Protocol of the Session on June 11, 2024

(Zustimmung bei der Linken)

Ja, Frau Ministerin, zwischen FDP und Linke müssen logischerweise auseinandergehende Positionen bestehen. Es wäre schlimm, wenn es anders wäre.

Viele Rednerinnen und Redner haben heute darauf abgezielt, dass wir hier in Sachsen- Anhalt genügend Wohnungen haben. Das streitet doch keiner ab. Natürlich haben wir genügend Wohnungen, aber nicht genügend bezahlbare Wohnungen in einer guten Qualität. Es gibt, wie gesagt, sehr viel Leerstand. Der Leerstand ist zwar günstig, aber ziehen Sie einmal in diese Wohnungen ein. Dort will eigentlich niemand hin, weil es dann wirklich zu Segregation kommt. In vielen Studien - es gab vor zwei Jahren die Studie aus Halle - ist es noch einmal genau gesagt worden: Wir dürfen uns eine Segregation nicht mehr erlauben, dass also bestimmte Leute in einer bestimmten Gegend wohnen. Wir brauchen eine Durchmischung. Diese Durchmischung bekomme ich nicht hin, wenn ich diesen preiswerten, un- sanierten Wohnraum in irgendwelchen Vierteln habe. Das funktioniert nicht mehr.

Zur Landeswohnungsbaugesellschaft. Natürlich haben einige heute geschmunzelt. Ich vermute, wir werden in den nächsten Jahren darauf zurückkommen. Denn wer aufmerksam die Ergebnisse der Großen Anfrage gelesen haben, wird feststellen, dass die Hauptmieterhaushalte, wenn wir die nach Eigentümerstruktur untergliedern - jetzt kommen die Befürworter der Wohnungsgesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften; die will ich nicht in Abrede stellen; die sind sehr wichtig -, im Vergleich von 2018 zu 2022 erheblich viele Mieterinnen und Mieter verloren haben. Die Zahl ist nämlich von 282 000 auf 257 000 gesunken. Der Wert für die öffentlichen Einrichtungen ist angestiegen, nämlich von 18 000 auf 45 000 Mietereinheiten. Das heißt, wir haben sehr viele Öffentliche, die keine Wohnungsgesellschaft in ihrer Gegend haben. Ich denke an diese vielen Kommunen, die allein sind und solche Sachen eben nicht haben.

Sie werfen Ihren Blick immer auf die Städte. Die sind ja wirklich gut aufgestellt. Wir haben aber sehr viel ländlichen Raum. Eine solche Landeswohnungsbaugesellschaft kann auch dort tätig werden, um z. B., einfach gesagt, das Wohnen auf dem Dorf zu unterstützen, damit die Leute dort wohnen bleiben können und nicht wegziehen müssen, weil es irgendwann zu teuer wird. Wie gesagt, gibt es Studien, die dafür sprechen. Das kann man nicht nur in den alten Bundesländern, sondern auch in den neuen Bundesländern durchaus machen.

Ich habe heute noch nicht für über Zwangsräumungen gesprochen. Sie kennen das Thema. Wir haben dazu auch schon Anträge eingebracht. Nach wie vor finden in Sachsen-Anhalt pro Arbeitstag fünf Zwangsräumungen statt. Fünf! Wir wissen, wie schwierig es ist, wenn diese Leute dann in Obdachlosigkeit kommen. Wir wissen auch, dass viele in der verdeckten Obdachlosigkeit sind und dann Schwierigkeiten haben, wieder neuen Wohnraum zu finden, weil sie nämlich bei einem Wohnungsunternehmen eine Vormieterbescheinigung und eine Schufa-Auskunft vorlegen müssen und das nicht können.

Für die AfD gibt es nur Mietnomaden. Die gibt es, aber der überwiegende Teil muss aus ganz anderen Gründen Wohnungen verlassen, und zwar aufgrund von Krankheit usw. Wie gesagt, sie bekommen keine adäquaten Wohnungen. Zwei Drittel derjenigen, die obdachlos geworden sind und eine Wohnung haben wollten, haben sie bei den Wohnungsgenossenschaften, bei der Wohnungswirtschaft und bei den Kommunalen nicht bekommen. Die Studie zur Obdachlosigkeit vor zwei Jahren hat es doch aufgezeigt. Aus Sachsen-Anhalt haben DessauRoßlau, Halle, Wittenberg und Nebra daran teilgenommen. Es hat sich doch gezeigt.

Insofern machen wir es uns zu einfach, wenn wir sagen: Alles super, alles prima, wir brauchen uns keine Gedanken zu machen, weil der Wohnungsmarkt das richtet und die Kaltmieten so erschwinglich sind. In der Antwort auf die Anfrage haben wir gesehen, dass ab dem Einzugsjahr 2019 die durchschnittliche Bruttokaltmiete schon bei 7,20 € liegt. Es sind also keine 6 €, wie es immer gesagt wird. Mieterinnen und Mieter müssen mittlerweile

Frau Hohmann, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.

26,3 % ihres Einkommens aufwenden. Viele Rentnerinnen und Rentner sind auf die Grundsicherung angewiesen und können das alles nicht mehr bezahlen. Auch daran müssen wir denken. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der Linken und von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)

Es gibt eine Nachfrage, Frau Hohmann, wenn Sie die zulassen, von Herrn Tullner. Sie kommen wieder. - Herr Tullner, bitte.

Liebe Kollegin Hohmann, ich habe eine Frage zu dem Thema Segregation und Durchmischung, weil ich am letzten Sonntag mit

einem Erstwähler und einer weiteren Familie sehr intensiv darüber diskutiert habe. Das Konzept klingt, wenn Sie das sagen, theoretisch ja nicht verkehrt. Ich mache es aber einmal an einem Beispiel deutlich, weil wir doch Kommunalwahlen hatten, wie das war.

In Halle wurde das Thema auch immer stark diskutiert. Ich bin mir gar nicht sicher, ob es im Detail wirklich immer so ist. Ich nehme aber einmal das Beispiel. Wir haben bei uns ein sehr schönes Wohnviertel, das Paulusviertel. Das ist ein attraktives Wohnviertel. Dort geht man gern hin und dort lebt eine Bohème, die sich dort sehr wohl fühlt. Jetzt will die Kommunalpolitik etwas machen. Halle ist nun einmal eine hochverschuldete Stadt. Was soll denn jetzt passieren? Die Wohnungsgesellschaft, die kein Geld hat, muss dann in überteuerten Wohnlagen für viel Geld Immobilien kaufen, um irgendwie eine politisch gewollte Durchmischung hinzubekommen. Was ändert das?

Zur Frage. Frau Vizepräsidentin wird mich gleich ermahnen, weil ich keine Frage gestellt habe. Mich überzeugt das Konzept nicht. Haben Sie Argumente, wie man das bei so einem Beispiel konkret machen soll und was hinterher der Effekt sein soll?

Die Stadt Halle - ich erinnere mich; das müsste drei oder vier Jahre her sein - hat eine Studie in Auftrag gegeben, in der es auch um die Segregation ging. In dieser Studie wurde, gerade am Beispiel der Stadt Halle, dringend gefordert, eine soziale Mischung hinzubekommen, weil wir mit bestimmten Vierteln Schwierigkeiten haben. Sie wissen als ehemaliger Bildungsminister, dass wir in bestimmten

Vierteln erhebliche Schwierigkeiten haben mit vielen Kindern aus Armutsverhältnissen usw. Wien zeigt uns, wie man eine Durchmischung erreichen kann. Wien hat eine wunderbare Durchmischung. Die bekommen das auch hin.

Zu den Finanzen. Sie haben gerade angesprochen, dass kommunale Wohnungsunternehmen kaum Geld haben. Wir haben einmal den Antrag gestellt, die Altschulden zu erlassen. Wissen Sie, Herr Tullner, wenn wir hier im Land Sachsen-Anhalt innerhalb von zwei Jahren Fördermittel in Höhe von 100 Millionen € nicht nutzen - wir nutzen sie nicht; wir haben sie dem Bund wieder zurückgegeben -, während andere Bundesländer, ostdeutsche Bundesländer in unserer Nachbarschaft, nicht einen Cent zurückgeben, dann passt etwas nicht. Verstehen Sie? Von der Struktur her ist das doch ähnlich.

Herr Tullner hat eine Nachfrage. Ganz kurz.

Das Argument „wir geben Fördermittel zurück“ finde ich nicht überzeugend; denn wenn es den Bedarf nicht gibt und man die Fördermittel an dieser Stelle nicht ausgibt, dann ist es besser, man gibt sie zurück, statt sie auszugeben, nur um einen Haken daran zu machen. Wir wollen ja mit Ressourcen - -

Jetzt kann Frau Hohmann antworten.

Nein, Entschuldigung, die eigentliche Nach- frage kommt noch. Pardon!

Ach, meine Güte! Jetzt aber!

Es tut mir leid. - Die Stadt Wien ist ein schönes Beispiel. Wir alle konnten in der letzten Woche lesen, dass das Wiener Modell, das wir alle so feiern, eben keines zum Feiern ist. Dort baut man zwar regelmäßig neue Wohnungen - ich bin wirklich nicht der Experte dafür; Frau Dr. Hüskens kann das viel besser darlegen als ich - und der Bedarf ist auch da, aber die Mieter, die darin wohnen, haben ein lebenslanges Wohnrecht und verfestigen somit neue Sozialstrukturen. Das heißt, die Dynamik, die Sie wollen, die Durchmischung, kriegen Sie damit nicht hin. Das ist in den letzten Studien belegt worden. Deswegen warne ich immer davor zu gucken, wie schön es woanders ist.

Wir führen hier keine Ausschussdiskussion.

Pardon! Ich wollte nur sagen: Frau Hohmann, wir müssten das weiter diskutieren. Überzeugt haben Sie mich nicht.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Hohmann, bitte, aber kurz.

Dann, Herr Tullner, überzeuge ich Sie doch bei einer Tasse Kaffee.

(Lachen)

Ausschuss mit Kaffee, gut.

Zurück zur Ernsthaftigkeit.

(Unruhe)

Zu der Aussage, dass kein Bedarf und keine Nachfrage da ist. Herr Tullner, glauben Sie, dass jemand aus Halle-Neustadt - oder wo auch immer diese Gebiete sind - jetzt einen Antrag stellt, weil er ins Paulusviertel ziehen will?

(Zuruf von Marco Tullner, CDU)

- Der Antrag erübrigt sich. Denn sie wissen ganz genau: Dorthin können wir nicht ziehen, weil die Mieten zu hoch sind.

(Zuruf von Marco Tullner, CDU)

Den Bedarf gibt es schon, doch die Realität zeigt etwas anderes. Die Zeit wird es bringen. Wir werden uns auf alle Fälle auf den Weg machen müssen - müssen! -, damit wir hier

nichts einbrechen lassen. Es ist mittlerweile eigentlich schon fünf vor zwölf. - Danke schön.

Jetzt sind wir wirklich am Schluss der Debatte angelangt. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag, der von der Linken gestellt worden ist. - Frau Hohmann, haben Sie eine Überweisung beantragt?

(Monika Hohmann, Die Linke: Nein!)

- Nein. Dann werden wir auch nicht darüber abstimmen.

Abstimmung

Somit können wir über den Entschließungsantrag direkt abstimmen. Wer für den Entschließungsantrag ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die Linke. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die AfD. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir kommen gleich zur Mittagspause,

(Beifall - Zuruf: Jawohl!)

aber zuvor mache ich noch einige Ansagen. Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben mitgeteilt - als wir vorhin eine Stunde voraus waren, waren sie sehr optimistisch; aber ich denke, das gilt immer noch -, dass wir heute Abend die beiden Tagesordnungspunkte 30 und 29 vorziehen, und zwar in dieser Reihenfolge, erst 30, dann 29. Wir würden am Mittwoch anstelle des Tagesordnungspunktes 29

den Tagesordnungspunkt 31 behandeln, sodass wir am Donnerstag schon nach dem Tagesordnungspunkt 8 die Sitzung beenden könnten.

Außerdem treffen sich die fachpolitischen Sprecher des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung bitte im Raum A0 51.

Wir machen hier um 14:05 Uhr weiter.