Halle nach Vieselbach: Die Leitung wurde zwischenzeitlich fertiggestellt. Die Inbetriebnahme dieses Leitungsabschnitts erfolgte am 18.12.2008. Zur Leitungsstrecke von Vieselbach nach Altenfeld: Das Raumordnungsverfahren ist bekanntlich abgeschlossen. Die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens wurde durch Vattenfall am 09.02.2009 beantragt. Das Anhörungsverfahren für das Bauvorhaben wurde durch das Landesverwaltungsamt am 02.03.2009 eingeleitet. Die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen in den Gemeinden erfolgt vom 24.03.2009 bis 23.04.2009. Die Einwendungsfrist endet am 07.05.2009. Schließlich zum Leitungsabschnitt von Altenfeld bis zur Landesgrenze zu Bayern: Seitens Vattenfall werden derzeit die zur Einleitung des Raumordnungsverfahrens erforderlichen Unterlagen erarbeitet. Das Planfeststellungsverfahren kann bekanntlicherweise erst nach Durchführung des Raumordnungsverfahrens beantragt werden.
Meine Damen und Herren, so weit zum aktuellen Verfahrensstand. Lassen Sie mich nun zunächst auf den im Berichtsantrag angesprochenen rechtlichen Rahmen für den Ausbau von Stromnetzen eingehen und anschließend über die Ergebnisse des Gutachtens berichten.
Meine Damen und Herren, sowohl auf europarechtlicher als auch auf bundesrechtlicher Ebene bestehen verbindliche Vorgaben zum Netzausbau. Was die europäische Ebene betrifft, so haben das Europäische Parlament und der Rat die Entscheidung Nummer 1364 aus 2006 vom 06.09.2006 zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze, die sogenannten TEN-Leitlinien erlassen. Die Verbindungsleitung von Halle nach Schweinfurt ist in den TEN-Leitlinien aufgeführt und wurde zu einem Vorhaben von europäischem Interesse erklärt. Projekte, die in diesen Leitlinien aufgenommen wurden, müssen von den Mitgliedstaaten zügig umgesetzt werden. Entsprechend dem Rangverhältnis von nationalem Recht und europäischen Rechtsnormen ist die genannte EU-Entscheidung für die Mitgliedstaaten verbindlich und entfaltet unmittelbare Rechtswirkung. Diese europäischen Vorgaben wurden im ATW-Gutachten, weil es sicherlich nicht Gegenstand des Auftrags war, völlig ignoriert. Was die bundesrechtlichen Vorgaben betrifft, so haben wir gleich mehrere Bedingungen zu erfüllen.
Erstens sind die Netzbetreiber nach § 11 des Energiewirtschaftsgesetzes verpflichtet, zuverlässige und leistungsfähige Energieversorgungsnetze zu betreiben, diese zu warten und bedarfsgerecht auszubauen.
Zweitens ergeben sich die rechtlichen Vorgaben für einen Ausbau der Transportkapazitäten des Übertragungsnetzes bis 31.12.2008 aus dem Erneuer
bare-Energien-Gesetz aus dem Jahr 2004, das im Übrigen von der damaligen rot-grünen Koalition unter Bundeskanzler Schröder initiiert wurde. Danach sind die Netzbetreiber verpflichtet, Stromerzeugungsanlagen aus erneuerbaren Energien unverzüglich vorrangig an ihr Netz anzuschließen und den gesamten aus den Anlagen angebotenen Strom vorrangig zu übernehmen und auch zu übertragen.
Bekanntlich verfolgte das EEG aus dem Jahr 2004 das Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. Die Deutsche Energieagentur, die sogenannte dena, kommt in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass zur Erreichung dieses Ziels ein Ausbau der Netzinfrastruktur dringend erforderlich ist. In diesem Zusammenhang zeigt die dena-Studie auf, dass zur Verwirklichung dieses Zieles die sogenannte Südwestkuppelleitung erforderlich ist. Und auch das neue, vom Bundesgesetzgeber verabschiedete Erneuerbare-Energien-Gesetz wird nach Inkrafttreten am 01.01.2009 als eine der rechtlichen Grundlagen für die Erforderlichkeit der Höchstspannungsleitung berücksichtigt werden müssen. Denn die Pflicht des Netzbetreibers, den gesamten angebotenen Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen, zu verteilen und zu übertragen, ist in diesem EEG ja auch beinhaltet.
Das Ziel des EEG, 2009 den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 auf mindestens 30 Prozent - bislang, ich führte es aus, war das Ziel 20 Prozent - und danach kontinuierlich weiterzuentwickeln, wird den Bedarf zusätzlicher Übertragungskapazitäten nach sich ziehen.
Drittens gibt es da noch die Kraftwerksnetzanschlussverordnung aus dem Jahr 2007, nach der der Netzbetreiber grundsätzlich verpflichtet ist, sämtlichen Anschluss- und Zugangsbegehren nachzukommen und eine damit verbundene Transportkapazität auch vorzuhalten.
Und schließlich - viertens - hat die Bundesregierung am 18.06.2008 das Energie- und Klimapaket II beschlossen, wobei unter anderem das Energieleitungsausbaugesetz ein Bestandteil dieses Pakets ist, das sich allerdings derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindet. Das Energieleitungsausbaugesetz fordert einen vordringlichen Ausbau des Höchstspannungsnetzes im Zusammenhang mit dem zügigen Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, aber auch wegen des verstärkten grenzüberschreitenden Stromhandels und neuer konventioneller Kraftwerke.
Höchstspannungsleitungen gesetzlich vorgeschrieben wird. Die Südwestkuppelleitung ist im Gesetzentwurf als vordringliches Leitungsvorhaben enthalten. Damit ist die Erforderlichkeit im Rahmen der sogenannten Planrechtfertigung für das Planfeststellungsverfahren verbindlich festgestellt. Bekanntlich ist in diesem Gesetz auch der Leitungsabschnitt von Altenfeld bis Redwitz als Pilotvorhaben vorgesehen, um die Möglichkeit einer Teilverkabelung bei der Querung des Rennsteigs zu testen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wegen des Sachzusammenhangs des soeben angesprochenen Energieleitungsausbaugesetzes mit dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4924 zur Aufnahme weiterer Pilotprojekte in das Energieleitungsausbaugesetz möchte ich nun darauf eingehen und danach über das Gutachten berichten.
Im ersten Punkt des Antrags wird die Landesregierung aufgefordert, im Bundesrat darauf hinzuwirken, dass weitere Streckenabschnitte in Thüringen als Pilotprojekte in das Energieleitungsausbaugesetz aufgenommen werden und die Erdverkabelung im Bereich der Rennsteigquerung rechtssicher verankert wird. Von 24 im Energieleitungsausbaugesetz als vordringlich angesehene Höchstspannungsleitungen sind vier als Pilotprojekte mit Erdverkabelungsmöglichkeiten genannt, zu denen der bereits angesprochene Abschnitt Altenfeld in Thüringen bis Redwitz in Bayern zählt. Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 19.09.2008 im ersten Durchgang die vier Pilotprojekte mehrheitlich bestätigt. Da es sich um ein Einspruchsgesetz handelt, muss der Bundesrat im zweiten Durchgang entscheiden, ob er dem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zustimmen kann oder ob er Einspruch einlegen und mittels Anträgen den Vermittlungsausschuss anrufen möchte. Ein Vermittlungsverfahren, mit dem gegebenenfalls weitere Pilotprojekte angestrebt werden, könnte aber auch die im Gesetz vorgesehenen Pilotprojekte gefährden, denn es gibt auch kritische Meinungen, wie wir wissen, die die Pilotprojekte insgesamt infrage stellen, wie z.B. das Land Baden-Württemberg.
Eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zur Aufnahme weiterer Pilotprojekte wird daher nicht unterstützt. Zum Erhalt betrieblicher Erfahrungen erscheint es auch ausreichend, Erdverkabelung auf vier Versuchsstrecken zu beschränken. Weitere Teststrecken würden auch zu Mehrkosten führen. Diese zusätzlichen Kabelkosten in Thüringen müssten wegen der bundesweiten Umlage auf alle Länder verteilt werden. Insofern kann nicht auf eine Zustimmung anderer Länder gebaut werden; siehe auch die
Anmerkungen zu Baden-Württemberg. Da sehe ich, wie bereits betont, beim derzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens keine realistischen Chancen für eine diesbezügliche Änderung.
Wenn nun kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens Änderungsforderungen gestellt werden, stellt sich natürlich die Frage, warum die SPD nicht bereits im Bundestag diese Forderungen gestellt hat. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals erwähnen, dass das Planfeststellungsverfahren für den Leitungsabschnitt von Vieselbach nach Altenfeld bereits am 09.02.2009 beantragt wurde. Verfahren, die vor dem Inkrafttreten des EnLAG beantragt wurden, werden nach den bis dahin geltenden Vorschriften abgeschlossen. Sie würden nur dann nach dem EnLAG fortgeführt, wenn der Vorhabensträger dies ausdrücklich beantragt.
Im zweiten Punkt des SPD-Antrags wird die Landesregierung aufgefordert, auf Vattenfall einzuwirken, die Erdverkabelungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die Thüringer Landesregierung setzt sich auch gegenüber Vattenfall bereits seit Langem für eine Verkabelung im Bereich der Rennsteigquerung ein. Hier gibt es auch eine Pressemitteilung der Thüringer Staatskanzlei unter der Nummer 134/08. Letztlich wird über die nach dem EnLAG vorgesehenen Teilverkabelungsmöglichkeiten im Planfeststellungsverfahren dann zu entscheiden sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, kommen wir nun zum Gutachten, und zwar zunächst zum juristischen Teil, der von Herrn Prof. Dr. Säcker erstellt wurde: Er kommt zu dem Ergebnis, dass die 380-kV-Südwestkuppelleitung als energierechtlich notwendig einzustufen ist. Herr Prof. Säcker kommt nach Abwägung der Ziele aus § 1 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes zu dem Schluss, dass die Streckenführung der Leitung von Vieselbach über Altenfeld mit einer versorgungstechnisch besseren Einbindung des Pumpspeicherwerks Goldisthal die beste Lösung darstellt. Im Bereich der Rennsteigquerung des Leitungsabschnitts von Altenfeld bis zur Landesgrenze von Bayern wird unter ökologischem Aspekt letztendlich eine Teilverkabelung vorgeschlagen, die allerdings mehr Geld kostet. Der Gutachter kommt hier zu dem Ergebnis, dass diese Kosten für die Teilverkabelung schon nach einer Abwägung nach § 1 Energiewirtschaftsgesetz vertretbar wären, selbst dann, wenn dieses Vorhaben nach dem Energieleitungsausbaugesetz nicht als Pilotprojekt für eine Teilverkabelung von der Bundesnetzagentur anerkannt werden sollte.
Die Bundesnetzagentur wird aufgrund der Einschätzung im Gutachten deshalb nicht darum herumkommen, die Mehrkosten der Teilverkabelung bei der Festlegung der Netzentgelte anzuerkennen. Von
besonderer Relevanz ist die gutachterliche Feststellung, dass unter einer Teilverkabelung im Sinne eines Pilotprojekts nach dem Energieleitungsausbaugesetz nicht ein paralleler Testbau zu einer Freileitung zu verstehen ist, sondern anstelle einer solchen. Bei der Durchführung als Pilotvorhaben findet also lediglich ein Leitungsneubau in Form einer umweltschonenden Querung statt. Eine weitere zweisystemige 380-kV-Höchstspannungsleitung von Nord- nach Süddeutschland wird zur Verbindung des Vattenfall- und des E.ON-Netzes nach dem Jahr 2018 für erforderlich gehalten, um den im Süden und Südwesten Deutschlands nach Stilllegung der Kernkraftwerke und Außerbetriebnahme veralteter Kohlekraftwerke zusätzlichen Strombedarf zu decken. Der zusätzliche Strombedarf kann leitungstechnisch gedeckt werden, wenn entweder die neue zweisystemige Leitung von vornherein so ausgelegt wird, dass sie später ohne Weiteres noch mit zwei weiteren Systemen gespannt werden kann oder dass nach Fertigstellung der neuen zweisystemigen Leitung über den Rennsteig zum Bedarfszeitpunkt eine weitere zweisystemige Leitung unter Nutzung der Bestandstrasse von Altenfeld nach Schleusingen mit Weiterführung nach Bayern geplant wird. Diese Lösung hat unter landschaftsästhetischen Aspekten den Vorteil, dass die zweisystemige Leitung auf niedrigen Masten - also statt 60 bis 80 Metern nur 35 Meter hoch - geführt werden können und somit über die Trasse umgebende Bäume nicht hinausragt. Wird dagegen sofort eine mit vier Systemen belegbare Leitung auf direktem Wege über den Rennsteig gebaut, kann die bisherige 220-kV-Bestandstrasse, sie wird gegenwärtig mit 110 kV betrieben, nach Fertigstellung der Leitung abgebaut werden. Es müsste dann allerdings von einem neu zu errichtenden Umspannungswerk in Schalkau eine neue 110-kV-Leitung in Richtung Schleusingen gebaut werden.
Was das ATW-Gutachten von Jarass und Obermair betrifft, das hinsichtlich der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit zu einem anderen Ergebnis kam, stellt Herr Prof. Säcker in seinem Gutachten zwar fest, dass das ATW-Gutachten nach fachwissenschaftlichen Maßstäben belastbar ist und damit von Planfeststellungsbehörden in den Abwägungsprozess der Planrechtfertigung einbezogen werden kann, allerdings stellt er ebenfalls fest, dass bei der Erstellung der ATW-Gutachtens von unrichtigen Annahmen bzw. Voraussetzungen ausgegangen wurde; die betreffen aus seiner Sicht im Wesentlichen zwei Punkte: Zum einen bezweifelt das ATW-Gutachten die Notwendigkeit der Südwestkuppelleitung aufgrund der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Netzausbaus im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes § 4 Abs. 2 Satz 2. Statt des Ausbaus bis zu 90 Prozent der installierten Nennleistung der Windkraftanlagen, wie von Vattenfall ermittelt, ziehen die ATW-Gutachter
die Grenze für den wirtschaftlich zumutbaren Netzausbau bei 65 Prozent. Herr Prof. Säcker kommt zu dem Schluss, dass die wirtschaftliche Zumutbarkeit nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz regelmäßig in Bezug auf das Anschlussbegehren einzelner EEG-Anlagen zu betrachten ist. Eine diesbezügliche Interessenabwägung stellt demnach nicht primär auf die wirtschaftlichen Bedingungen des Netzausbaus insgesamt ab, sondern hat vorrangig lokalen Bezug. Nach dem neuen Gutachten sind deshalb die Ausführungen im ATW-Gutachten, dass aufgrund der wirtschaftlichen Zumutbarkeitsregelung im EEG nur 65 Prozent der Windausbauleistung als Einspeisung zu berücksichtigen sind, nicht gesetzeskonform. Mit anderen Worten, die erste Annahme ist deshalb falsch, weil eine dauerhafte Durchführung von Maßnahmen zur Regelung der EEG-Einspeisekapazitäten weder mit dem Gesamtabnahmeprinzip noch mit dem Vorrangprinzip des EEG vereinbar ist. Ein dauerhaftes Aussperren von Strom aus Windenergieanlagen zur Einhaltung der 65-Prozent-Grenze würde dem Ausnahmecharakter des Erzeugungsmanagements widersprechen.
Die zweite falsche Annahme betrifft die Szenarien über den Ausbau der Windenergie. Im ATW-Gutachten wird davon ausgegangen, dass die geplanten Offshore-Windanlagen fast vollständig in der Kalkulation vernachlässigt werden können. Herr Prof. Säcker stellt nun fest, dass diese Argumentation von einer nicht sachgerechten Tatsachengrundlage ausgeht. So lagen Vattenfall bis Ende 2007 bereits insgesamt zwölf Anträge auf Netzanschluss von Offshore-Windparks in der deutschen Ostsee vor. Bereits bis 2012 sollen vier Offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von 1.252 MW realisiert werden.
Meine Damen und Herren, kommen wir nun zum technischen Teil des Gutachtens von Herrn Prof. Dr. Belmans. Er kommt unter Einbeziehung der JarassObermair-Studie zu dem Ergebnis, dass zur Gewährleistung der Systemsicherheit einer 380-kV-Leitung von Vieselbach über Altenfeld nach Redwitz diese erforderlich ist. Darüber hinaus sollten aber auch andere Möglichkeiten wie Temperaturüberwachung und optimierter Netzbetrieb genutzt werden, um die Netzsicherheit so bald wie möglich zu erhöhen und um die Zahl der Stromkreise auf der Südwestkuppelleitung einzuschränken. Bis 2012 sollten mindestens zwei Stromkreise auf der zu errichtenden Leitung von Vieselbach über Altenfeld nach Redwitz und ein Querregler auf der bereits bestehenden Hochspannungsleitung Altenfeld-Remptendorf integriert werden. Ohne Leistungssteuerung, Temperaturüberwachung und optimierten Netzbetrieb sollte nach Einschätzung von Prof. Belmans die Südwestkuppelleitungen aus drei 380-kV-Leitungen oder Stromkreisen bestehen. Als Zukunftsoption empfiehlt er, dafür zu sorgen, dass die Südwestkuppelleitung
weiter ausgebaut werden kann, falls ein weiterer Transportbedarf nach dem Jahr 2012 erforderlich wird. Technisch gesehen könnte die Südwestkuppelleitung als Freileitung, als Drehstromkabel oder als Gleichstromverbindung realisiert werden. Die Kabeloptionen sind jedoch erheblich kostspieliger; Drehstromkabel sind ungefähr drei- bis viermal teurer als Freileitungen, Hochspannungsgleichstromkabel sind ungefähr vier- bis fünfmal so teuer wie Freileitungen, vor allem wegen der relativ kurzen Verbindungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte um Verständnis, wenn ich angesichts der umfangreichen Untersuchungen und Abwägungen der Gutachter nur die wesentlichen Ergebnisse vortrage. Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass das Gutachten ein weiterer Baustein im Genehmigungsverfahren für das zuständige Thüringer Landesverwaltungsamt sein wird. Das für den Leitungsabschnitt von Vieselbach nach Altenfeld von Vattenfall beantragte Planfeststellungsverfahren wird durch die Genehmigungsbehörde ordnungsgemäß und ergebnisoffen durchgeführt. Herzlichen Dank.
Danke. Ich frage, wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu dem Antrag der CDU? Die Fraktion der SPD, der CDU und die Fraktion DIE LINKE. Auf Verlangen aller drei Fraktionen eröffne ich hiermit die Beratung zum Sofortbericht zu dem Antrag der Fraktion der CDU, gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/4924. Ich erteile das Wort der Abgeordneten Enders, Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben den Bericht der Landesregierung über die Ergebnisse des neuerlichen Gutachtens zur energiewirtschaftlichen Notwendigkeit der 380-kVLeitung Halle-Schweinfurt durch Thüringen gehört; mit erheblichem Zeitverlust, in dem auch einiges passiert ist. Der Herr Minister hat dazu einige Ausführungen gemacht, unter anderem wurde das Planfeststellungsverfahren begonnen und der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestages hat im Dezember eine Anhörung zum Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze durchgeführt, ohne die von der Thüringer Landesregierung mit dem Gutachten bemühten Professoren Säcker und Belmans, aber - auch das möchte ich hier sagen - mit einem stark beachteten Vortrag des von den Bürgerinitiativen und 33 Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern beauftragten Prof. Dr. Lorenz Jarass, der dort er
neut in eindrucksvoller Art und Weise den Nachweis geführt hat - Optimierung vor Verstärkung und vor Neubau, wenn es um die Erhöhung von Übertragungsleistungen der Höchstspannungsspannungsnetze in Deutschland geht.
Herr Minister, auch das sagt das EEG und das EWG, diese Dinge sind vor Netzneubau zuallererst zu überprüfen und das hat Vattenfall nicht getan. Zur Erinnerung, Prof. Dr. Lorenz Jarass ist der Wissenschaftler, der mit seinem Kollegen Prof. Dr. Gustav Obermaier bereits im Oktober 2007 in einem von 33 Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgerinitiativen aus Thüringen und Bayern finanzierten und in Auftrag gegebenen Gutachten den Nachweis geführt hat, die von Vattenfall geplante 380-kV-Leitung Halle-Schweinfurt ist nicht erforderlich. Genau das gleiche Ergebnis hatt am 12. Januar dieses Jahres erneut bestätigt, der Neubau dieser Leitung über Südthüringen über den Thüringer Wald nach Franken ist nicht erforderlich. Die notwendige Erhöhung der Übertragungsleistung ist - und ich betone es noch einmal - durch Optimierung und Netzverstärkung, durch Temperaturüberwachung und Aufrüstung der bestehenden Leitung Remptendorf-Redwitz mit Hochtemperaturseilen erreichbar, erreichbar auch mit deutlich weniger Kosten als die, die man für einen Netzneubau benötigt. Vorab, weil, wie ich sagte, die Zeit nicht stehengeblieben ist und wir auch nicht untätig gewesen sind: Ich gehe davon aus, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie die Zeit genutzt haben, das 331 Seiten umfassende Gutachten der Professoren Säcker und Belmans auch zu lesen. Wer das tatsächlich auch getan hat, wird erkannt haben, dass dieses von der thüringischen Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten in keinster Weise geeignet ist, das Vorhaben von Vattenfall auch nur im Ansatz zu begründen. Ich möchte auch sagen, warum:
1. Es finden keine Betrachtungen bzw. unzureichende Betrachtungen zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit des Netzneubaus statt.
2. Aspekte der Energieeinsparung und der dezentralen Energieversorgung werden völlig ausgeblendet und unberücksichtigt gelassen.
3. Eine wissenschaftliche und kritische Auseinandersetzung mit der dena-Netzstudie I findet nicht statt, im Gegenteil, sie wird hier als Begründung des Netzneubaus angeführt - Sie haben es gerade wieder getan, Herr Minister -, obwohl Experten sich längst darüber einig sind, dass sie rechtlich und technisch überholt ist. Alles wartet auf dena II und wir hier in Thüringen nehmen eine veraltete und von anderen Voraussetzungen ausgehende Studie als Begründung für eine Infrastrukturmaßnahme dieses Ausmaßes, eine Infrastrukturmaßnahme, die Natur zer
4. Ich möchte auch noch einen nächsten Aspekt anführen: Zum anderen werden wesentliche Ursachen des Netzausbaus, nämlich der klimaschutzwidrige Weiterbetrieb konventioneller Kraftwerke, wenn Starkwindeinspeisung ins Netz dies eigentlich unnötig machen würde, keiner kritischen Untersuchung unterzogen.
5. Die zukünftigen Anforderungen für eine effiziente, auf die Nutzung regenerativer Energien ausgerichtete Energieversorgung finden keine Beachtung. Technische Lösungsansätze, z.B. die Gleichstromtechnik, sind in diesem Gutachten nur ansatzweise oder unter völlig anderen Gesichtspunkten zu finden.
Ich will darauf verweisen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in keiner Weise die Absicht, die wissenschaftliche Reputation der von der Landesregierung beauftragten Gutacher infrage zu stellen. Beide, die Professoren Säcker und Belmans, genießen in Fachkreisen und darüber hinaus einen ausgezeichneten Ruf und wir wissen das auch zu würdigen, dass beide sich auch frühzeitig Argumenten der Bürgerinitiativen nicht verweigert haben. Wir wollen den wissenschaftlichen Disput, wir wollen die beste Lösung. Das Problem dieses Gutachtens sind für uns auch nicht die Gutachter, das Problem ist eigentlich die Aufgabenstellung. Das ist hier in diesem Gutachten sehr deutlich geworden. Während wir, die 33 Landräte, Oberbürgermeister, Bürgermeister und Bürgerinitiativen, bei der Beauftragung der Professoren Jarass und Obermaier nicht wussten, was im Ergebnis herauskommen wird, und vor allem wissen wollten, was es mit der von Vattenfall behaupteten Notwendigkeit dieses Vorhabens überhaupt auf sich hat, ist bei dem von der CDU-Fraktion formulierten Auftrag doch bereits von Anfang an sehr deutlich geworden, dass es hier nur darum geht, den Bau dieser Leitung irgendwie zu begründen und dieser 380-kV-Leitung den Anschein der Unabänderlichkeit zu geben. Dieser Versuch ist gescheitert. Wir werden alles daran setzen, das im anlaufenden Planfeststellungsverfahren mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln erneut zu beweisen und den Bau dieser Leitung durch Thüringen nach Bayern zu verhindern.
Es nimmt Ihnen keiner ab, meine Damen und Herren von der Regierungsbank, dass Sie mittels seitenweiser Aufzählung gesetzlicher Bestimmungen den Anschein erwecken, die Landesregierung kann nichts tun, sie ist an die nationalen und europäischen Gesetze gebunden. Sie können etwas tun, Sie kön
nen Nein sagen zu dieser Leitung, Sie können sich von den Lobbyisten der Stromkonzerne trennen und Sie können endlich Akzente setzen in Thüringen für die notwendige nachhaltige Energiewende in diesem Land.
Sie jedoch halten an Ihren eigenen Zöpfen fest, denn auch das ist deutlich geworden, der Auftrag zum Gutachten und das Gutachten selbst sind darauf gerichtet, die Absicht der CDU zu untermauern, Hintertüren und Begründungen zu finden, Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Wir sagen Ihnen eines: Es gibt keine Mehrheit in diesem Land für die 380-kV-Leitung und es gibt keine Mehrheit für Atomstrom. Atomstrom ist weder sauber noch ungefährlich und vor allem ist die Endlagerung des radioaktiven Mülls völlig ungeklärt.
Der beschlossene Ausstieg ist für uns wie für die Mehrheit der Bevölkerung unwiderruflich. Ich sage das auch in Richtung von Frau Schipanski, die hier nicht müde wird, sich als Vorreiterin des Ausstiegs aus dem Ausstieg zu profilieren. Hier so zu tun, ohne den Ausstieg aus der Atomenergie bräuchten wir keine neuen Leitungen, ist ganz einfach unredlich, ja, wenn es nicht so gefährlich wäre, geradezu lächerlich. Lächerlich ist es auch, wenn sich die Befürworter des Atomstroms das Antlitz von Klimaschützern geben wollen. Um Profit geht es hier und um nichts anderes. 61 Mrd. € Extraprofit winken, so hat der Energieökonom Wolfgang Pfaffenberger aus Bremen errechnet, wenn die Laufzeit der Atommeiler von den jetzt im Gesetz festgeschriebenen 32 Jahren Laufzeit auf 40 Jahre Laufzeit verlängert wird.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, unabhängig von dieser Eingangsbewertung sehen wir dennoch zwei Aspekte aus dem Gutachten der Professoren Säcker und Belmans, die für die weiteren Überlegungen notwendig und wichtig sind:
1. Prof. Säcker spricht in seinem Gutachten von der Veredlung des Windstroms durch spannungs- und frequenzgleichklangsichernde konventionelle Kraftwerke. Davon war in der Vergangenheit nie die Rede. Erst auf der Energiekonferenz am 13. Juni 2008 an der Technischen Universität Ilmenau ist dieses Problem sichtbar geworden, als eine Vertreterin von Vattenfall sagte: Es gibt keine rechtliche Handhabe, konventionelle Kraftwerke herunterzuregeln oder abzuschalten, auch dann nicht, wenn genug Windenergie anliegt, um die Stromversorgung zu sichern. Das ist ein Fakt, der nicht nur die Energie
erzeugung aus Wind diskreditiert, das ist auch absolut kontraproduktiv, wenn es um die Verwirklichung der Klimaschutzziele geht. Es geht Vattenfall aber nicht um Klimaschutz. Die vom Konzern vorgelegten Lastflussprojektionen für 2012 lassen den wahren Hintergrund der Leitungsplanung erkennen. Die geplante Leitung ist nicht windbedingt, sondern würde Vattenfall einen vollen Weiterbetrieb konventioneller Kraftwerke auch bei starker Windeinspeisung ermöglichen. Für Vattenfall ein vermeintlich gutes Geschäft, denn in seiner Regelzone sollen 14 neue konventionelle Kraftwerke gebaut werden. Für die Bewohner unserer Region ist das eine massive und unnötige Beeinträchtigung ihrer Umwelt und absolut schädlich für den Klimaschutz. Der bleibt auf der Strecke, weil klimaschädliches CO2 dann eingespart werden kann, wenn Kraftwerke, soweit sie zur Veredlung des Windstroms nicht notwendig sind, zurückgefahren oder abgeschaltet werden müssen, sobald die für die Stromversorgung notwendige Menge an Energie oder anderen alternativen Energiequellen anliegt.
2. Das heute zu diskutierende Gutachten weist darauf hin, dass alle Veränderungen an den Bestandstrassen, der Einsatz von Hochtemperaturseilen oder die Temperaturüberwachung unter den Bedingungen der Sicherung der Versorgung mit Elektrizität durchzuführen sind. Hier sehen wir Klärungsbedarf. Ich frage mich: Ist es wirklich so, dass auch unter den genannten (n-1)-Bedingungen das engmaschige Stromnetz der Bundesrepublik Deutschland nicht ausreicht, kurzfristiges Abschalten bestimmter Leitungen, die ertüchtigt werden müssen, zu verkraften. Bekanntermaßen gehört das deutsche Stromnetz zu den engmaschigsten in Europa. Nach Aussagen von Fachleuten lassen sich hier schrittweise Umrüstungen in stromverbrauchsarmen Zeiten, nämlich den Sommermonaten, gut realisieren und auch die Argumentation, der Einsatz von Hochtemperaturseilen hätte aufgrund des Gewichts einen Austausch der Masten zur Folge, ist haltlos.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese beiden Aspekte sind natürlich nur ein Teil der Betrachtungen. Ich will Ihnen die Antwort nicht schuldig bleiben, warum das von der Landesregierung in Auftrag gegebene Gutachten niemals als Begründung für den Bau der 380-kV-Leitung Halle-Schweinfurt akzeptiert werden kann. Die Hauptenergiequelle der Zukunft ist das Energiesparen. Das steht als Aufgabe in den Klimaschutzzielen unseres Landes und auch der EU-Gipfel in Brüssel im Dezember hat diesem Ziel nicht ausweichen können. 20 Prozent weniger C02 bis 2020 und Wissenschaftler fordern angesichts der Erderwärmung ein höheres Tempo. Wir, DIE LINKEN, weichen von diesen Klimazielen nicht ab. Im Gegenteil, wir wollen mehr und wir wollen es schneller. Das ist einer der Gründe, warum wir