Protocol of the Session on September 7, 2023

dass dann Unterricht besser funktioniert. Laut KMK-Statistik haben wir in den sachsen-anhaltischen Klassen in der Grundschule wie Schulformen, die verschiedene Abschlüsse erreichen, eine durchschnittliche Frequenz von 22 Schülern. Am Gymnasium sind es 29 und an den integrierten Gesamtschulen sind es auch 29. In den 22 befinden sich - so, wie die Ministerin gerade ausgeführt hat - die kleinen Grundschulen im ländlichen Bereich. Wer da sagt: Da müssen

wir die halt zusammenlegen, wenn wir Lehrermangel haben, dem sage ich: Gute Fahrt nach vorn!

Wer meint, in den Förderschulen, in denen natürlich weniger als 14 Kinder in einer Klasse sind, um ihnen die bestmögliche Betreuung und Bildung zu ermöglich, noch mehr Schüler in die Klassen hineinzupacken, insbesondere dann, wenn man einfach blind gegen Inklusion anläuft und sagt, das muss alles wieder aufgehoben werden, der packt echt an der falschen Stelle an. Dazu sage ich: Sie sitzen auf dem komplett falschen Pferd.

(Beifall bei der SPD)

Noch ein ganz kleiner Hinweis: Schauen Sie sich einmal in den Ländern um, die tatsächlich PISA-Weltmeister sind. Norwegen fällt dabei gern auf. Glauben Sie mir, der Erfolg des norwegischen Schulsystems hat nichts mit übervollen Klassen zu tun, sondern mit einer anderen Art der Lehramtsausbildung, mit anderen Modellen des Unterrichtes sowie mit anderen Konzepten, um Bildung tatsächlich zu öffnen und inklusiv zu gestalten. Ich denke, genau aus diesen Ländern können wir jede Menge mitnehmen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Pähle, Sie haben es auch mühelos geschafft, die Redezeit zu verdoppeln. Sie waren jetzt schon an der Grenze. Es gibt keine Fragen. - Insofern können wir fortfahren, und zwar spricht jetzt für die Fraktion DIE LINKE Herr Lippmann. Danach schauen wir, wie es weitergeht. - Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschussvorsitzende Herr Stehli hat in seinem ausführlichen Bericht deutlich gemacht, dass es zu dem Antrag „Masterplan zur Sicherung der Schulbildung in SachsenAnhalt“ im Bildungsausschuss gelungen ist, sich zu Beginn der Debatte auf einen strukturierten und über mehrere Sitzungen längerfristig angelegten Beratungsprozess zu verständigen.

Der hat sich auch zunächst insofern gelohnt, als am Ende die Koalition im Bildungsausschuss eine vorläufige Beschlussempfehlung vorgelegt hat, der wir zwar nicht zugestimmt hätten, der gegenüber wir uns aber doch mit Respekt geäußert haben. Insofern möchte ich mich sowohl für die Bereitschaft, sich auf diesen strukturierten Prozess einzulassen, als auch für die Debatten als auch für die vorläufige Beschlussempfehlung im Bildungsausschuss bei den Kolleginnen und Kollegen an dieser Stelle bedanken.

Ich habe dann gedacht, wir sind damit durch und ich könnte das, wenn wir das hier behandeln, auch so machen. Das ist allerdings nicht der Fall. Denn es war nur eine vorläufige Beschlussempfehlung und sie musste noch in den mitberatenden Finanzausschuss. Der hat es dann geschafft, aus der noch einigermaßen mit Respekt zu begegnenden vorläufigen Beschlussempfehlung all das sehr gezielt zu streichen, was auch nur ansatzweise so aussah, als könnte es Geld kosten. Es stand noch nicht einmal direkt etwas dazu darin, sondern es war nur die Erwartung vorhanden. Das hat aus dieser vorläufigen Beschlussempfehlung sozusagen ein klassisches Placebo gemacht. Das, was übrig geblieben ist und heute auf dem Tisch liegt, wird gar nichts ändern.

Wir werden trotzdem, schweren Herzens, bei einer Stimmenthaltung bleiben, weil es bei einem Placebo halt so ist: Es nützt nix, aber es schadet auch nix. Es steht nichts völlig Falsches darin, sondern es steht eben nur nichts Richtiges mehr darin, sodass man auch nicht gut begründen kann, warum man unbedingt dagegen sein muss.

Ich sage den Kolleginnen aus dem Finanzausschuss: Es ist wirklich schade, wie leichtfertig Sie damit umgegangen sind, wie leichtfertig Sie das, was wir im Bildungsausschuss gemeinsam besprochen haben, über Bord geworfen haben. Das sind genau die Punkte, an denen man erkennt, dass Bildung in der Koalition eben kein Schwerpunkt ist, sondern dass diesbezüglich auf dem Geld gesessen wird.

Wir werden in den Haushaltsberatungen des Bildungsausschusses noch darüber debattieren und wir werden morgen in der Aktuellen Debatte auch noch einmal etwas dazu sagen. Dass alles so bleibt, wie es ist - auch bei allem, was Katja Pähle angesprochen hat -, reicht eben nicht. Das können wir uns nicht leisten. Aber, wie gesagt, dazu werde ich morgen mehr sagen.

Zu dem Antrag der AfD ist hier wirklich gar nichts zu sagen. Der ist völlig sinnfrei. Das ist teilweise schon deutlich gemacht worden. Das ist ganz offensichtlich ein typischer Redezeitbeschaffungsantrag, damit sich auch Herr Hecht hier einmal zu diesem Thema austoben kann.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Das ist der typische Antrag von jemandem, der von Schule wirklich gar nichts versteht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es ist so, als ob sich jemand schreiend hinter den fahrenden Zug wirft. Denn das, was Sie hier beantragen, muss man gar nicht von sich weisen. Vielmehr ist das seit Jahr und Tag vorhanden. Es gibt diese Klassenzusammenlegungen, wenn die Lehrkräfte fehlen. Das gibt es in Grundschulen über sechs oder acht Wochen hinweg. Darüber habe ich vor fünf oder sechs Jahren vor Ort diskutiert.

Übrigens bin ich diesbezüglich einmal mit ihrem Ex-Kollegen Herrn Farle zusammen vor Ort gewesen. Dann arbeiten Grundschullehrkräfte mit 35, mit 38 oder mit 39 Schülern, aber natürlich nicht in einem Klassenraum. Es gibt keine Klassenräume, in die mehr als 30 Schüler reinpassen, auch nicht die kleinen. Von der achten oder neunten Klasse will ich gar nicht reden. Stattdessen gehen sie dann natürlich in die Aula, wenn es eine gibt, oder sie gehen in die Turnhalle. Das geht eine ganze Weile so und dann geben die Lehrkräfte auf und fragen: Wie soll ich das machen? Dann gehen sie eben doch dazu über, dass eine Hälfte wechselweise zu Hause bleibt. Dann kann man immer nur eine Hälfte unterrichten.

Wir haben eine schülerbezogene Zuweisung. Wir haben diese Regelung zur Klassenbildung überhaupt nur in den Gymnasien. Woanders gibt es die Regelung zur Klassenbildung überhaupt nicht. Man kann nur von der AfD sein, wenn man von solchen Sachen keine Kenntnis hat. Denn sonst könnte man solche Anträge nicht stellen.

Dieser Antrag ist einfach nur abzulehnen, und zwar gar nicht einmal, weil man dagegen sein müsste, sondern weil er von null Relevanz für unser Schulsystems ist und, wie gesagt, an den ohnehin bestehenden Verhältnissen, die schlimm genug sind, überhaupt nichts ändern

würde. Das ist nämlich alles schon so. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke. - Wir kommen zum nächsten Debattenbeitrag von Herrn Bernstein. - Bitte sehr. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zum ersten Teil des Beratungsgegenstandes, dem Masterplan zur Sicherung der Schulbildung und zur Bekämpfung des Lehrermangels.

Wie von den Vorrednern schon angemerkt wurde, haben wir im Finanzausschuss - ich bin auch Mitglied des Finanzausschusses - die vorläufige Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses geändert. Es ist letztlich ein Aushandlungsprozess. Ich sitze in zweifacher Rolle dort und argumentiere mit meinen Kollegen. Ich konnte mit der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses durchaus leben.

Was haben wir nämlich gemacht? - Wir haben bei dem weiteren Unterrichtspersonal das Wort „weiteres“ gestrichen. Denn wir müssen einfach auch einmal mit einem Blick in die Zukunft z. B. dafür Sorge tragen, dass wir die Digitalassistenten, die wir als eine Form des Unterstützungspersonals aus dem Corona-Sondervermögen finanzieren, ab dem Jahr 2027 aus dem regulären Kernhaushalt finanzieren müssen, wenn wir sie denn weiter behalten wollen. Die Aufgaben sind

vorhanden. Aus dem Grunde erschien es mir durchaus angebracht zu sagen, dass Wort „weiteres“ zu streichen.

Zur Frage der Motivation älterer Lehrkräfte. Explizit war die Abminderungsstunde ab dem 62 Lebensjahr genannt. Ja, ich weiß, dass ein Hauptkritikpunkt von diesen Lehrkräften ist, dass man ihnen diese eine Stunde gestrichen hat bzw. die vorherige Anrechnung. Niemand verbietet dem Bildungsministerium, genau diesen Vorschlag zu machen. Der wird wahrscheinlich auch kommen; denn das wäre das erste, was mir einfallen würde. Aber wir haben letztlich die Möglichkeit gesehen, den Suchkorridor des Ministeriums ein wenig breiter aufzustellen. Das waren unsere Beweggründe.

(Zustimmung von Stefan Ruland, CDU)

Die besondere Motivation der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst monetärer Art ist letztlich nicht herausgestrichen worden, sondern sie wurde ein wenig softer gestaltet, wie ich es einmal sagen will. Wir Freien Demokraten werden dieser Beschlussempfehlung zustimmen.

Jetzt zum Antrag der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der AfD. Ich hatte letztens Gelegenheit mit einer schulfachlichen Referentin zu sprechen, die für Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen zuständig ist. Es war mir eigentlich von Vornherein ein bisschen suspekt, weil ich auch die schulische Praxis kenne und weiß, wie man dort mit dem Thema Klassenzusammenlegung, zumindest kurzfristiger Art, umgeht. Sie hat mir den Erlass zur Unterrichtsorganisation geschickt. Darin steht eindeutig - das wurde schon erwähnt -, dass die Festlegung auf 28 Schüler pro Klasse ein Soll ist. „Soll“ heißt nicht, dass es nicht anders geregelt werden darf im Einvernehmen mit der Schulleitung und den entsprechenden Kollegen.

Andererseits sind dabei z. B. auch arbeitsschutzrechtliche Vorschriften zu beachten. Es ist darauf zu achten, dass die Raumgröße einen limitierenden Faktor darstellt. Es gibt im Regelfall nur eine Aula, also kann man nur für einen Klassenverband bzw. zwei machen. Das ist also nicht unbedingt die Lösung, die hierzu anzustreben ist.

Bei Grundschulen hätte man die Möglichkeit, die von uns ermöglichten kleinen Grundschulen mit einer Klassenfrequenz von 10 Schülern dichtzumachen. Ich möchte dann gern einmal die Eltern sehen, die bei Ihnen vor der Tür stehen und fragen würden: Was macht denn ihr dort?

Es gibt auch eine andere Variante. Ich habe schon diverse Schreiben von Eltern erhalten, in denen sie sich darüber beschweren, dass man gerade in der Grundschule Klassen zusammengelegt hat, also irgendwie beißt sich hier die - -

(Tobias Rausch, AfD: Das war doch in den letzten 10 Jahren absehbar, wie das kommt!)

Zu Förderschulen, die auch von dieser von Ihnen festgemachten Unterrichtsversorgung von unter 90 % betroffen sind, kann man sich einmal die Statistiken ansehen. Dann ist, glaube ich, über den Punkt einer Klassenzusammenlegung eigentlich gar nicht zu reden. Das kann man einfach ausschließen.

In berufsbildenden Schulen, also in meinem Fachgebiet, war das gang und gäbe. Ich habe oftmals zwei Klassen immer hin und her von einem Raum zum anderen unterrichtet. Wir haben während Corona mit Videoübertragung von einem Raum zum anderen gearbeitet. All diese Sachen sind also möglich und werden auch mit hohem Engagement von den Kollegen umgesetzt.

Kurz und gut: Es braucht diesen Vorschlag nicht. Wir wollen uns darüber auch nicht irgendwo unterhalten, sondern wir werden ihn als Fraktion der Freien Demokraten ablehnen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Wir kommen zum nächsten Debattenbeitrag. Frau Sziborra-Seidlitz spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Sie haben das Wort, bitte sehr.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Um den Lehrkräftemangel erfolgreich zu bekämpfen braucht man mehr als nur Worthülsen und nett klingende Prosa. Man braucht stattdessen ziel- gerichtete und konkrete Maßnahmen. Das, was die Koalition allerdings mit der Beschlussempfehlung zu den Anträgen der LINKEN und von uns fabriziert hat, ist alles andere als das.

Es zeigt auch, wie ernsthaft man mit Vorschlägen aus der Opposition umgeht. Sowohl wir Bündnisgrüne als auch DIE LINKE haben umfassende und sinnvolle Vorschläge gemacht. Sie wurden im Ausschuss auch intensiv diskutiert. Das ist schon ein paarmal genannt worden. Aber die Beschlussempfehlung, die uns jetzt hier zur Abstimmung vorliegt, enthält so gut wie nichts mehr von den guten Erkenntnissen, die wir alle im Rahmen der Diskussion im Bildungsausschuss gewonnen haben.

Denn das bisschen Inhalt, das die ursprüngliche vorläufige Beschlussempfehlung aus dem Bildungsausschuss mal hatte - z. B. wurde darin unsere Forderung nach Sonderzahlungen zusätzlich zu den Gehältern für Lehrkräfte, welche in bestimmten Regionen, Schulformen und Mangelfächern arbeiten oder welche besondere Fähigkeiten haben, aufgegriffen -, hat dann der Finanzausschuss - auch das ist schon genannt worden - aus der Beschlussempfehlung herausgestrichen. Übrig geblieben ist Prosa.

Liebe Fachabgeordnete der Koalition aus dem Bildungsbereich, dass Sie hier nun so sehr vor Ihren eigenen Leuten aus dem Finanzbereich einknicken, hat mich tatsächlich doch ein bisschen enttäuscht. Aber gut, ein ähnliches Problem hatten Sie auch bei dem Beschluss zur Übergangsregelung für die Finanzierung der freien Schulen. Dabei haben auch die Finanzer geblockt und somit eine zeitnahe finanzielle Absicherung der freien Schulen, solange bis ein neues Finanzierungsmodell steht, verhindert.

Man kann sich an dem Punkt aber immer noch fragen, warum Frau Feußner es nicht geschafft hat, Haushaltsvorsorge für einen Gesetzentwurf zu treffen, der bereits vor dem Kabinettsbeschluss zum Haushalt im Landtag debattiert worden ist.

(Ministerin Eva Feußner: Sie wissen ja gar nicht, wann wir den Haushalt abgeben!)

Wenn man dem Lehrkräftemangel erfolgreich begegnen möchte, dann braucht man eben mehr als das: mehr Elan, mehr politischen Willen und mehr Durchsetzungskraft der Fachpolitikerinnen. An all dem scheint es der Koalition und der Landesregierung zu mangeln.

Denn um unseren Lehrkräftemangel aktiv zu bekämpfen, muss man den Lehrerberuf attraktiver gestalten. Das ist eine Erkenntnis, die wir alle hatten.

Dabei ist die Debatte um verschiedene Ideen und auch das Umsetzen der Erkenntnisse aus diesen Debatten wichtig. Hilfreich dafür ist es allerdings nicht - jetzt komme ich zum Antrag der AfD-Fraktion -, mit Ideen von vorgestern, wie der Anhebung der Anzahl von Schülerinnen in einer Klasse, anzukommen und sie wieder aufzusagen, weil man sonst keine Ideen hat. Insbesondere machen große Klassenstärken den Arbeitsalltag von Lehrkräften noch un- attraktiver. Das ist das, was wir im Ringen um geeignetes Fachpersonal definitiv nicht brauchen.

Ganz am Rande: So richtig scheinen Sie von der AfD auch noch keine bildungspolitische Linie zu haben. Niedlich ist nämlich, dass Ihre Kolleginnen im Abgeordnetenhaus in Berlin genau heute einen Antrag zur Änderung des Schulgesetzes eingebracht haben und darin die Verkleinerung der Klassengrößen fordern. Vielleicht finden Sie dazu einmal einen bildungspolitischen Grundsatz.