Protocol of the Session on April 3, 2003

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, von wem geht denn die Bedrohung aus? Alleine die Formulierung der Kollegin Zimmer macht doch deutlich, mit welcher oberflächlichen, ja bewusst ideologischen Meinungsbildung sie hier am Rednerpult und in diesem Land argumentiert.

(Beifall bei der CDU)

Die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion haben dies im Januar in ihrem Antrag doch präzise beschrieben. Ich zitiere: "Im Irak herrscht ein totalitäres Regime. Saddam Hussein ist ein Diktator.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Herr Oberzensor!)

Die Geschichte lehrt uns, in solchen Systemen werden die Menschenrechte missachtet, von ihnen geht immer eine Gefahr für den Frieden aus."

(Zwischenruf Abg. Sonntag, CDU: Wie wahr!)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Sehr richtig.)

Sehr richtig, Saddam Hussein ist eine wirkliche Bedrohung. Es ist keine Fiktion, sondern er hat im Irak ein menschenverachtendes Regime aufgebaut, er führt seit Jahren Krieg gegen seine eigene Bevölkerung, er hat Kuwait überfallen.

(Beifall bei der CDU)

Er hat mehrfach Giftgas eingesetzt - auch gegen die eigene Bevölkerung. Dass Saddam Hussein eine ernste Gefahr auch für die internationale Freiheit und Sicherheit ist, ist offensichtlich.

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, verwechseln Sie nicht Ursache und Wirkung, malen Sie nicht schwarz oder weiß.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Und trotz- dem gibt es eine Alternative zu dem Krieg.)

Stellen Sie Ihre drei Fragen dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und ich erwarte seine klare Antwort. Ich wette, dass diese klare Antwort Sie jedenfalls in Ihrer Erwartungshaltung nicht befriedigen wird.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Die Wette verlieren Sie.)

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gehört doch in die Debatte, auch zu vermitteln, dass seit 12 Jahren die UNO klaren Druck mit 17 Resolutionen gegen den Irak ausgeführt hat. Nichts ist geschehen - im Gegenteil, die Inspekteure wurden aus dem Land gewiesen. Dass das irakische Volk auch unter dieser Entwicklung in den letzten 12 Jahren erheblich gelitten hat, ist offensichtlich. Im Gegenteil also, die Resolutionen der UN haben nicht dazu geführt, Abrüstung zu erreichen, sondern sie haben noch stärker dazu geführt, dass das irakische Volk unter Folter, Mord und Angst leidet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Zimmer, es ist an Zynismus nicht zu überbieten, dass Sie in einer solchen Situation einfach fordern "Stoppt den Krieg" im Angesicht der vielen Toten und vielen Geschändeten im Irak.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: "Macht weiter Krieg", ist also die richtige Antwort?)

(Unruhe bei der PDS, SPD)

Erinnern wir uns doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, 1998 sind die Waffeninspekteure ausgewiesen worden. Sie können es ja wahrhaben wollen oder nicht, nur der militärische Druck und auch die 250.000 Mann stationierter Soldaten haben es erreicht, dass wieder Inspekteure im Irak einziehen konnten.

(Beifall bei der CDU)

Welche Erfahrung haben denn die Inspekteure gemacht? Zeichnen Sie doch hier nicht ein Zerrbild. Lesen Sie doch einmal z.B. "Die Zeit" aus der letzten Woche. Die Inspekteure hätten täglich gespürt, dass Saddam Hussein nur auf militärischen Druck reagiert und die Behörden in Bagdad immer dann kooperationswillig waren, wenn der militärische Druck stieg. Das hat im Übrigen auch Hans Blix deutlich gemacht. Ich zitiere weiter: "Nach dem 14. Februar bekamen wir nicht mehr viel." Das war der Tag der Erklärung von Hans Blix vor dem UN-Sicherheitsrat. Ich zitiere weiter: "Saddam Hussein verfolgte jeden Schritt im Sicherheitsrat ganz genau.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ja, das ma- chen die Amerikaner auch.)

Sobald sich dort Risse zeigten, nahm die Zusammenarbeit ab." Ich zitiere ebenfalls weiter: "Deutschland, Frankreich und Russland hätten den Kriegsausbruch mit ihrer vermeintlichen Friedenspolitik unausweichlich gemacht. Gerhard Schröders kategorisches Nein zu einem Militäreinsatz sei schlicht verrückt gewesen."

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Meinen Sie, Frankreich hat sich an Deutschland orientiert?)

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein einiger Sicherheitsrat und eine einige freie Welt, auch in der Bedrohung, hätte den Erfolg der Inspekteure wahrscheinlicher gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Hier hat die Bundesregierung, hat der Bundeskanzler einen fundamentalen Fehler begangen. Wer hat sich denn zuerst aus dem internationalen Abstimmungsprozess herausgezogen? Wer hat sich denn zuerst distanziert? Doch Deutschland - mit der einseitigen Festlegung, auf keinen Fall militärischen Druck und militärische Gewalt anzuwenden. Das hat zur Spaltung und zur Schwächung der EU, der NATO und des UN-Sicherheitsrats beigetragen.

An den Erfahrungen der Inspekteure, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird aber auch deutlich: Mit Pazifismus lässt sich die Gefahr, die von Saddam Hussein ausgeht, leider nicht bezwingen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Heiligenstädter Erklärung steht: "Diejenigen, die sich in der Tradition von Mahatma Gandhi und Martin Luther King sehen,..."

(Zwischenruf aus dem Hause)

Das ist richtig, ich bitte Sie aber auch zu bedenken, nicht nur die Folgen eines Kriegs sind unmenschlich und verheerend, sondern die Geschichte hat uns gelehrt - und das wird in der Heiligenstädter Erklärung leider nicht mit angesprochen -, wie unmenschlich Regime sein können und dass sie genauso gegen Freiheit und gegen die Menschenrechte aktiv auftreten.

(Beifall bei der CDU)

Auch die Ursache eines Kriegs kann unmenschlich sein und verheerend wirken. Wie unmenschlich das Regime von Saddam Hussein ist, können Sie bei Amnesty International oder auch der Gesellschaft für bedrohte Völker nachlesen. Und unter vier Augen, auch das können Sie in dem "Zeit"-Artikel nachlesen, bekamen die UN-Leute immer wieder zu hören, wie das Saddam-Hussein-Regime das Leben einer ganzen Generation ruiniert habe. Die akademische Elite, westlich ausgebildet und kosmopolitisch orientiert, musste mit ansehen, wie ihre Kinder in einem totalitären System materiell und geistig verarmten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir halten es für eine besondere deutliche Aussage, dass die Kirchen in dieser Situation den Krieg ablehnen und die Menschen auch aufrufen, mit Gebet, aber auch darüber hinaus gegen

Krieg zu kämpfen. Aber verkürzen Sie nicht die Aussagen. Papst Johannes Paul II. hat in seiner Rede am 13. Januar auch keine pazifistische Position eingenommen, denn er kennt Diktaturen. Er hat gesagt: "Wie uns die Charta der Vereinten Nationen und das Internationale Recht erinnern, kann man nur dann auf einen Krieg zurückgreifen, wenn es sich um das allerletzte Mittel handelt." So weit das Zitat. Auf dem Petersplatz vor wenigen Tagen hat er ebenfalls gesagt: "Friede um jeden Preis ist unmöglich." Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kirchen fordern auch die Politik auf und es ist die Sache der Politik, Entscheidungen zu fällen. Der Einsatz von Gewalt als letztes Mittel ist keine theologische Entscheidung, sondern eine politische Entscheidung, das heißt, es ist nicht die Sache eines Lehramts, über die jeweils richtige Politik zu entscheiden. Auch das können Sie nachlesen in der lehrmäßigen Note der Glaubenskongregation vom Anfang dieses Jahres. Das heißt, unsere Bundesvorsitzende hat doch Recht, wenn sie schreibt: "Christen können auf der Grundlage des gleichen Glaubens und nach bestem Wissen und Gewissen hier zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen." Ich bitte einfach darum, dass wir die Toleranz haben, auch die unterschiedlichen Meinungen in der Argumentation zu hören und zumindest nachzuvollziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als Deutsche haben doch eine ganz besondere geschichtliche Entwicklung.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Genau des- halb.)

Unsere Eltern und Großeltern haben erlebt, was Weltkriege für dramatische Folgen im letzten Jahrhundert hervorgebracht haben. Damit ist beides verbunden, es muss möglich sein, dass unsere Bevölkerung einem militärischen Vorgehen gegen den Irak skeptischer gegenübersteht und dass dies nicht als Antiamerikanismus gewertet wird. Aber uns Deutschen kommt auch aus der geschichtlichen Erfahrung ein wichtiger Auftrag zu, dass wir Diktatoren in dieser Welt frühzeitiger entgegentreten, denn es geht auch um die Menschen, die unter diesen Diktaturen leiden.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frieden heißt doch auch Gerechtigkeit, Menschenrechte für die Bevölkerung im Irak; Frieden heißt doch auch, humanitäre Katastrophen zu verhindern, da darf doch die Welt nicht wegschauen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, halten Sie es für richtig, dass die UNO weggeschaut hat, als ein Massenmord in Ruanda durchgeführt wurde?

(Beifall bei der CDU)

Halten Sie es für richtig, dass die UNO weggeschaut hat, als Russland in Tschetschenien menschenverachtend gehandelt hat.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Ist das jetzt eine Begründung für einen neuen Korea- Krieg?)

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, es herrschen schon seit Jahren keine Zustände von Frieden und Gerechtigkeit im Irak. Deshalb bitte ich auch, bei unserer Debatte an die Menschen im Irak zu denken und auch an ihr Schicksal.