Protocol of the Session on September 7, 2023

ist, bringen das auch in Zusammenhang mit ME/CFS, aber nennen keine einzige Maßnahme, die Sie sich vorstellen können, um die Situation zu verbessern,

(Zustimmung bei der FDP und bei der SPD)

sondern reden nur gegen Impfungen und reden das Problem die ganze Zeit klein. Eigentlich ist das ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, was Sie heute hier abgezogen haben.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Ich möchte kurz noch einmal auf das Krankheitsbild eingehen. ME/CFS ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die vordergründig mit einer chronischen Erschöpfung einhergeht und im Regelfall durch einen Infekt ausgelöst wird. Gerade wegen Coronainfektion und Langzeit- folgen wie Long-Covid, aber teilweise auch wegen Impfnebenwirkungen ist die Zahl der Betroffenen mit ME/CFS in der Vergangenheit angestiegen, und die Therapieansätze konzentrieren sich aktuell vor allem auf die Behandlung von Symptomen.

Ich möchte aber nicht alles schlechtreden, was die Versorgung betrifft; denn im Bundesgebiet passiert bereits einiges. So soll z. B. ein deutschlandweites Netzwerk entstehen, das Kompetenzzentren und interdisziplinäre Ambulanzen bündelt; denn nur - das möchte ich ganz klar betonen - durch gemeinsames Agieren und einen gemeinsamen Austausch können wir schnellstmöglich für eine Verbesserung sorgen.

(Zustimmung bei der FDP)

Eine Sache, die ich auch betonen möchte, ist: Ich denke, wir sind uns einig, dass wir versuchen müssen, die Forschung in diesem

Bereich voranzutreiben. Aber es gibt keine Garantie, dass wir durch mehr Forschung innerhalb kürzester Zeit einen validen und belast- baren Therapieansatz erhalten, sondern es kann sein, dass das länger dauert. Ich finde, das sollte man in der Ehrlichkeit in dieser Debatte klar benennen. Aber wir sollten uns dar- auf konzentrieren, die Forschung dort zu unterstützen und zu versuchen, durch einen Austausch, durch internationale und europäische Forschungsnetzwerke dafür zu sorgen, dass wir gut vorankommen und die Zusammenarbeit auf allen Ebenen verstärken.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, ich war doch etwas überrascht, diesen Antrag von Ihnen zu lesen; denn das Schöne daran, dass Sie in Thüringen mitregieren, ist, dass man sich einmal anschauen kann, was dort passiert. Dort sind Sie in der Verantwortung im Gesundheitsministerium. Fakt ist, Frau Werner im thüringischen Gesundheitsministerium hat bislang keine einzige Eigeninitiative vorgelegt,

(Ulrich Siegmund, AfD: Aha! - Guido Kos- mehl, FDP: So, so! - Jörg Bernstein, FDP: Aha, aha! - Ulrich Siegmund, AfD: Doppel- moral!)

um die Situation von Betroffenen zu verbessern. Es gibt dort eine Verbesserung der Situation, die aber darauf zurückzuführen ist, dass der Kollege Robert-Martin Montag sehr engagiert an diesem Thema dran ist und die Landesregierung dort vor sich hertreibt.

(Beifall bei der FDP)

Was ich mich dann schon frage, ist, warum Sie jetzt hier ganz andere Maßstäbe an die Landesregierung ansetzen, als Sie es selbst in eigener Verantwortung umsetzen. Das finde ich schlicht

und einfach unglaubwürdig und unehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Es zeigt sich, dass Einiges passiert. Es kann und muss aber durchaus noch mehr sein. Ich selbst habe mich bei der Erarbeitung unseres Alternativantrags durchaus für noch umfangreichere Maßnahmen eingesetzt. Ich denke aber trotzdem, dass er eine gute Grundlage für weitere ergänzende Maßnahmen bildet, und bitte deswegen um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Pott. Es gibt eine Kurzintervention von Herrn Wald. - Herr Wald, bitte.

Vielen Dank. - Herr Pott, es gibt bereits Gegebenheiten in Sachsen-Anhalt. Dafür eignet sich z. B. die Rehaklinik in Bad Schmiedeberg. Dort gibt es salzige Luft, gute Infrastruktur; sie ist barrierefrei; es gibt eine entschleunigte Umgebung für die Stresstherapie. Am Uniklinikum Magdeburg wird bereits am Fatigue-Syndrom geforscht. Weitere Kliniken, die sich damit befassen, sind das Krankenhaus Martha-Maria in Halle-Dölau, das Ameos-Klinikum in Bernburg und die Helios-Kliniken in Sangerhausen. Es kommen noch viele weitere hinzu, z. B. auch das Klinikum Bergmannstrost in Halle befasst sich mit Long-Covid.

(Zustimmung bei der AfD - Zurufe von der SPD)

Herr Pott, wollen Sie antworten?

Ja.

Bitte.

Herr Wald, wenn Sie mir zugehört hätten, wüssten Sie, dass ich auch gesagt habe, dass sich die aktuellen Therapieansätze vor allem mit der Behandlung der Symptome beschäftigen,

(Guido Kosmehl, FDP: Richtig!)

aber eben nicht mit den Ursachen. Man kann diese Krankheit eigentlich nicht austherapieren, sondern man ist chronisch krank. Die aktuellen Therapieansätze können höchstens die Symptome behandeln. Das wird in Teilen schon gemacht, das ist richtig. Genau deshalb ist es wichtig, dass wir den Austausch noch stärker in den Fokus nehmen, damit eben die Erfahrungen, die sich daraus ergeben, besser ausgewertet werden können. Das habe ich in meiner Rede ziemlich deutlich gemacht.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Es folgt als nächste Rednerin Frau Sziborra-Seidlitz für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! „Man kann sein Leben verlieren, ohne zu sterben“ - das ist ein Zitat einer jungen Frau, die schwer am Chronischen Fatigue Syndrom erkrankt und bettlägerig ist. Ihre tragische Geschichte ist auf „Spiegel Online“ zu finden. Allen, die das mit diesem Syndrom noch nicht so richtig glauben, empfehle ich, das einmal zu lesen.

Auch hier in Sachsen-Anhalt wird es derart stark Betroffene und tragische Fallgeschichten geben, allerdings abseits der Öffentlichkeit. Und das ist Teil des Problems, das DIE LINKE hier zu Recht benennt und abmildern will. Selbstverständlich braucht es bessere Informationen für Betroffene und Angehörige. Natürlich braucht es Fortbildung für medizinisches Personal und Spezialambulanzen können und müssen ganz sicher wertvolle Anlaufstellen sein. Kurz und gut: Es braucht eine konzertierte Aktion des Landes, um diese Erkrankung öffentlich und politisch zum Thema zu machen und bei der Heilung zu helfen.

Auch ist es eben nicht gut, sich mit der saloppen Antwort der AOK im Rahmen einer Kleinen Anfrage der Kollegin Frau Anger zufrieden- zugeben, in der schlicht festgestellt wird: Die Versorgung der Patientinnen in der Regelversorgung ist derzeit sichergestellt. Denn Betroffene berichten allzu oft und sehr, sehr eindrücklich davon, dass sie in der Regelversorgung sicherlich irgendwie behandelt werden, dass

eine adäquate Behandlung in dem umfassenden Wissen über die Besonderheiten dieser Erkrankungen in der Regelversorgung aber eben allzu oft nicht zu finden ist.

Für die Betroffenen kann man nur hoffen, dass neue Therapieansätze wie die Hyperbare Sauerstofftherapie, die Blutwäsche und die H.E.L.P.-Apherese oder die Immunabsorption möglichst schnell via randomisierten, prospektiven oder groß angelegten Beobachtungsstudien und Leitlinienempfehlungen wissenschaftlich untersucht werden, damit diese, wenn sich eine Wirkung nachweisen lässt, flächendeckend zum Einsatz kommen können.

Bisher sind diese Therapieansätze nur den Menschen zugänglich, die sich mit viel Einsatz - Frau Anger hat das eindrücklich geschildert, wie wenig es oft möglich ist, sich selbst einzusetzen - selbst auf die Suche machen und dann eben auch das entsprechende Geld mitbringen. Das kann und darf so natürlich nicht bleiben.

DIE LINKE zeigt einige Maßnahmen auf, die kleine Hebel sein können, um die Versorgung zu verbessern. Wir alle sollten diesem Antrag zustimmen. Wir werden es jedenfalls tun.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Sziborra-Seidlitz. - Es folgt Frau Dr. Richter-Airijoki.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! „Jetzt reißen

Sie sich doch zusammen!“ - „Komm gefälligst ausgeschlafen in die Schule!“ - „Ihnen verordne ich keinen Rollstuhl!“ - Wer selbst von ME/CFS betroffen ist oder einen nahestehenden Menschen mit dieser Krankheit in der Familie hat, sei es ein Kind, eine heranwachsende oder erwachsene Person, der kennt solche Sprüche. Man hat sie vielleicht selbst verwendet, bevor die Diagnose gestellt wurde. Das ist auch in Schule oder Beruf nicht selten. Sogar beim Arztbesuch müssen sich Betroffene und Angehörige immer noch auf viel Unverständnis gefasst machen.

Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom, kurz ME/CFS, ist eine komplexe, oft schwer verlaufende neurologische Erkrankung. Betroffene leiden unter einer schnell eintretenden Erschöpfung. Nach jüngeren, geschärften Diagnosekriterien ist ME/CFS insbesondere gekennzeichnet durch Symptomverschlimmerung nach Anstrengung, genannt PEM für Post-Exertional Malaise.

Zu den weiteren Beschwerden gehören ein gestörter oder nicht erholsamer Schlaf, Konzentrationsstörungen, Kreislaufbeschwerden,

Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen. Auch Symptome wie starke Lichtempfindlichkeit, Lärmempfindlichkeit oder Tinnitus können zusätzlich auftreten. Am Anfang der Krankheitsentwicklung steht häufig ein Infekt.

Die Behandlung diagnostizierter Patientinnen und Patienten erfolgt systematisch. Bezüglich Entstehungssymptomatik und Versorgung bestehen Überlappungen von Long-Covid mit ME/CFS und Long-Covid kann in ME/CFS übergehen. Bereits vor der Coronapandemie litten in Deutschland laut Charité schätzungsweise rund 250 000 Menschen unter ME/CFS.

Wir haben uns in diesem Hause schon des Öfteren mit Long-Covid befasst. In diesem

Zusammenhang kam auch ME/CFS zur Sprache. Zudem hat die Landesregierung mehrere Kleine Anfragen mit detaillierten Angaben zu verfügbaren Zahlen und Fakten über sowohl Long- Covid als auch ME/CFS beantwortet.

Im Mai 2023 hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, IQWiG - das finde ich sehr wichtig -, im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums einen umfassenden Bericht über den aktuellen Kenntnisstand vorgelegt. Dieser enthält konkrete Handlungsempfehlungen für Gesundheitspolitik, Ärzteschaft und Wissenschaft.

Wir haben von Frau Ministerin Grimm-Benne gehört, dass verschiedene Akteure in SachsenAnhalt schon Beachtliches auf den Weg gebracht haben. Die für Gesundheit und Wissenschaft zuständigen Ministerien geben und verarbeiten wichtige Impulse. Ich würde einen vertieften Sachstandsbericht im zweiten Quartal 2084 sehr begrüßen.

(Dr. Katja Pähle, SPD: 2024! - Lachen bei der SPD)

- Was? - 2024! 84 ist irgendwie eine magische Zahl, die einem in den Kopf schießt. - Ich würde also im zweiten Quartal 2024 einen vertiefenden Sachstandsbericht sehr begrüßen. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen.

(Zustimmung bei der SPD)