Protocol of the Session on June 8, 2000

Ja, dann ist es doch aber nicht verwundernswert; dann ist es eher verwundernswert, dass es noch Defizite gibt, dann ist doch endlich etwas zu verändern im Bereich der Schule und der Berufsschulen oder darüber hinaus. Nur das Feststellen, dass es Defizite gibt und dann machen wir mal ein bisschen was im Bereich der Berufsvorbereitung, das kann es doch nicht sein.

(Beifall bei der PDS)

Ich weiß, dass wir hier in diesem Hause schon sehr vieles diskutiert haben, gerade auch was die Schule angeht, und dann, denke ich, müsste man endlich an bestimmten Punkten auch einmal Taten folgen lassen. Was Frau Wackernagel hier ausgeführt hat, wissen Sie, ich hasse das immer, wenn man hier an diesem Punkt über Zahlen redet. Wir haben eine ganz große Größenordnung junger Menschen unter 20 und unter 25 Jahren, die arbeitslos sind. Es ist eigentlich relativ egal; ob das 15, 20,17 Prozent oder wie viel auch immer sind. Wir stehen - und ich will es einfach einmal so benennen, ohne in Abrede zu stellen, was bislang passiert ist - am Bereich zweite Schwelle schlichtweg vor einer Katastrophe. Nehmen Sie das doch einmal zur Kenntnis, Sie wissen es doch ganz genau, Herr Minister, Sie haben doch genügend Diskussionsrunden beigewohnt.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Ich habe es im Einzelnen analysiert.)

Sie wissen doch, um welche Personen es sich dabei handelt, wie lange diese Personen schon vor der Türe stehen, machen wir uns doch nichts vor. Und wenn wir uns nicht auch in diesem Bereich zweite Schwelle etwas einfallen lassen, dann haben wir in einigen Jahren noch ein viel größeres Problem und genau darum geht es. Wenn Sie dann darauf verweisen, dass im wirtschaftlichen Bereich, da stimme ich Ihnen sehr zu, auch wieder mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden, muss man auch ehrlicherweise noch einmal verweisen auf das Bündnis für Arbeit der Bundesregierung. Durch weitere Verhandlungen dieser Bundesregierung gibt es nunmehr die Zusage der Wirtschaft, bis zum Jahr 2003 noch weitere 20.000 Ausbildungsplätze über die im Bündnis für Arbeit bereits zugesagten 40.000 zur Verfügung zu stellen. Der Ehrlichkeit halber, wenn man schon nur seine

eigenen Programme immer belobigt, dann sollte man auch noch einmal die Größe haben zu erwähnen, dass von Seiten des Bundes auch die Versprechen eingelöst werden.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Ja, ich denke, Sie hassen das, wenn wir Zahlen nen- nen.)

Wenn Sie das jetzt irgendwie nicht verstanden haben, dann melden Sie sich, dann können Sie das noch einmal ergänzen. Ich habe nämlich vorhin darüber geredet, wie schnell man viele Menschen, die vor der Tür stehen, als Prozentpunkte benennt. Und hier habe ich eine Zahl, was zusätzliche Ausbildungsplätze angeht, als Zahl benannt. Das ist ein Unterschied, aber vielleicht kommt das hier noch so ganz rüber.

Zum Zweiten, und auch das ist von Herrn Minister angesprochen worden, müssen wir auch immer wieder neu nachdenken, in welchen Berufen zukünftig auch mehr investiert werden muss. Das ist sehr richtig. Allein im Informations- und Kommunikationsbereich sind in den letzten drei Jahren über 30.000 neue Ausbildungsplätze entstanden. Ich halte das für sehr wichtig und auch gerade deshalb sollte man überlegen, in welchen Ausbildungsbereichen zukünftig, und so weit ich weiß, werden auch gerade von Seiten der Bundesregierung 50 neue Berufe überprüft ob ihrer Ausbildungsmodalitäten, ob ihrer Modernität, gerade auch im Bereich der Biotechnologie. Ich halte das für sehr wichtig. Sie haben auch die Frage der Ausbildungsverordnung angesprochen. All das sind wichtige Dinge, die durchaus in gemeinsamen Gesprächen, nennen wir es jetzt wie im Antrag Evaluierung, auch weiter vertieft werden können.

Dann hätte ich mir schon gewünscht, Herr Minister, eine Antwort auf die Frage meines Kollegen Huster, wie geht es denn z.B. mit den Programmen "JANA" und "JOB" weiter. Das sind Programme, die eigentlich eingeführt waren, die sich bewährt haben, und es wäre, denke ich, schon einmal wichtig zu hören, wie es gerade in diesem Bereich weitergeht. Zusammenfassend, denke ich, es ist überhaupt nicht Zielsetzung, jemanden in die Ecke stellen zu wollen, irgendetwas von Aktivitäten infrage zu stellen, bzw. es geht in diesem Antrag darum, und das ist in drei Punkten relativ allgemein gesagt worden, es soll über Förderprogramme nachgedacht werden, über bestehende Programme und es möchte im September ein Bericht über diese Prüfungsmodalitäten hier gegeben werden, damit wir dann noch einmal gemeinsam darüber reden können, nicht mehr und nicht weniger. Ich denke, einem solchen Antrag kann man ohne ideologische Hintergedanken sehr zustimmen, meine Fraktion wird dieses tun. Danke schön.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herr Abgeordneter Kretschmer, wie angekündigt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich weiß zwar nicht, um was haben Sie gesagt oder was weiß ich denn, aber die sollen sich mal einen Kopf machen. Und das andere: Mit Vehemenz die guten Ergebnisse, die Frau Kollegin Wackernagel hier aufgeführt hat, zu bekämpfen und zu diskreditieren, liebe Kollegin Pelke,

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Nein, nein.)

doch, doch, ich habe mir extra hier die Zeitung herausgenommen von der Berufsbildungsdebatte im Bundestag. Frau Bulmahn schildert hier sehr deutlich, wir haben Erfolg. Die Jugendarbeitslosigkeit hat diese Bundesregierung um 9 Prozent gesenkt. Und das geht so weiter, die Bundesregierung hat die Trendwende geschafft in dem Ausbildungsmarkt, also wenn auf Bundesebene die Dinge so gut dargestellt werden, dann macht es doch scheinbar überhaupt keinen Sinn, die Ergebnisse, die wir auf Landesebene erreichen, hier in so einem schlechten Licht darzustellen.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Dann haben Sie mir nicht richtig zugehört.)

Doch, doch, ich habe diesen Antrag eingeordnet in das alljährliche Ritual, deshalb habe ich es vorhin zu Herrn Huster auch gesagt, in den Jahren zuvor war Herr Kachel derjenige, der immer hier in verschiedenen Modifikationen das Katastrophenbild der Lehrstellenkatastrophe an die Wand malte und dann mit Bedauern peu à peu feststellen musste, die Landesregierung und die am Ausbildungsmarkt Beteiligten haben es - ich sage mal - mit gewissen Resten immer wieder geschafft, das, was sie als Lehrstellenkatastrophe an die Wand malten, als absurd hinzustellen, sondern zu schaffen, dass im Wesentlichen denjenigen, die ausbildungswillig und -fähig sind, auch einen Ausbildungsplatz zu geben. Das ist ein Punkt, den ich ganz deutlich benenne. Und darauf lassen wir uns auch nicht ein, dass das schlecht gemacht wird. Wissen Sie, man kann auch Ängste schüren, und das merken wir ja nicht nur bei den jungen Leuten, sondern auch bei den Eltern und den Großeltern. Und wenn wir immer wieder sagen, da gibt es eine Lehrstellenkatastrophe, muss ich mich ja nicht wundern, wenn sich dieses Bild bei den Eltern und Großeltern verfestigt und die Erfolge überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden. Manche Ausbildungsberufe werden ja überhaupt nicht mehr angegangen, weil sie diskreditiert sind bis dorthinein. Metallarbeiter werden gesucht, Facharbeiter im Metallbereich.

(Beifall bei der CDU)

Aber es sieht natürlich chic aus, indem man einfach mal sagt, evaluiert doch mal die Programme, das impliziert den Eindruck, das, was die Landesregierung und vielleicht auch die Bundesregierung gemacht hat, das war nicht sachgerecht. Jetzt kommen wir endlich mal, ihr müsst euch einen Kopf machen, macht das mal ordentlich und das kann nicht sein. Wie verquer diese Logik ist, Herr Gerstenberger ist im Augenblick nicht da, und er hat das hier in seine Wortungetüme versucht einzubinden, ist doch offensichtlich. Er sagt, Herr Minister Schuster meint, im Bereich Arbeitsmarktpolitik sind wir sehr weit vorn und das kommt mit so einem kritischen Unterton und dann sagt er, das kann ja nicht sein, weil die Landesregierung evaluiert.

Wir sagen - und das zu Recht -, Frau Wackernagel hat das belegt, wir sind auch in der Frage der Ausbildungsplätze vorn und da sagt er, ihr müsst mal evaluieren. Wenn wir dann evaluieren, dann sagen wir, also das kann gar nicht sein, ihr seid gar nicht so gut. Verstehen Sie doch mal, was hier eigentlich abläuft. Das kann nicht sein und deshalb ganz deutlich von meiner Fraktion aus auch Ablehnung des Antrags. In der Aussprache zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung ist im Übrigen sehr deutlich klargemacht worden, woran es liegt, dass wir bei den betrieblichen Ausbildungsplätzen Schwierigkeiten haben und dass es überhaupt keinen Sinn macht, an den Symptomen herumzukurieren, sondern zu sagen, woran liegt es. Mein Kollege Jork in der Bundestagsfraktion hat sehr einfach vier Gründe gebracht, warum die betriebliche Ausbildungsplatzsituation so kritisch ist, und ich kann sie Ihnen nicht ersparen. Der erste Grund ist, was man machen müsste, die Lehrlinge sollen möglichst umfassend im Betrieb arbeiten. Das war so ein Teil, was wir im vorhergehenden Punkt besprochen haben. Der zweite Grund, da ist nun deutlich die Bundesregierung gefordert, eine deutliche Entlastung von Steuern und Abgaben, drittens Entlastung von Nebenkosten und viertens eine angemessene Relation des Lehrlingsentgelts zum Gesellenlohn. Das sind die vier Punkte, woran es krankt, dass bei betrieblichen Ausbildungsplätzen nicht die Erfolge da sind, die wir uns vielleicht auch gemeinsam wünschen, meine Damen und Herren. Ich denke, es ist richtig und anerkennenswert, dass auf die jeweils aktuellen Anforderungen durch die Programme auch in Initiative mit den Ausbildungspartnern reagiert wird, und wir weisen alle Versuche auch unter diesem schlichten Antrag "Evaluierung der Programme" zurück, dass man die Ausbildungsergebnisse schlecht redet, sondern wir ermuntern die Landesregierung, wir ermuntern aber auch insbesondere die am Ausbildungsmarkt Tätigen, auch in diesem Jahr wieder alle Anstrengungen zu bringen, dass ausbildungsfähigen und -willigen jungen Leuten Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Huster.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kretschmer, eigentlich tut es mir Leid, die ganze Geschichte.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Dass Sie das angefangen haben!)

Nein, nein, nicht, dass wir das angefangen haben, das Thema steht, aber wie Sie versuchen, das hier auf eine Bahn zu mitteln, sagen wir mal, die wirklich nicht sachgerecht ist. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn man sich mit Reden auseinander setzt, die tatsächlich gehalten werden, aber die Rede, die Sie mir hier vorwerfen und Frau Pelke, die haben wir nicht gehalten, so einfach ist das. Wir haben nicht davon gesprochen,

(Beifall bei der PDS, SPD)

dass es eine dramatische Zuspitzung bei den Lehrstellen gibt, dass es eine Lehrstellenkatastrophe gibt, sondern wir haben sehr wohl registriert, dass es in diesem Jahr zum jetzigen Zeitpunkt ein höheres Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen gibt und das freut uns natürlich genauso wie Sie. Aber wir haben auch gesagt - und das habe ich ja nicht mal selber erfunden oder sonst was - die Jugendberufshilfe - und das ist eine Truppe, die Sie beauftragt haben, Ihre Berufsausbildung kritisch zu begleiten sagt im Januar, es wird, wenn nichts getan wird, wenn keine neuen Landesprogramme aufgelegt werden, zum Ende des Ausbildungsjahres zu einem dramatischen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit kommen. Um das Thema streiten wir uns jetzt, um nichts anderes.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es geht nicht darum, Erfolge klein zu reden,

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Herr Gerstenberger!)

und das wäre auch nicht unser Stil, das können Sie glauben.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ja, das haben Sie zumindest von mir nicht erlebt. Zum Antrag wäre Folgendes noch zu sagen: Ich habe jetzt für ein Sofortprogramm die Begründung geliefert in diesem Jahr, das darauf reagiert. Wir haben den Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit im letzten Jahr besonders in den Monaten Juni bis September gehabt, wo die Fachleute einschätzen, wenn das Sofortprogramm der Bundesregierung mit seinen Maßnahmen nicht gewesen wäre, dann hätten wir die Katastrophe schon letztes Jahr gehabt. Wegen des Sofortprogramms - hier könnte man über vieles reden - ist es letztes Jahr in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht so präsent gewesen, aber dieses Jahr schlägt es voll durch

und die Zahl ist zumindest da, 4.200 Leute aus außerbetrieblichen Maßnahmen. Es geht aber nicht nur um kurzfristige Maßnahmen, sondern auch darum, dass wir nicht versuchen, uns bis zum Jahr 2005 durchzuretten, wo auch Studien sagen, es wird unter Umständen keine Entwarnung geben, wir brauchen also ein längerfristiges Überlegen, was passiert in den nächsten Jahren und was passiert mit den jungen Leuten, die jetzt in die Ausbildung gehen - und da sage ich mal Vollzeitschule - und die schlechtere Vermittlungschancen haben. Da stehen die Mädels, die Hauswirtschaft und sonst was gelernt haben, also völlig am Bedarf vorbei. Wenn da Politik - und da komme ich zum Vergabegesetz, Herr Kretschmer, also zu der sachlichen Debatte, die habe ich gestern sehr begrüßt, aber da ist es genauso wie hier bei der Berufsausbildung - erklärt und sagt, wir legen euch die Zahlen vor, euch geht es gar nicht so schlecht, ich denke, das ist der falsche Weg. Wir sind hier in der Pflicht, genau diese Tendenzen auch mal anzusprechen und zu sagen, Politik muss hier handeln. Und um nicht weniger ging es in diesem Antrag, meine Damen und Herren. Ich habe das schon eingangs gesagt, ich finde es einfach schade, dass Sie das hier auf so eine ideologische Schiene schieben, das ist sehr bedauernswert.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Ich denke, jetzt haben wir alle Redemeldungen abgearbeitet. Damit schließe ich die Aussprache. Überweisung wurde nicht beantragt, damit kommen wir unmittelbar zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/710. Wer diesem Antrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall, dann mit Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und wir kommen damit zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 10

Auswirkungen der bereits vollzogenen und geplanten Steuerrechtsänderungen des Bundes auf die Haushalte des Landes Thüringen und insbesondere der Thüringer Kommunen Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/711

Die Landesregierung hat angekündigt, einen Sofortbericht zu geben. Ich frage dennoch: Wird Begründung durch den Antragsteller gewünscht? Das ist nicht der Fall, dann können wir unmittelbar zum Sofortbericht der Landesregierung kommen, Herr Minister Trautvetter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Antrag der PDS wird die Landesregierung beauftragt, über die zu erwartenden Auswir

kungen bereits vollzogener und geplanter Steuerrechtsänderungen auf die Haushalte des Landes und der Kommunen zu berichten, und sie begründen dies mit Widersprüchen in den Aussagen verschiedener Finanzminister der neuen Länder.

Zunächst einmal wäre es hilfreich gewesen, wenn Sie die Widersprüche, die Ihrer Meinung nach einer Aufklärung bedürfen, aufgeführt hätten. Es dürfte aber in der Natur der Sache liegen, dass verschiedene Länderfinanzminister auch verschiedene Aussagen zu den zu erwartenden Steuerausfällen für ihr Land treffen und dies auch unterschiedlich werten. Darin vermag ich nun wirklich keinen Widerspruch zu erkennen. Das Gleiche gilt auch für Aussagen von kommunalen Spitzenverbänden, die natürlich mit eigenen Rechenprogrammen zu eigenen Ergebnissen kommen, weil sie eventuell andere Annahmen zugrunde legen. Außerdem sind bei Schätzungen - und um nichts anderes handelt es sich hier - Unwägbarkeiten immanent. Bezogen auf Schätzungen zu den Auswirkungen von Steuerrechtsänderungen ist insbesondere kaum einzukalkulieren, wie sich das Verhalten der Steuerpflichtigen aufgrund der Rechtsänderung ändert. Sie wissen ebenso gut wie ich, dass verlässliche Aussagen hierüber erst im Nachhinein möglich sind. Bis dahin bewegen wir uns auf unsicherem Terrain. Wenn ich nur einmal an die Auswirkungen des Familienleistungsausgleichs denke, wo große Berechnungen vorgenommen worden sind, die würden die Kommunen nur mit 100 Mio. DM und die Länder nur mit etwa 300 Mio. DM belasten und dann haben die Kommunen 250 Mio. DM zu verkraften gehabt und wir im Land über 600 Mio. DM.

Wie ist das nun bei den vollzogenen Steuerrechtsänderungen, von denen ich beispielhaft das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, das Steuerbereinigungsgesetz 1999 und das Familienförderungsgesetz anführen möchte. Nach dem vorliegenden Finanzierungstableau des Bundesfinanzministeriums aus dem Gesetzgebungsverfahren zu diesen drei Gesetzen müssen das Land Thüringen und die Kommunen im Jahr 2000 mit Einnahmeausfällen in Höhe von 135 Mio. DM rechnen. Für 2001 belaufen sich die Mindereinnahmen auf 133 Mio. DM und im Jahre 2002 auf 430 Mio. DM. Das ist das Finanzierungstableau des Bundesfinanzministeriums. Die Finanzierungstableaus beinhalten jedoch Schätzungen lediglich über einen Zeitraum von vier Jahren ab dem In-Kraft-Treten des jeweiligen Gesetzes, so dass für das Jahr 2003 belastbare Schätzungen lediglich für das Steuerbereinigungsgsgesetz und das Familienförderungsgesetz vorliegen. Danach ist im Jahre 2003 in Thüringen mit Einnahmeausfällen von 108 Mio. DM zu rechnen. Dagegen liegen für das Steuerentlastungsgesetz für den Zeitraum ab 2003 keine Schätzungen vor, nach denen sich speziell die Auswirkungen dieses Gesetzes beziffern lassen.

Auf Basis der Steuerschätzung vom Mai 2000 ergibt sich für die finanziellen Auswirkungen folgendes Bild - doch zunächst muss ich auch hier den Zeitraum, über den Aussa

gen möglich sind, einschränken; die aktuelle Schätzung betrifft die Jahre 2000 bis 2003. Darüber hinaus wurden keine Schätzungen vorgenommen. Auch werden die Wirkungen des Steuerentlastungsgesetzes in der Schätzung nicht mehr gesondert betrachtet. Berücksichtigt und zusammengefasst gesondert darstellbar sind die Auswirkungen folgender Gesetze, nämlich das Steuerbereinigungsgesetz 1999, Familienförderungsgesetz, die Änderung beim Wohngeldgesetz über die Eigenheimzulage, das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform, Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes und des Tabaksteuergesetzes und das Gesetz zur Änderung des Rennwett- und Lotteriesteuergesetzes.

Nach unseren Berechnungen für die Regionalisierung ergeben sich bei dem Vergleich Mai-Steuerschätzung 1999 und Mai-Steuerschätzung 2000 folgende Auswirkungen für Thüringen und für die Thüringer Kommunen - das sind die Abweichungen der Steuerschätzungen; ich werde nachher das Zahlenwirrwarr noch etwas undurchsichtiger machen: im Jahre 2000 für den Freistaat Thüringen die minus 23 Mio. DM, für die Gemeinden minus 79 Mio. DM; im Jahre 2001 für Thüringen minus 151 Mio. DM, für die Gemeinden minus 121 Mio. DM; für das Jahr 2002 für Thüringen minus 151 Mio. DM, für die Gemeinden minus 98 Mio. DM; für das Jahr 2003 für Thüringen minus 91 Mio. DM, für die Gemeinden minus 99 Mio. DM.

Nun sind die Vergleichszahlen zwischen zwei Steuerschätzungen mit den daraus resultierenden Abweichungen meistens nicht aussagefähig. Es ist wesentlich besser, man rechnet mit absoluten Zahlen, wie sich die Steuereinnahmen entsprechend der Mai-Steuerschätzung 2000 von Jahr zu Jahr entwickeln. Das bedeutet für Thüringen im Jahr 2000, dass wir die 23 Mio. DM Steuermindereinnahmen zu verkraften haben. Da habe ich gesagt, das ist so marginal bei 12 Mrd. DM Steuereinnahmen, da müssen wir erst einmal sehen, was am Jahresende herauskommt. Für die Thüringer Kommunen bedeutet das nicht einen Rückgang in den Steuereinnahmen, sondern die Thüringer Kommunen müssen damit rechnen, dass die Steuereinnahmen im Vergleich zu 1999 im Jahre 2000 stagnieren. Die Thüringer Kommunen haben 1999 1.268.000.000 DM eingenommen - nach der Ist-Abrechnung. Die Mai-Steuerschätzung des Jahres 2000 bringt exakt diese Zahl auch für die erwarteten Steuereinnahmen des Jahres 2000. Für 2001 bedeutet es für Thüringen, dass unsere Steuereinnahmen nur um 71 Mio. DM gegenüber 2000 steigen. Die Kommunen können nach jetziger Rechtslage mit einer Steigerung von 58 Mio. DM rechnen gegenüber dem voraussichtlichen Ist 2000. Das ist immer die Schwierigkeit in diesem Zahlenwirrwarr. Wenn man Steuerrechtsänderungen vergleicht, dann wird das immer auf der Basis von Schätzungen und Soll verglichen. Es ist wesentlich besser, man vergleicht die absoluten Zahlen, um sich an den absoluten Zahlen die Einnahmeentwicklung herauszunehmen. Ich möchte an dieser Stelle nur eine Randbemerkung machen, warum ich auch sehr kritisch bin, dass die Gewerkschaften den

Schlichterspruch abgelehnt haben. Wir erwarten im Jahre 2001 71 Mio. DM Steuermehreinnahmen gegenüber 2000. Die tariflichen Steigerungen mit dem Schlichterspruch sind 275 Mio. DM im Jahre 2001. Das heißt, ohne Reduzierung und Nettoneuverschuldung bedeutet dieser Schlichterspruch bereits eine Einsparung von 200 Mio. DM, die im Haushalt realisiert werden müssen. Da haben wir Zinssteigerungen und gesetzliche Steigerungen noch gar nicht mit berücksichtigt. Im Jahre 2002 werden im Vergleich zu 2001 die Steuereinnahmen des Landes um 276 Mio. DM steigen und der Kommunen um 63 Mio. DM, die Landessteuern im Jahre 2003 im Vergleich zu 2002 um 592 Mio. DM und die kommunalen Steuern um 78 Mio. DM. Man muss bei diesen Zahlen auch immer berücksichtigen, dass dort nicht nur die Steuerrechtsänderungen zugrunde gelegt werden, sondern auch die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung in diesen Jahren.

Ich komme nun zu den geplanten Steuerrechtsänderungen, vor allem den Auswirkungen der geplanten Steuerrechtsänderungen des Bundes. Das derzeit noch in den Beratungen befindliche Steuersenkungsgesetz hätte nach den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums auf Thüringen folgende Haushaltsauswirkungen, die noch nicht in der Mai-Steuerschätzung 2000 berücksichtigt sind: im Jahr 2001 Mindereinnahmen von 590 Mio. DM, 2002 244 Mio. DM, 2003 385 Mio. DM und 2004 362 Mio. DM und darauf entfallen auf die Thüringer Kommunen 2001 42 Mio. DM, 2002 11 Mio. DM, 2003 35 Mio. DM und 2004 43 Mio. DM, wobei zu den Mindereinnahmen der Thüringer Kommunen zu sagen ist, sie sind zum größten Teil auf die Anhebung der Gewerbesteuerumlage zu Gunsten der Länder und des Bundes zurückzuführen. In den Zahlen ist noch nicht berücksichtigt, dass diese ursprünglich vorgesehene starke Anhebung inzwischen abgemildert wurde und somit die bisher prognostizierten Mindereinnahmen der Gemeinden geringer ausfallen. Bundesweit haben die Gemeinden dadurch um 1,5 Mrd. DM geringere Einnahmeausfälle.

Meine Damen und Herren, in der Begründung des Antrags wird mir vorgehalten, ich hätte diese Wirkung auf Thüringen als marginal bezeichnet. Ich kann dem Text allerdings nicht entnehmen, worauf man sich bezieht, das hätte schon etwas deutlicher gemacht werden müssen. So ist die Aussage, jedenfalls für mich, offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen. Wie Ihnen bekannt ist, habe ich die Auswirkungen der Pläne der Bundesregierung zur Unternehmenssteuerreform, dem Steuersenkungsgesetz untersuchen lassen und dem genannten Gesetzentwurf wurde der Antrag der Länder Bayern, BadenWürttemberg und Thüringen für eine Steuerreform für mehr Wachstum und Beschäftigung gegenübergestellt. Bei der Vorstellung der Ergebnisse dieser Studie habe ich die von Ihnen angeführte Terminologie, die Auswirkungen in Thüringen seien marginal, gebraucht. Allerdings hat sich diese Aussage auf den Vergleich der beiden Modelle hinsichtlich der Entwicklung des Landesanteils an der Einkommens- und Körperschaftssteuer bezogen und das