Ein nicht entwässertes Grundstück hat geringe Chancen, vermarktet zu werden. Ein erschlossenes Grundstück steigt regelmäßig im Wert, und dieser Wertzuwachs, meine Damen und Herren, der kommt dem Eigentümer zugute. Deshalb ist es richtig, ihn auch an den Kosten zu beteiligen mit Beiträgen. Es kommt ein weiterer Punkt hinzu. Der Maßstab "höchstzulässige Nutzung" hat auch eine Geschichte. Der wurde nach dem Zweiten Weltkrieg einst geschaffen in einer Zeit, als das stürmische Wachstum der Städte und Gemeinden der Planung sehr schnell folgte und die Planung in vielen Fällen sogar überholt hat. Nehmen Sie mal das Stadtumland in Frankfurt. Hier
sieht man, wie schnell die tatsächliche Bebauung damals über die Planung hinweggelaufen ist. Da wäre es töricht gewesen zu sagen, die Bemessung nach der tatsächlichen Nutzung vorzunehmen. Da musste zu Recht nach der höchstzulässigen Nutzung bemessen werden. Aber unsere Situation ist doch fundamental anders. Die Realisierung, die bauliche Entwicklung folgt der Planung nicht auf dem Fuß, sondern mit großem, großem zeitlichen Abstand. In einer solchen Situation, wo auf lange Zeit nicht absehbar ist, dass die Bebauung die Planung erreichen wird, ist es nicht vernünftig, bei der Feststellung der Beiträge so zu tun, als würde morgen schon die Bebauung den Planungen unmittelbar folgen. Das ist doch völlig irreal. Von daher ist es vernünftig, bei der Beitragserhebung von der tatsächlichen Nutzung auszugehen. Das hat zur Folge, dass viele Fälle, die bisher große Sorgen gemacht haben, weg sind. Ich bin ganz sicher, 50 Prozent der Problemfälle sind dann erledigt. Wenn man diesen Maßstab einführt, dann müssen wir dafür sorgen, dass Beiträge auch bezahlbar, sozial verträglich bleiben.
(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Richtig! 104 Sitzungen hattet ihr mit absoluter Mehr- heit Zeit. Und in der 105. Sitzung kommt ihr mit der Überraschung.)
Warum hat er es denn nicht gemacht? Das lag ja damals alles auf dem Tisch, Herr Gentzel. Vielleicht haben Sie das noch nicht so richtig verfolgt.
Da hätte man gar nicht 104 Sitzungen gebraucht, sondern damals hätte man diese Regelungen einführen sollen.
Natürlich ist die Kehrseite einer solchen Regelung die, dass es eine Nachveranlagung geben muss. Wenn sich die tatsächliche Nutzung ändert, muss dies zu einer Nachveranlagung bei Beiträgen führen. Ich finde Ihre Ankündigung sehr richtig, dass man denjenigen, die die Beiträge schon bezahlt haben, die Möglichkeit gibt, Rückzah
lungen zu beantragen oder aber die bei künftigen Gebühren anzurechnen. Damit vermeiden Sie eine Ungerechtigkeit, die durch einen solchen Übergang entstehen könnte.
Meine Damen und Herren, klar ist, dass viele dieser Probleme auch darauf zurückzuführen sind, dass unmittelbar nach der Wende abwassertechnische Zielplanungen realisiert wurden, die mit unserer Siedlungsstruktur nicht kompatibel waren. Man hat technische Systeme übertragen auf eine Siedlungsstruktur, die dafür nicht geeignet war, mit der Folge, dass 80 Prozent der Investitionskosten in die Hauptsammler gingen. Dies ist unvernünftig und dies legt den Gedanken nahe, aus betriebswirtschaftlichen Gründen andere Lösungen zu suchen.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, Sie sind auf dem richtigen Weg. Gehen Sie diesen Weg weiter, ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Herr Schuster, ich bin Ihnen ja dankbar, dass Sie direkt vor mir gesprochen haben, weil ich zum Thema "Beiträge" etwas sehr prinzipiell klarstellen will. Herr Pietzsch hat es angesprochen, wir haben in unserer Begründung zu unserem Gesetz, welches nachher ja noch zu verhandeln ist, das Thema - mittelfristig müssten aus unserer Sicht auch für Abwasser die Beiträge durch Gebühren ersetzt werden, mittelfristig! So haben wir es drinstehen, aber nicht, damit es jetzt im Gesetz verhandelt wird, sondern wir wollten uns nicht davor drücken. Insoweit reden wir auf jeder Veranstaltung dasselbe. Wir sagen aber, und das will ich in aller Deutlichkeit sagen, nachdem Herr Schuster hier gesprochen hat, wäre das Wahlversprechen, Herr Schuster, von 1994 von Ihnen eingehalten worden, also hätten wir Sie beim Wort nehmen können, was Sie gerade eben noch mal wiederholt haben und wo ich sage, da hatten Sie damals Recht, da haben Sie heute Recht. Wenn es umgesetzt worden wäre, dass es nämlich tatsächlich eine Begrenzung nach oben bei Wasser und Abwasser und Straßenausbaubeiträgen von 5.000 DM gegeben hätte, 5.000 DM, wenn das die Kappungsgrenze gewesen wäre, dann wären die Bürger nicht auf die Straßen gegangen, weil dann die Beiträgebeispiele, wie sie der Herr Ministerpräsident genannt hat, gar nicht existieren könnten. Ich war erst vor einiger Zeit mit Herrn Höhn und Herrn Baldus bei einer Veranstaltung, da stand eine ältere Dame und hatte zwei Beitragsbescheide, ich glaube von 97.000 - u.a. für ein unbebautes Feld, bei dem es nicht mal einen Anschluss gibt, also nicht mal eine Begründung, dass da irgendetwas entwässert wird. Da muss ich sagen, Ent
schuldigung, das Beispiel von Wallichen habe ich nicht gebracht - und deswegen bin ich Herrn Schwäblein auch dankbar, dass er noch mal die Ergänzung gebracht hat -, weil ich da in irgendeiner Form Schuldzuweisungen machen wollte, sondern ich wollte nur sagen, das ist die Bürgerinitiative von Obernissa, so empfinden die das, und so empfinden die Politik, dass das von einem zum Nächsten hin- und hergeschoben wird. Und selbst wenn Sie es erklären, Herr Schwäblein, sagt der Bürger doch trotzdem, ja, und was ist jetzt mit der viel zu großen Kläranlage, was machen wir mit der, löst die sich auf, soll ich die hinterher doch bezahlen? Wenn Herr Schuster jetzt sagt, die Politik von Kanal fatal ist beendet, also alles zu glauben, über den Kanal ableiten zu können, dann sage ich, Recht haben Sie, aber dann müssen wir auch an dieser Stelle schauen, wie wir eine Umsteuerung in der gesamten Politik kriegen. Das bedeutet, dass die Teile, die von anderen, die über den Kanal entwässern, sich auch an der Finanzierung beteiligen. Da werfe ich natürlich die Frage auf, was ist denn mit den Straßenbaulastträgern, die die Oberflächenentwässerung vornehmen, was ist denn mit den Gemeinden, die das Regenwasser über diese Kanäle ableiten und von den Bürgern aber die Beiträge über den Kanalbau abverlangen. Das ist doch eine Politik, die ist doch nicht in Ordnung. Da sage ich auch, Herr Trautvetter, ja, da müssen wir an dieser Stelle sagen, hier sollten wir uns unserer Verantwortung stellen und sagen, wir müssen aufhören, dass das wie so ein Ringelspiel hin- und hergeht und zum Schluss die Bürger dann sagen, ja, die erzählen irgendwas in der Politik, aber ich habe trotzdem meinen Beitragsbescheid.
Herr Abgeordneter, der Herr Abgeordnete Schwäblein würde Ihnen gern eine Frage stellen. Gestatten Sie das?
Herr Abgeordneter Ramelow, um noch mal auf Wallichen zu kommen: Ist Ihnen bekannt, dass die Stadt Erfurt in der Einigung einen weitaus größeren Teil der Schulden übernommen hat als ihr nach Fläche oder Einwohnerzahl zugestanden hätte? Und ist Ihnen weiterhin bekannt, dass die Ursprungsplanungen längst gekappt sind und jetzt nur so viel in Betrieb genommen wurde wie auch wirklich gebraucht wird und dass, seit das von der Stadt Erfurt geführt wird, mittlerweile auch die abwassertechnischen Parameter eingehalten sind und diese Anlage funktioniert? Ist Ihnen das alles bekannt?
Herr Schwäblein, ich zitiere den Sprecher der Bürgerinitiative Obernissa, um das Problem einfach anzusprechen, um zu sagen, so empfinden das die Betroffenen. Es wurde bestätigt durch das, was Herr Althaus an anderen Beispielen genannt hat. Das mag fachlich alles so sein und zutreffend sein, wie Sie es schildern. Der Bürger begreift es trotzdem nicht, weil er sagt, was geschieht hier eigentlich. Wenn zum Schluss über zu lange Anschlussleitungen und andere Geschichten die Kosten hochgetrieben werden, dann begreift der Bürger das auch nicht. Insoweit ist es ja in Ordnung, dass Sie es klargestellt haben. Ich habe mir auch nicht angemaßt, eine eigene Stilnote dazu zu erteilen. Ich nehme das, was die Bürgerinitiativen geschrieben haben und mahne, und darauf hat Herr Innenminister Trautvetter hingewiesen, ich mahne den konsequenten Dialog mit den Bürgern vor Ort an. Da wirft sich für mich natürlich die Frage auf, wenn der Innenminister sagt, in diesem Fall, über den ich geredet habe, hat die Kommunalaufsicht nichts gemacht, dann frage ich, warum macht sie denn nichts? Warum geht man denn den Schritt nicht, den Sie vorschlagen, Herr Innenminister? Da sagen die Bürger dann wirklich, sind wir im rechtlosen Zustand, dass die Kommunalaufsicht - der Innenminister sagt, sie hätte eingreifen müssen und sie müsste eingreifen, aber sie tut es nicht.
(Zwischenruf Trautvetter, Innenminister: Das ist doch nicht das Innenministerium, sondern der Landrat.)
Ja, und wer hält diesen Landrat an, in der Frage dann tätig zu werden? Dann sagen wir kommunale Selbstverwaltung. Ich erinnere mich an einen Abgeordneten der CDU, der sich über diesen Landrat des Öfteren schon beim Landesverwaltungsamt beschwert hat. Wenn es darum geht, dass dieser Landrat gegen seine eigene Entsorgungsgesellschaft vorgeht, dann stellt er das Landesverwaltungsamt auf die Seite des Landrats, wenn es hier um diese Frage Eingriff der Kommunalaufsicht geht, dann greift das Landesverwaltungsamt nicht ein. Entschuldigung, dass ich das nicht begreife.
Herr Mohring, wenn Sie Zeit haben, erklären Sie es mir, Sie leiden doch offenkundig im Landkreis selber unter dieser verfehlten Politik eines solchen kommunal gewählten Landrats, der offenkundig von niemandem kontrolliert werden kann.
Aber, meine Damen und Herren, ich habe deswegen von der Bürgerinitiative hier das vorgelesen, weil das Fatale daran deutlich wird. Herr Fiedler, ich bin froh, dass die Bürgerinitiativen sich einmischen, dass die Bürgerinitiativen die Politik konfrontieren mit den Problemlagen, denn alles das, was hier heute richtig gesagt worden ist, hätte in den letzten fünf Jahren, in letzten zehn Jahren verändert werden können. Wenn Herr Schuster hier sagt, schon bei der SPD-Beteiligung mit Herrn Dewes hätte
alles auf dem Tisch gelegen, Herr Schuster, Sie haben es gerade gesagt, dann bleibt für mich die Frage, wenn es auf dem Tisch gelegen hat, wieso ist es dann in den 104 Sitzungen vorher nicht umgesetzt worden, als Herr Dewes weg war? Gestört hat er im Landtag jedenfalls nicht mehr zu der Zeit und Sie hätten das
alles umsetzen und die Umsteuerung in der Politik vornehmen können. Herr Fiedler, da kann ich nicht akzeptieren, wenn die Bürgerinitiativen konsequent Druck machen, weil mit ihnen nicht geredet worden ist und weil mit ihnen irgendwelche Geschichten erzählt worden sind, weil ihnen von A nach B alles verschoben worden ist, bin ich froh und dankbar, dass die Bügerinitiativen ihr demokratisches Recht der Demonstration und der Meinungsäußerung deutlich machen. Deswegen weise ich zurück, dass hier einzelne Vertreter der Bürgerinitiativen einfach als Rattenfänger bezeichnet werden, beleidigt werden und hier vom Pult aus Herr Delinger auch noch vorgeführt wird. Ich sage, Herr Delinger, herzlichen Dank für die Arbeit der Bürgerallianz, machen Sie weiter so. Aber vielleicht...
Herr Fiedler hat Herrn Delinger hier vom Pult aus beleidigt und das will ich einfach zurückweisen. An der Stelle verstehe ich jetzt langsam, warum die Gemeinde Ruttersdorf aus ihrem Zweckverband offenkundig nicht austreten darf, und der dortige Bürgermeister auch darunter leidet, dass man das von A nach B schiebt.
Ja, ja Herr Fiedler hier vorn hinstellen und die, die den Finger in die Wunde legen, beleidigen, aber ansonsten wegsehen, wenn so etwas passiert. In Ruttersdorf wird die kommunale Selbstverwaltung mit Füßen getreten.
Ach wissen Sie, Herr Fiedler, ich bin froh, dass Bürger auf die Straße gehen und uns Gelegenheit geben, endlich das zu erleben, was wir heute hier erleben, nämlich eine Kehrtwende der CDU-Landesregierung, eine 180 Grad-Kehrtwende, ich bin froh, Herr Höhn ist darüber nicht froh, ich bin ausdrücklich froh darüber. Und ich habe es dann Populismus genannt, wenn es jetzt nicht in Taten umgesetzt wird. Deswegen möchte ich ganz klar sagen, meine Damen und Herren,
wenn wir wollen, dass tatsächlich sozialverträgliche Gebühren kalkuliert und Abrechnungen vorgenommen werden, die die Bürger noch verstehen, wenn wir wollen, dass das, was Herr Althaus angekündigt hat, auch umgesetzt wird, dann darf es nicht so sein, Herr Schuster, wie Sie 1994 ein Wahlkampfversprechen machen, dass man mit 8,80 DM pro Kubikmeter Wasser- und Abwassergebühren klarkäme und mit 5.000 DM Obergrenze bei Beiträgen hinkäme. Dieses Wahlversprechen ist gebrochen worden von der CDU und von der Landesregierung. Deswegen sage ich, das Wahlversprechen von Herrn Althaus möchten wir gern auf die Waagschale legen, möchten wir wägen und der Teil unseres Gesetzes, der ausschließlich Gesetzestext beinhaltet, hat nur Originalton Althaus hundertprozentig umgesetzt von der PDS. Wir haben das aufgegriffen, was wir nachlesen konnten von Apolda. In diesem Sinne geben wir Ihnen volle Gelegenheit 1:1 Althaus umzusetzen, jetzt umzusetzen, dazwischen noch die Anhörung zu machen, so dass wir den parlamentarischen Gang vor dem 13. Juni komplett ausschöpfen können, mit beschleunigten Terminen ist das alles gar kein Problem. Herr Trautvetter hat ja gesagt, seine Vertreter im Innenausschuss sind immer bemüht,
Althaus konsequent umzusetzen und schnell umzusetzen. Insoweit lassen Sie uns den Wechsel in der Beitragsund Gebührenfrage bei Trinkwasser jetzt sofort einleiten. Aber einen langfristigen Paradigmenwechsel brauchen wir über den Tag hinaus. Auch da hat Herr Trautvetter Recht, wir müssen endlich an die betriebswirtschaftliche Innenstruktur heran und wenn sich manch ein Zweckverband über den Markt regeln müsste, dann würden die sich schämen. Das Problem ist, dass die Bürger dort einen Trabant verkauft kriegen, aber einen Mercedes bezahlen sollen, aber nicht mitbestimmen dürfen über das, was da geschieht. Deswegen, glaube ich, müssen wir die kommunale Selbstverwaltung und das Ernstnehmen der Bürger jetzt auf die Füße stellen und die Bürger stärken in der Auseinandersetzung. Deswegen herzlichen Dank an die Bürgerinitiativen.
Herr Abgeordneter Ramelow, einen kleinen Moment bitte, der Abgeordnete Schuster möchte Ihnen noch eine Frage stellen. Gestatten Sie das? Ja, Sie gestatten das. Herr Abgeordneter Schuster, bitte.
Ist Ihnen bekannt, dass sich die damalige Aussage ausschließlich auf Gebühren bezog und nicht auf Beiträge? Die Diskussion, die wir zurzeit führen, bezog, bezieht sich und wird sich weiter beziehen auf die Beiträge. Das ist ein großer Unterschied.
Frage 2: Können Sie mir sagen, wie hoch das derzeitige Gebührenvolumen im Wasser- und Abwasserbereich im Lande ist?
Und zum Klarstellen: Mir liegt Ihre Aussage vor, die ganz deutlich sagt, 8,80 DM pro Kubikmeter bei Gebühren für Wasser und Abwasser Obergrenze und bei Beiträgen für Straßen und Wasser und Abwasser in Summe 5.000 DM. Ich werde Ihnen gern nach der heutigen Sitzung die Quelle offen legen, wann Sie das versprochen haben, wem Sie das versprochen haben. Aber es ist mir so verbindlich schriftlich zugeleitet worden, dass Sie die Versprechung gemacht haben, und hier gibt es eine Reihe von Abgeordneten, die sogar zustimmend nicken, also kann es sich Herr Kuschel nicht ausgedacht haben, sondern es muss mir korrekt aufgeschrieben worden sein, dass Sie es versprochen haben. Und dieses Versprochene ist gebrochen worden. Wenn wir