Protocol of the Session on June 11, 2024

Diese Experimentierklausel im Schulgesetz ist notwendig, damit der neue duale Lehramtsstudiengang an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg endlich starten kann, ein Studiengang, in dem Praxisphasen und theoretisches Lernen miteinander verzahnt werden, wodurch hoffentlich die Dauer des Lehramtsstudiums bei gleichbleibender Qualität verkürzt werden kann. Das ist notwendig. Das braucht das Land. Vielen Dank dafür.

Doch neben der stärkeren Verknüpfung von Praxis und Theorie im Lehramtsstudium wünschen wir Bündnisgrüne uns - wie wir gerade gehört haben, auch die SPD - den Mut für weitere Versuche und Reformen in der Lehrkräfteausbildung, z. B. die Einführung des Stufenlehramts, also des schulstufenbezogenen Lehramtsstudiums in Sachsen-Anhalt, auch damit sich mehr Lehrkräfte an die Sekundarschulen trauen; denn das schlechte Image von Sekundarschulen und die Verdienstunterschiede zwischen den Schulformen führen im Moment dazu, dass Studierende, vor die Wahl gestellt, sich für das Lehramt am Gymnasium entscheiden, zumindest weit über- wiegend.

Auch die Bildungsbiografie der angehenden Lehrkräfte führt dazu, dass sich diese tendenziell eher für das Studium für Lehramt am Gymnasium oder an der Grundschule entscheiden, weil das genau die beiden Schul- formen sind, die sie selbst als Schülerinnen kennen und kennengelernt haben.

Die Konsequenz ist: Es bleiben unzählige Lehramtsstudienplätze für Sekundarschulen un- besetzt. Das ist, wie wir alle wissen, genau die Schulform, die in Sachsen-Anhalt am meisten mit Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall zu kämpfen hat. Dabei ist das Lehramtsstudium für das Gymnasium und für die Sekundarschulen weitgehend identisch. Nur wenige Module unterscheiden sich. Es wäre also für beide Universitäten in unserem Land - beide haben die Bereitschaft dazu an mehreren Stellen im Bildungsausschuss erklärt - ein Leichtes, ihr aktuelles Lehramtsstudienangebot auf das Stufenlehramt umzustellen.

Unseren Antrag dazu haben Sie in die Ausschüsse überwiesen. Wir warten, ehrlich gesagt, immer noch auf die Beschlussempfehlung der Koalitionsfraktionen. Frau Pähle hat angedeutet, dass es dafür bei der SPD durchaus Sympathien gibt. Vielleicht kriegen wir da bald einmal etwas. Liebe Kolleginnen der Koalition! Es wäre schön, wenn Sie das nicht weiter liegenlassen, sondern dazu zu einer Entscheidung oder zu einer gemeinsamen Idee kommen;

(Beifall bei den GRÜNEN)

denn mit neuen Wegen in der Lehrkräfteausbildung können wir den Grundstein für dringend notwendige Reformen im Bildungssystem legen, damit wir endlich die Schule für alle in

Sachsen-Anhalt etablieren können, eine Schule, die digitalisiert, inklusiv, vielfältig, demokratisch und sozial gerecht ist und die an allen Schulformen genügend Lehrkräfte hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Borchert macht sich schon auf den Weg. Er spricht für die CDU Fraktion. - Herr Kollege, Sie haben das Wort, bitte sehr.

Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine junge Frau steht vor einer dritten Klasse und unterrichtet eine Stunde zum Thema Adjektive. Es geht drunter und drüber. Die Kinder hören nicht zu. Die Studentin redet zu leise und erklärt sich um Kopf und Kragen. Sie hat mit ihrer Nervosität zu kämpfen und wird von den Schülern nicht als Lehrperson wahrgenommen. Am Ende der Stunde haben die Schüler quasi keinen Lernzuwachs und die Studentin fühlt sich schlecht. Man könnte denken, hierbei handelt es sich um eine Studentin im dritten Semester, die gerade ihr erstes Praktikum absolviert. Aber nein, es ist bereits die vorletzte Woche ihres Praxissemesters im letzten Semester ihres Masters of Education.

Die Sommerferien beginnen in zwei Wochen. Danach sollte sie eigentlich planmäßig ihren Vorbereitungsdienst bzw. ihr Referendariat antreten. Stattdessen fehlt es an Lehrerpersönlichkeit, an Empathie für die Kinder und an Selbstbewusstsein, um vor der Klasse souverän

auftreten zu können, vor allem an Wissen und Fertigkeiten, Unterrichtsstunden sinnvoll zu planen und vorzubereiten.

Diese Erfahrungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen Lehrkräfte in unseren Schulen nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern bundesweit immer wieder. Sie betreuen Praktikanten in ihren letzten Semestern, die auf den schulischen Alltag und auf den Umgang mit Kindern nicht genügend vorbereitet sind bzw. sich darauf nicht einstellen können.

Man kann es wohl als Praxisschock bezeichnen, wenn man jahrelang studiert und dann in einem Beruf ankommt, für den man nicht geeignet oder nicht gut genug vorbereitet ist. Im Grunde kann man die aktuelle Situation im Lehramtsstudium kurz und knapp wie folgt beschreiben: Zu wenig Praxis, zu viele Abbrecher. Das muss tiefgründig verändert werden.

Neben den Ländern Thüringen und Brandenburg sind wir nun das dritte Bundesland, welches mit einem dualen Lehramtsstudium auf Bachelor-Niveau startet. Damit haben Studierende schon während des Studiums die Möglichkeit, umfangreiche Praxiserfahrungen zu sammeln und ab dem dritten Semester die schulische Realität zu erfahren, sodass der Praxisschock beim Übergang zum Referendariat ausbleibt.

Sie können Theorie und Praxis damit von Beginn an sinnvoller verzahnen. Mit dieser Maßnahme steigt die Attraktivität des Studiengangs Sekundarschullehramt in unserem Bundesland.

Dieser Modellstudiengang muss als zusätzliche Möglichkeit genutzt werden, um gezielt weitere Zielgruppen für ein Lehramtsstudium zu

gewinnen. Bei positiver Evaluation des Modells - sie kann nur positiv sein - und Zufriedenheit mit diesem Modell bei Studierenden und Schule sollte das Ziel sein, hierfür ein regelhaftes Format zu finden.

Für eine Bildungspolitik im Sinne der Schüler setzen die Koalitionsfraktionen auf zielgerichtete Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Dafür ist die Einrichtung des dualen Studiengangs der richtige Schritt. Dieser kann aber nur ein kleiner Anfang sein. Wir als Koalition stehen in der Pflicht, schnellstens die Studiengänge unserer Universitäten an die Erfordernisse der heutigen Zeit anzupassen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen. Deswegen können wir jetzt in die Abstimmung einsteigen.

Abstimmung

Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung in der Drs. 8/4229 ab. Ich stelle wie immer die Frage: Gibt es Bestrebungen, über einzelne Bestimmungen separat abzustimmen? - Das scheint wie immer nicht der Fall zu sein.

Deswegen können wir gleich zur Gesamtabstimmung schreiten. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung in der Drs. 8/4229 zu dem Entwurf eines 17. Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion der AfD, die Koalitionsfraktionen und die Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion Die Linke. Damit ist dieser Gesetzentwurf mit großer Mehrheit angenommen worden.

Damit haben wir unseren ursprünglichen Plan für heute abgearbeitet. Aber die Kollegen Parlamentarischen Geschäftsführer hatten Angst, dass wir zu wenig zu tun haben, und haben unsere Tagesordnung verlängert. Wenn ich richtig informiert bin, dann beraten wir jetzt über den Antrag unter dem Tagesordnungspunkt 30.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ja!)

- Dann bin ich richtig informiert. Danke.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 30

Beratung

Meinungsfreiheit verteidigen! Akademische Freiheit und Meinungspluralismus statt

„Cancel Culture“, Wokeismus und politischer Korrektheit an den Hochschulen Sachsen-Anhalts!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/4243

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD, FDP - Drs. 8/4284

Den Antrag wird Herr Mertens einbringen. Sie haben das Wort. Bitte sehr.

(Zustimmung bei der AfD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen Abgeordnete! Beinahe ein Jahrzehnt lang wurde der Historiker Jörg Baberowski an der Humboldt-Universität Berlin von einer trotzkistischen Splittergruppe terrorisiert. Diese Handvoll Personen schaffte es, einen renommierten Wissenschaftler einer selten gesehenen Hetzjagd auszusetzen, und zwar durch dauerndes Plakatieren, Schmähungen und Verleumdungen in den sozialen Medien, durch Aufhetzung anderer Studenten, durch Rechtsstreitigkeiten bis hin zu körperlicher Konfrontation mit dem Professor.

Der Grund? - Zuerst war es die Einladung eines Trotzki-kritischen Kollegen im Jahr 2014 zu einer Veranstaltung nach Berlin, danach die kritische Gegenüberstellung von nationalsozialistischer und sowjetischer Gewaltherrschaft - eigentlich, so sollte man meinen, Selbstverständlichkeiten unter Historikern.

Ebenfalls an der Humboldt-Universität zu Berlin hat die damalige Doktorandin der Biologie Marie-Luise Vollbrecht im Jahr 2022 einen Vortrag mit dem Titel „Geschlecht ist nicht (Ge) schlecht - Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt“ halten wollen. Nach Protestankündigungen und Vorwürfen der Transfeindlichkeit von sogenannten Transaktivisten in den sozialen Medien sagte die Universität die Veranstaltung kurzerhand ab.

Diese beiden Beispiele sind nur zwei der bekanntesten Fälle von Cancel Culture der woken, in linksradikalen Strukturen organisierten Studentenschaft. Derlei Beispiele gibt es zahllose weitere. Sie werden unter anderem von einem engagierten Team des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit gesammelt und veröffentlicht.

Das Grundübel ist somit benannt. Seit Jahr- zehnten ist der tertiäre Bildungssektor in Deutschland kein Ort des freien und wissenschaftlichen Meinungs- und Faktenaustausches mehr. Insbesondere in den für das menschliche Zusammenleben doch so relevanten Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften herrscht eine linksliberale bis linksextremistische Hegemonie, welche alles verteufelt und angreift, was nicht in ihr links-wokes Weltbild passt.

Dabei geht es explizit nicht darum, dass der Staat nun als solcher an dieser Stelle Eingriffe tätigt oder Vorgaben macht. „Es sind“ - ich zitiere - „die Akteure des Wissenschaftssystems selbst, die einen schleichenden Aushöhlungsprozess in Gang gesetzt haben“, wie Bernhard Kempen, ehemaliger Präsident des Hochschulverbandes, festgestellt hat.

Die in die AStAs gewählte Studentenschaft ist beinahe zu 100 % innerhalb dieser sektenartigen Strukturen organisiert, was sich in den öffentlichen Äußerungen der Hochschulgruppen und Studentenräte mehr als deutlich niederschlägt. Beispiele hierfür auszusuchen, erübrigt sich im Grunde genommen von selbst. Ein einfacher Blick auf nahezu jegliche Seite von Studentenvertretungen in den sozialen Netzwerken reicht hierfür völlig aus.

Das hat natürlich auch Folgen. Einfache Studenten befinden sich so zunehmend in der Situation, trotz der in § 4 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt garantierten Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung, Lehre und Studium und ihrer verbürgten Grundrechte in der praktischen Ausübung derselben gehindert zu werden. Wer als Student sogenannte kontroverse oder möglicherweise umstrittene Ideen, Meinungen oder eigentlich auch wissenschaftliche Erkenntnisse vertritt, wird in der Regel mundtot gemacht.

Wenn man ganz viel Glück hat, gibt es erst einmal eine sehr unfreundliche Ansprache. In der Regel gibt es im zweiten Schritt - das braucht man nicht zu beschönigen - oft genug auch ein paar aufs Maul.

Ähnliches ist auf Vertreter der Dozentenschaft zu übertragen. Dort findet zwar in der Regel kein direkter körperlicher Angriff statt, doch man unterliegt zunehmend der Gefahr, Lehraufträge und finanzielle Zuschüsse zu verlieren, zudem Boykott und gesellschaftliche Ächtung ertragen zu müssen. Derweil unter- nehmen dann auch die meisten Doktoren und Professoren nichts, um sich diesem seit Jahrzehnten andauernden Trend entgegenzustellen. Oft ist eher das Gegenteil der Fall. Dies ist allerdings nicht verwunderlich, muss doch jeder, der eine auch nur leicht abweichende Meinung äußert, mit schlimmsten Verleumdungen, Aufstiegssperren, Nichtbewilligung von Forschungsgeldern sowie körperlichen Angriffen auf sich und sein Eigentum rechnen.

Einer Umfrage des Deutschen Hochschulverbandes aus dem Jahr 2021 kann man entnehmen, dass die Hälfte der Dozenten in den Geistes- und Sozialwissenschaften sich in ihrer Lehr- und Forschungsfreiheit eingeschränkt sehen. So verfestigen sich derlei parasitäre Strukturen an den Orten der tertiären Bildung von Jahr zu Jahr, ohne dass dem tatsächlich etwas entgegensetzt wird.

Die regierenden Parteien - es spielt im Grunde keine Rolle, welche - tun bisher nichts, um dem Einhalt zu gebieten. Man könnte fast meinen, dass es so manchem Politiker ganz recht ist, dass die Forschungsergebnisse der Geistes- und Sozialwissenschaften, welche dieses linke Milieu an den Universitäten produziert, perfekt dazu geeignet sind, linker Politik den Hauch

der wissenschaftlich fundierten Vernunftspolitik zu geben. Noch einmal ohne Beschönigung: Selten war die Wissenschaft in diesen Fächern so sehr Hure der Politik, wie sie es jetzt ist.