Protocol of the Session on May 7, 2009

Was die Gemeinden Bernterode und Breitenworbis betrifft, auch da stimmen wir zu, obwohl unsere Auffassung ist, dass auch dieser Zusammenschluss ein Stück weit zu klein ist. Er wird nicht so lange halten, wie man sich das vorstellt.

Ich möchte auch der guten Ordnung halber noch mal darauf verweisen, Bernterode muss sich mit jemandem zusammentun, tätiges Mitwirken eines ehemaligen CDU-Innenministers hat ja dazu geführt, dass sie vollkommen überschuldet sind mit 10.000 € pro Einwohner.

(Unruhe CDU)

(Beifall SPD)

Da geht also gar nichts mehr.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ehema- lige Abgeordnete beschimpfen.)

Ich habe ihn doch nicht beschimpft, ich habe doch nur die Wahrheit gesagt. Soll ich jetzt auch noch sagen, wer es war, Herr Fiedler, es war Herr Böck. Der hat sich damals doch ein Stück weit überhoben, indem er dachte, da Großes zu tun. Am Ende muss es leider der Steuerzahler bezahlen,

(Beifall DIE LINKE)

das ist das Missliche an der Sache. Aber auch die Bürgerinnen und Bürger müssen ja in ihrer Gemeinde gut weiterleben, aus dem Grund stimmen wir auch diesem Zusammenschluss zu. Danke.

(Beifall SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Abgeordneter Kuschel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beschließen heute einen Gesetzentwurf, durch den die erste Landgemeinde in Thüringen Realität wird.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Da hat er einmal recht.)

Die CDU feiert dieses als einen Erfolg, wir haben aber hier wieder ein Beispiel, wie die CDU - wie auch in der Vergangenheit - Stillstand als Entwicklung den Bürgerinnen und Bürgern in Thüringen verkaufen will.

(Beifall DIE LINKE)

Die Landgemeinde ist und bleibt nichts anderes als eine Einheitsgemeinde mit einer etwas weiter ausgestalteten Ortschaftsverfassung.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Das ist doch nicht schlecht.)

Die erweiterte Ortschaftsverfassung haben wir seit Jahren gefordert. Wir sind darüber froh, dass die CDU hier ihre Blockadehaltung aufgegeben hat.

(Unruhe CDU)

Aber dieser Sache jetzt einen neuen Namen zu geben und damit vorzugaukeln, als würde die CDU für die Zukunft dieses Landes stehen, ist schon weit hergeholt. Die Landgemeinde hat nach wie vor wie die Einheitsgemeinde als untere Einwohnergrenze die 3.000 Einwohner.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wir sind bürgerfreundlich.)

Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie Gemeinden in Thüringen sich künftig den neuen Herausforderungen stellen können in einer solch kleingliedrigen Struktur - ich erinnere an solche Projekte wie Bürgerhaushalt oder Bürgerkommune -, das ist in diesen Strukturen nicht lösbar. Im Übrigen ist Bürgernähe kein Problem von Entfernungen. Man kann nah neben dem Rathaus wohnen und trotzdem ist die Verwaltung ganz weit weg, weil sie sich nämlich gegenüber dem Bürger abschottet. Bürgernähe hat also etwas mit Verfahren zu tun und mit Einbeziehung von Bürgern in kommunale Entscheidungen und hat nichts mit Entfernungsangaben in Metern oder Kilometern zu tun.

Wir unterstützen den Gesetzentwurf trotzdem, weil in dem einen Fall eine Verwaltungsgemeinschaft in eine Einheitsgemeinde, von der CDU „Landgemeinde“ genannt, umgewandelt wird und wir der Überzeugung sind, dass die Verwaltungsgemeinschaft in den 90er-Jahren ihre Daseinberechtigung hatte, um kommunale Selbstverwaltung zunächst in Thüringen zu entwickeln, aber spätestens sich seit 1999 herauskristallisiert hat, dass diese Verwal

tungsstruktur zunehmend hemmend wirkt, unwahrscheinliche Kosten durch Mehrfacherledigungen verursacht und zu weit vom Bürger weg ist.

(Zwischenruf Abg. Stauche, CDU: Das stimmt nicht. So ein Quatsch.)

Deswegen ist nach unserer Überzeugung die Verwaltungsgemeinschaft ein Auslaufmodell, außer dort, wo die Bürger ausdrücklich mit dieser Struktur zufrieden sind. Wir wollen aber, dass das die Bürger entscheiden und nicht nur die Bürgermeister und Gemeinderäte.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb können wir uns durchaus vorstellen, dass im Rahmen von Bürgerentscheiden auch die Verwaltungsgemeinschaftsstruktur übergangsweise noch Fortbestand hat. Grundsätzlich sind wir aber der Überzeugung, dass dieses Modell auslaufen wird. Hier, im konkreten Fall in der Region Neudietendorf, sind die kommunal Verantwortlichen offenbar auch zu dieser Einsicht gekommen. Wir unterstützen auch die Freiwilligkeit, solange dadurch zukunftsfähige Strukturen geschaffen werden. In beiden Fällen werden künftige Entwicklungen nicht blockiert, insofern ist dieser Strukturveränderung zuzustimmen, obwohl wir uns nicht sicher sind, ob nicht in einigen Jahren erneut in diesen beiden Regionen über weitere Strukturveränderungen diskutiert und entschieden werden muss. Das bringt natürlich keine Ruhe in die kommunalen Strukturen rein, sondern wird eher auch zu Verunsicherungen führen, aber das hat die Landesregierung in diesem Land zu vertreten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einen Änderungsantrag eingebracht, der bereits im Innenausschuss zur Abstimmung stand. Die CDU hat uns dort eigentlich inhaltlich, insbesondere Herr Fiedler, völlig aus dem Herzen gesprochen.

(Unruhe CDU)

Herr Fiedler, Sie haben ja ein Plädoyer für Bürgerbeteiligung abgegeben

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Jawohl.)

und auch auf die Neuregelungen verwiesen, die übrigens heute in Kraft treten. Ab heute haben die Thüringer und Thüringerinnen nicht mehr die rote Laterne mit Blick auf Bürgerbeteiligung, sondern wir sind jetzt im guten Mittelfeld. Wir sind davon überzeugt, dass die Bürger davon Gebrauch machen.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern haben wir es zwar bedauert, dass die CDU einige Zeit gebraucht hat, um zu dieser Erkenntnis zu kommen, und es war nicht ganz freiwillig, sondern das war der Druck von 250.000 Bürgern, der letztlich zu dieser Einsicht geführt hat - aber immerhin, wir wollen das durchaus anerkennen. Wo die CDU dann aber doch nicht über ihren Schatten springen konnte, zumindest nicht im Innenausschuss, war, dass man dieses neue Element auch in dem konkreten Fall aufgreift, weil es tatsächlich in der Region Neudietendorf einen heftigen Streit gab und gibt, ob der jetzige Name „Nesse-Apfelstädt“ tatsächlich die Region so repräsentiert. Jeder Außenstehende kann mit diesem Namen sicherlich nur schwer etwas anfangen und muss zunächst erst einmal auf der Karte schauen, wo das liegt. Neudietendorf ist eher bekannt, allein schon wegen dem „Aro“. Von daher sind wir überzeugt, wir sollten uns als Gesetzgeber zurückhalten, was die Namensgebung betrifft, und sollten das den Bürgerinnen und Bürgern überlassen. Es stellt sich aber die Frage gerade für die CDU, warum sollen das erst Bürger beantragen und warum soll das die Hürde des Bürgerbegehrens erst noch nehmen müssen, das verzögert das Verfahren noch. Warum sagen wir nicht gleich als Gesetzgeber, lasst die Bürger entscheiden und schreiben nicht gleich ins Gesetz, dass die Namensgebung letztlich durch einen Bürgerentscheid durch die Bürgerinnen und Bürger bestimmt wird. Das würde überhaupt keinem wehtun. Die Bürger würden erkennen, dass der Landtag es ernst meint mit einer Frage wie Bürgerbeteiligung und kommunaler Selbstverwaltung.

So müssen jetzt die Bürger aktiv werden und zunächst ein Bürgerbegehren beantragen, um dann die Namensänderung vorzunehmen. Das bedauern wir ausdrücklich, deswegen auch heute noch einmal unser Änderungsantrag. Vielleicht weil heute Öffentlichkeit hergestellt ist, überdenkt die CDU hier noch einmal ihre ablehnende Haltung und kann unserem Änderungsantrag letztlich folgen.

Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Unseren Änderungsantrag habe ich erläutert. Sicherlich kann Herr Fiedler hier noch einmal seine sehr überzeugenden Argumente vortragen und dafür sorgen, dass seine Fraktion dann diesem Antrag zustimmt. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Groß zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin hat heute Morgen die Tagung begonnen und das schöne Wetter gelobt, aber es ist nicht nur schönes Wetter, es ist auch ein guter Tag für die Kommunalpolitik, denn wir werden heute die erste Landgemeinde in Thüringen beschließen.

(Beifall CDU)

Herr Kuschel, Sie haben hier am Pult ganz schön rumgeeiert, dass Sie die Dinge, die von der CDUFraktion eingebracht worden sind, im Nachhinein dann doch ganz gut fanden, aber eigentlich ja ablehnten und zum Schluss doch zustimmen. Es war schon sehr interessant Ihnen zuzuhören.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wie immer.)

Wir haben den Gesetzentwurf vorliegen. Laut § 1 soll die Gemeinde Bernterode mit 1.328 Einwohnern aufgelöst und in die Gemeinde Breitenworbis mit 2.282 Einwohnern eingegliedert werden. Hier ergibt sich dann eine Einwohnerzahl von 3.610. Die Gründe sind bereits von den Kollegen aufgezeigt worden.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wenn das der Böck hört.)

Hier gibt es mehrere Gründe, unter anderem infrastrukturelle. Natürlich sind die finanziellen Verhältnisse auch ein Grund. Es ist gar nicht von der Hand zu weisen, dass man hier auch versucht, eine zukunftsfähige Struktur zu finden. Die Anhörung dazu hat weder Meinungen dafür noch dagegen ergeben, so dass diesem freiwilligen Zusammenschluss überhaupt nichts entgegensteht.

In § 2 des Gesetzentwurfs geht es um die Gemeinden Apfelstädt, Gamstädt, Ingersleben und Neudietendorf, also um die bisherige Verwaltungsgemeinschaft Nesse-Apfelstädt-Gemeinden. Die Gemeinden haben sich entschlossen, die erste Landgemeinde in Thüringen zu bilden. Ich darf kurz Herrn Kuschel aus dem Protokoll zitieren, als wir das Gesetz für die Landgemeinden hier in diesem Hohen Haus verabschiedet haben. Ich darf zitieren, Frau Präsidentin: „Aber die Landgemeinde, das ist vollkommen irre, was Sie da machen, das ist nicht nur irre, das ist Blödsinn.“ Das sagte Herr Kuschel damals.

(Beifall DIE LINKE)

Heute stimmen Sie zu und jetzt klatschen Sie? Sie müssen sich auch mal entscheiden, was Sie wollen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Ja, das ist halt irre.)

Dann möchte ich Ihnen aus dem Antrag der beteiligten Gemeinden zur Bildung der Landgemeinde zitieren. Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Mit der Bildung einer Landgemeinde gemäß § 45 a Thüringer Kommunalordnung soll gesichert werden, dass man den künftigen Anforderungen an die kommunalen Aufgabenträger gerecht wird. Die Identität der einzelnen Orte und insbesondere auch die Bürgernähe sollen dabei durch die Beibehaltung der Ortsteile und die Bildung von Ortschaften mit Ortschaftsverfassung und Ortschaftsbürgermeister gemäß § 45 a Thüringer Kommunalordnung gewahrt werden. Für die Wahrung der Eigenart der Orte und den Fortbestand des dörflichen Brauchtums hat die Unterstützung und Förderung des bestehenden Vereinslebens absolute Priorität.“ Ich denke, das ist genau das, was wir mit der Bildung der Landgemeinde wollten, was wir auf den Weg gebracht haben und was hiermit auch anerkannt wird.