Gerade den allein Erziehenden hat die Bundesregierung durch die Abschaffung des Haushaltsfreibetrags ebenfalls eine schwere Last aufgebürdet. Und jetzt zu sagen, man habe das Problem erkannt und suche nach einer Lösung, ist absurd. Die Bundesregierung hatte diese Regelung bewusst beschlossen im Wissen um die Schlechterstellung der allein Erziehenden, sie hat aber nicht mit dem Widerstand der allein Erziehenden gerechnet. Das ist die ganze Wahrheit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir insgesamt mehr für Familien tun müssen, steht außer Frage, aber Thüringen hat erfolgreich Weichen gestellt, familienund kinderfreundlich auch für die Zukunft zu bleiben. Wir haben das Landeserziehungsgeld eingeführt, wir haben den Kindergartenplatz ab zweieinhalb Jahre, wir haben ein umfassendes Angebot auch an Krippen- und Tagesbetreuung und wir haben Hortplätze. Wir sind an dieser Stelle Vorbild unter den jungen Ländern und insgesamt in Deutschland.
Und selbst in haushaltspolitisch schwierigen Zeiten gestalten wir auf diesem Sektor - ich denke nur an das "Sonderprogramm für die Förderung von Spielplätzen", das kürzlich aufgelegt wurde - nein, Thüringen ist familienund kinderfreundlich und will das auch bleiben und wir werden dafür auch alle Anstrengungen unternehmen.
Die Union setzt auch weiter auf ein Familiengeld, das die Familie spürbar entlastet und vor allem die Kinder aus der Sozialhilfe holt. Wir brauchen einen generellen Wandel in der Einstellung zu Familien und Kindern.
Die Art, wie wir dieses Thema behandeln, entscheidet doch über die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allem Pluralismus, bei aller Liberalität und bei allen individuellen Freiheitsinteressen, wenn wir nicht wieder mehr Wert auf Familie und Kinder legen, berauben wir uns selbst unserer Zukunft.
Genau deshalb hat die CDU Thüringen eben nicht kurzfristig eine Aktion ins Leben gerufen, sondern im letzten Jahr am 21. August ein "Forum Familie" gestartet, das die ganze Breite der politischen Notwendigkeiten thematisiert: Familiengeld, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Bildung und Erziehung. Wir wollen uns mit Experten, mit denen, die betroffen sind, und denen, die am Thema interessiert sind, in den nächsten Monaten zu diesem Thema nicht nur verständigen, sondern auch einen Schritt vorankommen. Ich bin auch der Fraktion dankbar, dass sie die Große Anfrage zur Familienpolitik eingebracht hat und wir werden auch in den nächsten Wochen und Monaten Foren durchführen, z.B. zum Thema "familienfreundliche Stadt", zur Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist nicht die Rhetorik, die die Familienpolitik in Zukunft ausmacht. Wir müssen auch das, was uns das Grundgesetz aufgibt, entsprechend bei den politischen Prioritäten berücksichtigen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Artikel 6 im Grundgesetz - ich zitiere - "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung." ist eine politische Privilegierung von Ehe und Familie und sie ist gewollt und sie muss auch durchgesetzt werden.
Und genau deshalb, Herr Gentzel, bin ich der Landesregierung sehr dankbar, dass sie beim Verfassungsgericht in Karlsruhe Klage eingereicht hat - nicht gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz, sondern zur Frage, ob in Deutschland der Vorrang von Familie und Ehe überhaupt noch für Rotgrün gilt.
Es reicht nicht zu sagen, wann das Kind abends ins Bett muss, ich muss auch etwas tun für Ehe und Familie, das könnten Sie Ihrem Kanzler einmal ausrichten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nein, das ist der Kanzler
der Beliebigkeit. Er glaubt, indem seine Frau sagt, wann sein Kind abends ins Bett muss, hat er das Thema "Werteerziehung und Familie" abgefrühstückt. Da gehört etwas mehr dazu, Herr Gentzel.
Aber wer Ehe eben nur als Lebensabschnittszeit betrachtet, der kommt wahrscheinlich auch zu solchen Schlüssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, entscheidend ist, wie wir im Blick auf Familie und Kinder, aber auch wie wir im Blick auf die Jugend in unserem Land uns selbst darstellen und wie wir auch gesehen werden. Thüringen ist nach Norwegen die jugendfreundlichste Region in Europa, das hat ein Wettbewerb unter 36 Regionen ergeben und ich finde, das spricht für Thüringen und muss uns auch stolz machen, dass die Jugend unserer Region hier Thüringen in der Mitte Deutschlands so hoch wertschätzt.
Wir haben die Jugendpauschale weiterentwickelt, wir haben die Jugendleitercard eingeführt und von der Landesregierung wird zurzeit eine Freistellungsregelung für Inhaber der Jugendleitercard vorbereitet. Wir haben auch die meisten SAM-Stellen im Bereich der Jugendarbeit unter allen jungen Ländern, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten schon überlegen, ob dies langfristig trägt, denn SAM ist auf Dauer nicht die richtige Struktur, um für die Jugendarbeit auch dauerhaft Sicherheit zu bieten. Deswegen glaube ich, dass es wert ist, über die Struktur und Weiterentwicklung der Jugendpauschale zu diskutieren und ich möchte auch anregen, ein spezielles Jugendprogramm für unser Land zu erstellen und dafür die Diskussion mit den Jugendlichen intensiv zu führen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der Bestellung einer Beauftragten für die Gleichstellung von Mann und Frau hat die Landesregierung - so meine ich ein zeitgerechtes und wichtiges Signal gesetzt.
Wenn Herr Ramelow heute früh getönt hat, dass die Frauen in Thüringen keine Chancen im Berufsleben haben, dann will ich Ihnen die Daten vortragen, die für die Thüringer Landesverwaltung stehen: Beamtinnen 64,7 Prozent, einfacher Dienst 65,8 Prozent, mittlerer Dienst 72,4 Prozent, gehobener Dienst 69,5 Prozent, höherer Dienst 40 Prozent. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung redet nicht nur über Gleichstellung von Mann und Frau, sondern sie lebt sie auch ganz real.
Verweisen möchte ich auf die beruflichen Orientierungszentren in Thüringen, die Frauen insbesondere beim Wiedereinstieg in das Berufsleben unterstützen und bei der Anwendung des Gender-Mainstreaming-Prinzips ist die Landesregierung bereits gut vorangekommen.
Wie mir gesagt wurde, wird ein Arbeitsplan erstellt, wie dieses Prinzip auch weiter unterstützt werden kann.
Ein besonderes Problem stellt die häusliche Gewalt dar. Wir haben die Landesregierung gebeten, einen entsprechenden Maßnahmeplan zu erarbeiten, damit werden wir uns in den kommenden Monaten intensiv befassen. Ich denke, bei dem gesamten Thema ist es wichtig, wie wir auch in der Öffentlichkeit diskutieren, mit welchem Ansatz, aber auch mit welcher Ernsthaftigkeit,
und für die CDU-Fraktion möchte ich gern hinzufügen, auch mit welchen Worten wir die Diskussion führen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat angekündigt, noch in diesem Jahr einen Sozialbericht vorzulegen. Er ist wichtig für die weitere Gestaltung der länderspezifischen Sozialpolitik. Aber auch das will ich sagen, Thüringen hat mit 2 Prozent die wenigsten Sozialhilfeempfänger unter den jungen Ländern. Das ist auch ein positives Beispiel für Thüringer Landespolitik.
Das täuscht nicht darüber hinweg, dass wir der Ansicht sind, dass dringend eine Reform des Sozialhilferechts auf den Weg gebracht werden muss, ich verweise auf das 3-Säulen-Modell der Union, mit dem Anreize für Arbeitsaufnahme für Bezieher von Arbeitslosen- und Sozialhilfe gegeben werden. Dieses muss dringend umgesetzt werden, denn wir wollen die Menschen nicht in der Sozialhilfe verweilen lassen, sondern zur Arbeit führen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Integration behinderter Menschen in das Arbeitsleben hat die Landesregierung mit Beginn des letzten Jahres ein Sonderprogramm in Höhe von 6 Mio. $ rüber hinaus wird die Bildung von sieben Integrationsfachdiensten unterstützt. Dies sind nach meiner Auffassung sehr konkrete Hilfsmaßnahmen. Die Situation der Behinderten, insbesondere der geistig Behinderten, hat sich in
diesem Land in den letzten 12 Jahren dramatisch zum Positiven verändert, weil die DDR katastrophal mit diesen Menschen umgegangen ist.
Wenn Deutschland international wirklich vorbildhaft ist, dann ist es in der Frage, wie sie mit den Behinderten in diesem Land umgeht, wie sie dafür sorgt, dass die Behinderten in der Mitte der Gesellschaft stehen und wie sie dafür sorgt, dass ihnen auch die notwendige Hilfe zuteil wird. Hierbei wird die Wirkung des Sozialstaats wirklich deutlich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Wort zur Krankenhausplanung: Wir haben in Thüringen einen Kompromiss gefunden, mit dem zwar weitere 800 Betten in den kommenden Jahren abgebaut werden müssen, aber entscheidend ist doch die Qualität der stationären Versorgung und die ist und bleibt in Zukunft gesichert und wird noch weiter verbessert.
Ich bin froh, dass im Bereich der Psychiatrie die Landesregierung den lang diskutierten Trägerwechsel in die Tat umgesetzt hat, damit drängende Modernisierungs- und Kapazitätsprobleme auch gelöst werden. Auf dieser Grundlage einen neuen Landespsychiatrieplan aufzustellen, ist sicherlich sehr sinnvoll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Frage der Gesundheitspolitik wären wir wieder in Berlin, denn trotz aller Versprechungen wird die Gesundheitsreform in dieser Legislaturperiode eben nicht in Angriff genommen, das heißt weiter eine Belastung des Faktors Arbeit, das heißt weiter eine Belastung der Konsumkraft der einzelnen Menschen, das heißt drittens eine Belastung der Kostenträger, der Leistungserbringer und der Leistungsempfänger. Dieses Aussitzen einer so wesentlichen Reform geht sehr zu Lasten der Gesundheitspolitik in ganz Deutschland.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein ganz wichtiges Thema - nicht nur für Thüringen, sondern für Deutschland - ist die Frage, wie wir im Blick auf das Leben, auf den Schutz des Lebens und auch auf die medizinischen Wirkungen für Lebensverlängerung, Lebensbegleitung und Lebensunterstützung handeln. Die Frage der Stammzellenforschung hat in den letzten Monaten in Deutschland, aber auch international zu heftiger Diskussion geführt. Die Möglichkeiten und Chancen der Wissenschaft und der Medizin, für das Leben zu wirken, nehmen zu und das müssen wir dankbar zur Kenntnis nehmen. Der Deutsche Bundestag hat einen Beschluss zum beschränkten Import embryonaler Stammzellen gefasst und Sie wissen, die Union war in dieser Frage gespalten, dies deshalb, weil wir uns besonders verpflichtet fühlen, auf der
Grundlage des christlichen Menschenbilds die Frage der Würde des menschlichen Lebens sehr umfassend zu diskutieren und nach Antworten zu suchen. Deshalb bin ich dankbar, dass wir seit April 2000 auf unsere Initiative hin hier eine Enquetekommission eingerichtet haben, die das Thema "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" sehr umfassend diskutiert. Die Kommission hat sich mit dem Schutz des ungeborenen Lebens, der Unterstützung bei schwerer Behinderung, dem Umgang mit schwerer Krankheit sowie der Begleitung Sterbender vier zentrale Aufgabenbereiche gestellt. Die Debatte, die wir dort führen, ist schwierig, aber notwendig und wir wollen am Ende ein Ergebnis erzielen, mit dem wir unserem Grundsatz, dass die Würde des menschlichen Lebens vom Anfang bis zum Ende des Lebens, das heißt von der Verschmelzung von Ei und Samenzelle bis zum Tod, uneingeschränkt gewahrt wird, auch treu bleiben können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jeder, der an diesem Grundsatz deutelt oder sagt, dort oder dort kann man eingreifen, der muss wissen, dass dies Wucherungen gegen das Leben mit sich bringen kann. Deshalb danke ich der Enquetekommission, ich danke aber auch den Experten, die diese Diskussion ganz intensiv begleiten.