Und da sprechen Sie hier von Vorbildwirkung der Politik? Sie sollten sich schämen, überhaupt hier solche Worte in den Mund zu nehmen.
Und noch eines: Ich bin noch nicht so lange Mitglied dieses Hauses. Ich kann Ihnen aber versichern, für mich hat es überhaupt keine Rolle gespielt, welche Vergütung hier gezahlt wird, und ich habe das vorher auch nicht gewusst. Ich war vorher im öffentlichen Dienst. Und als ich als Erstes den Verdienst verglichen habe, was ich vorher hatte und was ich nachher hatte, ich kann Ihnen sagen, habe ich mich gewundert, wie wenig es eigentlich mehr ist. Hier von zu hohen und überhöhten Diäten zu sprechen - das ist einfach ein derartiger Realitätsverlust, den ich nicht nachvollziehen kann.
Und um die Sache von Herrn Heym noch einmal zu konkretisieren, Herr Hahnemann, sind Sie der Meinung, dass das Haus der Abgeordneten als dauerhafter Wohnsitz gedacht ist, dann beantworten Sie diese Frage bitte für sich selbst einmal. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ursprünglich war einmal gedacht, heute nicht so tief in das Thema einzusteigen. Aber da Gefahr besteht, dass man dann Herrn Hahnemanns sehr einseitige Haltung als die des Parlaments ansehen könnte, ist es doch besser, noch mal das Wort zu ergreifen.
Herr Hahnemann, Sie sind so lange in diesem Landtag wie einige von uns - auch ich - und könnten noch wissen, wie die Debatte damals gelaufen ist, als wir die Regelungen noch anders hatten. In dieser Phase ist uns die Verfassungsgrundlage überaus deutlich geworden. Und wir haben, egal in welcher Regelung wir waren, immer der Verfassung entsprochen, auch wenn Sie heute anderes unterstellen. Diese Unterstellung weise ich als Erstes zurück. Wenn Sie es nicht vertragen, dass das Verfassungsgericht in Thüringen nicht in Ihrem Sinne entschieden hat, dann müssen Sie dieses Land doch verlassen. Ansonsten muss ich darauf bestehen; die Sprüche des Verfassungsgerichts gelten für alle.
Um den Geist Ihrer Truppe deutlich werden zu lassen, es gilt halt noch, was die PDS als Entwurf des Grundgesetzes 1994 in den Bundestag eingebracht hat. Es ist das letzte von der PDS als solches zu erkennende Programm, das Gültigkeit hat. Seitdem haben Sie es ja nicht wieder korrigieren können oder wollen. Das will ich nicht kommentieren. Diese Verfassung, dieser Grundgesetzentwurf ist an vielen Stellen abenteuerlich. Aber die wildeste Stelle ist die, in der Sie für die Verfasstheit dieses Gemeinwesens vorschlagen, sogar fordern, dass die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts mit einfacher Mehrheit des Bundestags zurückgenommen werden sollen. Ich bitte nachzulesen in der Bundestagsdrucksache, die Nummer kann ich nachreichen.
Also das zeigt, wie ernst Sie die höchsten Gerichte in Deutschland und auch hier in Thüringen nehmen. Unsere Regelung hat Bestand gehabt, sie ist der Bevölkerung vorgelegt worden. Wir hätten die Verfassung 1994 oder 1993 mit einfacher Mehrheit ins Leben bringen können. Das ist in der Genese einer Verfassung zulässig und normal. Wir haben darüber hinaus eine Zweidrittelmehrheit in diesem Parlament gesucht und gefunden - es hat breitere Kompromisse nötig gemacht, aber es hat funktioniert - und wir haben dann noch mal die Extralegitimation durch die Bevölkerung gesucht.
Und jetzt halten Sie die Bevölkerung Thüringens einfach nicht für blöd, Herr Dr. Hahnemann! Jeder, der die Verfassung lesen wollte, hat sie lesen können. Sie ist mit den Tageszeitungen in jeden Haushalt getragen worden. Und die Zustimmung am Tag der Kommunalwahlen 1994, bei der auch die Verfassung als Volksentscheid mit zur Abstimmung stand, hat über 70 Prozent betragen. Wollen Sie diese über 70 Prozent tatsächlich für dumm verkaufen? Das ist eine Unverschämtheit!
Und jetzt noch einmal zu den Prinzipien, Sie haben ja so darauf herumgeritten. Ich möchte Sie noch einmal präzisieren. Es war die bisherige Spruchpraxis, bevor wir diese Thüringer Regelung gefunden haben, die mittlerweile auch in anderen Ländern angewandt wird - auch wenn sie dort noch nicht Verfassungsrang hat -, so in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, das wird einmal schnell beiseite gedrückt, dass die Abgeordneten das Transparente in aller Öffentlichkeit darstellen mussten. Das Transparenzgebot ist weiterhin gegeben, indem die Gesetze und die Regelungen veröffentlicht sind.
Wenn Ihnen der Staatsanzeiger nicht reicht, dann stellen Sie die Wirkung des Staatsanzeigers als Ganzes in Frage. Alle gesetzlichen Regelungen werden regelmäßig genau in dieser Publikation veröffentlicht. Es kann doch nicht sein, dass Sie in Frage stellen, dass das ein Verdecken der Entscheidung dieses Parlaments wäre.
Es war dann geboten, das möglichst jährlich zu machen. Davon sind wir mit unserer Verfassungspraxis abgewichen, weil bisher ein zweiter Verfassungsgrundsatz völlig unberücksichtigt blieb. Die standen konträr, gleichberechtigt nebeneinander. Denn neben diesem Transparenzgebot, für das wir eine Lösung gefunden haben, galt auch weiterhin und gilt auch weiterhin, dass der Abgeordnete nie in eigener Sache entscheiden darf. Aber haargenau bei der Einkommensregelung für die Abgeordneten selber haben wir gegen diesen gleichwertigen Verfassungsgrundsatz verstoßen.
Die beiden Regelungen stehen unauflöslich nebeneinander. Wir haben uns jetzt für den Vorrang der zweiten Regelung entschieden. Unser Verfassungsgericht hat das für rechtmäßig erachtet und bestimmt. Also erwecken Sie bitte nicht den Anschein, dass wir an dem Willen der Bevölkerung vorbei und möglicherweise durch Tricksereien uns eine ausschließlich vorteilhafte Regelung besorgt hätten. Das ist es nicht.
Wir haben auch nicht die Bevölkerungsgruppen herausgesucht, bei denen die meisten Einkommenszuwächse zu erwarten gewesen wären. Wir haben dezidiert durch das Statistische Landesamt ein objektives Verfahren gewählt
und die abhängig Beschäftigten - nur die - herangenommen, nicht die Leistungssportler, nicht die Topmanager, nicht die Selbständigen, wobei das mittlerweile dort mit den Einkommenszuwächsen auch nicht mehr so rosig aussieht, um uns nicht den Vorwurf einzuhandeln, wir wären dann weit weg von der durchschnittlichen Bevölkerung - beileibe nicht.
Wenn es - und das ist in den letzten Jahren erfreulicherweise nachgewiesen - bei der Thüringer Bevölkerung bei dem Bruttoverdienst vorangegangen ist, so hat dieses Parlament zusammen mit der Bevölkerung entschieden, dann sollen auch die Abgeordneten im Jahr darauf davon profitieren.
Ich habe schon vor Jahren gesagt und bin damals noch belächelt worden, und sollte es einmal mit den Einkommen zurückgehen bei den abhängig Beschäftigten, werden sich die Abgeordneten dann auch nichts herausnehmen können durch Passivität, da werden sie im Jahr danach auch an dieser rückgängigen Einkommensentwicklung teilhaben. Wir sind nicht mehr gar so weit weg davon. Jetzt unterstellen Sie, eben ist es schon korrigiert worden, wir würden auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen die Rosinen picken. Ich verwende jetzt kein anderes Bild, was Sie hier picken oder ausstreuen. Das würde mir einen Ordnungsruf einbringen. Darauf möchte ich heute tatsächlich verzichten. Aber es darf noch einmal vermerkt werden, dass wir dort keinen Deut von der Regelung der weitaus überwiegenden Bevölkerung in Thüringen abweichen, nämlich, wie schon ausgeführt wurde, die Hälfte zahlt normalerweise der Arbeitgeber, in unserem Falle dann der Landtag, respektive der Steuerzahler - eine vollkommen normale Regelung. Dann unterstellen Sie, bei der Bevölkerung würde das Netto seit Jahren zurückgehen, auch wenn das Brutto noch steige. Entschuldigung, wir sind von dieser fatalen Entwicklung in Deutschland genauso betroffen als Abgeordnete, auch wir sind von der permanenten Steuererhöhung betroffen, sei es an der Tankstelle,
sei es mit der Rechnung über das Erdgas und was auch immer, keinen Deut unterscheiden wir uns dort. Wir durchleben das, was in Berlin jetzt gemacht wird, in den Einkünften genauso wie jeder andere, und dort holen wir uns keine Sonderregelungen. Da wir jetzt einmal über die Höhe reden: Ich habe mir neulich die Mühe gemacht und habe mal unser Jahreseinkommen - das ist ja recht einfach zu errechnen, 12 x die Grunddiät, denn ein 13. haben wir uns ja selber genommen, ohne dass es uns gedankt wurde, in der Öffentlichkeit glatt untergegangen zu errechnen. Wir sind nach diesem Jahreseinkommen mittlerweile unterhalb von A 14. Dort habe ich also 12 x die Regelentschädigung vielleicht eines 45-Jährigen genommen, was so in etwa den Durchschnitt der Abgeordneten ausmacht, plus 91 Prozent dessen, was 1992 gezahlt wurde, es ist das so genannte 13. oder Weihnachts
geld - das wächst nicht mehr mit, da gibt es also eine feste Regelung, plus 300 5 geld, plus Zuschläge Familienzuschlag dies und das. In diesem Vergleich sind wir mittlerweile unterhalb von A 14, also schon unterhalb des Einkommens eines Bürgermeisters einer 5.000Seelen-Gemeinde oder unterhalb des Einkommens eines Schuldirektors, wenn er keine gar zu kleine Schule hat usw. Unberücksichtigt ist, dass wir normalerweise - ich weiß nicht, wie Sie das handhaben - für die nächste Wahl, weil wir ja weiter machen wollen, unsere Gelder für den Wahlkampf ansparen und die nirgends absetzen können. Die vielen Zigtausend Euro, die das kostet, da glaube ich für die große Mehrheit dieses Hauses zu sprechen, wird aus dem zu Versteuernden angespart, um den nächsten Wahlkampf zu bestreiten, ohne zu wissen, ob das von Erfolg gekrönt sein wird. Das wird in der Öffentlichkeit schier vergessen. Jetzt habe ich ein bisschen Einblick in die Wirtschaft; schon im mittleren Management wird glücklicherweise deutlich besser bezahlt. Das führt dazu - ich will uns nicht schelten, aber schauen wir uns doch um -, dass aus diesem mittleren Management schon niemand mehr in das Parlament drängt, niemand mehr aus dem hoch qualifizierten medizinischen Personal, sprich Ärzte, drängt noch in das Parlament, von den Journalisten hat sich auch noch keiner hier reingedrängt, obwohl es im Moment bei einzelnen Publikationen auch Geldprobleme gibt. Möglicherweise, Herr Dr. Hahnemann, wird auch bei der PDS der Andrang, in das Parlament zu kommen, größer sein und uns Ihre Anwesenheit hier ersparen. Also, insoweit hätte das vielleicht auch noch einmal einen Sinn. Wir sollten uns wahrlich nicht schlecht reden lassen. Es geht uns mit diesem Einkommen nicht schlecht, ich will da keine Klage führen, aber wir sollen auch nicht so tun, als ob wir uns auf Kosten der anderen bereichern. Sie tun das mit jeder Rede, die dieses Thema berührt, von diesem Pult aus und das ist unredlich.
Jetzt komme ich zu einem systematischen Fehler, den Sie mit Absicht machen. Das Schlimme bei Ihnen ist ja, dass Sie ja noch Intellekt haben und ihn trotzdem hier vorne leugnen,
und das mit Inbrunst. Immer wieder wird unterstellt, wir würden die Rentner und die Arbeitslosen in dieser Berechnung außen vor lassen. Ich sage es Ihnen noch einmal, obwohl ich weiß, dass Sie es längst begriffen haben - ich sage es jetzt für die Öffentlichkeit: Die Renten und die Arbeitslosenbezüge bemessen sich nach dem, was die jeweilige Berufsgruppe, der diese angehört haben, nämlich aktuell bekommen, einen festen Prozentsatz davon. Also wenn sich dort etwas ändert, ändert sich das dann in diesen beiden Bevölkerungsgruppen mit. Dass wir also keine doppelte Indizierung zulassen, die Sie uns dann, im Fall wir hätten es getan, wieder als Fehler anrechnen würden, genau auf diese Leimrute steigen wir eben nicht,
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten bei dieser Regelung bleiben, weil sie über die mittlere Distanz geeignet ist, diesen Selbstbedienungsvorwurf zu entkräften, sollten Leute wie Sie und Herr von Arnim auch noch so heftig keifen. Ich sage das jetzt mit dieser Deutlichkeit, weil noch niemand richtig öffentlich gefragt hat, was denn Herr von Arnim neben seiner C 4-Professur, die unsere Abgeordnetendiäten etwa um 80 Prozent übersteigt, dann noch an Nebenverdienst bekommt. Wer diese Nebenverdienstregelung abgesegnet hat in der dortigen Landesverwaltung, muss Tomaten auf den Augen und dick Wattepfropfen in den Ohren haben.
Ich behaupte, das geht in die Hunderttausende, was sich dieser Mann mit seiner Schmäh mittlerweile dazuverdient. Es ist schlimm um die politische Kultur in Deutschland bestellt, wenn das auch noch eine solche Öffentlichkeit erfährt. Ich bin jederzeit in der Lage, mich mit Kritikern auseinander zu setzen, aber auf die Frage meines früheren Pressesprechers, als wir im Hotel - damals hieß es, ich glaube, noch "Kosmos" -, als er dort eine Pressekonferenz Herrn von Arnim's besucht hatte. Er hat ihn dann hinterher persönlich befragt: Was haben Sie denn gegen die Regelung, die jetzt in Thüringen gewählt wurde? Antwort: Wenn es alle machen würden, hätte ich nichts mehr zu tun. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Sachverhalt, über den wir reden, ist offensichtlich zwischen den Fraktionen im Thüringer Landtag umstritten. Das ist zunächst nichts Verwunderliches, scheint mir aber wichtig noch einmal festzustellen, weil hier doch eine ziemliche Aufregung ist, die, wie ich finde, das Thema auch bei der Strittigkeit und bei der Brisanz - nicht verdient hat. Es ist zu Recht von Dr. Hahnemann darauf hingewiesen worden, dass es Urteile gibt und dass es eine Praxis geben könnte, die sich nicht zwingend aus dem Verfassungsgerichtsurteil eins zu eins decken müsste. Konsens hier im Plenum war zwischen den Fraktionen, dass es eine Ausschussberatung geben sollte und dass
- ich weiß schon, wovon ich rede - es im Ausschuss eine weitere Beratung geben sollte. Deshalb frage ich mich schon, warum hier so ein Theater inszeniert wird.
Ganz ruhig. Ich versuche ja eine Ansprache, auch an Sie, an die Mehrheitsfraktion insbesondere, und vielleicht sind Sie so gnädig, ertragen das die drei Minuten und dann haben Sie auch die Möglichkeit, gegen meine Argumente zu argumentieren, und ich verspreche Ihnen, ich höre Ihnen dann sehr aufmerksam zu. Also, ich will ein Argument noch einmal hervorheben, es gilt gerade auch in den Zeiten, in denen wir vielen Bevölkerungsgruppen immense Kürzungen in allen Bereichen zumuten und in denen unsere eigene Regelung...
(Zwischenruf Gnauck, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Das ist eine Bundesregelung!)
Herr Gnauck, ich bitte Sie einfach, nicht dazwischen zu reden; hören Sie zu, ertragen Sie es einfach. Auch ein Mann wie Sie, auch wenn er Minister ist, sollte so viel Anstand und politische Kultur haben, hier einem jungen Abgeordneten - wem auch immer - einmal fünf Minuten zuzuhören.
Es geht doch auch um eine gewisse Symbolik, zumindest würde es für mich darum gehen, um deutlich zu machen, wenn man anderen hohe Einsparungen zumutet, dass man auch mit gutem Beispiel vorangeht und gerade weil die Regelung - egal, wie sie getroffen wird - für die Politiker immer umstritten sein wird. Dann frage ich mich, zu der Rede, die hier gehalten wurde, kann man doch in 80 Prozent zustimmen, man kann in 30 Prozent zustimmen oder in 95 Prozent. Selbst wenn ein Abgeordneter Ihrer Fraktion vor an das Podium geht und sagt, ich habe eine andere Auffassung als meine gesamte Fraktion, gibt es so etwas wie Minderheitenrechte und die bedeuten, dass man hier seine Auffassung sagen kann, auch ohne dass hier sofort ein ganzes Rudel von Leuten vorgeht und den Redner persönlich attackiert. Darum geht es mir, ich finde es einfach unverschämt, wie Leute meiner Fraktion hier persönlich attackiert werden. Das ist jetzt nicht im Fall Dr. Hahnemann nur so, sondern es zieht sich heute durch die ganze Debatte, da können Sie die Tagesordnungspunkte nehmen - von Herrn Kummer angefangen, über Herrn Buse und andere. Das muss ich wirklich entschieden zurückweisen.
Herr Kretschmer, Sie haben hier den Abgeordneten Hahnemann als "Kasper" bezeichnet, jetzt ist "Heuchler" gefallen und das ist das, was ich nicht verstehe. Wenn sachlich