Ich kann den Punkt verstehen. Ich habe während meiner Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpflegerin auch lange in der Psychiatrie gearbeitet und tatsächlich auch mit vielen Menschen zu tun gehabt, die unter dem Einfluss ver-
schiedener Drogen psychisch und körperlich krank geworden sind. Ich teile, dass das problematisch ist. Deshalb betonen wir auch den Aspekt des Jugendschutzes und der Suchprävention so sehr.
Aber an dieser Stelle noch einmal: Es ist rational nicht nachzuvollziehen, warum wir das bei Alkohol hinnehmen - ich kenne auch körperliche Schäden von Alkohol; auch die sind dramatisch, auch die psychiatrischen Schäden -, warum wir uns jahrzehntelang gegen Werbeverbote und Ähnliches wehren
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Alkohol ist auch ein Problem! - Alexander Räuscher, CDU: Dann bringt einen Alkoholantrag ein!)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin, Sie wissen, dass es in meiner Partei sehr viele Menschen gibt, die sich auch für die Legalisierung oder die legalisierte Abgabe von Cannabis-
Meine Frage stelle ich deshalb, weil Sie einen möglicherweise für Sie wichtigen Satz mehrfach betont haben, der mir ein bisschen Sorge bereitet. Es geht um den Gleichlauf mit der Prävention bei Glücksspiel.
Diesbezüglich sind die GRÜNEN in Sachsen-Anhalt sehr, sehr weit gegangen. Sie wollen das Wahlalter auf 14 Jahre senken,
aber 18-jährigen Jugendlichen nicht erlauben, in eine Spielhalle zu gehen, weil sie dort erst ab 21 Jahre hineingehen sollen.
Nun haben wir z. B. auch Werbemöglichkeiten für Glücksspiel. Deshalb würde mich interessieren: Gibt es bei Ihnen durch die Hintertür dann doch das Verbot der Abgabe von Cannabis an 18-Jährige, also an Volljährige? Sagen Sie das auch Ihrer Jugendorganisation, dass Sie das so tun?
Das ist von Ihnen jetzt trickreich dreimal um die Ecke gedacht. So ist es tatsächlich nicht gemeint. Sie kennen unsere Haltung zu der Frage Glücksspiel, gerade was die Werbung betrifft. Genau so muss das selbstverständlich auch für Cannabis gelten. Werbung für Cannabis muss untersagt sein. Es darf sie nicht geben.
Ich sage das jetzt ganz deutlich: Es geht nicht plump um „Gebt das Hanf frei!“ und Legalisierung, sondern um einen reglementierten Markt,
mehr Jugendschutz und mehr Präventionsmöglichkeiten. Nein, bei uns wird es an dieser Stelle keine Hintertüren geben. Deswegen muss ich das auch nicht mit der Grünen Jugend aus- handeln.
Vielen Dank, Frau Sziborra-Seidlitz. - Es folgt für die Landesregierung in Vertretung für die Ministerin Grimm-Benne Herr Minister Prof. Dr. Willingmann.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiteres Mal trete ich vor Sie, derweil Kollegin Grimm-Benne in Berlin in Sachen Krankenhausreform gefordert ist. Deshalb verlese ich ihre Rede.
Die regierungstragenden Parteien auf der Bundesebene haben in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass eine, allgemein gesprochen, Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken
umgesetzt werden soll. Ziel ist aber zugleich, zu einem verbesserten Kinder- und Jugendschutz sowie einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen. Cannabisbezogene Aufklärung und Prävention sollen gestärkt werden. Auch soll der illegale Markt für Cannabis maßgeblich eingedämmt und damit etwa die Weitergabe verunreinigter Substanzen zum Schutze der Konsumentinnen und Konsumenten verhindert werden.
Lassen Sie mich für Kollegin Grimm-Benne voranstellen, dass derzeit lediglich ein Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Gesundheit existiert. Ein Gesetzentwurf selbst liegt noch nicht vor, sodass ich auch nicht auf einen solchen und eine damit verbundene Konkretisierung des Vorhabens eingehen kann.
Grundsätzlich steht eine Reihe von Punkten im Raum, die für die Länder noch klärungsbedürftig sind, bspw. die Umsetzung des Jugendschutzes, der Ausbau der Suchtprävention, die Wahrnehmung staatlicher Kontrolle und das Berichts- wesen.
Zu dem vorliegenden Antrag. In Abstimmung mit den Kommunen solle sich das Land dafür einsetzen, dass mindestens ein regionales Modellvorhaben zum lizensierten Verkauf von Cannabis in Sachsen-Anhalt umgesetzt werde, so der erste Punkt des Antrages. Ich möchte hervorheben, dass ein Beschluss quasi auf Vorrat schlichtweg nicht möglich ist, solange noch kein in Kraft getretenes Gesetz vorliegt. Soweit es um die Gewinnung von Modellregionen geht, müssten etwaige Abstimmungen sodann mit den Kommunen durch das jeweilige Fachressort erfolgen.
Zu dem zweiten Punkt des Antrages, wonach die Landesregierung mit der Landesstelle für Suchtfragen und den Suchtberatungsstellen im Land in den Dialog treten und Bedarfe sowie Möglich-
keiten der Prävention und des Jugendschutzes im Zuge der geplanten Legalisierung von Cannabis erörtern und ggf. entsprechende Mittel bereitstellen sollen. Selbstverständlich treten wir bei fachlichen Fragen immer in den Dialog mit der Landesstelle für Suchtfragen, unter anderem auch mit dem Facharbeitskreis Suchtprävention. Ebenso selbstverständlich werden wir dies verstärkt tun, sobald klar ist, welche Aufgaben den Ländern und welche den Kommunen zukommen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend zu Punkt 3 des Antrages. Ein Konzept zur ordnungsrechtlichen Regulierung der geplanten Cannabisklubs in Sachsen-Anhalt vorzubereiten, mag ein sachgerechtes Ziel sein. Sachgerecht angehen können wir dies aber nur dann, wenn hierfür ebenso eine gesetzliche Basis vorliegt.
Daher: Selbstverständlich wird das Sozialministerium die bundesrechtlichen Umsetzungen der schrittweisen Legalisierung von Cannabis ausgewogen und, wie bereits dargestellt, vor allen Dingen unter den Aspekten Suchtprävention und Jugendschutz konstruktiv begleiten. Derzeit ist es jedoch zu früh hierfür. Sobald ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vorliegt, erstattet die Sozialministerin Ihnen selbstverständlich gern und auch kurzfristig zu Umsetzungsfragen in Sachsen-Anhalt im hierfür zuständigen Ausschuss Bericht. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Prof. Willingmann. - Es folgt die Debatte. Der erste Debattenredner ist Herr Krull.
Bundesregierung ist sich in vielen Punkten nicht einig. Zumindest lassen die immer wieder öffentlich geführten Debatten darauf schließen.
In einem Punkt gibt es aber ganz offensichtlich Einigkeit - die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken nach dem Motto: Der Markt des illegalen Konsums dieser Droge ist nicht mehr durch staatliche Behörden zu kontrollieren, dann lasst es uns einfach freigeben.
Davon getrennt muss man übrigens die Verwendung von Cannabisprodukten zu medizinischen Zwecken betrachten, z. B. zur Behandlung von Krebspatienten. Diese medizinische Verwendung von Cannabis wird von uns unterstützt.
Ich will gern begründen, warum wir gegen die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken sind. An erster Stelle sehen wir die Gefahr der Verharmlosung des Konsums dieser vermeintlich weichen Droge. Ein Teil der Menschen, die bisher vom Konsum abgesehen haben, könnten ermuntert werden, es einfach einmal zu probieren, getreu dem Motto: Wenn es nicht verboten ist, dann ist es wohl relativ ungefährlich.
Ich kann, ehrlich gesagt, auch keine Konsequenz im Handeln der Bundesregierung erkennen, wenn es um nichtstoffliche und stoffliche Süchte geht. Bezüglich Tabak und Alkohol sollen die Maßstäbe für Werbung deutlich verschärft werden. Ähnliches gilt für zuckerhaltige Lebensmittel.
Gleichzeitig hat man kein Problem mit der Legalisierung einer Droge. Das scheint nicht besonders konsequent zu sein.