Protocol of the Session on March 16, 2000

dass es die Demokraten sind - hören Sie doch erst einmal zu -, die von der Landesregierung über die geschehenen Ereignisse informiert werden wollen. Das hat der Thüringer Innenminister Christian Köckert gerade vor kurzem hier getan. Er hat es sehr explizit und, ich glaube, auch vollständig getan. Ich brauche darauf nicht mehr im Einzelnen einzugehen.

(Beifall bei der CDU)

Manches stellt sich im Konkreten etwas anders dar, als es in mancher pauschal verbreiteten Erklärung so einfach locker vom Hocker einmal in den Raum gestellt wird, Herr Kollege. Worauf ich allerdings noch einmal ausdrücklich hinweisen möchte, Thüringen ist, Gott sei Dank, kein Aufmarschgebiet von Rechtsextremisten.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, dass wir das zumindest heute hier festhalten sollten, und das soll auch die Botschaft sein, die ins Land hinausgeht, wir wollen es nicht herbeireden, Herr Pohl,

(Beifall bei der CDU)

wir wollen, dass diese Leute draußen bleiben, dass sie nicht hierher kommen, dass wir dieses festhalten. Die genannten Zahlen müssten dies auch für Sie, sehr geschätzter Herr Kollege Pohl, unmissverständlich klar und deutlich gemacht haben. An späterer Stelle werde ich noch einmal darauf eingehen, dass Sie sich früher weniger leichtfertig über Extremismus in Thüringen geäußert haben. Damals war der Innenminister allerdings noch ein Jungthüringer und Genosse - ich sehe ihn gar... oder ist er da?

(Zwischenruf Abg. Wolf, CDU: Er ist schon gegangen.)

Er ist schon gegangen. Na ja, daran sieht man einmal, wie viel Aufmerksamkeit hier ein ehemaliger Minister der Sache schenkt.

(Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Das sagen gerade Sie!)

Ich habe eben gesagt, dass ich unterstelle, dass es sich heute um die Stunde der Demokraten handelt, die sich mit undemokratischem Extremismus auseinander setzen. Ich unterstelle, dass in diesem hohen Hause auch niemand Nachhilfe in Demokratie benötigt. Außerhalb dieser Mauern bin ich mir da nicht so sicher. Wenn eine Einschränkung der verfassungsrechtlichen Versammlungsfreiheit als Zivilcourage bezeichnet wird, wenn ein Gewerkschaftsfunktionär fordert, dass grundgesetzlich nun einmal verbürgte Versammlungen unter Begehung von Straftaten gestört werden dürfen und das natürlich zugunsten linker Gruppen gilt, spricht das nicht gerade von großer demokratischer Reife.

(Beifall bei der CDU)

Da sieht man die wahren Dinge. Ja, Herr Ramelow, Sie können ruhig schütteln. Sie und Herr Lucifero, Sie sind die Wahren, die das immer wieder anheizen, damals in Saalfeld und heute hier.

(Beifall bei der CDU)

Es spricht von einer Verachtung des Rechtsstaats, der Rechte, Gott sei Dank, unabhängig von der politischen Gesinnung gewährt. Der Rechtsstaat aber trägt und schützt die Demokratie. Es zeugt aber auch nicht von Intellektualität linker Gruppen, wenn anstelle der geistigen Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten gefordert wird, gegen diese, man höre, ungesühnt Straftaten begehen zu dürfen. Da wird der Kopf durch die Faust ersetzt, dann tritt die rohe Gewalt an die Stelle von Intellektualität. Wenn dann auch für die eigene Richtung noch Grundrechte im Exzess eingefordert werden, die man dem politischen Gegner versagt, dann geht die Gleichung linksintellektuell bestimmt nicht mehr auf. Wer intellektuell ist, hat die Toleranz, dem politisch-extremistischen Gegner nicht mit eigenem Rechtsbruch zu begegnen, das heißt natürlich kein Gutheißen von Extremismus, weder von links noch von rechts, damit das ganz klar ist. Das heißt aber, das Recht zu achten und andererseits aber auch das Recht durchzusetzen, und dazu fordere ich die Landesregierung eindeutig auf: Gehen Sie auch weiterhin gegen alle Rechtsbrüche, insbesondere von Extremisten, mit aller Härte des Gesetzes vor.

(Beifall bei der CDU)

Verweigern Sie sich aber auch den von linker Seite geforderten Rechtsbruch gegenüber Rechtsextremisten. Damit würden Sie die Verfassung brechen und die Rechtsextremisten zu Märtyrern machen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben in unserem Antrag gesagt, dass die Bekämpfung jeder Form von Extremismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe aller Demokraten ist, dass die Unterbindung von Straftaten von Extremisten Sache der Polizei ist. Ich danke auch ausdrücklich dem Thüringer Innenminister, dass er jetzt erstmals ein Konzept, ja erstmals überhaupt ein Konzept zur Extremismusbekämpfung vorlegt.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Bechthum, SPD: Das stimmt überhaupt nicht!)

Ja, da können Sie sich ruhig da drüben aufregen. Bereits im November wurde die Arbeit aufgenommen und vor kurzem eine hochkarätig besetzte Stabsstelle zur Extremismusbekämpfung im Innenministerium eingerichtet und gebildet.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, SPD: Die hat gut funktioniert!)

Ja, die hat auch gut funktioniert. Sie wissen, dass da hochkarätige Leute sitzen und sich Gedanken machen, wie man dem begegnen kann. Der letzte Innenminister, jetzt ist er da, ich freue mich, Herr Minister a.D., hat viel über Extremismusbekämpfung geredet, das stimmt. Dass die Bekämpfung extremistischer Straftaten nicht Sache von selbst ernannten, aber linksextremen Demokratieschützern ist, die dabei selbst wieder Straftaten begehen, dürfte an sich klar sein. Ich hoffe, dass dies auch in diesem hohen Hause durchweg so akzeptiert wird, dass die gesamtgesellschaftliche Aufgabe die geistige Auseinandersetzung mit dem Extremismus ist, nicht die körperliche. Soweit dies in diesem hohen Hause keine Akzeptanz findet, müsste ich meine Unterstellung, dass hier nur Demokraten sitzen, relativieren. Ich möchte niemandem Gegendemonstrationen verbieten. Schließlich haben wir gerade über den grundgesetzlichen Schutz der Demonstrationsfreiheit geredet. Nebenbei darf ich bemerken, dass Artikel 8 des Grundgesetzes das Recht gewährt, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Das gilt übrigens für rechts wie links. Damit meine ich vor allem auch das "friedliche". Wenn man aber schon weiß, dass man eine Gegendemonstration veranstalten will, aber befürchtet, wenn man dies vorher sagt, ordnungsbehördlich von den Rechten getrennt zu werden und sie dann nicht tätlich angreifen zu können, kann dies Zweifel am Friedenswillen aufkommen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Dies gilt natürlich nicht für alle Demonstrationsteilnehmer, auch nicht für die vom 12. Februar 2000. Wer wirklich friedlich demonstrieren will, wird allerdings zu denen gehören, die sich von gewalttätigen Demonstranten distanzieren. Damit trennen sich dann diejenigen, die das Demonstrationsrecht wahrnehmen, von denjenigen, die es missbrauchen. Geschieht dies nicht, wird dies in der Regel die Polizei tun müssen; keine Aufgabe, an der irgendein Polizist viel Spaß finden kann.

An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Thüringer Polizistinnen und Polizisten zu danken,

(Beifall bei der CDU)

die nicht zuletzt bei solchen Demonstrationsgeschehen immer wieder den Kopf hinhalten müssen. Und da sollte man aufmerken, wenn dann solche Dinge passieren, dass mit Steinen geworfen wird und mit Mehltüten, dann braucht man sich nicht zu wundern, Herr Dittes, wenn man vielleicht hinterher selbst noch etwas davon abbekommt.

(Beifall bei der CDU)

Sie sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, wenn Sie solche Gegendemonstrationen vorhaben: Nutzen Sie lieber das Mehl und schicken Sie es nach Mosambik, wo es ge

braucht wird, als dass Sie es hier gegen unsere Polizisten werfen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte auch an dieser Stelle ausdrücklich dem Verfassungsschutz des Freistaats Thüringen, der Länder und des Bundes danken, denn nur ihre Erkenntnisse, die diese Behörde mit einbringt in die Bekämpfung von solchen Extremen, helfen uns, dass wir überhaupt diese bekämpfen können. Und da erinnere ich an die rechte Seite hier, die ja immer wieder gefordert hat, die PDS: Auflösung und Abschaffung des Verfassungsschutzes. Ja, Herr Dittes, Sie nicken, natürlich nicken Sie, weil dann überhaupt niemand mehr da ist, der auch Ihre Aktivitäten, die Sie durchführen, beobachten und verhindern kann.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darauf, dass Demonstrationsfreiheit nicht Schrankenlosigkeit bedeutet, dass die Demokratie wehrhaft sein muss, hat auch der seinerzeitige Thüringer Innenminister Dr. Dewes am 13. November 1997 hingewiesen. Er hat ferner auf den verfassungsrechtlichen Schutz von körperlicher Integrität und die Unverletzlichkeit des Eigentums hingewiesen. Dies hat auch der jetzige Innenminister am 12. Februar in Erfurt wieder durchgesetzt. Sein Amtseid verpflichtet ihn auch, das Recht zu schützen, von links gegen rechts und auch umgekehrt. Bedenklich ist allerdings, dass dies zehn Jahre nach der Wende von der Diktatur weg noch nicht von allen Menschen in diesem Lande und vielleicht auch nicht von allen Mitgliedern dieses hohen Hauses als selbstverständlich angesehen wird. Diesen Eindruck erweckt jedenfalls und soll sicherlich der 5. Abschnitt im Parteiprogramm der PDS erwecken. Herr Dittes und die Kommunistische Plattform sorgen für diesen Eindruck. Der Eindruck, dass die Postkommunisten noch nicht auf dem Boden des freiheitlichen Grundgesetzes angekommen sind, bleibt.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf verweisen, und hier spreche ich die Kollegen der SPD an: Ich warne Sie einfach noch einmal und bitte Sie, ernsthaft darüber nachzudenken, wenn Sie vorhaben sollten, mit diesen Kräften eine Koalition einzugehen, wie es sie ja woanders schon gibt, überlegen Sie sich beizeiten, was dann dabei herauskommt.

(Heiterkeit bei der SPD)

In dem Zusammenhang: Wir waren nach dem letzten Aufmarsch in Gera mit meinen Kolleginnen und Kollegen vor Ort und haben uns informiert in dem Asylbewerberheim, wir habe mit den Polizisten und mit der Stadtverwaltung gesprochen. Uns wurde dort ganz klar und deutlich gesagt, dass die Zusammenarbeit der Behörden untereinander Landesverwaltungsamt, Innenministerium - hervorragend

geklappt hat, und das sollte man auch einmal deutlich machen und das nicht immer so in den Dreck ziehen, wie das hier versucht wird.

(Beifall bei der CDU)

Was aber auch noch sehr interessant war, was man in Gera zu hören bekam, war, dass die so genannten Gegendemonstranten unter der Führung und Leitung und Anführerschaft von Herrn Dittes komischerweise Einfluss nehmen wollten auf das polizeiliche Handeln, indem man der Polizeiführung Anweisungen geben wollte, wie sie denn zu handeln habe, wie sie denn das machen sollte. Also, Herr Dittes, Sie müssten einmal begreifen, was Legislative und Exekutive ist, lassen Sie mal die Polizei ihre Arbeit machen und kümmern Sie sich um ihre Dinge.

(Beifall bei der CDU)

Demgegenüber hat der Abgeordnete Pohl die Unverbrüchlichkeit des Rechtsstaates jedenfalls schon 1997 erkannt, wenn er am 13. November im Plenum das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zitiert und anschließend sagt: "Werden allerdings die Grenzen des zulässigen Protestes, z.B. durch Gewaltanwendungen oder die Begehung von Straftaten, überschritten und damit die freiheitliche Rechtsordnung verletzt, ist es der gesetzliche Auftrag der Polizei, Gefahren abzuwenden und Straftaten zu verhindern." Ich darf hinzufügen, das gilt unabhängig von der politischen Gesinnung. Herr Kollege Pohl hielt es an diesem Tag auch für zu einfach, unter dem Stichwort "Friedlicher Ungehorsam" über eine Autobahnblockade den Mantel des Schweigens zu decken. Recht so, Herr Pohl, Sie haben Recht, Sie brauchen nur nachzulesen im Protokoll, ich habe es aus dem Protokoll, ich kann Ihnen auch die Stelle zeigen, wo es steht.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pohl, SPD: Ich freue mich, dass Sie das lesen.)

Ja, natürlich, Herr Pohl, wir versuchen uns doch vorzubereiten, was Sie damals gesagt haben und was Sie heute sagen, nur weil der Minister gewechselt hat.

(Beifall bei der CDU)

Sie waren auch 1997 schon im Rechtsstaat angekommen; stärken Sie jetzt einem Minister, der das Recht durchsetzt, genauso den Rücken, wie Sie es damals getan haben. Dazu möchte ich Sie ausdrücklich aufrufen.

(Beifall bei der CDU)