Protocol of the Session on September 13, 2002

Vor allem besteht eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt/Thüringen. Beispielhaft sei an dieser Stelle der Arbeitskreis "Frauen und Arbeitsmarkt in Thüringen" genannt.

(Beifall bei der CDU)

Ziel dieses Arbeitskreises ist eine stärkere Zusammenarbeit aller Institutionen, die in ihm vertreten sind. Neben dem Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt/Thüringen und meinem Arbeitsbereich sind das vor allem das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur, das Arbeitsamt Erfurt, das Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft e.V. und die Gesellschaft für Arbeit und Wirtschaftsförderung. Zwischen den genannten Institutionen besteht ein ständiger Austausch zu vielen gleichstellungspolitischen Themen, zum Lebensumfeld von Frauen und natürlich auch zur Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt.

Darüber hinaus pflege ich einen engen Austausch mit den Beauftragten für Chancengleichheit der Arbeitsämter, den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, dem Landesfrauenrat, den Unternehmerinnenverbänden, den Frauenbeauftragten der obersten Landesbehörden sowie

dem Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft. Weil es diesen Austausch gibt, ist mir die Situation der Frauen auf dem Thüringer Arbeitsmarkt sehr wohl bekannt und deswegen hat die Studie des DGB für uns auch keine neuen Erkenntnisse an den Tag gebracht. Wir sind aber natürlich bereit, mit dem DGB sowie mit allen anderen gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen in einen konstruktiven Dialog zum Abbau der Arbeitslosigkeit und insbesondere der Frauenarbeitslosigkeit zu treten.

Wir streben an, Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Arbeitslosigkeit zu fördern. Für die Beschäftigung von Frauen schaffen wir mit arbeitsmarktpolitischen Programmen einen größeren Anreiz durch höhere Fördersätze. Im so genannten zweiten Arbeitsmarkt ist die Beschäftigung von Frauen relativ leicht steuerbar, weil hier die Teilnehmerinnen an Maßnahmen in der Regel durch das Arbeitsamt zugewiesen werden. Bei der Vermittlung in Unternehmen im ersten Arbeitsmarkt ist letztendlich die Personalauswahl des Unternehmens ausschlaggebend. Hier muss dringend auf das Potenzial gut ausgebildeter Frauen hingewiesen werden, dass z.B. dem befürchteten Fachkräftemangel entgegenwirken kann.

Um die steigende Zahl von arbeitslosen Berufsrückkehrerinnen, es sind 99 Prozent, verringern zu können, wurden zum 1. Juli 2002 Fördereckwerte für den Wiedereinstieg in das Berufsleben in Kraft gesetzt. Weil bei Berufsrückkehrerinnen davon auszugehen ist, dass sie länger als ein Jahr aus dem Arbeitsprozess ausgegliedert gewesen sind und dem Arbeitsamt damit nicht zur Vermittlung zur Verfügung standen, soll eine Qualifizierung angeboten werden, eine Qualifizierung, die sich aus verschiedenen individuell kombinierbaren Modulen zusammensetzt und Praktika einschließt. Inwieweit Frauen in Thüringen eine Neuausrichtung politischer Ansätze zur Gleichstellungspolitik erwarten, wurde zur diesjährigen Messe "Dienst & Leistung - Frauen und Wirtschaft gemeinsam erfolgreicher" vom 13. bis 14. Juni deutlich. Die Mehrzahl der anwesenden Frauen erwartet eine sachbezogene Politik mit integrierten frauenpolitischen Inhalten. Die Messe hat sich an diesem Anspruch orientiert. Zu dieser Dienstleistungsmesse haben Frauen, aber auch Männer ihre unternehmerischen Leistungsspektren vorgestellt. Es ist besonders erfreulich, dass zu zwei Dritteln Unternehmen auf dieser Messe ausgestellt haben, die von Frauen geführt werden.

(Beifall bei der CDU)

Von diesen Unternehmerinnen und Geschäftsführerinnen wurde die Messe positiv bewertet. Dabei wurde insbesondere begrüßt, dass die Veranstaltung keine reine Frauenmesse war wie in der Vergangenheit üblich, sondern eben eine Fachmesse, die Frauen und Männer gleichermaßen ansprechen sollte.

(Beifall bei der CDU)

Diese Messe war auch deswegen bedeutsam, weil den Besucherinnen und den Besuchern ein breites Spektrum der Chancen für Frauen im Dienstleistungssektor vorgestellt wurde. Insbesondere die Gesprächsrunden "Deutschland - eine Dienstleistungswüste" und "Frauen sind die Macherinnen im Dienstleistungssektor" haben eine intensive Diskussion gleichstellungspolitischer Aspekte zwischen Politik und Wirtschaft angestoßen.

Meine Damen und Herren, wichtig bei der Diskussion zwischen Wirtschaft und Politik über die Situation von Frauen in Thüringen ist auch ein anderer Aspekt, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Flexible und effektive Angebote in der Kinderbetreuung tragen entscheidend dazu bei, ob Frauen und junge Familien Thüringen als attraktives Land wahrnehmen oder nicht.

(Beifall bei der CDU; Abg. K. Wolf, PDS)

Gerade, weil andere Länder in der EU, insbesondere die skandinavischen Staaten, auf diesem Gebiet schon deutlich weiter sind als die Bundesrepublik Deutschland,

(Beifall bei der CDU; Abg. K. Wolf, PDS)

legen wir auf eine Verbesserung der Situation hier besonderen Wert.

(Beifall bei der CDU)

Denn hier geht es nicht nur um die Interessen der Frauen, sondern auch um die Zukunft der Kinder.

(Beifall bei der CDU)

Aus diesem Grund haben wir hier in Thüringen seit 1991 ein Gesamtkonzept entwickelt, das sowohl die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, als auch Betreuungsangebote im Interesse der guten Entwicklung von Kindern ermöglicht. Dazu gehören ein bedarfsorientiertes Angebot für Kinder unter zwei Jahren und sechs Monaten in Kinderkrippen und gemeinschaftlichen Einrichtungen. Dazu gehört die Zahlung des Landeserziehungsgelds im Anschluss an das Bundeserziehungsgeld bis das Kind zweieinhalb Jahre alt ist. Dazu gehört der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab zwei Jahren und sechs Monaten bis zum Schuleintritt,

(Beifall bei der CDU)

und das nicht nur von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr, sondern einen ganzen Tag lang, das wird nämlich auch nicht immer in diesem Umfang gesehen. Außerdem gibt es den Rechtsanspruch auf Hortbetreuung bis zum Abschluss der Grundschule im Hort an der Schule oder im Kinderhort eines freien Trägers bei Angebot eines warmen Mittagessens. Und es gibt die Tagespflege als individuelle Betreuung durch eine Tagesmutter.

(Beifall bei der CDU)

Ein solches Angebot ist einmalig in der Bundesrepublik, ein Angebot, das wir noch stärker als Standortfaktor herausstellen und das wir noch stärker als Vorteil für potenzielle Investoren vorzeigen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch in Thüringen werden die Betreuungszeiten in vielen Fällen nicht den Beschäftigungszeiten von Frauen, beispielsweise in den Bereichen Handel, Gastronomie und in Gesundheitsberufen, gerecht. Hier besteht Handlungsbedarf für flexiblere und an den Bedarf angepasste Betreuungsmodelle.

(Beifall bei der CDU; Abg. K. Wolf, PDS)

Die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen in den Kindertagesstätten zu dieser Flexibilisierung wird mir immer wieder signalisiert. Meine Damen und Herren, Chancengleichheit beginnt im Vorschulalter und setzt sich in der Schule fort. Je früher wir damit anfangen, fest gefügte Rollenbilder von Mädchen und Frauen aufzubrechen, desto besser ist es.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen müssen wir darauf achten, dass unsere Lehrund Lernmittel das Ziel einer gleichwertigen und partnerschaftlichen Lebensgestaltung von Frau und Mann mit berücksichtigen. Selbstverständlich muss der Unterricht so gestaltet sein, dass er die Interessen und Neigungen von Mädchen und Jungen in gleichem Maße anspricht und fördert. Die geringere Beliebtheit von Naturwissenschaften bei Mädchen z.B. ist keine Folge von Begabungsunterschieden. Das haben Untersuchungen noch einmal klar erwiesen.

Wir sind dabei, Unterrichtsmodelle und -materialien zu entwickeln, mit denen die Distanz der Mädchen zur Mathematik, vor allem aber zur Physik und Chemie, abgebaut werden soll. Die Lehrerinnen und Lehrer müssen in ihrem Unterricht die unterschiedlichen Zugänge, die Mädchen und Jungen zu bestimmten Inhalten haben, berücksichtigen und mit entsprechend differenziertem Unterricht reagieren.

(Beifall bei der CDU)

Bereits in der Schulzeit sehen wir die Notwendigkeit, das Spektrum der Berufswahlmöglichkeiten von jungen Menschen zu erweitern, um damit das tradierte Berufswahlverhalten von Mädchen gleichermaßen für andere Berufe zu entwickeln und damit eventuell drohender Arbeitslosigkeit vorzubeugen.

(Beifall bei der CDU)

Sie sollen also nicht die 10 "Hitberufe" wählen, die sie nach wie vor noch wählen, weil sie damit große Chancen haben, keinen Arbeitsplatz zu bekommen. Im Übrigen zeigen dieses Wahlverhalten auch Jungen und es sollte dieses Wahlverhalten auch dort aufgebrochen werden.

(Beifall bei der CDU; Abg. K. Wolf, PDS)

Laut Berufsbildungsbericht 2002 konzentriert sich das Berufsspektrum also wieder auf die eben genannten "Hitberufe", die ich jetzt nicht noch einmal aufführen will, weil ich denke, sie sind allen bekannt. Im Zusammenhang mit der Thematik "Berufsausbildung" ist das Angebot an neuen Berufen in Thüringen interessant und auch die Frage, in welchem Umfang sie nachgefragt werden. Hierzu hat das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur eine Unternehmensbefragung in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Befragung lagen am 8. Mai dieses Jahres vor und wurden anlässlich der Sitzung des Thüringer Landesausschusses für Berufsbildung vorgestellt. Ich darf nur einen kurzen Auszug daraus geben. Beim Anteil an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen lag Thüringen im Ausbildungsjahr 2001/2002 an der Spitze der neuen Länder

(Beifall bei der CDU)

und leicht oberhalb des bundesdeutschen Durchschnitts.

(Beifall bei der CDU)

Von insgesamt 38 neuen Berufen, in denen zurzeit in Deutschland ausgebildet werden kann, werden in Thüringen 32 angeboten. Das ist eine ungeheure Vielfalt.

(Beifall bei der CDU)

Betrüblich ist allerdings, dass Frauen leider nach wie vor in den neuen Berufen unterrepräsentiert sind. Junge Frauen sind in den neuen Berufen sowohl unter allen Auszubildenden als auch bei den im Jahr 2001 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen deutlich weniger vertreten. Unter 3.400 Jugendlichen, die in Thüringen in neuen Berufen ausgebildet werden, befinden sich 926 junge Frauen. Das entspricht einem Anteil von 27 Prozent. Im Vergleich dazu liegt der Frauenanteil an allen Jugendlichen, die in Thüringen gegenwärtig eine duale Ausbildung absolvieren, bei 37 Prozent. Problematisch ist vor allem die zu beobachtende Tendenz. Erreichte der Frauenanteil in den neuen Berufen 1998 noch den Durchschnittswert aller Berufe von 41 Prozent, so ist er bereits 1999 auf ein Drittel gesunken. Diese Entwicklung in Thüringen ist jedoch keine Sondersituation, obgleich sie nicht übersehen werden darf. Im Vergleich mit den 16 Ländern rangiert Thüringen mit 25,9 Prozent auf Rang vier bei der Betrachtung des Frauenanteils an den im Jahr 2000 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen in neuen Berufen. Damit liegt Thüringen über dem Bundesdurchschnitt von 23,5 Prozent.

(Beifall bei der CDU)

Es ist unsere Aufgabe, Mädchen nicht nur für die neuen Berufe, sondern auch verstärkt für naturwissenschaftlich-technische Berufe zu interessieren. Der Weg dorthin wird von uns bereits beschritten. So besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle Naturwissenschaft und Technik an der TU Ilmenau, um das Interesse von Mädchen für naturwissenschaftlich-technische Studiengänge zu fördern. Die Initiative "FrITZI" (d.h. Forum zu Fragen der Informationsgesellschaft, Technologie, Zukunft und IT- Berufen) wurde initiiert vom Arbeitskreis Arbeitsmarkt für Frauen und wird von der Landesregierung unterstützt. Im Rahmen dieser Initiative sollen Thüringer Schülerinnen für zukunftsträchtige, d.h. technische Medien und IT-Berufe interessiert werden.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem Kalender "Job 2002/2003" erhalten Schülerinnen und Schüler umfangreiche Informationen zur Berufswahl, Berufsentscheidung, Bewerbung, insbesondere zu neuen Berufen. Die neuen Berufe werden direkt von den Unternehmen vorgestellt, die solche Berufe anbieten. Weil wir die Abwanderung nur verhindern können, wenn wir für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein gleichermaßen attraktives Umfeld bieten, müssen wir vor allem auf Innovation, auf Bildung und Wissenschaft setzen. Deswegen ist auch die Situation der Frauen in der Wissenschaft für die Landesregierung ein zentrales Anliegen. Gerade für Frauen haben sich mit dem In-Kraft-Treten der Thüringer Hochschulgesetznovelle im Mai 1999 weitere Möglichkeiten eröffnet. Zahlreiche Regelungen zur Verbesserung der Situation der Frauen an den Hochschulen sind in Kraft getreten. So stieg zum Beispiel der Frauenanteil unter den Professoren an der Friedrich-Schiller-Universität Jena von 5 Prozent im Jahr 1994 auf 12 Prozent im Jahr 2001. Im Bundesdurchschnitt ist das ein hervorragendes Ergebnis.

(Beifall bei der CDU)

Bei den Promotionen im Freistaat Thüringen hat sich der Anteil der Frauen zwischen 1999 und 2001 von 35 auf 41 Prozent erhöht, bei den Habilitationen von 15 auf 25 Prozent. An der Universität Erfurt wurde eine Professur für Soziologie mit dem Schwerpunkt Struktur und Spezifik der Geschlechterbeziehung/Frauenforschung eingerichtet. Diese soll Forschungsaktivitäten regional vernetzen und Ergebnisse aus den Bereichen Sozialwissenschaften, Kultur- und Geisteswissenschaften sowie Natur- und Technikwissenschaften sichtbar machen. Die Landesregierung hat hier erhebliche Unterstützung geleistet. Ein neues Förderprogramm für Frauen in der Wissenschaft soll die Chancengerechtigkeit verbessern. Entscheidend dabei ist, wie individuell junge Frauen und Mütter gefördert werden können. So wurden u.a. Telearbeitsplätze für Mütter geschaffen, die in der Promotionsphase sind und Kleinkinder haben, damit sie von zu Hause aus auch an ihrer Qualifizierung weiterarbeiten können. Der Abschluss von

Promotionen mit Stipendien wird gefördert. Diese Stipendien ermöglichen es Frauen, die Betreuung ihrer Kinder mit dem Abschluss ihres Studiums zu vereinbaren. Der Besuch von wissenschaftlichen Veranstaltungen wird unterstützt, damit Wissenschaftlerinnen auf international bedeutenden Kongressen Vorträge halten können und ihre Namen unter ihren Kolleginnen und Kollegen bekannt machen können. Damit wurden ganz vielfältige neue Formen der Förderung entwickelt, um den spezifischen Bedingungen von Frauen in der Wissenschaft wirklich gerecht zu werden und das Ergebnis bestätigt diese Bemühungen.

(Beifall bei der CDU)