Protocol of the Session on May 8, 2009

(Beifall CDU)

Wer hier Gewalt anwendet, der gehört mit der vollen Härte des Staates bestraft. Deswegen finde ich es vollkommen richtig, dass hier so ein Polizeieinsatz, so minutiös und so gut abgestimmt durchgeführt wurde. Aber dieser Polizeieinsatz kostet natürlich den Steuerzahler wieder mindestens 1 Mio. €. Was könnte man alles mit 1 Mio. € unternehmen? Was könnte man dort alles damit machen? Es wird alles billigend in Kauf genommen. Ich muss Ihnen sagen, man findet eigentlich kaum noch Worte dafür.

Meine Damen und Herren, ich denke mal, gerade jetzt in dieser Zeit, wo natürlich auch schwierige wirtschaftliche Bedingungen sind, haben wir alles zu unternehmen, dass nicht unter den Deckmäntelchen von radikalen - ob die linksradikal oder rechtsradikal sind, wer Gewalt anwendet, muss mit aller Härte angepackt werden. Ich kann den Innenminister nur ermuntern und die Polizeiführer, dass hier die Politik hinter ihnen steht, dass wir sie unterstützen. Da sollte man alle Möglichkeiten nutzen. Es ging so weit, dass man versucht hat, den Hubschrauber mit entsprechenden Wurfgeschossen etc. pp. zu beschießen. Wo sind wir eigentlich hingekommen, dass man in so einem Lande so etwas hier live erleben muss und so etwas passiert?

Meine Damen und Herren, ich bin eigentlich vollkommen konsterniert, dass so etwas - das hätte ich mir nicht vorstellen können - 20 Jahre nach der deutschen Einheit auch Raum greift und dass man so umgeht, dass Polizisten nicht nur bedroht werden, dass ihnen die Fahrzeuge angezündet werden und, und, und. Das sind Mordanschläge, das ist nichts anderes als Mordanschläge, die hier geplant sind. So etwas, wenn ich das Grinsen von dem Stasi-Spitzel da hinten sehe, da wird mir gleich die Galle überlaufen. Ich muss in eine andere Richtung schauen, damit ich nicht da hinüber schaue.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen nur sagen, ich war selber nicht vor Ort, aber ich weiß, dass andere sich das angeschaut haben. Jedenfalls kann ich nur unserem Land, unserem Freistaat Thüringen wünschen, dass das - gerade auch ausgehend von dieser sogenannten Hausbesetzerszene und diesen Gewaltbereiten -, was sich in Erfurt ausgebreitet hat, nicht nach Jena, nach Weimar, nach Eise

nach und in andere Städte getragen wird. Wissen Sie, wie viel ehrenamtliche oder hauptamtliche Feuerwehrleute dort raus mussten? Wissen Sie, wie viele Polizisten von ihren Familien weg mussten, weil sie überall präsent sein mussten? Wissen Sie, wie viele Überstunden dort wieder angefallen sind, wo wir uns dann streiten müssen, wie wir sie abbauen usw. usf.? Es ist skandalös. Und dann stellen sich drei Linksabgeordnete noch duldsam dorthin. Ich will Ihnen nicht ersparen, was dann für Fragen kommen. Das ist eine Vorlage.

Da kommen dann solche Fragen:

1. Wie viele Beamte aus welchen Bundesländern bzw. der Bundespolizei waren im Einsatz? Welche Spezialeinheiten wurden eingesetzt?

2. Welche polizeilichen Maßnahmen wurden insgesamt durchgeführt, welche Zwangsmittel gegen Besetzer - man muss zuhören -, Unterstützer und Dritte wurden angewendet, welche technischen Hilfsmittel kamen zum Einsatz?

3. Wie viele Personen wurden wo, wann und aus welchen Gründen in Gewahrsam genommen bzw. vorläufig festgenommen?

Und so weiter.

5. Welche polizeilichen Maßnahmen wurden bei den In-Gewahrsam-Genommenen durchgeführt?

6. Wurden festgesetzte Personen durch die Polizeibeamten umfangreich über ihre Rechte informiert?

7. Gab es während oder nach den Polizeieinsätzen Verletzte? - Das kann ich verstehen.

8. Gab es im Zusammenhang mit den Polizeieinsätzen ärztliche Behandlungen, welche und warum?

9. Warum wurde einigen Bundestags- und Landtagsabgeordneten verwehrt, den Polizeieinsatz ohne Störungen oder Gefährdungen zu verfolgen? - Demnächst gibt es noch eine Extrahundertschaft für Hahnemann und Co, dass die sich das in Ruhe anschauen können. Aber ich hoffe, dass das nicht passiert, Herr Innenminister.

10. Wie lange befanden sich die Personen in Gewahrsam? Wie lange dauerte der Aufenthalt in Transportfahrzeugen der Polizei bzw. in den Sammelstellen oder Polizeieinrichtungen?

11. Wie konnten sie telefonieren etc.

Ich könnte das alles vortragen.

Dann haben wir gehört, ich sage Ihnen nur ein Beispiel, weil es natürlich viele waren, dass ein klimatisierter Bus im Einsatz war, dass die Festgenommenen dort entsprechend auch erkennungsdienstlich behandelt werden konnten. Ja, ein klimatisierter Bus, damit man nicht etwa noch die Menschenrechte hier verletzt. Da wurde gefragt - es wurde nicht zuerst gefragt „Wann hat denn die Polizei etwas zu essen oder zu trinken bekommen?“, es wurde erst einmal gefragt „Wann haben denn die was zu trinken bekommen?“. Übrigens, ich glaube, nach fünf Stunden haben sie ihr Trinken bekommen. Die Polizei hat noch später ihr Trinken bekommen.

Ich will damit nur deutlich machen, meine Damen und Herren, wes Geistes Kind der eine oder andere dort ist. Wir jedenfalls verurteilen das, was hier passiert ist, auf das Schärfste. Wir verurteilen auch, dass das hier von einigen, ich will ja nicht alle in Haftung nehmen, aber von einigen wohl mehr oder weniger geduldet wird und ich sehe da oben schon einige sitzen. Ich hoffe, dass es nicht zu irgendwelchen Sachen kommt. Lernt die Jugend daraus, dass so etwas nicht passieren sollte und darf. Wir sollten mit all unseren Möglichkeiten dagegenhalten.

(Beifall CDU)

Das Wort hat Abgeordneter Dr. Hahnemann, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Fiedler, ich stimme Ihnen in einem Halbsatz zu - das kostet mich ja auch einige Überwindung - und dieser Halbsatz ist der: Wo sind wir hingekommen?

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Das fragen wir auch.)

Wohin wir gekommen sind und wohin diese Art und Weise des Herangehens an solche wichtigen Gegenstände führt, haben Sie uns am Ende Ihres Beitrags demonstriert. Dort oben sitzen so etwa anderthalb Hände junger Leute, die sehen nicht so aus wie Sie, die sehen nicht so aus, wie Sie sich Ihre Kinder vielleicht wünschen - und schon antizipieren Sie die Anschläge von der Besuchertribüne auf die gewählten Abgeordneten.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Verwirrt.)

Genau das, Herr Fiedler, genau das ist gewollt.

(Unruhe CDU)

Genau das ist der Zweck dieses Tagesordnungspunkts und er hat übrigens noch einen anderen Zweck.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie sind der Oberdemagoge, den ich je erlebt habe.)

Herr Abgeordneter Fiedler, bei allem Verständnis für Emotionen - einen kleinen Moment, Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann - bitte ich Sie, sich zurückzunehmen. Oberdemagoge ist kein Ausspruch für dieses Hohe Haus. Ich weiß, dass bei diesem Thema die Emotionen hochschlagen, aber ich bitte Sie im Interesse unserer Sitzung und auch der Besucher, sich trotz dieses Themas, wo jeder für sich Emotionen mit sich trägt, das geht auch der amtierenden Präsidentin so, bitte so zu verhalten, dass wir in der Diskussion ordentlich miteinander zurechtkommen.

Ja, Herr Fiedler, diesen Zweck des Tagesordnungspunkts, mich ganz persönlich zu diffamieren, den lasse ich beiseite, der interessiert mich dabei nicht so sehr. Ein anderer Punkt interessiert mich viel mehr. Das ist nämlich der des leidigen Versuchs, die Fraktion der LINKEN und ihre Partei nach dem, was wir in den letzten zwei Tagen im Wahlkampfmaße erlebt haben, zu diffamieren, obwohl Sie wissen, dass die Partei der LINKEN nun nicht die Partei der Hausbesetzer und der Gewaltbefürworter ist. Es ist hinlänglich lange genug bekannt und es ist hinlänglich oft genug gesagt worden, dass DIE LINKE sich prinzipiell gegen Gewalt ausspricht und gegen Gewalt wendet.

(Beifall DIE LINKE)

(Unruhe CDU)

In den Augen der LINKEN, meine Damen und Herren, ob Ihnen das in das Diffamierungskonzept passt oder nicht, ist Gewalt kein Mittel zur Lösung von Konflikten. Es ist kein Instrument zur Durchsetzung von Interessen, es ist kein Instrument, um Politik damit zu machen - weder im Inneren noch nach außen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Glauben Sie das selber, was Sie da erzählen?)

Also, die wenigsten Dinge, die ich hier vorn äußere, fußen bei mir auf Glauben, das möchten Sie mir bitte nachsehen.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, das besetzte Haus ist geräumt, die Probleme sind geblieben. Das Gelände ist planiert, die Probleme sind geblieben. Das Lustige - eigentlich ist es lustig - an der ganzen Geschichte ist, wir, und darauf weise ich insbesondere Herrn Gentzel hin, wir waren es gar nicht, die den Polizeieinsatz kritisiert haben mit Ausnahme des einen Punktes, dass uns verwehrt wurde, zu sehen, wie er abläuft. Aber zu sehen wie er abläuft, nicht etwa, wie Herr Fiedler gesagt hat, dass wir uns dort eingefunden hätten, um den Polizeieinsatz zu behindern oder den, wie er sich auszudrücken pflegt, den Mob zu unterstützen. Herr Fiedler, es bedarf eigentlich keines Kommentars, aber wie Sie über diese Menschen reden, das ist auch ein Resultat - da richte ich meine Worte vorwiegend an den Innenminister - Ihrer Art und Weise, über diesen Sachverhalt zu berichten. Neben der Kritik, die wir am Polizeieinsatz geäußert haben, haben wir noch eine zweite Kritik geäußert. Bei der bleibe ich.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Sag doch mal konkret, was Ihr an dem Poli- zeieinsatz kritisiert, damit man damit umgehen kann.)

(Unruhe CDU)

Sie glauben doch nicht etwa, dass ich mich auffordern lasse, irgendetwas zu sagen, wenn mir hier einer zuruft: Sag mal, was Du willst, Junge. Entschuldigung, das ist ja nicht mal bei mir das Niveau dieses Hauses.

Wir haben am Polizeieinsatz zweierlei Dinge kritisiert. Das Erste war, dass wir nicht sehen durften, wie diese Räumungsmaßnahme abläuft. Das Zweite bezog sich überhaupt nicht auf den Polizeieinsatz. Wir haben gesagt, die Politik hat versagt. Polizeibeamte müssen mit einem Einsatz ausbaden, was Politik nicht zu leisten in der Lage war. Das haben wir gesagt.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Abenteuerlich!)

Herr Gentzel, wenn Sie partout mit dem Kopf schütteln wollen, es war der Juso-Vorsitzende, der von einem ramboartigen Polizeieinsatz gesprochen hat, nicht wir.

Meine Damen und Herren, Sie begehen bei der Beurteilung des Sachverhaltes, über den wir heute reden, einen zweiten generellen Fehler. Diese Hausbesetzung hat eine Vorgeschichte. Die besteht nicht

nur aus Topf & Söhne. Die besteht nicht nur aus der Komponente, dass sich Menschen dort niedergelassen haben auf einem Grundstück, das zunächst erst mal keiner wollte, auf einem Grundstück, das eine Geschichte hatte. Sie haben sich dieser Geschichte gewidmet. Sie haben dort teilweise die Aufgaben der Politik erfüllt. Sie wurden von der Politik viele Jahre geduldet und sie haben dort nicht etwa gehaust wie die Vandalen, die haben ihr Wasser und ihren Strom bezahlt - sechs Jahre im Übrigen unter der CDU-Bürgermeisterschaft von Herrn Ruge. Als dann die neue Stadtregierung kam, wurden Verhandlungen durchgeführt, die führten zu keinem Ergebnis, dann kam der Eigentümerwechsel. Dann war das Ganze plötzlich eine Sache der Klärung privater Rechtsverhältnisse. Aber zunächst erst einmal hat die Politik doch geduldet, was dort gelaufen ist. Topf & Söhne, das heißt, die Filme, die dort gedreht worden sind, die Veranstaltungen, die dort gemacht worden sind, war doch verdienstlich, was die jungen Menschen dort gemacht haben. Der Gedenkort, den sie im Grunde genommen mit der Stadt zusammen dem neuen Investor abgerungen haben - zwei Etagen plus eine Planstelle - das ist doch ihr Verdienst. Das ist aber nicht das Einzige. Topf & Söhne ist doch nicht die einzige Komponente dieser Hausbesetzung. Dazu gehören mindestens noch zwei. Ich will Sie wenigstens kurz anreißen. Das waren junge Menschen und da kommen wir nämlich dann in den Bereich, wo es für die Politik unbequem wird. Das waren junge Menschen mit alternativen Lebenssichten, mit alternativen Lebensweisen, für die leerstehende Immobilien keine Spekulationsobjekte sind, sondern

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das ist Eigentum, das sie nichts angeht.)

für die sind leerstehende Objekte, für die sich im Grunde genommen zunächst erst mal keiner interessiert, Lebensräume. Das haben Sie praktiziert.