Protocol of the Session on September 7, 2023

Damit haben wir die Debatte beendet und wir kommen zum Abstimmungsverfahren.

Abstimmung

Ich habe bisher noch keine Überweisungsanträge gehört, weder zu dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch zu dem der Fraktion DIE LINKE.

(Ulrich Siegmund, AfD: Den von der LINKEN können wir überweisen!)

Die AfD beantragt die Überweisung des Antrages der Fraktion DIE LINKE zu den kommunalen Trinkbrunnen.

Wir kommen aber zunächst zu dem unter Tagesordnungspunkt 25 a) behandelten Antrag. Das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dazu haben wir keinen Überweisungsantrag vernommen. Dazu gibt es einen Alternativantrag. Aber wir stimmen zunächst über den Ursprungsantrag ab. Wer dem Ursprungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 8/3027 zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen und die AfD. Wer enthält sich der Stimmen? - Die Fraktion DIE LINKE.

Dann kommen wir zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 8/3091. Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Die AfD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Alternativantrag mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen zu dem unter Tagesordnungspunkt 25 b) behandelten Antrag. Hierzu liegt ein Überweisungsantrag vor; dieser würde natürlich auch den Alternativantrag der Koalition betreffen. Ich frage einmal nach den Ausschüssen, in die die Anträge überwiesen werden sollen. Ich würde anregen eine Überweisung in den Sozialausschuss und zur Mitberatung in den Innenausschuss, weil ein kommunales Thema betroffen ist. Das wäre eine Überlegung.

(Zuruf von der CDU: Finanzen!)

Der Finanzausschuss kann immer machen, was er will. Daher nenne ich ihn nicht extra. Also Federführung Sozial- und Mitberatung Innenausschuss. Wer für die Überweisung des Antrages inklusive des Alternativantrages in die genannten Ausschüsse ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion.

(Zurufe von der AfD)

Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion DIE LINKE.

(Lachen bei der AfD)

Wer stimmt dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zu? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die AfDFraktion. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 8/3092. Wer für den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktio-

nen. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und der AfD. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Alternativantrag mehrheitlich angenommen worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 25 beendet.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 31

Beratung

Gewaltschutz und Hilfssysteme im Sinne der Istanbul-Konvention - Ausbau und Umsetzung jetzt!

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/3052

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD, FDP - Drs. 8/3090

Einbringerin für die Fraktion DIE LINKE ist Frau von Angern. - Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Sie ist ein im Jahr 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag, der verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und bei häuslicher Gewalt schafft.

Im Oktober 2017 wurde das Übereinkommen in Deutschland ratifiziert und trat am 1. Februar 2018 in Kraft. Kurzum: Der Auftrag der

Istanbul-Konvention ist für Deutschland und damit auch für alle staatliche Gewalt in SachsenAnhalt bindend.

(Unruhe)

- Ehrlich gesagt, wird immer klarer, warum ich für mehr Frauen im Parlament bin. - Danke, dass Sie mir zuhören, liebe Kolleginnen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)

Die 81 Artikel der Istanbul-Konvention enthalten umfassende Verpflichtungen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, zum Schutz, zur Prävention, aber auch zur Bestrafung der Täter und Täterinnen. Die Konvention zielt damit zugleich auf die Stärkung der Gleichstellung von Mann und Frau und des Rechts von Frauen auf ein gewaltfreies Leben ab. - So weit zur Theorie bzw. zu dem verbindlichen Anspruch an die öffentliche Praxis auch in unserem Land.

Gleich vorweg: Deutschland und auch SachsenAnhalt im Besonderen haben bereits Verpflichtungen aus der Konvention umgesetzt. Das ist löblich und für viele Betroffene im wahrsten Sinne des Wortes tatsächlich existenziell.

Ich will Ihnen aber auch nicht vorenthalten, dass der Europarat im sogenannten GREVIO-Bericht Deutschland gravierende Defizite im Gewaltschutz attestiert hat. Die Kritik besteht unter anderem darin, dass es in Deutschland bis heute keine bundesweite Strategie gibt, um dieses Abkommen umzusetzen. Es fehlt ein übergreifender Plan, in dem klar definiert wird, was Gewalt gegen Frauen überhaupt bedeutet, wie sie bekämpft werden soll und an welchen Stellen es zusätzliche Bedarfe gibt. Tatsächlich ist nicht einmal erkennbar, wie viel Geld Deutschland für Gewaltschutz ausgibt. Mit dieser Kritik

sind in der Folge eben die Bundesländer, aber auch die Kommunen gemeint.

Meine Damen und Herren! Das Grundgesetz gibt uns auch in der Landespolitik den Auftrag der gleichwertigen Lebensverhältnisse. Dazu gehört eben auch, dass es nicht vom Wohnort abhängig sein darf, ob und wie ich vor Gewalt geschützt werde.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das, meine Damen und Herren, gilt auch für die sogenannten vulnerablen Gruppen. Damit meine ich im Besonderen Frauen und Mädchen mit Behinderungen, Frauen und Mädchen, die nicht gut Deutsch sprechen oder durch einen Aufenthaltstitel an eine Region gebunden sind, sowie weitere Gruppen.

Um das Problem an einer Zahl deutlich zu machen: Aktuell gibt es in Deutschland rund 5 086 Plätze in Frauenhäusern. Aufgrund der Fallzahlen häuslicher Gewalt wird empfohlen, dass ein Platz pro 10 000 Einwohner zur Verfügung stehen muss, um Betroffenen ausreichend Schutz zu bieten. Diese Zielzahl verfehlt jedes Bundesland, auch Sachsen-Anhalt. Das bedeutet ganz konkret: Wir haben von Gewalt betroffene Frauen, denen der Weg in eine sichere Zuflucht versperrt bleibt. Es kommen weitere Hinderungsgründe dazu; darauf gehe ich später ein.

Schauen wir konkret nach Sachsen-Anhalt. Wie sieht es hier aus? - In Sachsen-Anhalt gibt es 19 Frauenhäuser mit 117 Plätzen für die Frauen. Wir wissen, die Kinderplätze werden nicht extra finanziert. Wir haben neun Frauenberatungsstellen, sieben Frauenzentren. Eine Frauenberatungsstelle in Magdeburg - darauf können wir sehr stolz sein - richtet sich insbesondere an

von Gewalterfahrungen betroffene Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Wir haben Vera - die Fachstelle gegen Frauenhandel und Zwangsverheiratung -, vier Interventionsstellen, vier Beratungsstellen für Betroffene von sexualisierter Gewalt und außerdem ProMann - die Täterberatungsstellen in Magdeburg, Dessau und Halle.

Unter www.gewaltfreies-sachsen-anhalt.de können Sie sich, sofern Sie es in Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt nicht schon gemacht haben, anschauen, welches Hilfesystem in Sachsen-Anhalt für Betroffene von Gewalt im sogenannten sozialen Nahraum zur Verfügung steht. Das Netzwerk für ein Leben ohne Gewalt ist seit dem Jahr 2008 unermüdlich in Aktion, um für das Thema und die Situation der Betroffenen zu sensibilisieren, aufzuklären, aber vor allem um Hilfe zu vermitteln.

Das Hilfesystem in unserem Land ist sehr vielfältig zusammengesetzt; das haben Sie an den Institutionen gesehen, von denen ich gesprochen habe. Selbstverständlich gehören zu dem Netzwerk auch die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Hinter all diesen Institutionen stehen sehr engagierte Frauen, aber auch Männer, manche im Hauptamt, aber die meisten im Ehrenamt, denen ich an dieser Stelle auch namens meiner Fraktion ausdrücklich für ihr Engagement danken möchte.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Ich möchte ihnen vor allem danken, weil sie quasi das Hilfesystem überwiegend im Ehrenamt rund um die Uhr am Laufen halten. Auch in Krisensituation wie in der Pandemie haben sie Sorge dafür getragen, dass Beratungsstellen und Frauenschutzhäuser für die Betroffenen

von häuslicher Gewalt offen standen. Mit viel Herzblut und mit viel Kreativität haben Sie Beratungen beim Coffee to go im Park unter freiem Himmel realisiert. Mit viel zusätzlicher Arbeit war es möglich, sämtliche Hygienevoraussetzungen so zu erfüllen, um während der Pandemie an fast keinem Tag die Frauenschutzhäuser schließen zu müssen, und wenn, dann nur für kurze Zeit.

Ich möchte Sie noch einmal herzlich daran erinnern: Sie alle haben unserem Antrag damals nicht zugestimmt, dass die Mitarbeiterinnen, die das realisiert haben, eine Corona-Sonderzahlung bekommen. Ich finde nach wie vor, das war eine Fehlentscheidung.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn diese Frauen sind im wahrsten Sinne des Wortes für einige Frauen in Sachsen-Anhalt der letzte Rettungsanker. Es sind eben nicht wenige Frauen und Kinder, die diesen letzten Rettungsanker nutzen bzw. nutzen müssen.

Aktuelle Zahlen: Im Jahr 2022 haben 493 schutzsuchende Frauen und 609 Kinder - es sind jährlich immer mehr Kinder, die ihre Mütter begleiten - in Frauenschutzhäusern Zuflucht gesucht. Die Zahl steigt seit Jahren stetig an. Die Verweildauern in den Frauenschutzhäusern - das hat auch etwas mit der Mietsituation und mit der finanziellen Situation zu tun - steigen ebenfalls an.

Sie, sehr geehrte Koalitionäre, haben in Ihrer Koalitionsvereinbarung festgeschrieben, dass die Vorgaben der Istanbul-Konvention auf der Basis eines ressortübergreifenden Aktionsplanes fortgeschrieben und umgesetzt werden sollen. Ich finde, dabei gibt es auch keinen Ermessensspielraum oder Vorbehalt in dieser Vereinbarung - ich kann davon nichts lesen -, auch kein

finanzieller; das ist gut so. Daher fordert meine Fraktion im Namen der vielen von häuslicher Gewalt Betroffenen eine tatsächliche Umsetzung Ihres Vorhabens aus der Koalitionsvereinbarung. Ich finde, zwei Jahre nach dem Zustandekommen dieser Koalition ist es höchste Zeit, dies zu erledigen.

Der Beginn der Haushaltsberatungen erscheint uns für unseren Antrag als ein sinnvoller Auftakt, um Ihr Vorhaben zeitnah mit Leben zu erfüllen. Selbstverständlich unterbreiten wir weitere Verbesserungsvorschläge; denn die Zeit schreibt das Leben schnell neu bzw. zeigt auch neue Bedarfe auf.