Zum Thema Teilzeitarbeit: In den meisten Fällen ist Teilzeitarbeit keine selbst gewählte und gewünschte Entscheidung. Frauen werden zu dieser oftmals gezwungen, die Alternative wäre der völlige Verlust des Arbeitsplatzes. Männer werden nur selten vor eine solche Entscheidung gestellt.
Ja, meine Damen und Herren, die angesprochenen Punkte sind in vielen Punkten in der Hand der freien Wirtschaft. Sie könnten sich hier leicht zurückziehen und sagen, dass das nicht Ihr Einflussbereich ist. Aber so einfach kann man es sich nicht machen. Natürlich hat die Politik Einflussmöglichkeiten. Meine Forderung nach einem Gleichstellungsgesetz wird Sie hier nicht überraschen, welches auch in der Privatwirtschaft gilt, und nach einem besseren Gleichstellungsgesetz im öffentlichen Dienst, das wird auch Sie nicht überraschen, weil ich denke, der zahnlose Tiger, mit dem werden wir auch in absehbarer Zeit nicht wirklich weiterkommen.
Aber, meine Damen und Herren, ich verstehe auch nicht die Art und Weise, wie sich gerade die SPD-Frauen an dieser Stelle vornehm zurückhalten und sich mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft im Bereich der Förderung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt mundtot haben machen lassen. Sie können doch nicht wirklich der Meinung sein, dass sich mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung in diesem Land wirklich etwas tut und die Wirtschaft wirklich voranschreitet und für Frauen effektiv die Situation verbessern wird. Natürlich gibt es Unternehmen, die sich auf dem Gebiet entsprechend engagieren. In Thüringen sind es ausgesprochen wenig, aber in der Bundesrepublik gibt es Beispiele. Aber, meine Damen und Herren, mir fehlt der Glaube, dass das Ganze aufgrund einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft passiert ist.
In diesem Zusammenhang im Übrigen mein Hinweis auf eine kleine Broschüre des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur. Das Thema war ungefähr Wettbewerbsfähigkeit oder Möglichkeiten der Wettbewerbsfähigkeit, der Staatssekretär wird das sicherlich besser wissen. Die Frage der Wettbewerbsfähigkeit war von enorm vielen Punkten gegliedert. Ich sage ausdrücklich lobend, wenigstens an dieser Stelle wurden die behinderten Menschen nicht vergessen. Die Frage von Frauenförderung als Frage von Wettbewerbsfähigkeit und Wettbewerbsvorteil war gänzlich ausgeklammert. Sehen wir es positiv, Herr Richwien, ich gehe einfach davon aus, dass dieser Punkt für Sie eine solche Bedeutung hat, dass Sie dem Bereich der Frauenförderung und der Wettbewerbsfähigkeit eine extra große und eigene Publikation widmen werden.
Meine Damen und Herren, wir brauchen funktionierende Mechanismen. Ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, ein ordentliches Vergabegesetz und ein besseres Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst gehören unbedingt dazu. Nach dem Grundgesetz und der Thüringer Verfassung ist der Staat gefordert, aktiv zu werden gegen die Diskriminierung von Frauen. Ich bin auf die für mich entscheidenden Punkte eingegangen auf dem Gebiet des Arbeitsmarkts. Wie wird Politik der Verantwortung gerecht? Ich möchte es zuspitzen und sagen, überhaupt nicht. Sie ziehen sich zurück auf den Punkt, dass Sie sagen, die Hartz-Gesetze wurden vom Bund verabschiedet. Meine Damen und Herren, so einfach ist es nicht, die Landesregierung hat im Bundesrat zugestimmt und zum Teil an vielen Punkten noch eine weitere Verschärfung angeregt. Da verstehe ich auch nicht, dass Sie sagen, man hätte sich jetzt nur halbherzig daran gemacht. Die Verbesserungen in dem Bereich für Frauen in den Hartz-Gesetzen ist für mich nicht sichtbar geworden, im Gegenteil. Die neuen Zumutbarkeitskriterien treffen Frauen und Familien in besonderer Weise. Der Kostendruck bei der Bundesagentur geht vor allem auf Kosten der Frauen, die dramatische Reduzierung von Mitteln bei der Fort- und Weiterbildung - auf Kosten der Frauen. Die Ausweitung von geringfügiger Beschäftigung heißt in den meisten Fällen,
Frauen in unsichere Arbeitsverhältnisse zu drängen, ohne vernünftige Rentenansprüche, ohne entsprechende Ansprüche auf Arbeitslosengeld usw. Wir wissen alle, dass es vor allem Frauen sind, die in Minijobs arbeiten und gedrängt werden.
Herr Kretschmer, auch Sie waren immer wieder für eine Ausweitung und eine Erhöhung der Einkommensgrenzen bei Minijobs.
Das Heraufbeschwören der Ich-AG's nimmt groteske Formen an. Meine Damen und Herren, jeder, der einmal Probleme bei der Kinderbetreuung hatte oder jemanden gesucht hat zur Kinderbetreuung, weiß, wie viele Babysitter-IchAG's es inzwischen gibt. Ich glaube, uns allen ist klar, dass das nun wirklich nicht ein Punkt sein kann, mit dem man ausreichend und entsprechend verdienen kann.
Frauen werden immer mehr zu Hinzuverdienerinnen degradiert. Meine Damen und Herren, ich weiß um die Richtungsentscheidung, die bei der CDU immer wieder auf der Tagesordnung steht. Wollen Sie Ihr altes Rollenklischee weiterführen und den Versuch unternehmen, es auf den Osten zu übertragen oder sehen Sie ein, dass es für Frauen heute ein enormer Wert ist, berufstätig zu sein? Alle Studien zeigen die enorme Bedeutung von Erwerbstätigkeit für Frauen. Meine Damen und Herren, Sie werden nicht umhinkommen, das Zweite anzuerkennen und auch zu fördern. Thüringen hat, wie Sie schon angesprochen haben, eine der niedrigsten Frauenerwerbsquoten in Deutschland und Thüringen hat die niedrigste Geburtenrate in der BRD. Ich denke, ein Blinder erkennt diesen Zusammenhang. Im Übrigen haben wir nicht nur die niedrigste Geburtenrate in der BRD, sondern damit auch europaweit. Man kann es ganz glatt auf einen Nenner bringen, meine Damen und Herren: Wenn wir es nicht schaffen, Frauen existenzsichernde, mit der Familie zu vereinbarende Arbeit anzubieten, werden wir in Thüringen aussterben. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage von Arbeitszeitverlängerungen nicht verträglich mit Ihrer viel beschworenen Familienfreundlichkeit. Ich habe versucht, auf Probleme aufmerksam zu machen. Es ist notwendig, dass wir aufhören, das Arbeitsmarktproblem von Frauen schönzureden oder zu negieren, Lösungen müssen her. Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, alle Mechanismen nutzen, um hier voranzukommen und das eben ohne ideologische Scheuklappen. Scheuen Sie sich nicht vor Vergabegesetz, Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft, gesetzlichem Mindestlohn und verbessertem Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst. Schaffen Sie ausreichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten auch für kleine Kinder, sonst besteht die Gefahr, dass man sich jedes Jahr wieder und eben mit derselben Betroffenheit trifft. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich jetzt zu meinen eigentlichen Ausführungen komme, lassen Sie mich auf meine beiden Vorrednerinnen eingehen. Ich fange mal hinten an. Frau Wolf,...
Ich war eigentlich der Meinung, dass das ein ernstes Thema sein soll, aber ich lasse mich gern auch von Ihnen, Frau Wolf, eines Besseren belehren.
Ich habe meinen Beitrag für den 1. April schon geleistet, wenn Sie noch einen zweiten haben wollen, zu dem Thema bin ich nicht bereit dafür.
(Zwischenruf Abg. K. Wolf, PDS: Ich wollte Ihnen nur andeuten, dass ich Sie sehen möchte beim Reden.)
Frau Wolf, die Zuverdiener, die Sie jetzt, was Frauen betrifft, so negativ besetzt haben, so beklagt haben, es mag sein, dass Sie ob Ihrer Jugend das nicht wissen können, aber die Zuverdienersituation war in der DDR so untypisch nicht. Als wir in Schweden waren, haben wir uns ja dieses Modell, nämlich der Einkommensnotwendigkeit beider Ehepartner, um überhaupt ein Leben dort finanzieren zu können, angeschaut. Es ist nicht so sehr abstrus, wie das von Ihnen hier den Eindruck hinterlassen sollte.
Was die Hinweise auf ein Vergabegesetz, auf ein Gleichstellungsgesetz betrifft, Frau Wolf, da rennen Sie bei mir natürlich offene Türen ein,
nur, vergessen Sie bitte eines nicht, und das ist der Grund, warum auch ich mich belehren lassen musste, dass das in der Situation, um die es eigentlich geht, so viel nicht bringen kann. Diese Gesetze schaffen keine neuen Arbeitsplätze, die werden im günstigsten Fall nur die Verteilung ändern und Beispiele dafür können wir uns in Berlin und anderswo anschauen.
Meine Damen, meine Herren, die Vorrednerinnen haben eines getan, nämlich immer wieder die Klischees bedient. Frau Wolf, dieser Spruch von der ungesunden Erwerbsneigung, er ist von keinem Thüringer geprägt worden.
Es gibt in der Bundesrepublik sicherlich auch andere Meinungen, wir haben ja eine Pluralität. Uns das jetzt immer wieder um die Ohren zu hauen, was da vor Jahren einmal von einem gesagt wurde, das ist unfair. Sie werden es von keinem Thüringer zu hören bekommen, dieses Wort von der ungesunden Erwerbsneigung, denn es trifft schlicht
Übrigens, was ihre Statistiken, Zahlen betrifft - der Staatssekretär hat ja schon darauf hingewiesen, dass die Basis nicht stimmt, aber eine Binsenweisheit möchte ich Ihnen noch nachliefern. Allein rein zahlenmäßig wohnen in Bayern und Baden-Württemberg natürlich wesentlich mehr Frauen, so dass also auch deswegen in absoluten Zahlen weniger Thüringerinnen als Baden-Württembergerinnen und Bayerinnen arbeiten können.
Die Entscheidung, meine Damen, meine Herren, für oder gegen Kinder, die von Frau Wolf hier dargestellt wurde, das ist natürlich zuallererst, bitte schön, auch ein Problem der gesellschaftlichen Sicht. Ich habe das im jüngsten Gleichstellungsausschuss schon ausführen können. Wenn die Gesellschaft die Karriereunterbrechung bei Frauen im Beruf für Kinder, für Erziehungszeiten nicht entsprechend honoriert, und wenn es dann logischerweise dazu führt, dass junge Männer in der Karriere an Frauen problemlos vorbeiziehen können, dann ist es im Prinzip nur nachvollziehbar und natürlich, dass sich viele Frauen im Berufsleben dann nicht für Kinder oder sehr spät für Kinder entscheiden. Auch das, konnten wir uns in Schweden anschauen, ist dort besser gelöst. Das ist keine Frage der Politik, das ist - wie wir es uns in Schweden haben sagen lassen müssen - in allererster Linie eine Frage der Sichtweise von uns allen.
(Zwischenruf Abg. K. Wolf, PDS: Aber Kin- derbetreuung ist doch eine Frage von Politik genauso wie Lohnfortzahlung.)
Was die Kinderbetreuung betrifft, Frau Wolf, da haben wir in Thüringen durchaus beispielhafte Verhältnisse, wenn ich mal an die Diskussion beispielsweise vor der Wahl in Hamburg erinnern darf. Dort war das ein großes Thema, allerdings aus unserer Sicht, wir hatten gesagt, okay abgehakt, das ist bei uns kein Thema mehr oder noch nie gewesen.
Zu Frau Künast: Der Ministerpräsident hat auch darauf hingewiesen, dass diese Mindestlöhne, diese Minilohngeschichte, diese Niedriglohngeschichte nicht die Lösung ist, er hat sich deutlich gegen Niedriglöhne ausgesprochen.
Zu alledem, was Sie sagten, ich formuliere es einmal so, Sie sind ja nun relativ neu im Ausschuss, wenn Sie dort, wie Frau Bechthum beispielsweise, Gelegenheit gehabt
hätten, all das mitzuerleben, mitzugestalten, was wir dort bereits besprochen und getan haben, dann wäre die eine oder andere Ausführung von Ihnen so nicht gekommen. Ich kann es Ihnen deswegen nicht übel nehmen, das ist eben halt so. Ich sage es einmal salopp, neue Besen kehren bekanntermaßen gut, aber bitte zweckentfremden Sie dieses Arbeitsgerät nicht.
Eines sollten wir uns ganz generell abgewöhnen, nämlich diese zum Teil recht bösartige Klischeepflege. Wenn ich mal an die Erwerbsneigung von Frauen gerade in Ihren Reihen der SPD in den alten Bundesländern erinnern darf, sollten Sie, die im Glashaus sitzen, bitte nicht mit Steinen werfen.