Wichtig ist, dass es gelingt, ein deutschlandweit einheitliches Vorgehen zu organisieren. Es bringt nichts, wenn jemand in Magdeburg einen Hasskommentar zur Anzeige bringt, den jemand in Koblenz verfasst hat und der vielleicht jemanden in Kiel betrifft. Es muss möglich sein, dass alle Strafverfolgungsbehörden in ganz Deutschland die gleichen Maßstäbe anlegen und dafür sorgen, dass eine Strafverfolgung möglich ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir haben uns im Ausschuss sehr intensiv mit der Thematik befasst. Ich hoffe, dass wir in Zukunft seltener mit einem solchen Thema befasst sein müssen. Ich befürchte, dass meine Hoffnung wenig in Erfüllung geht. Trotzdem hoffe ich, dass der Antrag in der Fassung der Beschlussempfehlung, die heute zur Abstimmung steht, ein gutes Mittel, ein gutes Instrument ist, mit dem Thema umzugehen. Ich bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses. - Herzlichen Dank.
Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Quade. - Frau Quade, Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! - Herr Hövelmann, es fällt mir jetzt ein bisschen schwer, unmittelbar nach Ihnen zu reden, weil Ihre Rede sehr gut war; die Beschlussempfehlung ist es aber leider nicht.
Insofern wird Ihnen das, was ich sage, vermutlich ein bisschen ungerecht vorkommen. Ihnen persönlich gegenüber ist es das auch. Aber es geht hierbei nicht um die Person.
Der Gehalt der vorliegenden Beschlussempfehlung ist im Wesentlichen: Hasskriminalität ist schlimm, dagegen muss man etwas tun. Wer, wie, wann, was? - Das bleibt weitgehend unbestimmt. Das ist nicht falsch, aber es ist doch ein bisschen dünn und wird dem Phänomen nicht gerecht. Auch wird es den Defiziten, die wir in diesem Bundesland zu verzeichnen haben und die Herr Hövelmann sehr richtig benannt hat, nicht gerecht. Das ist ein Problem.
Im Übrigen wird es auch nicht dem Fachgespräch gerecht, das wir sehr konkret und sehr dezidiert zu dem Antrag, den einzelnen Maßnahmen, dem Für und Wider sowie zu den Erfahrungen geführt haben.
Das größte Manko aus der Sicht meiner Fraktion: Es gibt nicht einmal den Ansatz einer politischen und ressortübergreifenden Strategie gegen Hasskriminalität. Es gibt nicht den Hauch eines Defizitbewusstseins in der Beschlussempfehlung. Das wäre dringend nötig. Denn für Menschen, die von Hasskriminalität betroffen sind, also von Straftaten, die gegen sie verübt werden, weil sie einer bestimmten Gruppe, einer Religion oder einer ethnischen Gruppe zugeschrieben werden, wegen ihres Geschlechts oder ihrer Sexualität, aus rassistischen, antisemitischen, sozialdarwinistischen oder ableistischen Gründen, ist der Befund, nicht auf die Hilfe der Polizei und die Strafverfolgung vertrauen zu können, weder neu noch über- raschend. Vielmehr ist das Alltag.
Dringend nötig wären deshalb neben der Beantwortung der drängenden Frage, was eigentlich in dieser Gesellschaft ins Rutschen geraten ist, konkrete Maßnahmen zum besseren Schutz von Betroffenen und zur effektiven Verfolgung von Taten und Tätern, die Überarbeitung und die Schärfung des polizeilichen Meldesystems politisch motivierter Straftaten - analog und digital -, vereinfachte Anzeigemöglichkeiten inklusive digitaler Uploads. Dringend nötig wäre eine technische und personelle Ausstattung bei Polizei und Justiz, die das praktisch handhabbar macht. Dringend nötig wären das Prüfen, das Erkennen und das Benennen ideologischer Motivationen solcher Straftaten.
All das ist nicht neu. All das wurde von den Sachverständigen im Fachgespräch eindringlich deutlich gemacht. Diese haben sämtliche Punkte des Ursprungsantrags unterstützt. All das spielt in der Beschlussempfehlung, die Sie vorgelegt haben, kaum eine Rolle.
Bitten an die Landesregierung, Prüfaufträge, Warten auf bundesweite Initiativen, Hoffen - all das kann man tun. Es ändert aber den Status quo nicht und ist eben gerade nicht all das, was dieser Landtag und diese Landesregierung tun können, um Hasskriminalität effektiv zu verfolgen
und die Defizite, die Jan Böhmermann mit „Die Polizei ist nicht im Internet“ zugespitzt zusammengefasst hat, endlich zu beheben.
Die Beschlussempfehlung - das ist mein letzter Satz, Herr Präsident - sagt überhaupt nichts Falsches aus. Aber sie bleibt hinter den Notwendigkeiten zurück. Meine Fraktion wird sie deshalb ablehnen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, und von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)
Beschlussempfehlung ist nicht abschließend. Wir werden mit dem Beschluss der Koalitionsfraktionen hier im Hohen Hause heute nicht abschließend sagen: Das sind unsere Maßnahmen im Kampf gegen Hasskriminalität im Internet. Vielmehr handelt es sich um einen Zwischenstand und das, was wir an Aufgaben jetzt unmittelbar weitergeben wollen mit Blick darauf, was die Landesregierung auf den Weg bringen kann.
Ich sage das ausdrücklich auch, weil ich weiß, dass der Kollege Striegel gleich wieder eine Menge an Vorwürfen erheben will, und weil wir die Abwägung sehr genau getroffen haben. Was sind Maßnahmen, die man sinnvoll integrieren kann? Was sind Maßnahmen, die man vielleicht erst später umsetzten kann? Was sind Maßnahmen, die man vielleicht gar nicht umsetzen kann?
Wenn es nach Ihnen ginge, sehr geehrter Herr Striegel - das gilt in anderen Sachverhalten teilweise auch für die LINKEN -, dann könnte sozusagen die Ausbildung der Polizei noch so weit überfrachtet werden, dass für die eigentliche Grundausbildung überhaupt keine Zeit mehr ist.
Das heißt nicht, dass wir solche Themen nicht ernst nehmen sollen und keine Sensibilisierung vorgenommen werden kann. Aber wenn man bei jedem Punkt, auch bei Hasskriminalität, immer fordert, dass es ein Schwerpunkt der Ausbildung, der Fortbildung und der Weiterbildung wird, dann ist aus unserer Sicht die Gefahr groß, dass die grundhafte Ausbildung vielleicht irgendwann auf der Strecke bleibt.
Deshalb machen wir kleine Schritte. Deshalb versuchen wir, Dinge auf den Weg zu bringen, von denen wir glauben, dass sie zügig einen Effekt haben können. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, Hass und Hetze im Netz, aber auch außerhalb bekämpft man nur, wenn wir alle uns bemühen, im Umgang keinen Hass zu schüren,
und wenn wir dafür aufstehen und sagen, dass das, was vielleicht innerhalb der Gesellschaft strittig diskutiert wird, diskutiert werden darf, aber unter einer Zugrundelegung von Worten, die angemessen und nicht persönlich verletzend sind. Wenn sie persönlich verletzend sind, dann müssen wir sie strafrechtlich verfolgen. Dazu haben wir heute weitere Punkte für das Handeln der Landesregierung und unserer Strafverfolgungsbehörden - der Polizei und der Justiz - gegeben. Ich bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung.
Danke. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Einbringer des Antrages für eine effektive Verfolgung von Hasskriminalität wollte damit eine politische Schwerpunktsetzung erreichen. Wir haben dazu eine Anhörung durchgeführt und uns umfangreich beraten.
lität im Internet bei der Staatsanwaltschaft Halle errichtet. Ein jährlicher Bericht dieser Zentralstelle über ihre Tätigkeit ist vorgesehen. Darüber hinaus soll die Landesregierung die Zusammenarbeit mit den entsprechenden
Zentralstellen der Länder und dem BKA ver- stärken. Die Nennung weiterer Maßnahmen aus der Beschlussempfehlung spare ich mir als fast letzte Rednerin.
Insgesamt stelle ich fest, dass wir mit der Errichtung unserer Zentralstelle im Kampf gegen Hass und Hetze im Netz einen großen Schritt vorangekommen sind. Ich danke dem Justizministerium und allen Beteiligten für dieses Engagement. Wir alle sind nach TV-Berichten und dem Hören aktueller Podcasts inzwischen sensibilisiert, was die Dringlichkeit der Strafverfolgung dieser Hassdelikte betrifft.
Deshalb werden wir weiter hinsehen, welche Wirkung die jetzt getroffenen Maßnahmen haben, und nachschärfen, wenn diese nicht ausreichen. Wir werden uns nicht mit dem Überborden dieser Hetze abfinden, und wir werden Straftaten an jedem Ort verfolgen, an dem sie stattfinden. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zur Beschlussempfehlung.
Frau Tschernich-Weiske, Sie waren wie ich in der Anhörung. Das war eine sehr intensive und, wie ich finde, eine sehr eindrückliche von unterschiedlichen Seiten her. Was eine große Rolle gespielt hat, war die Perspektive der Betroffenen von Hasskriminalität und was es mit ihnen macht, wenn Dinge nicht zur Anzeige kommen, wenn die juristisch vertretbare Entscheidung, da besteht kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung, gefällt wird. Ein Punkt des Ursprungsantrags war es, per Erlass zu regeln, dass in Zukunft grundsätzlich von einem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung von Hasskriminalität ausgegangen wird. Fanden Sie das einen richtigen Punkt?
Das ist ein Punkt, den wir in Zukunft mehr ins Auge nehmen müssen. Ich glaube aber, dass das, was wir dort gemacht haben, die Anhörung und die Diskussion, bei den Behörden, die dafür zuständig sind, und gerade bei der neuen Zentralstelle dazu führen, dass ein neuer Fokus darauf gesetzt wird. Letztendlich müssen alle Behörden weiter lernen und sehen, was Hass ist und was ich an welcher Stelle verfolgen muss. Ich habe den Eindruck, das geschieht, und wenn es nicht passiert - wir haben eine jährliche Berichtspflicht -, dann werden wir auch an der Stelle nachschärfen.
Eine kurze Nachfrage: Verstehe ich Sie richtig, wenn Sie sagen, Sie prüfen jetzt ein Jahr, ob die Behörden davon ausgehen und die Staatsanwaltschaften das öffentliche Interesse automatisch sehen, und wenn nicht, dann gibt es den geforderten Erlass? Oder verstehe ich Sie da falsch?
Ich würde die Berichte abwarten. Dann kann man sehen, wohin sich das entwickelt. Es sind Vorgänge, die sich entwickeln. Die Staatsanwaltschaften sind sensibilisiert. Aber es steht uns im ersten Schritt nicht zu, die Tätigkeit eines Staatsanwalts so zu reglementieren, dass wir das in Zukunft nicht mehr ändern können. Lassen Sie uns gemeinsam abwarten, was passiert. Lassen Sie uns den ersten Bericht abwarten, und dann sehen wir weiter. Das ist eine Fortentwicklung, und wir werden so lange weitergehen, bis wir diese Hetze im Netz unter Kontrolle bringen können.
Danke. Damit sind am Ende dieses Debattenbeitrags. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Striegel. - Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Für Hasskriminalität ist kein Platz in unserer Gesellschaft.“