchen Überschüsse erwirtschaften, vielleicht im Kita-Bereich, wir stecken es ja in andere soziale Bereiche. Die AWO kommt mir dann mit Briefen, sie machen das, weil sie die MutterKind-Kuren vorhalten müssen.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Und deswegen haben Sie das Gesetz geän- dert.)

Das mag ja alles sozialpolitisch noch vertretbar sein. Das ist aber ordnungspolitisch nicht vertretbar, wenn man dem System

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Er- zählen Sie das mal den Trägern.)

von Kindertagesstätten Geld entzieht, um es in andere Bereiche, in soziale Bereiche, durchaus sinnvoll zu investieren, ist das ordnungspolitisch falsch. Ich lasse mich auch von Protesten der Arbeiterwohlfahrt an dieser Stelle nicht abbringen, dies ist hier

immer wieder auch deutlich zu benennen.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Er- zählen Sie das mal der Diakonie, der Ca- ritas und den anderen Trägern, dass die zuviel verdienen.)

(Unruhe bei der SPD)

Ich habe hier die Arbeiterwohlfahrt benannt. Wenn Sie hier bei der Caritas das kritisieren, erwarte ich den gleichen Mut, als Vertreter bei der AWO, genau das auch zu benennen.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD)

Frau Taubert, Sie haben in dem Vorstand gesessen. Sie haben dazu geschwiegen. Sie haben in Kauf genommen, dass Erzieherinnen 200 bis 300 € weniger verdienen als Erzieherinnen in kommunalen Einrichtungen. Es ist heuchlerisch, sich hier hinzustellen und etwas anderes einzufordern.

(Unruhe bei der SPD)

Wissen Sie, ich habe eben gerade gesagt, sowohl die Kinder in den Einrichtungen sind augenscheinlich nicht die Begründung für die Zahlensteigerungen. Ich habe eben gerade gesagt, es sind augenscheinlich auch nicht die Gehaltssteigerungen, die dafür objektiv als Grund herhalten müssen, insofern ist es legitim, dass wir an dieser Stelle auch Punkte finden, wo wir benennen, wo auch an diesem Gesetz Schlupflöcher bestanden, die wir regulieren wollen.

Jetzt komme ich zu einem Punkt, den wir leidenschaftlich schon immer diskutiert haben, die Frage Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir tun vieles von dem, was wir machen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser zu gestalten. 62,5 Prozent der Mütter in Thüringen von den Kindern im Alter zwischen zwei und sieben Jahren sind berufstätig, 62 Prozent. Genau diese 62 Prozent sind berufstätig, weil es die wirtschaftliche Situation erfordert und weil sie es wollen, weil sie berufstätig sein wollen. Wir sagen, wir wollen gerade diesen Eltern, die berufstätig sein wollen, berufstätig sein können, den Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung bieten. Damit bieten wir ihnen mehr, als alle anderen Bundesländer können. Sie wissen, dass es Bundesländer um uns herum gibt, die keinen Ganztagsbetreuungsplatz anbieten können. Sie wissen, dass es Bundesländer gibt, denen fällt es schwer überhaupt ab drei Jahre einen Betreuungsanspruch zu realisieren. Insofern ist das auch nicht redlich zu sagen, wir könnten das ja auch für Bayern, für Hessen und für Sachsen und für alle um uns herum mitfinanzieren, wenn wir mit dem Rechtsanspruch auf zwei Jahre heruntergehen, in Bayern, Sachsen und Hessen der Rechtsanspruch

aber erst ab drei Jahre besteht.

Was glauben Sie, was da für ein Druck in diesen Grenzregionen entsteht. Ich möchte, dass in den Grenzregionen zu anderen Bundesländern eine ganz andere Diskussion aufkommt, dass die Kolleginnen und Kollegen in Hessen, in Bayern, in Sachsen und in allen anderen Bundesländern leidenschaftlich mit ihren Politikern darüber diskutieren, wie sie denn eigentlich mit dem Rechtsanspruch umgehen. Wann sie denn bereit sind, vielleicht den Rechtsanspruch auf zwei Jahre abzusenken, was wir uns wohlgemerkt nur in Thüringen als einziges Bundesland der Bundesrepublik Deutschland leisten. Insofern beobachten wir schon sehr genau, was in anderen Bundesländern geschieht, beobachten wir auch sehr genau, was auch im Bund geschieht. Wir sagen, wir sind mit dem Rezept, was wir anbieten, wo wir sagen, ab zwei Jahre einen Rechtsanspruch für Kinder, tatsächlich an dieser Stelle weit vorn, gerade mit Angeboten für allein Erziehende, für allein Erziehende, die sagen, für mich ist die Berufstätigkeit nur dann gegeben, wenn ich einen Ganztagsbetreuungsplatz habe. Genau das ist es ja eigentlich, wo der Bund mal irgendwann in ferner Zukunft hin will.

Herr Matschie, Sie haben ja das hier ein Stückchen versucht, zu beschreiben. Aber der Bund gibt eben noch nicht die verlässliche Antwort darauf, was nach dem Bundeselterngeld dann passiert. Was macht man denn nach dem einen Jahr? Nach dem einen Jahr muss es doch quasi dann ausreichend Betreuungsplätze geben. Da gebe ich Ihnen doch an dieser Stelle durchaus Recht, aber wir sind doch in Thüringen die Einzigen, die sich diesem Ziel nähern, wenn wir sagen, wir wollen den Rechtsanspruch ab zwei Jahre einführen, ist das vielleicht noch nicht ab einem Jahr. Aber wir sind doch die Einzigen, die da nah dran sind. Weder Ihre Kollegen in SPD-regierten Bundesländern noch die SPD-Bundesregierung hat da auch nur einen Handschlag in diese Richtung gemacht. Insofern muss man doch ein Stückchen mit beiden Füßen hier auch auf dem Boden der Tatsachen bleiben, so ein Stückchen auch anerkennen, wenn man ohne Scheuklappen die Betreuungssysteme in Deutschland analysiert, dass wir in Thüringen ein vorbildliches System haben. Das wird uns von außen Stehenden bestätigt, das lassen wir uns von Ihnen hier im Thüringer Landtag auch nicht schlechtreden. Wir haben mit den zwei Instrumenten, die wesentliche Bestandteile der Familienoffensive sind, mit der Absenkung des Rechtsanspruchs auf zwei Jahre und mit dem einkommensunabhängigen Landeserziehungsgeld von 150 € - aber als Wahloption, ob Betreuungsplatz oder häusliche Betreuung - sicherlich einen anderen Weg beschritten, als ihn andere Bundesländer gehen. Wir haben aber auch, und das hatte ich Ihnen erklärt, durchaus ein anderes familienpolitisches Verständnis. In den letzten Monaten

haben wir die Eltern- und Trägerproteste ernst genommen und wir haben dabei aber auch erklärt, warum wir einen Systemwechsel wollen, warum wir an diesen zwei Punkten auch festhalten, warum wir die Ausweitung des Rechtsanspruchs auch damit kombinieren, dass wir sagen, wie soll mit dem Landeserziehungsgeld verfahren werden. Die CDU-Fraktion, das habe ich eingangs gesagt, will das Umsteuern jetzt. Wir stehen aber auch für den Erhalt und den Ausbau des Thüringer Betreuungssystems. Wir werden weiterhin Familien und Kinder unterstützen und wir werden mit dem Familienfördergesetz, was wir Ihnen heute vorgelegt haben und was wir heute hoffentlich auch verabschieden werden, den richtigen Weg an dieser Stelle beschreiten.

Jetzt will ich Ihnen ganz zum Schluss etwas sagen, was mich schon in den letzten paar Wochen und Tagen auch sehr geärgert hat: Es gibt da so Vertreterinnen, insbesondere von der Linkspartei in den Kreisverbänden, die fordern uns als CDU-Abgeordnete auf, zur Abstimmung den Saal zu verlassen, gestern erst von einer Referentin der PDS-Fraktion, glaube ich, im Erfurter Stadtrat wieder, da muss ich Ihnen schon sagen, Sie haben ein merkwürdiges parlamentarisches Verständnis.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Wir sitzen hier als gewählte Abgeordnete im Thüringer Landtag, um über Gesetze zu entscheiden, Gesetzen zuzustimmen, Gesetze abzulehnen, uns der Stimme zu enthalten. Den Saal zur Abstimmung zu verlassen, mag den Gepflogenheiten der einen oder anderen Fraktion entsprechen, unserer Fraktion mitnichten.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Ein halber Parteitag verließ den Saal.)

(Heiterkeit bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Bausewein, SPD: Bei- spiele!)

Ja, Herr Matschie, wer die eine oder andere SPDParteitagsveranstaltung im Hinterkopf hat, sollte da ganz vorsichtig sein. Ich habe ja darauf gewartet, dass Sie dieses Thema einmal ansprechen. Wir haben bei dem, was wir bei unserem Parteitag tun, was wir inhaltlich diskutieren, worüber wir uns auch auseinander setzen, auch in den Medien auseinander setzen, durchaus ja das Bewusstsein, dass wir diese Diskussion aushalten und diese Diskussion tragen können. Ich kann mich entsinnen, in Ihrer Partei geht man da ganz anders mit solchen Themen um. Insofern sind Sie, glaube ich, der ganz falsche Ratgeber an dieser Stelle, was Sie uns erklären können.

(Unruhe bei der SPD)