Protocol of the Session on September 7, 2023

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/3046

Einbringen wird diesen Gesetzentwurf der Minister Herr Richter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bringe heute, wie Sie gerade gehört haben, den Entwurf eines Fünften Gesetzes zu Änderung des Finanzausgleichsgesetzes ein. Damit werden die Finanzausgleichsmasse und ihre Teilmassen, die die Kommunen für die Jahre 2024 bis 2026 erhalten, fest- gelegt.

Nach unserer Landesverfassung hat das Land dafür Sorge zu tragen, dass die Kommunen über Finanzmittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Weiter schreibt die Landesverfassung vor, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Kommunen aufgrund eines Gesetzes angemessen auszugleichen ist.

Die Umsetzung dieses Verfassungsauftrages erfolgt durch das Finanzausgleichsgesetz. Nach Maßgabe dieses Gesetzes werden den Kommunen Finanzmittel in Ergänzung ihrer eigenen Einnahmen zur Verfügung gestellt. Die mit dem aktuellen Finanzausgleichsgesetz fest- gelegte Finanzausgleichsmasse in Höhe von 1,845 Milliarden € gilt bis zum Jahr 2023. Für die nachfolgenden Jahre ist eine Anpassung der Finanzausgleichsmasse erforderlich.

Dazu gibt es konkrete Festlegungen im Koalitionsvertrag. Sie lauten im Wesentlichen: Für das Finanzausgleichsgesetz ab dem Jahr 2024 streben die Koalitionspartner ein FestbetragsFAG an, das bis zum Jahre 2026 gilt. Bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen soll stärker auf eine effizientere Binnenverteilung geachtet werden. Dafür werden die Kriterien zur

Verteilung der Schlüsselzuweisungen, insbesondere die Berechtigung der Bedarfsmesszahl, auf der Grundlage eines unabhängigen Gutachtens geprüft. Ziel ist es, die aus dieser Prüfung gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen der Weiterentwicklung des Finanzausgleichsgesetzes ab dem Jahr 2024 umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Mit dem nun vor- liegenden Gesetzentwurf werden die verfassungsrechtlichen Vorgaben und die Festlegungen des Koalitionsvertrages umgesetzt.

Zum vertikalen Finanzausgleich. Die Finanzausgleichsmasse wurde für die Haushaltsjahre 2024 bis 2026 neu berechnet und nunmehr auf jeweils 2,95 Milliarden € festgelegt. Damit erhöht sich die Finanzausgleichsmasse um rund 250 Millionen €, genau 249,6 Millionen €. Das ist ein großer Betrag angesichts der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes. Das bedeutet ein Plus bei den Landkreisen von 126,6 Millionen €, bei den kreisfreien Städten von 87,8 Millionen € und bei den kreisangehörenden Gemeinden von 35,2 Millionen €. Dabei sind die Zuweisungen bereits im Jahr 2022 um 107 Millionen € und im Jahr 2023 um weitere 110,8 Millionen € erhöht worden.

Wenn man das alles zusammenrechnet, haben wir eine gegenüber dem Jahr 2021 um insgesamt 467,4 Millionen € erhöhte Finanzausgleichsmasse; das heißt, in dieser Legislaturperiode fast eine halbe Milliarde € mehr für die Kommunen nach dem Finanzausgleichsgesetz.

Mit der Einbringung des Haushaltsplanentwurfes für das Jahr 2024 sind auch noch weitere Zahlungen an die Kommunen außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes in Höhe von rund 2,3 Milliarden € vorgesehen. Zusammen mit den vorgesehenen Zuweisungen nach dem

Finanzausgleichsgesetz sind für das Jahr 2024 damit Leistungen an die Kommunen in Höhe von mehr als 4,3 Milliarden € etatisiert. Damit gehen mehr als 30 % des Haushaltsvolumens des Landes an die Kommunen.

Meine Damen und Herren! Bei der Berechnung der Finanzausgleichsmasse für die Jahre 2024 bis 2026 wurden die derzeitige Wirtschaftslage und die aktuellen Auswirkungen des Ukrainekrieges berücksichtigt. Dabei haben die besonderen Belastungen der Kommunen im Sozialbereich, das Thema Flüchtlinge und der hohe Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst eine Anpassung der bisherigen Systematik zur Folge gehabt.

Die Bedarfsberechnung wurde demnach im Wesentlichen um die folgenden Aspekte ergänzt:

Erstens Berücksichtigung des Tarifergebnisses für den öffentlichen Dienst der Kommunen. Wie Sie sicherlich wissen, steigen im Jahr 2024 - wir haben es heute Morgen auch schon besprochen - die Tabellenentgelte um durchschnittlich 11,5 %. Bei Personalausgaben von mehr als 2 Milliarden € belastet dieses außergewöhnlich hohe Tarifergebnis die kommunalen Haushalte enorm. Die Personalauszahlungen werden daher für das Jahr 2024 mit 11,5 % statt der durchschnittlichen Entwicklung von 3,6 % fortgeschrieben.

Zweitens Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II und SGB II-SoBEZ. Die kommunalen Belastungen in diesem Bereich steigen deutlich an. In den dem Finanzausgleichsgesetz zugrunde liegenden statistischen Daten sind diese Mehrbelastungen nicht bzw. nur zu einem geringen Teil enthalten. Diese sind insbesondere durch den Rechtskreiswechsel der Ukraineflüchtlinge zum

1. Juni 2022 und der Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023 entstanden. Die Mehrbelastungen, die noch nicht in der FAG-Berechnung berücksichtigt worden sind, werden der FAG-Masse hinzugerechnet. Dasselbe gilt für die Absenkung der SGB II-SoBEZ ab dem Jahr 2023, die noch nicht in der FAG-Berechnung berücksichtigt worden sind.

Drittens. Ferner findet eine freie Spitze von 2 % der geschätzten Steuereinnahmen der Gemeinden für das Jahr 2024 nach der Steuerschätzung von Mai 2023 Berücksichtigung. Die geschätzten Steuereinnahmen für das Jahr 2024 werden den Gemeinden bedarfsmindernd angerechnet. Da die Prognosedaten aktuell sehr volatil sind, wird ein Sicherheitszuschlag von 2 % vorgenommen.

Herr Richter, einen Augenblick, bitte. - Ich weiß, dass das hier sehr detailliert und sehr spezifisch ist. Aber es ist die Basis für das gesamte kommunale Leben, die wir hiermit legen und worauf hiermit auch Bezug genommen wird.

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Deswegen bitte ich um etwas mehr Ruhe und diejenigen, die das nicht wollen, sich dann doch vielleicht woanders hinzubegeben. - Bitte, Herr Richter.

Schönen Dank, Frau Präsidentin. - Wir haben ja schon die Auseinandersetzung dazu über die Presse erfahren. Ich kann es keinem ersparen. Die Details muss man sich einfach anhören,

wenn man sich damit auseinandersetzen will. Wenn man sich damit nicht auseinandersetzen will, dann muss man allerdings auch nicht mehr zuhören. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich hierbei so detailliert vorgehen muss.

Die geschätzten Steuereinnahmen für das Jahr 2024 werden den Gemeinden bedarfsmindernd angerechnet. Ich habe gesagt, dass wir hierbei einen Spitzausgleich von 2 % machen. Denn insbesondere die Gewerbesteuern streuen sehr unterschiedlich und das berücksichtigen wir hiermit.

Zu der Aufnahme der Mittel für Investitionen in Kreisstraßen. Sie erinnern sich, dass die Kreisstraßen noch im Jahr 2023 außerhalb des FAG mit 60 Millionen € berücksichtigt worden sind. Wir nehmen das jetzt in das FAG mit auf, nicht mit 60 Millionen €, sondern mit 30 Millionen €. Das ist sicherlich für den einen oder anderen zu wenig, aber hierbei ist damit die Sicherheit, dass auch in den Jahren 2025 und 2026 zumindest 30 Millionen € für die Kreisstraßen zur Verfügung stehen. Das heißt, wir haben hiermit eine Verstetigung, die gesetzlich abgesichert ist.

Meine Damen und Herren! All das zeigt, dass wir die Kommunen in dieser schwierigen Zeit nicht im Stich lassen. Ganz im Gegenteil, das Land stärkt damit seine Kommunen erheblich trotz seiner eigenen großen finanzpolitischen Herausforderungen.

Ich komme nun zum horizontalen Finanzausgleich. In Umsetzung der Festlegungen aus dem Koalitionsvertrag, die ich vorhin dar- gestellt habe, wurde im April 2022 ein Gutachten zur Überprüfung des horizontalen Finanzausgleiches an Prof. Dr. L. und sein Team in Auftrag gegeben. Der Ausschuss für Finanzen des Landtages hat der Leistungsbeschreibung in seiner Sitzung am 3. Februar 2022 zugestimmt.

Gemäß der Leistungsbeschreibung führte das Gutachterteam von April 2022 bis Februar 2023 eine sehr umfangreiche finanzwissenschaftliche Überprüfung des horizontalen kommunalen Finanzausgleichs in Sachsen-Anhalt durch.

Ich darf Ihnen sagen, dass wir ein sehr transparentes Verfahren durchgeführt haben. Die Gutachter haben in insgesamt sechs Präsentationsveranstaltungen einem Kreis, insbesondere den kommunalen Spitzenverbänden, ihre Vorgehensweise und die Ergebnisse vorgestellt. Zuletzt haben sie die Reformvorschläge am 30. März 2023 im Finanzausschuss und im Innenausschuss in einer öffentlichen Sitzung präsentiert. Das Ganze haben wir begleitet mit mehreren Veranstaltungen bei mir im Haus unter Einbeziehung des Landesrechnungshofes und der kommunalen Spitzenverbände.

Ich sage es in aller Deutlichkeit: Transparenter kann man es nicht machen. Ansonsten müsste man das Gutachterteam ausdehnen und müssten alle mit einbeziehen. Ich sage das hier so deutlich, weil hinterher überraschenderweise immer noch Ergebnisse infrage gestellt werden, die man vorher miteinander begleitet hat.

Mit den seitens der Gutachter vorgeschlagenen Änderungen erfolgt eine moderate Modifizierung der Verteilung der Schlüsselzuweisungen für die kreisangehörigen Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise. Modellrechnungen auf Basis der Masse und der Bemessungsgrundlage des FAG 2022 ergaben ein zusammengefasstes Umverteilungsvolumen über alle Gemeinden und Gemeindeverbände hinweg von rund 36,6 Millionen €. Das bedeutet, dass insgesamt weniger als 5 % der Schlüsselzuweisungsmasse umverteilt werden.

Für den künftigen Finanzausgleich in SachsenAnhalt ergibt sich eine sachgerechte und ziel- gerichtete Veredelung von Bedarfstatbestän-

den, wie bspw. die Veredelung von Einwohnern im System der Schlüsselzuweisungen.

Mit der Umsetzung der Gutachterempfehlungen wird das Ziel verfolgt, die Verteilung der Schlüsselzuweisungen auf die einzelnen Kommunen bedarfsgerechter vorzunehmen und finanzschwache Kommunen zu stärken. So wird für kreisangehörige Gemeinden eine Mindestfinanzausstattung eingeführt. Erreicht eine Gemeinde nicht 85 % der durchschnittlichen Finanzkraft aller Gemeinden, so werden 90 % der Lücke durch diese Mindestausstattung aufgefüllt.

Darüber hinaus setzen wir die Empfehlung der Gutachter zur Finanzausgleichsumlage um. Nach einer Neutralberechnung bis 110 % der Bedarfsmesszahl wird es eine Abschöpfungsquote in Höhe von 30 % geben. Der Abschöpfungssatz liegt damit im Ländervergleich in einem moderaten Bereich. Auch MecklenburgVorpommern hat eine Abschöpfungsquote in Höhe von 30 %. In Sachsen gibt es sogar noch eine gestaffelte Abschöpfungsquote von 30 % bis 40 % ohne Neutralbereich. Wir sichern durch den Neutralbereich ab, dass nicht knapp abundante Gemeinden gleich behandelt werden wie die steuerstärksten Einheiten.

Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen sagen, dass die Neuberechnung der Finanzausgleichsmasse zusammen mit der Umsetzung des Gutachtens zum horizontalen Finanzausgleich ein großer Schritt nach vorn ist. Ich kann mit ein wenig Stolz behaupten, dass es uns auch gelungen ist, mit dem FAG 2024 noch einmal deutlich herauszuarbeiten, dass wir versuchen, wirklich allen gerecht zu werden.

Wir haben zugunsten der Kommunen die besondere Belastung durch die derzeitige Wirtschaftslage berücksichtigt, ohne die finanz-

schwachen Kommunen dabei zu vergessen. Ich denke, dass sich diese Kraftanstrengung gelohnt hat.

Neben den Zuweisungen aus dem Finanzausgleichsgesetz sieht der Entwurf des Haushaltsgesetzes - ich habe es heute Morgen bei der Einbringung schon angesprochen - eine weitere Unterstützung für die Landkreise vor. Wir stellen einmalig 35 Millionen € aus Restmitteln aus dem Ausgleichsstock zur Verfügung, um Planungsunsicherheit bei den Kreisumlageeinzahlungen abzufedern.

Ich will jetzt noch einmal etwas deutlich machen: Es gab unterschiedliche Auffassungen, wie hoch die Kreisumlagen letztlich sein werden. Wenn in den Kreistagen die Hebesätze nicht gemindert werden, dann erhalten sie die Umlagen in der Höhe, die wir berechnet haben. Sie müssen aber tatsächlich gemindert werden, damit weniger hineinkommt. Ob das politisch durchsetzbar ist, ist sicherlich eine Sache der Kreistage. Das kann ich aber im Einzelnen beim FAG nicht berücksichtigen, das für das gesamte Land gilt. Wir haben aber, um auch hierbei zu helfen, 35 Millionen € vorgesehen, um es abzufedern, wenn möglicherweise insgesamt die Kreisumlagen in der Größenordnung doch nicht durchsetzbar sind.

Wir haben also insgesamt ein großes Paket zugunsten der Kommunen geschnürt, um sie in dieser Zeit zu unterstützen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Richter, vielen Dank. Sie merken, es ist ein sehr komplexes Thema. Es wird viel diskutiert.

Sie haben um dreieinhalb Minuten überzogen. - Wir hatten eine Dreiminutendebatte verabredet. Ich stelle eine Überziehung von drei Minuten fest. Falls also einer der Redner auf der Rednerliste seine Redezeit verdoppeln möchte, dann ist ihm das freigestellt. Allerdings glaube ich, dass es ein Thema ist, das es verdient, intensiv im Ausschuss erörtert zu werden.

Ich rufe als ersten Debattenredner für die AfDFraktion den Abg. Herrn Scharfenort auf.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Wenn wir hier über den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes sprechen, dann dürfen wir nicht vergessen, dass dies nicht nur ein technischer Akt ist. Es geht hierbei um das Wohl der Bürger Sachsen-Anhalts und um die Verantwortung, die wir als gewählte Volksvertreter tragen. Natürlich wird dieser Entwurf wahrscheinlich in die Ausschüsse überwiesen. Natürlich wird unsere Fraktion dem auch zustimmen.

Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, grundsätzliche Kritik zu äußern. Es ist offen- sichtlich: Auch dieser Entwurf bietet keine wirkliche Reform. Er folgt stur dem Gutachten, ohne innovativ oder mutig zu sein. Es wirkt, als wäre die Vorgabe gewesen, bloß keine tief greifenden Veränderungen vorzunehmen. Doch genau diese Reformen brauchen wir.

Wir leben in einem System, in dem ineffizientes und unwirtschaftliches Handeln nicht sanktioniert wird. Gutes Wirtschaften wird nicht adäquat belohnt. Dieses Gesetz könnte die Chance sein, genau das zu ändern. Doch es scheint, also wäre diese Chance vertan worden. Das ewige Problem der ausbleibenden Jahresabschlüsse wird auch weiterhin nicht gelöst. Warum wird

Schlendrian toleriert und nicht sanktioniert? Warum belohnen wir diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten, während diejenigen, die verantwortungsvoll handeln, in den Hintergrund treten?

Alle Haushalte in Sachsen-Anhalt stehen unter Druck; der Landeshaushalt ebenso wie die kommunalen Haushalte. Wir wissen genau, warum das so ist. Die Kosten der Migrationspolitik und die Folgen der sogenannten Energiewende belasten uns erheblich.

Wenn wir heute über dieses Gesetz debattieren, dann bitte ich Sie, nicht nur die technischen Details zu betrachten. Schauen Sie auf das große Ganze. Erkennen Sie, dass wir hier nicht nur über Zahlen sprechen, sondern über die Zukunft unseres schönen Bundeslandes. Ich appelliere an Sie: Nehmen Sie diese erste Beratung als Chance, wirklich etwas zu verändern. Lassen Sie uns nicht nur an den Symptomen herumdoktern, sondern die Ursachen angehen. - Vielen Dank.