Nein, nein, eben nicht. Ich habe Ihnen deutlich vorgetragen, dass die wirtschaftliche Situation, die natürlich beeinflusst ist durch die Konjunktur in Thüringen, das ist ja unsere Diskussion auch im Rahmen der Enquetekommission, nicht so gut ist, wie sie hätte sein sollen. Aber dass Sie uns mit dieser einen Kennziffer Bruttoinlandsprodukt jetzt diese Globalabrechnung mit einer verfehlten Landespolitik aufschwatzen wollen, das lehnen wir natürlich ab. Ein bisschen schaut auch Schadenfreude bei Ihnen heraus, weil Sie nun jahrelang nicht mit diskutieren konnten wegen unserer guten Zahlen. Das lassen wir uns nicht auftragen. Ich denke, es wird sich auch wieder bessern. Diese Kennziffer ist nicht Alleinstellungsmerkmal für die Thüringer Wirtschaftsentwicklung und ich erlaube mir zum Schluss, Herr Kollege Lippmann, denn die Aktuelle Stunde ist ja - denke ich - bewusst heute angesiedelt worden, die Frage: Wo sind denn Ihre Aktuellen Stunden gewesen, als die Thüringer Bruttoinlandsprodukte gut waren? Da haben Sie sich doch auch nicht zu Wort gemeldet. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wenn man das Bruttoinlandsprodukt diskutiert, sollte man es zunächst einmal klar definieren. Man sollte sich im Klaren darüber sein, was es aussagt. Ich habe nicht immer den Eindruck, dass man die Definition der Wirtschaftsdaten kennt. Es gibt in der Wirtschaft Strukturdaten und Konjunkturdaten. Die BIP-Zahlen sind Konjunkturdaten und daneben haben wir eine Reihe von Strukturdaten. Wir stehen bei den Strukturdaten, also Industriebesatz, Industriedichte, ganz klar an der Spitze der neuen Länder. Mit einem Industriebesatz von 57 liegen wir fast doppelt so hoch wie Mecklenburg-Vorpommern, meine Damen und Herren. Also, wer da die Spitze einnimmt, das ist ganz klar. Diese Strukturdaten sagen mehr aus über die Entwicklung der neuen Länder und unseres Landes als ein Konjukturdatum. Jetzt aber zu dem Wert. Natürlich sind wir alle darüber nicht erfreut. Wir müssen aber schon analysieren und klären, wie sich diese Werte erklären. Wir haben es damit zu tun, dass der Bausektor bei uns sehr stark abschmilzt, stärker als in manchen anderen neuen Ländern. Wir haben es damit zu tun, dass der Handel Schwierigkeiten hat, der Einzelhandel insbesondere, aber auch der Großhandel. Wir bauen im staatlichen Bereich ab und im
Verkehrsbereich. Dies sind die Gründe, die zu dem BIPWert beitragen. Wichtig ist, dass die Branchen weiter wachsen, die für die weitere Entwicklung des Landes von so großer Bedeutung sind, nämlich Industrie und Gewerbe einerseits und der produktionsnahe Dienstleistungsbereich andererseits. Sie haben Recht, wir hatten schon Jahre, da hatten wir Zuwachsraten bei den Umsätzen, nicht beim BIP, von 15 Prozent und mehr bei Industrie und Gewerbe. Diese Zeit ging etwa zeitgleich zu Ende, als es die rotgrüne Koalition auf Bundesebene gab.
Ja, aber ganz genau. Herr Lippmann, das können wir anhand von Zahlen beweisen, das ist so. Aber man darf nicht eindimensional argumentieren. Es gibt strukturelle Einflüsse, die wirksam sind und die Ergebnisse auch erklären. Wir haben in diesen beiden Bereichen nach wie vor Spitzenwerte im Vergleich der neuen Länder, sie sind von Herrn Kretschmer schon genannt und ich will sie hier nicht alle wiederholen. Die eigentlich wichtige Erkenntnis, dass wir auf der einen Seite Strukturprobleme haben in bestimmten Branchen, insbesondere im Bau, aber auf der anderen Seite im Industrie- und gewerblichen Bereich und im Dienstleistungsbereich nach wie vor expandieren; leider nicht mehr so stark wie früher, aber im Gegensatz zu anderen Ländern expandieren wir immer noch. Und wir haben es sogar nach wie vor mit einem Zuwachs an Beschäftigung im Bereich Industrie und Gewerbe zu tun, im Gegensatz zu allen anderen neuen Ländern. Angesichts solcher Zahlen, Herr Gerstenberger, ist Ihre Behauptung, wir würden die Fördermittel falsch einsetzen, wirklich abwegig. Sie wissen es besser, Herr Gerstenberger. Sie kennen die Studien von IFO bis zur Helaba, die immer wieder bestätigen, dass wir höhere Werte erzielt haben dank eines richtigen Einsatzes der Fördermittel. Aber das ist auch ein Dauerthema, vielleicht kommen wir darauf morgen auch noch einmal zurück.
Was folgt aus diesen Daten? Es folgt daraus, dass man wieder an die eigentlichen Ursachen anknüpfen und sich fragen muss: Warum haben wir einen solchen Konjunktureinbruch? Da sind doch nicht die Länder zuständig und verantwortlich. Wir können den auch nicht abarbeiten. Der Bund muss vorangehen. Wie oft soll das noch gesagt werden? Deshalb weist dieser Punkt, den Sie auf die Tagesordnung gesetzt haben, nur auf Sie zurück. Es beweist, dass Handlungsbedarf besteht im Bereich der Bundesregierung. Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich kann auch den zweiten Teil der Aktuellen Stunde schließen.
Thüringer Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, zur Anpassung von Rechtsvorschriften an die Insolvenzordnung und zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung (Thüringer Zivilrechts- ausführungsgesetz) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2719 ERSTE BERATUNG
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Landesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, zur Anpassung von Rechtsvorschriften an die Insolvenzordnung und zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung zur Beratung und Beschlussfassung vor. Worum geht es bei diesem Gesetzentwurf mit diesem langen Titel, der unter dem Kurztitel Thüringer Zivilrechtsausführungsgesetz - immer noch ein Wortungetüm - vielleicht etwas verständlicher wird.
In Thüringen, meine Damen und Herren, existieren bislang noch keine Ausführungsbestimmungen zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. Dies geschieht mit dem Ihnen nun heute hier vorliegenden Gesetzentwurf. Für das Bürgerliche Gesetzbuch und das Zwangsversteigerungsgesetz ist zwar grundsätzlich der Bund zuständig, jedoch können die Länder zur Ausführung der beiden Gesetze länderspezifische Regelungen treffen. Diese gesetzlichen Regelungen sollen für Thüringen durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschaffen werden. Es war bislang eine Regelungslücke vorhanden, die nunmehr geschlossen werden soll. Soweit es im Einzelfall einmal notwendig war, hat die gerichtliche Praxis diese Lücke bisher durch Ergänzung und Auslegung geschlossen. Die vorgesehenen gesetzlichen Regelungen dienen auch in diesen Fällen der Rechtsklarheit und damit der Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Neben den Ausführungsbestimmungen zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung werden in dem Gesetzent
wurf weitere Regelungen vorgenommen. So werden unter anderem im Hinblick auf die neue Insolvenzordnung landesrechtliche Rechtsvorschriften angepasst. Darüber hinaus werden auf Anregung des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit zwei Änderungen des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung vorgenommen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hätte diese verschiedenen Regelungen in fünf Einzelgesetze aufteilen können. Im Interesse eines effektiveren Gesetzgebungsverfahrens haben wir die Form eines Artikelgesetzes gewählt. Ich möchte mir im Einzelnen noch einige Ausführungen gestatten.
Artikel 1 dieses Gesetzes enthält Regelungen zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die sich aufbautechnisch an der Reihenfolge der fünf Bücher des Bürgerlichen Gesetzbuchs orientieren. Es sind im ersten Abschnitt Ausführungsbestimmungen zum allgemeinen Teil des BGB geregelt. Dabei handelt es sich um Zuständigkeitsregelungen zum Vereinsrecht. Das Thüringer Innenministerium erhält die Zuständigkeit für die Verleihung der Rechtsfähigkeit an Vereine nach § 22 Bürgerliches Gesetzbuch, für die Entziehung der Rechtsfähigkeit sowie für die Genehmigung von Satzungsänderungen. Darüber hinaus wird dem Ministerium die Möglichkeit eröffnet, die Zuständigkeit für die Entziehung der Rechtsfähigkeit von Vereinen durch Rechtsverordnung auf eine nachgeordnete Behörde zu übertragen.
Der zweite Abschnitt behandelt Ausführungsbestimmungen zum Recht der Schuldverhältnisse. Hier darf ich auf die Regelungen über Altenteilverträge hinweisen, die auf Artikel 96 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch beruhen. Es werden Normen übernommen, die bereits früher in einem Teil Thüringens aufgrund des man höre und staune - preußischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch galten. Man könnte möglicherweise hier einwenden, dass der Anteil der hauptberuflich in der Landwirtschaft Berufstätigen und die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in unseren Tagen erheblich zurückgegangen sind und gesetzliche Regelungen daher nicht notwendig seien. Auch ist die Alterssicherung der Landwirte heute natürlich weitestgehend anderweitig gewährleistet, so dass die vorgesehenen Regelungen zum Altenteil eigentlich überflüssig erscheinen könnten. Dennoch besteht, worauf einige Notare in Thüringen insbesondere aufmerksam gemacht haben, auch weiterhin ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf zur Regelung von Altenteilverträgen, denn gerade im ländlichen Bereich spielen nach einer Hofübergabe für die in den Ruhestand tretenden Landwirte unter anderem die Regelungen über die Gewährung von zusätzlichen finanziellen Mitteln, über das Zurverfügungstellen einer Wohnung und über die Pflege und Versorgung in Krankheitsfällen eine nicht ganz unerhebliche Rolle. Auch in den städtischen Gebieten sind derartige Verträge nicht ausgeschlossen, da ihre Zulässigkeit nicht nur auf landwirtschaftliche Anwesen allein beschränkt ist, auch
wenn dort natürlich das Schwergewicht im Bereich der Landwirtschaft in der praktischen Anwendung liegen dürfte. Gerade von Notaren in Thüringen ist aber die Bitte an die Landesjustizverwaltung herangetragen worden, doch bitte schön Regelungen gesetzlich zu treffen, diese Regelungen konnten nämlich bislang nur auf vertraglicher Grundlage vorgenommen werden.
Der dritte Abschnitt enthält Ausführungsbestimmungen zum Sachenrecht. Hier geht es um die Beschränkung von Reallasten, die Kündigung von Grundpfandrechten sowie um fundrechtliche Ausführungsregelungen. Letztere machen die Thüringer Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Fundrechts vom 25. Mai 1999 entbehrlich. Diese Vorschrift wird durch Artikel 5 des Entwurfs aufgehoben, was unseres Erachtens eine sehr begrüßenswerte Bündelung von Rechtsvorschriften bedeutet.
Der vierte Abschnitt des Gesetzes zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält mehrere Ausführungsbestimmungen zum Familienrecht und zum Erbrecht.
Schließlich enthält Artikel 2 Bestimmungen, die auf dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung sowie dem Einführungsgesetz dazu beruhen. Die in Artikel 2 enthaltenen Regelungen mussten bislang durch die gerichtliche Praxis ergänzt und ausgelegt werden, was an sich ganz grundsätzlich kein wünschenswerter Zustand ist.
In seinem ersten Abschnitt werden allgemeine Bestimmungen zu den so genannten öffentlichen Lasten, zur Veröffentlichung der Festsetzung des Versteigerungstermins, zum Nichterlöschen bestimmter nicht in das Grundbuch eingetragener Rechte, zur Befreiung bestimmter öffentlich-rechtlicher Körperschaften von der Pflicht zur Sicherheitsleistung sowie zum Aufgebotsverfahren zur Ausschließung eines unbekannten Berechtigten getroffen.
Mit dem In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung sind die Konkurs- und Vergleichsordnung sowie die Gesamtvollstreckungsordnung außer Kraft getreten. In Artikel 3 werden nun die landesrechtlichen Gesetze, indem auf die Vorschriften der außer Kraft getretenen Gesetze Bezug genommen wird, dem neuen Recht angepasst. Da es sich lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, haben wir bislang davon abgesehen, dies in einem eigenen Gesetz bereits vorab umzusetzen.
In Artikel 4 werden nunmehr Änderungen des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung vorgenommen. Diese Änderungen erfolgen auf Anregung des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit. Hier geht es um die Anerkennung der Verbraucherinsolvenzberatungsstellen. Die geltende Formulierung
im Gesetz hat zu Missverständnissen bei einigen Landkreisen und kreisfreien Städten über die Kompetenzverteilung im Anerkennungsverfahren geführt. Es wird nunmehr klargestellt, dass die Anerkennung der Verbraucherinsolvenzberatungsstellen allein vom Landesamt für Soziales und Familie vorgenommen wird. Die bisherige Vorprüfungspflicht der Landkreise und kreisfreien Städte über das Vorliegen der fachlichen Voraussetzungen als Verbraucherinsolvenzberatungsstelle entfällt damit, wodurch die Landkreise und kreisfreien Städte, die weiterhin ein Vorschlagsrecht haben werden, eine gewisse Entlastung erfahren. Der Vorschlag dient unseres Erachtens der Bündelung und Straffung von Verwaltungsverfahren. Darüber hinaus wird im Gesetz schließlich eine gesetzliche Grundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung durch das zuständige Ministerium geschaffen, in der festzulegen ist, welche fachlichen Anforderungen an eine Einrichtung gestellt werden, damit sie als geeignete Beratungsstelle anerkannt werden kann.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf werden in einigen Bereichen des Thüringer Landesrechts vorhandene Regelungslücken geschlossen und das Landesrecht im Bereich der Insolvenzordnung aktualisiert sowie den bundesgesetzlichen Änderungen angepasst. Mit diesen Regelungen wird der eine oder andere Sachverhalt richtig dargestellt und in der täglichen Praxis handhabbarer gemacht. Ich bitte Sie daher, diesem Gesetzentwurf gegebenenfalls nach Ausschussberatung Ihre Zustimmung nicht zu versagen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, Karl Valentin wird der Satz zugeschrieben: "Es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von mir." Herr Staatssekretär hat sehr ausführlich den Gesetzentwurf vorgestellt, so dass ich jetzt darauf verzichte, das alles noch einmal hier vorzutragen. Ich möchte trotzdem beantragen, wir sollten dieses Gesetz im Justizausschuss ausführlich beraten, um es dann nach einer entsprechenden Beschlussempfehlung hier im Plenum zu beschließen. Ich beantrage deshalb im Namen meiner Fraktion die Überweisung der Drucksache 3/2719 an den Justizausschuss. Danke für die Aufmerksamkeit.
Wir haben den Überweisungsantrag gehört. Ich frage, wer der Überweisung an den Justizausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön, das ist die Mehrheit. Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann kann ich den Tagesordnungspunkt schließen und ich komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 6
a) Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Thüringer Talsperrenverwaltung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2731 ERSTE BERATUNG
b) Thüringer Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens "Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen" (ThürSvwSG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/2725 ERSTE BERATUNG
Die Begründungen dazu gibt uns die Landesregierung als Einreicher dieser Gesetze. Herr Minister Dr. Sklenar.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dieser Tagesordnungspunkt enthält zwei Gesetzgebungsvorhaben, in denen die Landesregierung die Fernwasserversorgung in Thüringen auf eine neue und zukunftssichere Grundlage stellen will. Beide Verfahren sind untrennbar miteinander verbunden. Die Ihnen vorliegende Drucksache 3/2731 beinhaltet das "Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Thüringer Talsperrenverwaltung". Hinter dieser eher unauffälligen Überschrift verbirgt sich nichts weniger als die Neuordnung der Strukturen der Fernwasserversorgung in Thüringen. Zentraler Baustein dieser institutionellen Reform ist die Fusion der Thüringer Talsperrenverwaltung mit dem Fernwasserzweckverband Nord- und Ostthüringen.
Ich darf Ihnen noch einmal die Ziele der Neuordnung in Erinnerung rufen, die von der Landesregierung und den kommunalen Aufgabenträgern gemeinsam getragen und verfolgt werden. Erstens geht es darum, die Fernwasserversorgung in unserem Land zu erhalten und langfristig zu stabilisieren. Auf dieses System sind nicht weniger als 30 Prozent der Bevölkerung angewiesen. Zweitens besteht die feste Absicht, die Fernwasserabgabepreise für die kommunalen Aufgabenträger deutlich zu reduzieren, um das qualitativ hochwertige Produkt Fernwasser auch zu wirtschaftlich attraktiven Bedingungen anbieten zu können. Diese Ziele lassen sich nur durch eine umfassende Realisierung aller wirtschaftlichen Optimierungseffekte erreichen und bedingen eine institutionelle Reform der Fern
Der Freistaat Thüringen hat mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf einen eigenständigen und auf die Bedürfnisse des Landes zugeschnittenen Weg eingeschlagen und bewusst auch an der öffentlich-rechtlichen Organisationsform der Fernwasserversorgung festgehalten. Die Eckpunkte des Gesetzentwurfs lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der Fernwasserzweckverband Nord- und Ostthüringen tritt als gleichberechtigter Träger neben dem Land der bestehenden Anstalt des öffentlichen Rechts bei. Der Verband bringt sein Vermögen ein und erhält hierfür einen Teil am Stammkapital der Thüringer Fernwasserversorgung. Das Gesetz erlaubt den Zutritt weiterer Träger zur Anstalt. Die Landesregierung betont in diesem Zusammenhang, dass es sich hier um ein Angebot zur Mitgestaltung einer zukunftsfähigen Fernwasserversorgung in Thüringen handelt. Die Entscheidung darüber obliegt aber einzig und allein dem jeweiligen Aufgabenträger. So frei diese Entscheidung ist, so wenig kann sich aber derjenige auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen, der sich aus kurzsichtigen Erwägungen heraus gegen einen Zutritt ausspricht.
Ein weiterer Eckpunkt ist die Einrichtung der Anstaltsund Gewährträgerversammlung als oberstes Organ der Thüringer Fernwasserversorgung. Mit diesem Gremium soll die gemeinsame und partnerschaftliche Kontrolle der Anstalt durch die kommunale Seite und das Land gewährleistet werden. Das Gesetz enthält außerdem den Grundsatz, dass auch weiterhin ein landesweit einheitliches Rohwasserentgelt erhoben wird. Damit wird die am Solidargedanken verpflichtete Regelung des bisherigen Gesetzes fortgeführt. Die außerhalb der Anstalt verbleibenden Abnehmer von Rohwasser können damit auf einer verlässlichen Grundlage planen. Schließlich wird das Land nach Artikel 2 des Gesetzentwurfs die Anstalt entschulden; es leistet hierzu eine Kapitalrücklage von rund 199,7 Mio. Wie diese Kapitalrücklage eingebracht werden soll, ist Gegenstand der zweiten Ihnen vorliegenden Drucksache "Thüringer Gesetz über die Errichtung eines Sondervermögens 'Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen'". Das Land wird in dieses Sondervermögen die Kreditverbindlichkeiten der Thüringer Talsperrenverwaltung und des Fernwasserzweckverbands Nord- und Ostthüringen übernehmen. Das Sondervermögen wird die anfallenden Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber den Kreditinstituten bedienen.
Durch jährliche verstetigte Zuführungen aus dem Landeshaushalt an das Sondervermögen wird eine verstetigte Belastung des Etats gewährleistet. Die Entschuldung der Thüringer Fernwasserversorgung stellt in Anbetracht der aktuellen Haushaltslage sicher einen schwierigen Weg dar. Sie besitzt aber zur Lösung der Aufgabe der langfristigen Stabilisierung der Fernwasserversorgung und Reduzierung der Abgabenpreise gegenüber anderen Alternativen einen entscheidenden Vorteil: Die Belastung des Landeshaushalts wird mit der vollständigen Tilgung der
Verbindlichkeiten entfallen. Die Entschuldung ist daher in jedem Fall einer auf unbestimmte Zeit fortzuführenden jährlichen Subventionierung der Fernwasserversorgung vorzuziehen. Das Sondervermögen wird außerdem alle übrigen bestehenden Verbindlichkeiten des Landes übernehmen, soweit sie mit dem Bau der Talsperre Leibis in Beziehung stehen. Damit wären die gesamten finanziellen Verpflichtungen des Landes im Zusammenhang mit der Fernwasserversorgung zusammengefasst und transparent gestaltet. Dem Land entstehen durch die notwendigen Zuführungen an das Sondervermögen in den Jahren 2003 und 2004 Kosten von 16 Mio. #! = von rund 23 Mio. #!
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Vorbereitungen für die Fusion laufen auf Hochtouren. Die an der Fusion beteiligten Einrichtungen und das Beratungsunternehmen Kienbaum haben unter Leitung des Ministeriums begonnen, sich mit der Organisation und der Struktur des neuen Unternehmens und der damit im Zusammenhang stehenden Personalkonzeption zu befassen. Der Fernwasserzweckverband Nord- und Ostthüringen hat mit seinen Beschlüssen aus Verbandsversammlungen am 21.06.2002 und 20.09.2002 der Fusion mit der Thüringer Talsperrenverwaltung zugestimmt. Durch die entsprechende Änderung der Verbandssatzung hat er sich auf eine geordnete Umsetzung der Fusion und die notwendigen rechtlichen Schritte vorbereitet. Die im Zusammenhang mit der Fusion aufgetretenen steuer- und beihilferechtlichen Fragen sind geklärt und zugunsten des gewählten Modells beantwortet. Die Vertragsverhandlungen mit den Mitgliedern des Fernwasserzweckverbands über den Bezug von Fernwasser ab dem 01.01.2003 befinden sich im Endstadium. Es liegen nahezu alle Abnahmeverträge von den Beziehern unterschrieben vor. Dies bedeutet, sowohl der Absatz der gegenwärtigen Abnahmemengen an die Bezieher als auch der zukünftige Mehrbedarf mit über 10 Mio. m³ bereits ab 2005 ist gesichert. Allein schon die Steigerung des Absatzes um 25 Prozent bereits ab dem dritten Wirtschaftsjahr des neuen Unternehmens zeigt das Vertrauen der Fernwasser beziehenden Verbände und Kommunen in dieses Zukunftsmodell. Es liegt nunmehr am Land, seinerseits die notwendigen Schritte für die Fusion zu ergreifen. Mit beiden Gesetzesvorlagen kann durch eine moderne, nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten optimierte Struktur und durch alternative Konditionen für die Fernwasserbezieher ein dauerhaftes und stabiles Fundament für die Fernwasserversorgung in Thüringen geschaffen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich denke, damit schaffen wir die Basis, dass die Fernwasserversorgung nicht privatisiert wird, denn wir wollen nach wie vor daran festhalten, dass das in kommunaler Hand bleibt und das werden wir mit diesen beiden Gesetzen auch sicher erreichen.
Das war die Begründung. Damit kommen wir jetzt zur Aussprache über beide Punkte, a und b. Es hat der Abgeordnete Kummer, PDS-Fraktion, das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister, Sie werden sich sicherlich noch daran erinnern, dass ich Ihnen zur Grundsteinlegung der Talsperre Leibis/Lichte am 06.09.2002 ein Fass ohne Boden überreichte, mit dem ich die Hoffnung zum Ausdruck bringen wollte, dass diese Talsperre nie ein solches wird. Heute, meine Damen und Herren, haben wir zwei Gesetze vorliegen, die beinhalten, dass das Fass Fernwasserversorgung, zu dem auch die Talsperre Leibis/Lichte gehört, bis zum Jahr 2031 ein Fass ohne Boden bleibt, in das jährlich 23 Mio. !neingeschüttet werden müssen. Das Nähere zu diesen Zahlen, zu diesen 23 Mio. + 50* richtung eines Sondervermögens "Verbesserung wasserwirtschaftlicher Strukturen" geregelt, auf das mein Kollege Herr Gerstenberger noch eingehen möchte. Ich möchte etwas gründlicher auf das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Thüringer Talsperrenverwaltung eingehen, das eigentlich zum besseren Verständnis "Gesetz zur Neustrukturierung der bankrotten Fernwasserversorgung in Thüringen" genannt werden müsste.