Protocol of the Session on January 26, 2001

(Beifall bei der PDS)

Zusammenfassend kann man zur Goldenen Aue und zu den Gipsabbaugebieten sagen, dass Flexibilität bei der Raumordnung zwar gut und schön ist - ich möchte da an den Workshop zur Entwicklung ländlicher Räume erinnern, wo darauf eingegangen worden ist, dass in ländlichen Räumen dort etwas unternommen werden muss, um flexibel auch Arbeitsplätze schaffen zu können -, aber bei naturschutzfachlich bedeutenden Flächen oder landwirtschaftlichen Gunststandorten sollten wir klar machen, dass Zerstörung und Versiegelung für uns nicht in Frage kommen. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ja, Herr Abgeordneter Kummer, Sie gestatten eine Frage des Herrn Abgeordneten Sonntag.

Aber gerne.

Herr Kollege Kummer, ist Ihnen von der VEAG auch der Grund genannt worden, warum es derzeit bei dem REAGips Schwierigkeiten gibt, den auf den Markt zu bringen und warum bei der VEAG in Lippendorf im Kraftwerk derzeit eine große Menge REA-Gips auf Halde liegt?

Leider nicht, aber Sie werden mich bestimmt aufklären, Herr Sonntag.

Ich darf hier nur Fragen stellen.

Jetzt hat um das Wort gebeten Frau Abgeordnete Dr. Klaus, SPD-Fraktion.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, es wird ja wenigstens noch erlaubt sein, einen Stichpunktzettel mitzunehmen.

Er ist handschriftlich, habe ich gesehen.

Herr Minister Gnauck, ich glaube, in puncto Nachhilfe kann ich Ihnen ein bisschen was aus der 1. Legislaturperiode vermitteln, was Ihnen da offensichtlich entgangen ist.

(Beifall bei der SPD)

Das Landesplanungsgesetz war das erste, was im damaligen Umweltausschuss beraten wurde und das in diesem Parlament eine Mehrheit in allen Fraktionen gefunden hat. Herr Minister Gnauck, das waren noch Zeiten hier im Parlament, das muss man mal sagen, als Gesetze noch einvernehmlich verabschiedet wurden. Im Übrigen sind sowohl Frau Becker als auch ich des Lesens kundig und den regionalen Raumordnungsplan, das können Sie sich sicher denken, haben wir bei dieser Gelegenheit auch zur Kenntnis genommen. Nichtsdestotrotz möchte ich auf einige Probleme eingehen, die hier angesprochen wurden. Es gibt Gebiete in Thüringen, die haben es besonders schwer. Die haben eine schöne Natur, da gibt es landwirtschaftlich wertvolle Böden, da ziehen natürlich die Leute sehr gerne hin und möchten dort wohnen. Zusätzlich kommen natürlich auch die Gewerbetreibenden und sagen, bei euch gefällt es uns, das spielt ja dann auch eine Rolle, und schon haben wir die schönsten Konflikte vor Ort.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Die Leute wollen auch noch arbeiten.)

Ja, natürlich. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass dort auch die Gewerbetreibenden natürlich hinkommen.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Nein, das haben Sie nicht gesagt.)

Wer hat es nicht gern, wenn er vor Ort wohnen kann und nur über die Strasse zu gehen braucht, um dort seiner Tätigkeit, seinem Broterwerb nachzugehen. Und wenn diese Gegenden dann auch noch reich mit Bodenschätzen gesegnet sind wie Gips und Kies z.B., dann wird der Konflikt noch viel größer. Bodenschätze sind ja eigentlich was Schönes, aber wenn das alles auf engstem Raum ist, dann ist es schwierig. Zu diesem Zweck, um diese

vielen, vielen Konflikte zu lösen, weil natürlich manche auch ihren Lebensunterhalt durch den Tourismus verdienen möchten, gibt es das Instrument von Raumordnung und Landesplanung. Und immer wenn man sich nicht ganz einig werden kann, in diesen Gebieten zumindest, kann es passieren, dass vor Ort weiße Flecke auf diesen Planungsunterlagen entstehen. Es ist sicher überflüssig zu sagen, dass es uns als SPD-Fraktion auch am liebsten ist, wenn man sich vor Ort einigen kann. Wenn man sich aber schon geeinigt hat, wie geschehen z.B. im Gebiet Günsdorf, und sagt, wir wollen vorbehaltlos Naturschutz an dieser Stelle haben, dann ist es umso unverständlicher, wieso das Landesverwaltungsamt da dann weiße Flecken hinmacht,

(Beifall bei der PDS, SPD)

denn diese Diskussion war eine sehr schwierige vor Ort.

Meine Damen und Herren, diese Konflikte bestehen am Winkelberg, in Günsdorf am Alten Stolberg. Und wenn man sich auf diesem kleinen Faltblättchen, was hier von der Bürgerinitiative übergeben wurde, die örtliche Lage vor Augen hält, dann weiß man auch warum.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Wo ha- ben die das Geld her?)

Dann weiß man auch, dass diejenigen, die eben nicht durch Gipsabbau, im Übrigen in der Regel nicht in der Region, Arbeitsplätze schaffen, sondern nur einige wenige, die dort abbauen, also die ihren Lebensunterhalt z.B. durch Tourismus oder Kurbetrieb verdienen wollen, außerordentlich besorgt sind, was ihre Region betrifft. Wenn dann zusätzlich bei dem eben genannten Verfahren am Kuhberg bei dem 2.000 Bürger, soviel mir bekannt ist, Einwendungen gemacht haben - von Mitarbeitern des Oberbergamtes gesagt wird, das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens sei ihnen egal, dann macht das vor Ort auch nicht den besten Eindruck. Ich nehme stark an, dass das nicht so sein wird, aber es macht zumindest nicht den besten Eindruck, wenn so etwas vor Ort gesagt wird.

Aufgrund der Enge der Konfliktbereiche dort vor Ort möchte ich mich unbedingt dem Vorschlag meines Vorredners, Herrn Abgeordneten Kummer, anschließen, dass man sich vor Ort einmal die Sache ansehen sollte. Es wäre natürlich schön, wenn Herr Minister Gnauck daran teilnehmen könnte. Ich denke, es ist hier der klassische Fall, in dem möglicherweise von Amts wegen Gebrauch gemacht werden sollte von einem Raumordnungsverfahren. Denn ich meine, wenn die Gipsindustrie jetzt schon für 40 Jahre Vorräte hat, was will man dann noch. Da kann man ja wirklich nicht davon sprechen, dass dort übermorgen Arbeitsplätze gefährdet sind.

Auch bei der Goldenen Aue gibt es Probleme. Ich möchte mal hören, wie hier im Parlament diskutiert würde, wenn nicht die Landwirtschaft betroffen wäre - wofür es ja im

merhin noch ein gewisses Verständnis gibt - wenn gleicherweise, wie hier die Landwirtschaft kämpft, für Naturschutz eingetreten würde. Dann würden die Wogen riesenhoch schlagen. Ich denke aber, da es sich hier um wertvollste Ackerböden handelt, sollte man auch dieses Gebiet noch einmal genau unter die Lupe nehmen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wir haben nicht deshalb das Naturschutzgesetz geändert und die Verlagerung von Ausgleichsmaßnahmen beschlossen, damit dann doch die besten Ackerböden in Thüringen mit Beton versiegelt werden. Das kann doch wohl nicht sein.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Meine Damen und Herren, und wenn ich dann noch höre von den Bürgern vor Ort, dass exakt an dieser Stelle, wo Industrie jetzt wachsen soll, der Investor allerdings noch immer das große unbekannte Wesen ist, Ausgleichsmaßnahmen für die gerade gebaute A 38 liegen, dann ist das sicherlich auch ein Fall für Herrn Minister Dr. Sklenar, sich mal Gedanken zu machen, ob alle Ausgleichsmaßnahmen in Thüringen so kurzfristiger Natur sein sollten, wie das dort der Fall ist.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich finde, wir sollten alle gemeinsam die Gelegenheit nutzen, die Möglichkeiten, die die Landesplanung und Raumordnung uns lassen, auszunutzen und wenn es nur an manchen Stellen im Sinne von Moderation ist. Alle Abgeordneten wissen, dass es manchmal schon reicht, die Betroffenen an einen Tisch zu bringen, um Lösungen voranzubringen. Wer die Moderation gering schätzt, tut sich selbst nichts Gutes. Ich glaube, man sollte Herrn Minister Gnauck vielleicht am Wochenende mal die Gelegenheit geben, dort wandernd sich diese Gegend zu erschließen,

(Beifall bei der PDS, SPD)

weil nur, wenn man es vor Ort gesehen hat, kann man es wirklich verstehen.

Frau Abgeordnete Dr. Klaus, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Wunderlich?

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Nein, das kann sie doch nicht.)

(Zuruf Abg. Dr. Klaus, SPD: Nein.)

Nicht. Gut, dann kommen wir zum nächsten Redner, und zwar Herr Abgeordneter Schugens, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, werter Herr Minister, ich komme zwar nicht aus Nordhausen, aber Regionalplanung ist ja ein Thema, das sicherlich den Wirtschaftsausschuss und Arbeitskreis schon lange Zeit beschäftigt. Das ist für mich sehr interessant. Frau Dr. Klaus, ich glaube, unser Minister Gnauck ist kein Planungsminister und wird sicher nicht den Dingen nacheifern wollen, die Sie da anmahnen. Wir sind nicht mehr in der Planwirtschaft, sondern,

(Beifall bei der CDU)

meine Damen und Herren, wir haben eigentlich ein gutes System der Raumplanung in Thüringen. Wenn ich daran erinnern darf, dass die Raumplanung und die Landesplanung bei uns sehr feingliedrig gestaltet sind - und zu Recht ist hier darauf hingewiesen worden, 1991 hat bereits der Landtag die rechtlichen Grundlagen geschaffen -, so haben wir die Grundlagen so geschaffen, dass die kommunalen Ebenen mitwirken können. Ich darf daran erinnern, wir haben ein Landesplanungsgesetz, wir haben einen Landesentwicklungsplan, der angenommen wurde, wir haben Raumordnungspläne in den Regionen, die ständig fortgeschrieben werden. Wir haben regionale Entwicklungskonzepte und Förderinstrumentarien dazu im Lande Thüringen geschaffen, damit die kommunale Ebene mitwirken kann, und wir haben weiterhin vorgesehen in unseren gesetzlichen Grundlagen, Landschaftspläne zu erstellen, die ebenfalls im Flächennutzungsplan und bei der Bauleitplanung berücksichtigt werden und natürlich dann die Möglichkeit bieten, auch dem Naturschutz und anderen Interessen Ausgleich zu gewähren.

Meine Damen und Herren, wir haben eigentlich auch eine gute Gliederung. Wir haben oberste Behörden, wir haben obere Behörden und wir haben regionale Planungsgemeinschaften, die Zuständigkeiten übernommen haben. Das ist sehr frühzeitig vom Gesetzgeber realisiert worden, indem die Kreise sich zusammengeschlossen haben in diese vier Planungsregionen. Und wiederum in diesen Planungsregionen haben wir Instrumente geschaffen, die es ermöglichen, dass die Kommunen mitwirken. Das ist nämlich die Planungsversammlung und das ist der Planungsausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Und dort, meine Damen und Herren, wird eigentlich die Politik der Raumplanung geführt. Wir haben auch in unserem Gesetz sehr deutlich festgelegt, was eigentlich Landesplanung ist. Ich will daran erinnern: Landesplanung ist die übergeordnete, überörtliche, zusammenfassende Planung. Das heißt aber nicht Planwirtschaft im Sinne dessen, was wir bis 1990 hatten, und es heißt des Weiteren, mit diesen Instrumentarien wollen wir ermöglichen, dass die räumliche Entwicklung für alle gleichförmig verläuft, dass wir die Lebensbedingungen annähernd angleichen können und dass wir mit diesen Instrumentarien in den Teilräu

men die Möglichkeit bieten, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Das war die Prämisse, die dieser Landtag mit der Gesetzgebung gesetzt hat. Ich denke, gerade auch für den Raum um Nordhausen und in Nordthüringen war das die richtige Entscheidung.

In dem Zusammenhang ist aber auch festgelegt, was wir mit diesen gesetzlichen Grundlagen eigentlich erzielen wollen. Wir wollen erreichen, dass es einen Strukturwandel gibt in den Regionen. Ganz besonders um Nordhausen herum ist dies ja notwendig gewesen. Wir wollen überregionale Infrastrukturentwicklung ermöglichen und abstimmen auch über Planungsregionen hinaus. Ich erinnere daran, dass wir selbst über die Ländergrenze hinaus Regelungen haben. Dazu gibt es gesetzliche Vereinbarungen mit den Ländern und vertragliche Möglichkeiten, so das reguläre Einbeziehen der Nachbarregionen in Planungsprozesse.

Wir wollten weiterhin mit diesem Gesetz - und so steht es drin auch im Landesentwicklungsplan - die Abwanderung verhindern, indem wir den Menschen die Möglichkeit geben, hier ihrer Arbeit und ihrem Wohnen nachzugehen, und wir wollten funktionale Aufgaben der Gemeinden zulassen. Die Gemeinden sollten gestalten können im Sinne der Flächennutzung. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass diese Dinge bisher sehr gut erfüllt wurden, auch um Nordhausen herum; denn zumindest lese ich das aus dem regionalen Raumordnungsplan heraus. Ich habe mir mal sehr intensiv die Karten angeschaut. Wenn man die Karten genauer betrachtet, muss man feststellen, dass es um Nordhausen herum auch noch einige Differenzen gibt. Im südöstlichen Bereich gibt es Abwanderungen in Größenordnungen. Und wenn Sie in den Norden hineingehen, also nördlich von Nordhausen, gibt es eine gewisse Zuwanderung oder Stabilisierung. Warum ist das wohl so? Das heißt, dort ist es notwendig, weiterhin Arbeitsplätze anzusiedeln. Ich glaube, meine Damen und Herren, man kann die Interessenkonflikte auch vor Ort besser lösen, als wir das von hier aus könnten.

Ich will auf die Fakten noch mal eingehen. Wie ist dort der Raum betroffen? Natürlich ist der Raum um Nordhausen eine Fundgrube für gewisse Rohstoffe. Es ist hier vom Minister erwähnt worden, dass wir 50 Prozent des Gipses und Anhydrits, der sehr wichtig ist für die Bauwirtschaft, genau dort finden und dass wir dies sicherlich auch bereitstellen müssen. Man muss mal überlegen, dass Rohstoffe in Deutschland untereinander in den Regionen ausgetauscht werden. Und wer in den regionalen Raumordnungsplan hineinschaut, der stellt sogar fest, dass in dem regionalen Raumordnungsplan Konsens gefunden wurde, wie eine Nach- oder Folgenutzung für diese Gebiete angedacht ist. Da steht nämlich drin, in erster Linie für den Naturschutz in der Nachnutzung, in zweiter Linie für die Forstwirtschaft und drittens für den Fremdenverkehr. Meine Damen und Herren, ich sehe, dass die Kommunen und die regionale Planungsgemeinschaft im Gegenstromprinzip mit der Landesregierung hier eine feine Abstimmung vorgenommen hat.

Und zu dem REA-Gips gibt es einen Gedanken. Es ist in Deutschland so, dass etwa 70 Prozent des Gipsbedarfes mit REA-Gips gedeckt werden, und der restliche Teil kann gar nicht gedeckt werden, zumindest anstelle von Anhydrit nicht, weil es Spezialstoffe sind, die die Bauwirtschaft braucht und die man aus REA-Gips nicht fertigen kann. Also ist auch dort eine Notwendigkeit, einen gewissen Abbau zuzulassen. Wer die Zahlen genau gelesen hat - auch die Flächen, die von der Treuhand erworben wurden -, da werden die Flächen nicht so ausgebeutet wie ursächlich angedacht. Es ist also übereingekommen worden, dass dort im Moment nur 50 Prozent der möglichen Abbauflächen genutzt werden.

Lassen Sie mich einen Gedanken sagen zu den Problemen Vorrang-, Vorbehalts- und Vorsorgeflächen. Ich empfinde das schon als eine sehr wichtige und gute Entscheidung, übrigens nicht nur für den bergbaurechtlichen Bereich, sondern auch für alle anderen Nutzungsformen, die wir brauchen, die solche Flächen betreffen. Der Zielkonflikt wird immer ein Problem bleiben, gerade deshalb ist es auch möglich geworden aufgrund des Gesetzes, dass der Plan im Rhythmus von etwa fünf Jahren fortgeschrieben wird. Es ist eigentlich eine Aufgabe, der sich die Kommune stellen muss, die kommunale Ebene. Und wir haben als weiteres Instrument dort drin die so genannten weißen Flecken. Dazu ist durch den Minister klar gesagt worden, aus welchen Gründen man diese Flächen im Moment so belässt.