Protocol of the Session on November 9, 2001

Über 100 Jahre ist es bereits her, da im Erfurter Programm der SPD erstmals die Forderung nach direkter Demokratie erhoben wurde. Wie jeder weiß, konnte dies erst Wirklichkeit werden, als Sozialdemokraten in Deutschland die Regierung bildeten - so in der Weimarer Republik. Unsere eigene politische Erfahrung - wir sind im Übrigen alle erst seit 1989 politische aktiv - beginnt mit der friedlichen Re

volution, dem von kleinen Gruppen initiierten und von dem Volk durchgeführten Plebiszit mit den Füßen, das zur deutschen Einheit führte, die dann von Volkskammer und Bundestag besiegelt wurde. Diese historische Erfahrung, das mögliche Zusammenspiel zwischen parlamentarischer und plebiszitärer Demokratie, ist für uns das Leitbild für die weitere Diskussion. Wir wollen am Vorrang der parlamentarischen Demokratie - und so gibt es uns ja auch das Urteil auf - nicht im Geringsten rütteln. Uns geht es um sinnvolle Ergänzung durch Volksentscheide, die aber dann unter den bestehenden Bedingungen in Thüringen auch eine realistische Aussicht auf Erfolg haben müssen, selbstverständlich nach dem Überwinden von Hürden. Der noch am Tag der Urteilsverkündung vorgelegte, eine Würdigung des Urteils damit ausschließende Vorschlag der CDU taugt dazu nicht.

(Beifall bei der SPD)

Er verhindert den Erfolg eines Volksentscheids auch im Ausnahmefall und bleibt damit auch weit hinter den Regularien im Freistaat Bayern zurück. Für unsere weitere parlamentarische Arbeit findet sich die Maßgabe im Urteil des Verfassungsgerichtshofs - und hier darf ich zitieren: "Der Vorrang der parlamentarischen Gesetzgebung wird durch die Volksgesetzgebung nicht in Frage gestellt, wenn auf der Grundlage einer Gesamtschau durch ausreichend hohe Anforderungen entweder zu Beginn oder am Ende dieser Art von Gesetzgebungsverfahren gewährleistet wird, dass die Gesetzgebungskompetenz im Regelfall beim parlamentarischen Gesetzgeber verbleibt." Zu Beginn oder am Ende des Verfahrens, sprich beim Volksbegehren oder Volksentscheid.

Diese geforderte Gesamtschau, die natürlich auch die Sammlungsmodalitäten und die Sammlungsfristen für ein Volksbegehren beinhaltet, wird Mittelpunkt der Debatte sein, die letztlich die notwendige Zweidrittelmehrheit schaffen muss, eine Mehrheit, das weiß jeder, die in diesem Haus nur zwischen der Mehrheitsfraktion und einer der Oppositionsfraktionen erreicht werden könnte oder in diesem Fall sicherlich am besten zwischen allen Fraktionen dieses Hauses.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Die sozialdemokratische Fraktion wird sich dafür engagieren, dass die vom Verfassungsgerichtshof geforderte Hürde im Volksbegehren, also der 1. Stufe, zu bezwingen ist, um einen anschließenden Volksentscheid, natürlich mit Ausnahme einer beabsichtigten Verfassungsänderung, dann durch eine dem Demokratieprinzip entsprechende Mehrheitsentscheidung ohne Zustimmungsquorum abzuschließen. Aber wir werden auch dafür Sorge zu tragen haben, dass Modalitäten und Fristen beim Volksbegehren nicht aus sich allein heraus Volksgesetzgebung unmöglich machen. Die derzeit in der Verfassung des Freistaats Thüringen verankerte Sammlungsfrist von 4 Monaten - und dies bei derzeit freier öffentlicher Sammlung, so das entspre

chende Ausführungsgesetz -, ist durch das oben genannte Urteil nicht für unzulässig erklärt worden. Warum auch? Beide Oppositionsfraktionen legen nun einen gemeinsamen Gesetzentwurf vor. Wir, die SPD-Fraktion, sind offen für alle Gespräche, die dazu dienen, eine substanzielle und den Bedingungen in Thüringen entsprechende Verbesserung der Möglichkeiten von Volksgesetzgebung zu erreichen. Wir sind der Meinung, dass nunmehr, nach dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs, das Parlament diese uns von den Bürgerinnen und Bürgern Thüringens übertragene Aufgabe lösen muss unter Beachtung des Urteils, aber auch im Sinne derer, die das Volksbegehren mit Leben erfüllt haben. Eine praktikable, die derzeit embryonal angelegte Volksgesetzgebung in Thüringen ins Leben entlassende Regelung wird dann auch ein wichtiger Beitrag sein für die beginnende Debatte zur Stärkung der direkten Demokratie auf Bundesebene. Volksgesetzgebung auf Bundesebene steht nun, nachdem alle Länder der Bundesrepublik entsprechende Verfahren kennen, auf der Agenda der politischen Diskussion in Deutschland. Wir Sozialdemokraten werden uns dann mit den in Thüringen gewonnenen Erfahrungen auch an dieser deutschlandweiten Diskussion beteiligen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat jetzt das Wort die Landesregierung. Herr Staatssekretär Koeppen, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktionen von SPD und PDS haben den Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung direkter Demokratie im Freistaat Thüringen eingebracht. In der Begründung zu diesem Gesetz heißt es, dass dieser nach eingehender Prüfung des verfassungsgerichtlichen Urteils vom 19. September 2001 erarbeitet worden sei. Ich befürchte, die Prüfung war nicht sehr eingehend. Ich befürchte, man hat in ähnlicher Weise verfassungsgerichtliche Rechtsprechung verkannt und ignoriert, wie dies im vergangenen Jahr bei der Erarbeitung des vom Thüringer Verfassungsgerichtshofs beanstandeten Volksbegehrens "Mehr Demokratie in Thüringen" geschehen ist. Ich will dies kurz begründen: Zunächst enthält das bekanntlich mit der deutlichen Mehrheit von 8 : 1 Richterstimmen zustande gekommene Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs recht deutliche Worte zur Sammlungsart, also zur so genannten freien Sammlung einerseits und zur Amtssammlung andererseits. Herr Minister Dr. Birkmann hat an dieser Stelle schon in der Landtagssitzung vom 11. Oktober darauf hingewiesen, dass der Thüringer Vefassungsgerichtshof in seinem Urteil deutliche Bedenken hinsichtlich einer freien Sammlung geäußert hat. Auf Seite 43 heißt es nämlich - Frau Präsidentin, ich darf zitieren: "Das Verfahren der freien Stimmabgabe erzeugt auch deswegen in seiner Hinweiskraft auf den wirklichen Unterstützungswillen zweifelhafte

Erklärungen, weil die Möglichkeit der Unterschriftensammlungen an beliebigem Ort die Abstimmungsfreiheit der Bürger beeinträchtigen kann." Im Folgenden erläutert dann der Verfassungsgerichtshof die Gefahr, dass Bürger auf der Straße bei Versammlungen oder im privaten Bereich zu Unterschriften gedrängt werden könnten oder sogar in gewisser Weise psychisch in irgendeiner Weise veranlasst werden könnten. Sie kennen aus anderen Zusammenhängen das Phänomen des so genannten psychologischen Kaufzwangs. Hinsichtlich der bei einer amtlichen Sammlung geleisteten Unterstützungsunterschrift führt er hingegen ebenfalls auf Seite 43 - aus, dass das Verfahren der amtlichen Sammlung die Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft dieser Erklärung und damit auch deren legitimationsvermittelnde Eignung verstärkt. Der Gesetzentwurf von SPD und PDS nimmt diese Ausführungen nicht zur Kenntnis und enthält deswegen unseres Erachtens ein verfassungsrechtliches Risiko.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Er ent- hielt dazu gar nichts. Es gilt nur die beste- hende gesetzliche Lage.)

Zweitens sind die im Gesetzentwurf von SPD und PDS vorgesehenen Quoren für Volksbegehren und Volksentscheide zu niedrig. Lassen Sie mich dies am Beispiel der Quoren für die Änderung einfacher Gesetze verdeutlichen: Hier sah der beim Thüringer Verfassungsgerichtshof gescheiterte Gesetzentwurf ein 5-Prozent-Quorum beim Volksbegehren bei freier Sammlung und den Wegfall des Quorums beim Volksentscheid vor. Der Gesetzentwurf von SPD und PDS sieht nunmehr ein 7-Prozent-Quorum beim Volksbegehren vor. Bei der freien Sammlung und dem Wegfall des Quorums beim Volksentscheid soll es bleiben. Wer meint, die geringfügige Erhöhung des Quorums von 5 auf 7 Prozent genüge den Anforderungen, die der Thüringer Verfassungsgerichtshof an die Höhe der Quoren gestellt hat und die sich...

Herr Staatssekretär, der Abgeordnete Schemmel hat eine Zwischenfrage, das machen Sie aber besser noch deutlicher, indem Sie ans Mikrofon gehen.

Herr Abgeordneter, ich bin gleich fertig, wir können uns nachher gern unterhalten.

Wer also meint, die Erhöhung der Quoren von 5 auf 7 genüge den Anforderungen, die der Thüringer Verfassungsgerichtshof an die Höhe der Quoren gestellt hat und die sich aus der Legitimationsfunktion dieser Quoren ergeben, der hat offensichtlich das Urteil doch nicht so eingehend geprüft wie behauptet oder gegebenenfalls eben nicht verstanden.

Meine Damen und Herren, so wird es nach Auffassung der Landesregierung nicht gehen. Nach einem mit großer Mehrheit zustande gekommenen und deutlich formulierten verfassungsgerichtlichen Urteil zu einem früheren Gesetzentwurf ist es der Bedeutung der Angelegenheit heute nicht angemessen, nunmehr erneut einen verfassungsrechtlich angreifbaren Gesetzentwurf vorzulegen. Hier wäre eine wirklich gründliche Prüfung und die Vermeidung verfassungsrechtlich bedenklicher Aspekte, Vermeidung von Angriffspunkten besser gewesen. Meine Damen und Herren, das möchte ich an dieser Stelle feststellen, die Landesregierung kann das offenbar besser. Vor vier Wochen hat der Thüringer Landtag auf entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion die Landesregierung gebeten, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der im Einzelnen aufgeführte, konkrete Inhalte haben soll. Wir können heute mitteilen, dass inzwischen in unserem Haus ein Entwurf erarbeitet worden ist, der auch in dieser Woche vom Kabinett gebilligt worden ist. Wir werden jetzt die erforderlichen Anhörungen durchführen und deren Ergebnisse auswerten, so dass nach erneuter Kabinettsbefassung im Januar der Gesetzentwurf im Landtag eingebracht werden kann. In diesem Gesetzentwurf wird sowohl das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs berücksichtigt werden als auch den Erfahrungen zum Verfahren mit dem Volksbegehren "Mehr Demokratie in Thüringen" Rechnung getragen werden. Ich darf Sie schon jetzt, meine Damen und Herren, dazu einladen, sich offen und konstruktiv in die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf einzubringen.

Abschließend darf ich nochmals die Bereitschaft betonen, im Zuge des nun bevorstehenden Gesetzgebungsverfahrens über alle Punkte zu sprechen. Wir sind bereit für einen vernünftigen Konsens, der es ermöglicht, das bürgerschaftliche Engagement zu stärken, allerdings unter Wahrung des Vorrangs der parlamentarischen Demokratie und unter hinreichender Berücksichtigung des Urteils des Verfassungsgerichtshofs. Ich bedanke mich sehr.

(Beifall bei der CDU)

Herr Staatssekretär, jetzt die Frage vom Abgeordneten Schemmel. Bitte.

Herr Staatssekretär, es wird so viel über Sammlungsmodalitäten und Sammlungsfristen gesprochen, können Sie mir bestätigen, dass dieser Gesetzentwurf nicht eine solche Regelung enthält und keine Abweichung von der derzeitigen Verfassungs- und Gesetzeslage in Thüringen geplant ist?

Welchen Gesetzentwurf meinen Sie, Herr Abgeordneter?

Ich meine den Gesetzentwurf, über den wir heute beraten, dass der keine Regelung enthält, die von der derzeitigen Verfassungs- und Gesetzeslage bei Sammlungsmodalitäten und Sammlungsfristen abweichen will.

Wir hatten - Herr Abgeordneter, darauf habe ich hingewiesen - unter Bezugnahme auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs Überlegungen angestellt, die möglicherweise weiterführen, als das, was Sie im Augenblick für das Mögliche und Vorzugswürdige halten. Auch die geltende Lage mag fortentwickelt werden.

(Unruhe bei der SPD)

Wir haben keine Änderung gegenüber der gegenwärtigen Verfassungs- und Gesetzeslage vorgenommen.

Richtig, aber die gegenwärtige Verfassungs- und Gesetzeslage, Herr Abgeordneter, scheint unbefriedigend zu sein.

Weitere Wortmeldungen liegen mir jetzt nicht vor. Damit können wir die Aussprache schließen. Es war Ausschussüberweisung beantragt an den Justizausschuss. Habe ich damit alle Anträge erfasst? Gut. Also, dann stimmen wir über die Ausschussüberweisung an den Justizausschuss ab. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Das sieht sehr einstimmig aus. Trotzdem Gegenprobe? Nicht der Fall. Enthaltungen? Auch nicht, dann einstimmig so an den Justizausschuss überwiesen. Damit kann ich den Tagesordnungspunkt insgesamt schließen.

Jetzt kommen wir zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 8

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1925 ERSTE BERATUNG

Die Landesregierung hat als Einreicher Begründung gewünscht. Bitte, Herr Minister Schuster wird dies tun.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, der Thüringer Landtag beschloss im Dezember 2000 im Rahmen der Verabschiedung des Doppelhaushalts einen flexibleren Einsatz der insgesamt für den ÖPNV verfügbaren Mittel in Thüringen zu ermöglichen. Nach der derzeit noch gültigen Fassung des Thüringer ÖPNV-Gesetzes ist vorgesehen, dass die zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel ausschließlich für die Bestellung, Planung, Organisation des Schienenpersonennahverkehrs sowie für Investitionen im ÖPNV zu verwenden sind. Das Bundesrecht lässt neben der Finanzierung des SPNV auch die Finanzierung des allgemeinen ÖPNV aus Regionalisierungsmitteln zu, soweit nicht durch den Mitteleinsatz für den allgemeinen ÖPNV das Verkehrsangebot im SPNV beeinträchtigt wird. Die beabsichtigte Neuregelung will dazu beitragen, das Thüringer ÖPNV-Gesetz als landesrechtliche Vorschrift besser auf das Bundesrecht abzustimmen. In der Neufassung des Thüringer ÖPNV-Gesetzentwurfs wurde ferner die im Doppelhaushalt 2001/2002 beschlossene Förderung der kooperativen Zusammenarbeit im ÖPNV aus Regionalisierungsmitteln berücksichtigt.

Mit dem Entwurf des Ihnen vorliegenden Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr wird der Auftrag des Thüringer Landtags vom Dezember 2000 in vollem Umfang erfüllt. Die entsprechende Anhörung der kommunalen Spitzenverbände hat stattgefunden. Beide haben der geplanten Änderung ohne Einschränkungen zugestimmt. Man sollte auch noch erwähnen, dass mit dieser Regelung eine weitere Unterstützung und Aufstockung der Kommunen und der kommunalen Haushalte von 4 Mio. in diesem Jahr und 6 Mio. im Jahr 2002 verbunden ist. Die Landesregierung bittet Sie, diesen Gesetzentwurf zu unterstützen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Damit kommen wir jetzt zur Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Buse, PDS-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch wenn in Thüringen mit dem 1995 beschlossenen ÖPNV-Gesetz positive Erfahrungen, insbesondere auch im Vergleich zu anderen Bundesländern, gesammelt wurden, so ist es doch legitim, Änderungen, wenn nötig, anzumahnen. Wir haben ja bekanntlich - da stimme ich Ihnen zu, Herr Minister - in der Haushaltsdebatte für die Haushalte 2001/2002 darüber geredet und es war abzusehen, dass dieses Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr kommen wird. Heute behandeln wir in erster Lesung dieses Gesetz und darin geht es bekanntlich um die Änderungen im Einsatz

der Regionalisierungsmittel. Für mich stellt sich die Frage: Erschöpft sich damit der Änderungsbedarf des ÖPNV-Gesetzes? Es wäre vielleicht wert, darüber nachzudenken, ob es sich hier trotz der positiven Erfahrungen, trotz der vorgesehenen Gesetzesänderung schon mit der Haushaltsgesetzlage erschöpft - wir glauben nicht. Unseres Erachtens besteht unter Beachtung einer veränderten Situation auch weiterer Änderungsbedarf,

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

der weiter beraten werden sollte, wie z.B. im Hinblick auf die Orientierung auf das Gemeinwohl bei der Marktöffnung im Verkehr oder die Festschreibung vom Verbundverkehr mit einheitlichen Tarifen und Fahrplänen und ich denke an die Sicherung von Qualitätsstandards im öffentlichen Personennahverkehr und sicherlich anderes mehr.

Meine Damen und Herren, keine dieser genannten Notwendigkeiten ist aber Gegenstand des heute und folgend noch zu beratenden Änderungsgesetzes. Hier geht es ausschließlich vor dem Hintergrund der knappen Landeskassen um eine flexiblere Handhabung der im Rahmen des Regionalisierungsgesetzes dem Freistaat bereitgestellten Mittel für die Leistungsbestellung des SPNV-Angebots und für die investiven Maßnahmen; der Minister ist darauf eingegangen. Standen den Regionalisierungsmitteln des Jahres 2000 von 498 Mio. DM plus einem Haushaltsrest aus dem Vorjahr von 5,4 Mio. DM ein Finanzeinsatz von über 534 Mio. DM gegenüber, so beliefen sich die Bundeszuweisungen an Regionalisierungsmitteln für das Jahr 2001 auf bekanntlich 524 Mio. DM, jedenfalls ist das im Einzelplan des Doppelhaushalts so ersichtlich. Damit liegen die im Jahr 2001 zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel bereits unter denen des Jahres 2000 und, Herr Minister, wenn man weniger Geld flexibler handhaben will, bleibt auf jeden Fall eines: Dem Bedarf für einen hohen Standard der Verkehrsleistungen und für den investiven Bedarf kann nicht mehr voll entsprochen werden.

(Beifall bei der PDS)

Denn die Mittel aus dem Mineralölaufkommen, die der Bund den Ländern im Rahmen des Regionalisierungsgesetzes bereitstellt, sollen nach dem vorgelegten Änderungsgesetz in Thüringen auch noch für die anteilige Deckung des Betriebskostendefizits im öffentlichen Linienverkehr, für Finanzhilfen zur Förderung kooperativer Zusammenarbeit in Verkehrsverbänden und für ÖPNV-Studien eingesetzt werden können, so steht es im Gesetzänderungsantrag. Bei diesen Positionen, meine Damen und Herren, gibt es bereits jetzt zum Haushaltsansatz des Jahres 2000 gravierende Einschnitte. So wurden die Mittel für die anteilige Abdeckung der Betriebskostendefizite in diesem Jahr gegenüber dem Jahr 2000 um 2 Mio. DM und, sicherlich unter dem Aspekt, dass diese Gesetzesänderungsanträge wahr werden, für das Jahr 2002 um 20 Mio. DM gekürzt. Für die Bezuschussung von Zusammenschlüssen im Rahmen des ÖPNV werden für die Jahre 2001 und 2002

gegenüber dem Jahr 2000 jährlich fast 235.000 DM weniger zur Verfügung stehen in den beiden einzelnen Jahren. Letztlich heißt also flexiblere Handhabung zusätzliche Belastungen der Kreise und Kommunen als Aufgabenträger zu dem ÖPNV.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine Replik auf die gestrige Debatte zum Gesetzentwurf der TKO der PDS-Fraktion. Der Abgeordnete Böck kritisierte die finanziellen Auswirkungen einzelner Vorschläge der PDS auf die Kommunalhaushalte. Diese Kritik wirkt umso unglaubwürdiger, je mehr finanzielle Belastungen seit Mitte der 90er-Jahre tatsächlich den Kommunen Jahr für Jahr aufgebürdet werden. Man sollte also vor einer Kritik an anderen sich an die eigene Nase fassen, aber vielleicht verliert man den Überblick, wenn man während der Parlamentsdebatte zum Friseur geht und es werden nicht nur Haare abgeschnitten.

(Beifall bei der PDS)

Zurück zum Gesetzantrag: Die Kommunen stehen beim ÖPNV vor Herausforderungen, die für sie neu sind und die sie offenbar auch nicht allein bewältigen können. Diese Herausforderungen sind sowohl finanzieller als auch rechtlicher Art. Es gibt also gute Gründe, in der Beratung der Gesetzesänderung in den Ausschüssen auch über solche Aspekte zu beraten, wie ich sie eingangs angerissen habe oder vielleicht gibt es darüber hinaus auch andere. Bekanntlich fehlen in den Kommunen ebenso wie im freistaatlichen Haushalt die finanziellen Spielräume, um Mehrbelastungen selbstständig ausgleichen zu können.

Herr Minister sprach zu den Anhörungen der Spitzenverbände und er sagte, es gebe die Zustimmung.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das ist logisch!)

Zahlreiche Kommunen begrüßen die flexiblere Handhabung beim Einsatz der insgesamt für den öffentlichen Verkehr verfügbaren Mittel. Das ist auch uns bekannt, Herr Kretschmer. Uns ist aber auch bekannt, dass andererseits auch negative Auswirkungen dieser Gesetzesänderung von den Kommunen nicht ausgeschlossen werden.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Das ist mir neu.)