Ganz am Rande: So richtig scheinen Sie von der AfD auch noch keine bildungspolitische Linie zu haben. Niedlich ist nämlich, dass Ihre Kolleginnen im Abgeordnetenhaus in Berlin genau heute einen Antrag zur Änderung des Schulgesetzes eingebracht haben und darin die Verkleinerung der Klassengrößen fordern. Vielleicht finden Sie dazu einmal einen bildungspolitischen Grundsatz.
Stattdessen sollten wir nach vorn blicken, geeignete Maßnahmen diskutieren und endlich auch durchsetzen, die den Lehrkräftemangel an der Wurzel packen und nachhaltig bekämpfen. Dafür setzen wir Bündnisgrüne uns mit aller Kraft ein. Wir enthalten uns zu der Beschlussempfehlung der Stimme und lehnen den Antrag der AfD-Fraktion selbstverständlich ab. - Vielen Dank.
Dann kommen wir schon zum nächsten Debattenbeitrag. Herr Borchert macht sich auf den Weg; denn er spricht jetzt für die Fraktion der CDU. - Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident, vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin gerade gelaufen und ein bisschen außer Atem.
Den Ausführungen meiner Ministerin und meines sehr geehrten Ausschussvorsitzenden zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung zu den Anträgen „Masterplan zur Sicherung der Schulbildung in Sachsen-Anhalt“ und „Lehrerkräftemangel aktiv bekämpfen - Den Lehrberuf von Beginn an attraktiver gestalten“ ist, glaube ich, nicht allzu viel hinzuzufügen. Dahin gehend möchte ich jetzt nichts wieder- holen.
Unsere Landesregierung hat acht konkrete Aufgaben bekommen, die abgearbeitet und die dabei helfen werden, dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken. Das wird keine Lösung sein, aber ein Schritt. Ich bitte ich an dieser Stelle dringlichst - gerichtet an unseren Wissenschaftsminister -, die aktuell gesamte Lehrerausbildung auf den Prüfstand zu stellen, um endlich dahin zu kommen, dass wir in Halle keine Wissenschaftler, sondern Lehrerinnen und Lehrer ausbilden. Das wiederhole ich gern. Die Ausbildung unserer Studentinnen und Studenten ist nicht mehr dazu geeignet, im heutigen Schulalltag zu bestehen.
- Ich höre bei der AfD auch zu. - 90 % dessen, was sie an der Uni in Halle an Inhalten studieren müssen, hat mit der Lehrerpraxis nichts zu tun. Gleiches gilt für die Weiterqualifizierung von Seiteneinsteigern. Vorbild im positiven Sinne und lobend in Bezug auf Inhalte bei der Qualifizierung von Seiteneinsteigern unseres Landes ist übrigens das Institut zur Weiterqualifizierung im Bildungsbereich an der Uni Potsdam, zu der wir unsere Seiteneinsteiger schicken.
Gestern war ich mit der Ministerin an einer Schule. Ein junger Mann, der gerade fertig geworden ist, hat gesagt: Dort geht man auf uns ein; dort kriegen wir genau das Wissen vermittelt, was wir brauchen, um draußen zu bestehen; dort geht man sogar auf unsere Familien ein - denn das sind alles keine 18-Jährigen mehr -; meine Kumpels, Kolleginnen und Kollegen, die in Halle dasselbe machen, die kommen nach Hause und sagen: nur Wissenschaft, damit können wir überhaupt nichts anfangen. An der Stelle sollten wir doch endlich einmal darüber nachdenken: Was Potsdam kann, das können wir auch.
Zum Antrag der AfD zum Thema Klassenstärken. Herr Lippmann hat dazu einiges gesagt, was richtig war.
An dieser Stelle möchte ich mich nicht wiederholen. Ich bitte ausdrücklich darum: Wenn Sie solche Anträge stellen, dann stellen Sie sie doch nicht, wenn das alles schon vorhanden ist. Das kostet uns hier wahnsinnig viel Lebenszeit und bringt uns überhaupt nichts; denn alles das, was Sie in Bezug auf die Klassen- stärken beantragt haben, gibt es schon. Ich habe das hier.
Sie können das im Internet nachlesen. Das Ministerium hat das für dieses Schuljahr heraus- gebracht. Dort gesteht genau, dass es möglich ist, sämtliche Klassen so zu koordinieren oder größer zu machen, wenn es denn gewollt wird. Glauben Sie, dass dann, wenn wir das jetzt beschließen würden, ein Schulleiter oder ein Lehrer sagen würde: Oh, das machen wir, obwohl die Klassenräume gar nicht groß genug sind - ich will mich nicht wiederholen - und obwohl die Lehrkräfte gar nicht in der Lage dazu sind, mit 40 bis 50 Schülerinnen und Schülern zu arbeiten?
Aber wenn dort unten eine Schule eine Idee hat, mit den Trägern etwas zu verändern, dann kann das auch super passen. Meine Ministerin war gestern in einem kleinen Ort in der Altmark. Dort hat man einen „Klassenraum plus“ gebaut. Was haben die dort gemacht? - Dort haben der Träger und die Gemeinde aus zwei Räumen einen gemacht. An einer Grundschule haben sie in dem Raum eine flexible Trennwand gesetzt. Das hat richtig Geld gekostet. Alle haben zusammengehalten. Und was ist das Resultat gewesen? - An den kleinen Grundschulen, die wir haben, hast du nur fünf Lehrer. Wenn zwei davon krank sind, dann ist die Schule tot. Die haben das so gebaut, weil sie gesagt haben: Wenn wirklich einmal eine solche Situation
kommt, dass ein Lehrer nicht da ist, dann wird die Trennwand aufgeschoben und dann kann man auch zwei Klassen unterrichten.
Das sind Ideen, die nur von unten kommen können. Das können wir hier oben nicht fest- legen; denn wir finanzieren es nicht. Das sind konkrete Beispiele, die uns helfen. Aber das, was Sie heute vorgeschlagen haben, können wir nur ablehnen.
Der Kollege hat gesagt: Wir können darüber im Ausschuss diskutieren, wie groß die Klassen werden sollen. Was wollen wir darüber diskutieren? Dazu können wir überhaupt nichts sagen. Das Ministerium hat es freigegeben. Die können unten selber entscheiden, wie sie es gestalten, wenn sie es können und wollen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Warten Sie einmal, Herr Borchert. Es gibt eine Frage von Herrn Lippmann. Wollen Sie diese beantworten?
Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Borchert, Sie waren lange Zeit Schulleiter an einer Grundschule. Können Sie vielleicht Herrn Hecht bestätigen, dass es seit ungefähr zehn Jahren eine sehr detaillierte Erfassung des Unterrichtsausfalls an den Schulen gibt; auch aufgelistet nach den Gründen, der Vertretung und den verschiedenen Maßnahmen? Unter diesen Maßnahmen wird auch die Kategorie Klassenzusammenlegung extra erfasst, damit der Unterrichtsausfall vermieden wird. Durch Klassenzusammenlegungen wird Unterrichtsausfall - das wissen Sie vielleicht nicht so ganz genau - in einer Höhe von ungefähr 170 000 Stunden im Jahr vermieden. Das kann man nachgucken. Diese Statistik gibt es. Herr Hecht könnte dort nachgucken, wie viel Unterrichtsausfall durch Klassenzusammenlegungen vermieden wird. Das wird ganz akribisch von den Schulleitungen gemacht.
Ich bin mir sicher, dass Herr Hecht das weiß. Der ist ja nicht blöd. Darüber muss ich ihn nicht belehren.
Das ist eine von vielen Methoden, die es gibt; denn dort unten wird einfach gearbeitet. Wir haben hier oben die Verantwortung, diejenigen zu achten und diejenigen zu stützen, die den Lehrberuf ausüben. Aber das, was mich teilweise stört, Herr Lippmann - denn Sie haben
gerade das Thema angefasst - ist, dass Sie - Sie sind ja der bekannteste Landtagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt, der die Schulen ständig von der Arbeit abhält - ständig solche Kleinen Anfragen stellen.
Die kann ich Ihnen auch beantworten. Das kann doch nicht so weitergehen. Das meine ich ganz sachlich. Die Schulen sagen immer: Schon wieder Herr Lippmann. Wie viele zig Kleine Anfragen kommen an das Ministerium? Das darf ich doch sagen. Sie haben mir diese Frage gestellt.
- Nein, Sie lächeln. Darüber lächelt niemand mehr. - Wir lassen jetzt einmal überprüfen, wie viele Mitarbeiter im Ministerium dafür arbeiten müssen, damit Ihre Kleinen Anfragen beantwortet werden, die ich Ihnen auch beantworten könnte. Also, an dieser Stelle könnte ich sagen: Herr Hecht kann das nachlesen, das können Sie auch.
Das muss ich in dem Fall auch einmal sagen dürfen; denn das wollen die Lehrer und die Schulleiter da draußen nicht mehr haben, dass wir hier oben Kleine Anfragen stellen, die teilweise sinnlos sind und nichts vorwärts bringen. Das muss ich sagen dürfen. - Danke.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf: Das ist aber unser Verfassungsrecht! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Wollen Sie ihm das jetzt verbieten? - Eva von Angern, DIE LINKE: Blöd nur mit der Verfassung! - Zu- ruf von Tobias Rausch, AfD)
Zum Abschluss der Debatte hat Herr Tillschneider das Wort. - Herr Tillschneider, Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich die Ministerin richtig verstanden habe, dann hat sie am Beginn ihrer Ausführungen unseren Antrag, unseren Vorschlag im Ansatz gewürdigt. Das finde ich erst einmal gut. Sie war die einzige Rednerin, die das getan hat. Sie hat dann nur das Argument gebracht, das Gegenargument, das, was wir wollen, würde nur an großen Schulen funktionieren, und daraus ein Argument für Schulschließungen gemacht. So war es natürlich nicht gemeint. Wir denken, das, was wir wollen, hilft auch an kleinen Schulen. Natürlich kann das an großen Schulen besser funktionieren, aber auch an kleinen Schulen hilft es.
Zu Frau Pähle. Sie haben systematisch unseren Vorschlag schlechtgeredet. Ich halte trotz des Gesagten an diesem Vorschlag fest. Es ist ein guter Vorschlag. Er hat nämlich die Kernidee entfaltet, dass es dann, wenn aufgrund von Lehrermangel Unterrichtsausfall droht, möglich sein soll, große Klassen zu bilden. Es ist besser, Unterricht findet in einer solchen Klasse statt, als dass gar kein Unterricht stattfindet.
Wenn solche Möglichkeiten auch schon jetzt bestehen, dann können wir doch trotzdem gemeinsam über dieses Thema und über weitergehende Flexibilisierungsmöglichkeiten nachdenken; denn wenn das schon Praxis ist, dann ist das eine Praxis, die man überprüfen kann, und eine Praxis, der man einen zusätzlichen Regelungsrahmen geben kann.
Ich verstehe nicht, weshalb man darüber nicht im Ausschuss diskutieren soll. Wir diskutieren über so viel Unsinn und dann können wir doch diese gute Kernidee einmal zum Thema in einer Ausschusssitzung machen.
- Na klar. - Die Erfahrung zeigt uns doch, so viel von dem, was wir hier hervorbringen und was abgebügelt wird, machen Sie nachher selbst.
Die pensionierten Lehrer. Wir haben vorgeschlagen, pensionierte Lehrer gezielt anzuschreiben und anzusprechen,