Protocol of the Session on June 9, 2009

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sondersitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne.

Ich begrüße unsere Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, die heutige Sitzung wurde gemäß Artikel 57 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen in Verbindung mit § 19 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags auf Antrag der Fraktion der SPD einberufen. Die entsprechende Unterrichtung liegt Ihnen in Drucksache 4/5217 vor.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen die Abgeordnete Wackernagel und die Rednerliste führt der Abgeordnete Eckardt in Zukunft, jetzt wird er noch durch Herrn Baumann vertreten.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt Herr Minister Scherer, Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen, Frau Abgeordnete Berninger, Herr Abgeordneter Nothnagel und Herr Abgeordneter Fiedler.

Ich möchte Ihnen folgende Hinweise zur Tagesordnung geben: Zu dem Tagesordnungspunkt der heutigen Sondersitzung wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/5301 verteilt.

Die Landesregierung hat angekündigt, zu dem Tagesordnungspunkt von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen.

Auf die Tagesordnung wurde nach § 19 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung der von der SPD-Fraktion angegebene Beratungsgegenstand gesetzt. Wird die Aufnahme weiterer Beratungsgegenstände beantragt? Bitte, Abgeordneter Höhn.

Frau Präsidentin, die Fraktion der SPD beantragt zur Aufnahme in die Tagesordnung der heutigen Beratung folgenden Punkt: Einen Gesetzentwurf der Landesregierung, „Thüringer Gesetz zur Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistung zur Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe (Thüringer Unternehmensfördergesetz)“ in erster Beratung. Ich

beantrage gleichzeitig die Fristverkürzung zu diesem Antrag.

Die SPD-Fraktion hat beantragt, noch einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt heute zu behandeln. Es geht um das Gesetz zur Thüringer Unternehmensförderung - ich verkürze es jetzt mal, da ich so schnell nicht mitschreiben konnte. Die Fristverkürzung ist beantragt worden. Widerspricht jemand der Fristverkürzung? Bitte, die CDU-Fraktion widerspricht. Dann brauchen wir zwei Drittel der Stimmen des Landtags, um diesen Tagesordnungspunkt heute zu behandeln. Wer ist für die Aufnahme der Behandlung dieses Gesetzes in der heutigen Sitzung, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Aufnahme des Thüringer Gesetzes? Danke. Wer enthält sich der Stimme? 2 Stimmenthaltungen. Bei 2 Stimmenthaltungen ist mit großer Mehrheit die Aufnahme dieses Tagesordnungspunkts abgelehnt worden.

Damit rufe ich auf den Tagesordnungspunkt

Auswirkung drohender Steuer- ausfälle auf Thüringen: Aktuel- ler Bericht zur Mai-Steuerschät- zung und Vorlage eines Nach- tragshaushaltes Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/5216 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/5301 -

Ich erteile dem Abgeordneten Höhn das Wort zur Begründung des Antrags.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, wir befassen uns heute auf Antrag meiner Fraktion mit der finanziellen Situation des Freistaats Thüringen angesichts einer grassierenden Wirtschaftskrise und angesichts prognostizierter Steuerausfälle für den Freistaat mit insgesamt momentan etwa 450 Mio. € Mindereinnahmen. Wer die Dynamik dieser Krise einigermaßen beurteilen will, der kommt zu dem Schluss, dass es mit diesen 450 Mio. € bei weitem noch kein Ende sein kann an Mindereinnahmen.

Ich will an dieser Stelle, verehrte Kollegen und Kolleginnen, darauf verweisen, dass es in den vergangenen Jahren in der Geschichte dieses Hauses durchaus schon Sachverhalte und Nachtragshaushalte gegeben hat mit einem weit geringeren Umfang als die

se fast eine halbe Milliarde umfassende Mindereinnahme, die jetzt hier in Rede steht. Ich darf darauf verweisen - ich habe mal in der Historie etwas gegraben -, zu Beginn des Jahres 2002 hat der Thüringer Landtag einen Nachtragshaushalt in Höhe von 18 Mio. € aufgrund des damalig sogenannten Sicherheitspakets verabschiedet und das binnen eines Monats. So viel vielleicht zu den Argumenten einer verzögerten Zeitschiene. Dieses Argument allerdings hat die CDU-Fraktion mit der Verfahrensweise, dass sie unseren Antrag auf Beratung ihres eigenen Gesetzes zur Unternehmensförderung heute hier nicht beraten will, selbst ad absurdum geführt. Über einen Umfang von fast einer halben Milliarde, Frau Finanzministerin, wollen Sie die Verwaltung entscheiden lassen. Wir, der Landtag, sind der Haushaltsgesetzgeber und wir, zumindest die Fraktion der SPD, legen Wert auf Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Das darf ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen.

(Beifall SPD)

Noch ein Punkt, der unser Anliegen, unseren Antrag auf diese Sondersitzung verdeutlicht, und diesen Grund hat die Landesregierung selbst gelegt: Sie haben in der letzten Woche geradezu im Handstreichverfahren den Bürgschaftsrahmen des Freistaats Thüringen von 200 auf 400 Mio. € verdoppelt, obwohl der bislang nur zu einem Drittel nach eigener Aussage, Frau Finanzministerin, belegt ist, obwohl unser Antrag auf Erweiterung dieses Bürgschaftsrahmens, um auch Thüringer Unternehmen in schweren Zeiten helfen zu können, vor Wochen abgelehnt wurde mit der Begründung, dass der Rahmen ausreicht. Dass ein solches Anliegen einer gesetzlichen Grundlage bedarf, Frau Ministerin, das bestreiten ja noch nicht einmal Sie bzw. die Landesregierung. Dass Sie uns ein Gesetz vorlegen, eine Parallelermächtigung zum Geldausgeben neben dem Haushaltsgesetz - auf die verfassungsrechtliche Problematik will ich an dieser Stelle nur kurz verweisen, aber die steht hier natürlich auch zur Debatte -, ich finde, das ist ein Unding und das ist noch ein Grund, der die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts begründet.

Meine Damen und Herren, alle Karten auf den Tisch ohne Wahlkampfgeschummel, ohne Tricks. Lassen Sie uns im Interesse des Freistaats Thüringen hier die Beratung durchführen und, wie ich hoffe, zu einem guten Ergebnis kommen. Vielen Dank.

Wünscht die Fraktion DIE LINKE das Wort zur Begründung zu ihrem Entschließungsantrag? Das ist offensichtlich nicht der Fall. Die Landesregierung erstattet Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags der

Fraktion der SPD. Für die Landesregierung erteile ich das Wort Frau Ministerin Diezel.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die SPD-Fraktion beantragt eine Plenarsitzung zu den Ergebnissen der MaiSteuerschätzung und den Auswirkungen auf Thüringen. Einen schriftlichen Bericht zu den Ergebnissen der Steuerschätzung bundesweit als auch in Thüringen inklusive seiner Gemeinden habe ich, wie seit Jahren üblich, den Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses bereits am 20. Mai zugeleitet. Eine unverzügliche Information, wie im Antrag gefordert, wurde damit zweifelsfrei erfüllt. Es bedurfte spezieller Aufforderung nicht, es ist Übung über die Jahre hinweg.

(Beifall CDU)

Dennoch trage ich die Ergebnisse dem Hohen Haus nochmals gern vor. Die Mai-Steuerschätzung ergab für den Bund, die Länder und die Gemeinden die hinreichend publizierten Steuermindereinnahmen für 2009 in Höhe von 45 Mrd. € und für 2010 in Höhe von 85 Mrd. €. Diese Beträge beziehen sich auf die Ergebnisse der vorangegangenen Steuerschätzungen von November 2008 und Mai 2008.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, diese Einnahmeausfälle sind in ihrer Dimension ohne Frage extrem hoch, sie sind - und das möchte ich an dieser Stelle sagen und noch einmal betonen - aber eine Steuerschätzung. Alle nachfolgenden Ausführungen beruhen auf den Modellrechnungen des Steuerschätzungskreises. Niemand weiß, ob sie in der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise zu belastbaren Ergebnissen führen.

Die Situation ist historisch gesehen einmalig. Zum einen wird infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise von einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts im laufenden Jahr 2009 um 6 Prozent ausgegangen. 2010 soll die Wirtschaft nur mäßig, nämlich um 0,5 Prozent, wieder anwachsen. Mit dieser Wachstumsprognose liegt die Bundesregierung entgegen mancher Jahre vorher an dem unteren Rand der aktuellen Vorhersagen, auch der der Europäischen Union und vieler Wirtschaftsforschungsinstitute. Auf der anderen Seite waren die in dieser Schätzung noch nie dagewesenen Steuerrechtsänderungen zu berücksichtigen. Circa ein Drittel der prognostizierten Steuerausfälle gehen zulasten dieser Steuerrechtsänderungen. Das heißt aber auch, dass dieses Drittel den Steuerpflichtigen zugute kommt und damit positive Impulse für die Binnennachfrage schaffen kann. Beispielhaft seien hier die Wirkungen der beiden Konjunkturpakete genannt; ich nenne nur die Erhöhung des

Kindergeldes, den Familienleistungsausgleich, die Krankenversicherungsbeiträge, die angerechnet werden können, und auch die Pendlerpauschale. Diese konjunkturbelebenden Effekte von Steuersenkungen werden auch in Zukunft in den Mittelpunkt finanzpolitischer Entscheidungen gestellt werden müssen.

Die mangelnde Erfahrung mit wirtschaftlichen Krisen dieser Art und auch die Einschätzung der weitreichenden Wirkungen der Steuerrechtsänderungen stellten den Steuerschätzungskreis vor enorme Herausforderungen. Es gibt keine vergleichbaren Daten aus der Vergangenheit, daher kann niemand einschätzen, ob die zugrunde liegenden Rechenmodelle in der aktuellen Situation taugen, ob sie zu optimistisch oder zu pessimistisch sind. Auch weiß niemand, wie sich die Wirtschaftslage im III. und IV. Quartal 2009 entwickeln wird, geschweige denn im Jahr 2010.

Es wird alles davon abhängen, wie die Finanzmärkte Tritt fassen, wie die Konjunkturprogramme greifen und das Vertrauen von Banken, Wirtschaft und Konsumenten wieder hergestellt wird. Ich erinnere an eine Veröffentlichung heute im „Handelsblatt“, aus der hervorgeht, dass der BDI die Rettungsschirme für ausreichend hält, dass dem Krisenmanagement der Bundesregierung gute Noten zugeteilt werden und dass man vor allen Dingen als Indikator die Stahlproduktion sieht, und diese steigt wieder an. Wenn wir auf die Börsenmärkte vor allen Dingen im asiatischen Bereich, aber auch teilweise in Europa schauen, zeigen einzelne deutliche Indikatoren nach oben. Aber das zeigt auch, dass die aktuellen Prognosen der Steuereinnahmen mit hoher Unsicherheit behaftet sind; Aussagen zum Jahr 2011 gehen fast in die Spekulation.

Nun zu den Auswirkungen aus der aktuellen Steuerschätzung auf Thüringen: Nach dem regionalisierten Ergebnis der Steuerschätzung werden wir im laufenden Haushaltsjahr mit 7,099 Mrd. € auf dem Einnahmeniveau zwischen 2006 und 2007 liegen - und nicht 1930. Daraus ergeben sich voraussichtlich Mindereinnahmen in Höhe von 450 Mio. € im Vergleich zum Haushaltsansatz 2009. Der aktuelle Haushaltsansatz beruht auf den Prognosen der Mai-Steuerschätzung 2007. Darin wurden seinerzeit zusätzlich die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform ab dem Jahr 2008 von uns in Thüringen mit berücksichtigt. Der Bund hatte das in seiner Steuerschätzung nicht getan. Das heißt, dass sich das hohe Wirtschaftswachstum im Jahr 2007 und 2008 eben nicht in den Ansätzen der Einnahmen des aktuellen Landeshaushalts abbildet.

Die geschätzten Steuermindereinnahmen in Höhe von 450 Mio. € setzen sich zusammen, meine sehr verehrten Damen und Herren, aus einem Rückgang

der Steuereinnahmen im Umfang von 346 Mio. €, Einbußen beim Länderfinanzausgleich in Höhe von 80 Mio. € und Verlusten bei den Fehlbetragsbundesergänzungszuweisungen in Höhe von 24 Mio. €. Die reinen Steuerausfälle stammen fast vollständig aus dem konjunkturbedingten Rückgang der Umsatzsteuereinnahmen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet wird sich die Wirtschaftskrise insbesondere bei den Gewinnsteuern niederschlagen. Rückgänge beim Aufkommen der Körperschafts-, Gewerbe- und Einkommensteuer sind zu erwarten. Die Ausweitung der Kurzarbeit, aber auch das Ansteigen der Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen Mindereinnahmen oder auch Steuerrechtsänderungen werden Auswirkungen auf die Lohnsteuereinnahmen haben. Auch das Verteilungsvolumen innerhalb des Finanzausgleichssystems wird durch die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie durch die Rechtsänderungen verringert. Der Rückgang des bundesweiten Transfervolumens beträgt bezogen auf das Jahr 2008 10 Prozent in 2009 sogar 15 Prozent in 2010. Folglich sinken die Thüringer Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und Fehlbetragsbundesergänzungszuweisungen ebenfalls deutlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einnahmeausfälle sind sehr hoch, gar keine Frage, aber ich halte sie für beherrschbar. Die Haushaltsführung des Jahres 2007 und 2008 hat die Bildung einer Rücklage in Höhe von insgesamt 321 Mio. € ermöglicht. Diese steht uns nun in diesen Krisenzeiten zur Verfügung. Wenn es nach Ihren Anträgen gegangen wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, hätten wir diese Rücklage schon lange nicht mehr. Zusätzlich konnten wir Mehreinnahmen von der EU verbuchen, die einen weiteren Vorschuss auf die laufende Förderperiode gezahlt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte zwei Punkte für die weitere Diskussion festhalten:

Der aktuelle Haushalt 2009 ist das zweite Jahr des Doppelhaushalts 2008 und 2009. Dieser Doppelhaushalt basiert - ich habe es eben noch einmal gesagt - auf der Mai-Steuerschätzung 2007. Damals konnte man den Konjunkturaufschwung und die Steuermehreinnahmen der Jahre 2007 und 2008 noch nicht in der Höhe erahnen und auch schätzen, deshalb bilden die aktuellen Haushaltsansätze bei den Einnahmen auch nicht diese Boomphase ab. Schließlich sind deshalb die Auswirkungen der konjunkturellen Krise im Vergleich zu den Haushaltsansätzen auch nicht so hoch wie vergleichbar in anderen Ländern, die die Steuerschätzung des Jahres 2008 zur Grundlage genommen haben. Die Situation wäre weit schwieriger, wenn wir in den vergangenen Jahren nach der Mai-Steuerschätzung den Haushalt aufgestellt hätten. Deshalb sage ich, die Situation ist ernst, aber sie ist beherrschbar.

In der aktuellen Steuerschätzung wurden alle bis dahin umgesetzten Rechtsänderungen in ihren finanziellen Konsequenzen berücksichtigt. Dies gilt insbesondere für die beiden Konjunkturprogramme. Zu Jahresbeginn hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass wir diese Rechtsänderung, z.B. die Pendlerpauschale, durch diese Einnahmeausfälle haben werden. Diese sind jetzt in den Ergebnissen der MaiSteuerschätzung enthalten. Sie dürfen nicht als zusätzliches oder weiteres Risiko dargestellt werden.

Wie gehen wir nun mit dieser finanziellen Situation um? Ich habe bereits mehrfach betont, dass ich eine Haushaltssperre ablehne. Die Wirkung einer Sperre würde uns in der aktuellen konjunkturellen Schwächephase mehr schaden als nützen. Mit den Konjunkturprogrammen erwarten wir eine Steigerung der Nachfrage und die würden wir mit einer Sperre von Investitionsansätzen hier im Thüringer Haushalt konterkarieren. Die Investitionen genießen in diesen Jahren Priorität. Es wäre also widersinnig, Ausgaben für Wirtschaftsförderung in den Zeiten von Konjunktur- und Strukturkrise einzuschränken.

Die SPD-Fraktion wird nicht müde mit ihrer Forderung nach einem Nachtragshaushalt. Herr Höhn, Sie haben das noch einmal dargestellt. Lassen Sie mich nur ausführen, man kann die 19 oder 18 Mio. € Sicherheitspaket nicht vergleichen mit der derzeitigen Situation, denn da war keine Ausgabeermächtigung gegeben für eine zusätzliche Ausgabe, hier geht es um Mindereinnahmen. Man muss das immer haushaltsrechtlich sehr genau trennen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Ja, die Wirkung ist aber die gleiche.)

Aber es gibt haushaltsrechtlich sehr wohl Unterschiede. Das wissen Sie, Sie waren jahrelang im Haushaltsausschuss, oder haben Sie es vielleicht schon wieder vergessen? Die SPD wird nicht müde in der Forderung nach einem Nachtragshaushalt.

(Zwischenruf Abg. Taubert, SPD: Das ist ja auch sinnvoll.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines Nachtragshaushalts bedarf es nicht.

(Beifall CDU)

Ich sage es noch einmal deutlich: Eines Nachtragshaushalts bedarf es nicht, wenn wir Mindereinnahmen haben und diese mit der Ausgabenseite beherrschbar sind. Eines Nachtragshaushalts bedarf es nur, wenn sich Ausgabe- und Kreditermächtigung erhöhen, wenn wir also eine zusätzliche Ausgabeermächtigung brauchen und eine zusätzliche Kreditermächtigung benötigen, um die Einnahmen abzude

cken. Auf Bundesebene verlangt die Konjunkturkrise Mehrausgaben, z.B. in Form von Zuschüssen an die sozialen Sicherungssysteme. Auch hier gibt es diesen Unterschied. Deshalb plant der Bund auch einen zweiten Nachtragshaushalt für das Jahr 2009 mit einer Erhöhung von Ausgabeermächtigungen und einer weiteren Nettoneuverschuldung. Auf Landesebene wirken sich Konjunkturkrisen primär bei Mindereinnahmen aus. Durch die Konjunkturprogramme sind zusätzliche Ausgaben erforderlich. Wir bekommen Mittel vom Bund. Es ist immer so, dass wir Drittmittel, Mittel vom Bund, ohne Nachtragshaushalt weiterreichen. Wir bedürfen dazu keiner zusätzlichen Kreditermächtigung. Wir haben die Rücklage und wir können in der Höhe über APL und ÜPL das Konjunkturpaket finanzieren. Diese müssen natürlich die Kriterien des § 37 der Thüringer Landeshaushaltsordnung und des § 7 des Thüringer Haushaltsgesetzes erfüllen. Das heißt, diese Ausgaben werden außerplanmäßig bewilligt. Es war richtig, gerade um das Konjunkturpaket in Gang zu setzen, nicht auf große Nachtragshaushaltsverhandlungen und -beratungen zu warten, sondern so schnell wie möglich das Geld für die Kommunen und die Investitionen zur Verfügung zu stellen.

(Beifall CDU)

Die genannten Mehrausgaben, aber auch die möglichen Mindereinnahmen infolge der Prognosen der Steuerschätzung können aus der Rücklage von 321 Mio. €, den Mehreinnahmen der EU, und, wenn notwendig, aus der vorhandenen Kreditermächtigung nach Haushaltsgesetz finanziert werden. Thüringen ist in dieser Krise haushaltsmäßig gut aufgestellt. Der Blick in andere Länder zeigt eines: Es wurden nur dann Nachtragshaushalte für das laufende Jahr gemacht, wenn die Kofinanzierung nicht anders als durch Kreditermächtigung erreicht werden konnte. Im Ergebnis haben acht Länder Nachtragshaushalte benötigt und die anderen acht Länder eben nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht die Zeit für Schwarzmalerei. Es mehren sich die Indikatoren - ich habe es genannt mit meinem Zitat aus dem Handelsblatt von heute - für eine leichte Tendenz der Erholung der deutschen Wirtschaft. Der ifo-Geschäftsklimaindex - das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer - kletterte im Mai auf den höchsten Stand seit 2008. Dies deutet zumindest auf eine Beruhigung der Situation hin, wenn auch der große Aufschwung noch nicht in Sicht ist.

Nur eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, brauchen wir im Augenblick nicht, eine weitere Verunsicherung der Unternehmen, der Konsumenten, der Arbeitnehmer und ihrer Familien im Land.

(Zwischenruf Abg. Huster, DIE LINKE: Das machen die Banken doch schon selber.)