Protocol of the Session on March 23, 2023

Was sagt die Bundesarchitektenkammer? Es ist ja auch wichtig, einmal nachzugucken, wenn man gezwungen wird, etwas zu machen, ob es überhaupt realisierbar ist. Die Bundesarchitektenkammer zeigt sich besorgt, dass die verlangten Standards oft nicht erreichbar seien. Eine Abrisswelle sei aus der Sicht des Klima- und Ressourcenschutzes absolut kontraproduktiv.

Natürlich, wenn das Gesetzeslage wird, dann gibt es sogenannte Push- und Pull-Faktoren. Das weiß Herr Aldag gar nicht, wenn man Gesetze erlässt, dass das dann passieren wird. Dann gibt es nämlich keine Freigabe mehr für die Brennstätte. Dann wird es stillgelegt. Natürlich ist es so, wenn Sie die Standards nicht erfüllen - darüber wurde im Europäischen Parlament gesprochen; Sie müssen sich einmal bei Ihren

Kollegen informieren; so wurde es gesagt -, dann soll es erschwert werden, die Wohnungen weiter vermieten und veräußern zu können. Was ist denn das? - Das ist eine kalte Enteignung oder, wie ich es nennen würde, die Einführung von Ökosozialismus.

(Beifall bei der AfD - Daniel Wald, AfD: Öko- diktatur!)

Herr Silbersack war es, glaube ich, der gesagt hat, Herr Aldag hat in seiner Rede nicht einmal das Wort „Mensch“ gesagt.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Stimmt gar nicht!)

Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter sagt Folgendes: „Wenn man nur ans Klima denkt und nicht an die Menschen, dann fällt einem so etwas ein. Das bedeutet für viele eine Enteignung, die sich das nicht mehr leisten können.“ Genauso ist es. Wer die GRÜNEN wählt, der wählt die Armut und den Untergang. Dagegen stehen wir auf. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Ja- wohl!)

Keine Fragen. - Für die Landesregierung wird der Kollege Willingmann das Wort ergreifen.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Ganz oft „Mensch“ sagen! Mensch, Mensch, Mensch!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir knüpfen nahtlos an die Debatte

zum Tagesordnungspunkt zuvor an. Deshalb will ich versuchen, es etwas abzukürzen.

Wir haben vorhin über die Heizungskeller und die Zeitenwende im Heizungskeller geredet. Ich will nur in Erinnerung rufen, bei der, wie ich finde, sehr berechtigten Kritik, die wir vorhin, jedenfalls in weiten Teilen dieses Hauses, am Projekt des Bundeswirtschaftsministeriums geäußert haben: Dass wir mehr Klimaschutzmaßnahmen brauchen, ist unter den Parteien dieses Hauses fast durchgängig Konsens. Wir streiten über die Frage der Umsetzung, wir streiten über die Frage der Maßnahmen und ihrer Zeitfolge, aber dass wir grundsätzlich mehr Klimaschutz brauchen, daran kann es auch nach den Feststellungen des Weltklimarates eigentlich keinen Zweifel geben.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Frank Otto Lizureck, AfD: Doch!)

- Ja, für Menschen, die den menschengemachten Klimawandel nicht wahrhaben wollen, mag das anders sein, aber das ist weiß Gott nicht Common Sense.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Aber wir dürfen dabei - das möchte ich wiederholen - die Menschen nicht überfordern. Das droht auch leider jetzt wieder.

Dieser Beschluss aus dem EU-Parlament, der allerdings noch mit den Ländern ausverhandelt werden muss, wirft schon einige Fragen auf. Die EU geht davon aus, 15 % der Gebäude jedes EUMitgliedstaates befinden sich in dieser schlechtesten Gebäudeklasse G und müssten upgegradet werden, müssten also verbessert werden, in Deutschland etwa sieben Millionen Eigenheime, möglicherweise auch dieselbe Anzahl von Wohnungen. Das ist ein gewaltiger Umfang.

Wir reden von sehr umfangreichen Maßnahmen, die erforderlich sind. Nicht mehr nur über die Heizung, nein, jetzt reden wir über durchgreifende Sanierungsmaßnahmen: Fenster- und Haustürtausch, Dämmung der Außenwände, des Daches, der Kellerdecke usw. Das sind erhebliche Investitionen und die lassen sich nicht so einfach stemmen. In der Rede vorhin wurde durchaus richtig darauf hingewiesen, welche Probleme dabei auftauchen. Das will ich gar nicht leugnen. Dafür gibt es auch gar keinen Grund.

Was wir brauchen, das ist ein vernünftiger Sanierungsfahrplan für die jeweiligen Eigen- tümerinnen und Mieterinnen. Das muss alles sozialverträglich gestaltet werden. Wir

brauchen eine vernünftige Lastenverteilung.

Dann - jetzt komme ich wieder zu etwas, was ich vorhin auch gesagt habe - müssen wir einfach wieder auf ein paar handwerkliche Dinge achten. Wenn so eine Regelung kommt, dann greift die in Eigentumsrechte ein.

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Das kann man politisch schlankweg sagen, verfassungsrechtlich ist das eine außerordentlich schwerwiegende Maßnahme. Sie muss eine Rechtfertigung erfahren.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Dr. Falko Grube, SPD)

Deshalb an alle, die sich so etwas vorstellen: So geht es natürlich nicht. Das Eigentumsrecht darf an dieser Stelle nicht ausgehöhlt werden.

Für junge Menschen - deshalb finde ich es sehr hilfreich, dass der Abg. Grube vorhin darauf hingewiesen hat - entsteht eine übermäßig hohe finanzielle Belastung, die die Möglichkeit des Erwerbs von Wohneigentum außerordentlich

erschwert. Das kann man nicht wegdiskutieren und das ist auch nicht wünschenswert. Des- wegen werden wir auch an dieser Stelle darauf achten müssen, dass die jungen Menschen nicht ausgegrenzt werden, von den Älteren, die Schwierigkeiten mit der Finanzierung haben, ganz zu schweigen.

Es wird - das ist ohne Frage so, wenn Sie so eine gesetzliche Anordnung haben - zu einer Explosion der Sanierungskosten kommen. Es ist völlig absehbar, wenn man so etwas normativ festlegt, dass der Markt darauf reagiert. Er tut es an anderer Stelle auch.

Deshalb: Natürlich sind die Vorstellungen des EU-Parlaments unter Klimaschutzaspekten gut nachvollziehbar, aber die Umsetzung erscheint an dieser Stelle genauso unausgereift wie das, was wir vorhin über die Vorschläge aus dem Bundeswirtschaftsministerium gehört haben.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Deshalb: Ich empfehle, dass wir uns zwischen EU, Bund und natürlich den Ländern enger abstimmen. Es müssen Nachbesserungen getroffen werden, insbesondere im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung von Betroffenen. Wir brauchen klare Empfehlungen, wie man denn tatsächlich einen solchen Gebäudebestand und Gebäudestandard erreicht. Wir brauchen Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen.

Last, not least, liebe FDP - ich sage es noch einmal in eure Richtung - wird man wieder Förderung brauchen. Dann wird der Bundesfinanz- minister sagen müssen, wie er es sich vorstellt.

(Tobias Rausch, AfD: Macht doch die Steuer- gesetze einfach anders!)

Es ist völlig richtig, was hier gerade vom Abgeordneten aus der AfD gesagt wurde, man

könnte es auch über ein vernünftiges Abschreibungsprogramm machen. Das setzt allerdings voraus, dass man tatsächlich Steuerpolitik und an dieser Stelle Klima- und Energiepolitik in Einklang miteinander bringt. Das sind Abstimmungsprozesse, die wichtig sind.

Deshalb schlage ich ganz zum Schluss vor, wir müssen diese neuen EU-Anforderungen - wie gesagt, die noch mit den Mitgliedstaaten auszuhandeln sind - und die geplante Novelle des Gebäudeenergiegesetzes in Einklang miteinander bringen. Wir brauchen keine kontraproduktive getrennte Diskussion über diese Dinge. Wir müssen verhindern, dass die Verunsicherung unserer Bevölkerung weiterhin zunimmt. Das ist durch diese beiden normativen Vorschläge bereits geschehen.

Den Widerspruch zwischen den Klimaschutzzielen und den Umsetzungsmöglichkeiten im Gebäudebereich müssen wir gemeinsam lösen. Dafür sollten wir uns auch gemeinsam einsetzen. - Vielen Dank.

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion wird Kollege Gürth an das Mikro eilen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Anmerkung vorneweg: Nach diesem lauten Geschrei zu Beginn dieses Tagesordnungspunktes ist es für einen alten Menschen wie mich sehr angenehm, die sonore Stimme des Kollegen Willingmann zu hören. Vielen Dank, rein phonetisch, akustisch, dafür. Inhaltlich würde ich alles unterschreiben, was Sie hier vorgetragen haben.

Kommen wir zum Thema. Die heute in Rede stehende EU-Gebäuderichtlinie müssen wir im Kontext betrachten und in ihren Auswirkungen vor allen Dingen auf Deutschland genau bewerten. Der Hintergrund dieser Gebäuderichtlinie ist der Wille, dass Europa als eine der wirtschaftsstärksten Regionen der Welt - wir sind auch weltweit drittgrößter Emittent von Treibhausgasen nach China und den USA - eine besondere Verpflichtung für nachfolgende Generationen hat. Wer wollte das bestreiten?

Um dieser Verpflichtung nachzukommen, will man durch abgestimmte europaweite Maßnahmen des Klimaschutzes diesem Ziel gerecht werden. Die angesprochene EU-Richtlinie ist ein wesentlicher Bestandteil des sogenannten Green Deals und der Programme wie „Fit for 55“ und verschiedene andere mehr, die jetzt in Richtlinien und Vorschlägen der Kommission die nationalen Mitglieder, also uns EU-Mitgliedstaaten, erreichen.

Energiebedarf und Emissionen im Gebäudesektor sollen nachhaltig, ja, drastisch verringert werden, um CO2-neutral zu werden. Ich sage einmal: So weit, so löblich, was die Ziele sind. Aus der Sicht der CDU-Fraktion liegt das Problem genau in dem, was Prof. Willingmann ansprach: die konkreten Dinge, die darin stehen, die Zeiträume und die völlige Ausblendung der Realität. Das ist das Problem.

Was gehört dazu? Es ist nicht alles Blödsinn, was darin steht. Ich sage einmal, ein Ziel dieser Richtlinie ist die verbindliche Einführung einheitlicher Standards sowie Methoden zur Berechnung der Energieeffizienz von Gebäuden. Wenn Sie die Praxis in der EU von Griechenland über Lissabon bis Dänemark anschauen, sehen Sie, es ist überfällig, dass wir Gleiches nicht unterschiedlich einstufen. Das ist erst einmal ein gutes Prinzip. Die Energieeffizienzklassen sollen also harmoniert werden. Das heißt, wir

sprechen dann auch in Madrid von demselben, wenn wir hier bei uns die Richtlinie umsetzen. So weit, so gut.

Die Zertifizierung von Bestandsgebäuden und Neubauten ist ein Teil, bei dem man sich fragt: Hat man sich die Lebenswirklichkeit angeschaut? Was bedeutet das? Wir haben den Energiepass schon vor Jahren eingeführt. Wenn Sie in den Wohnungsmarkt, in den Immobiliensektor schauen, sehen Sie, welchen Engpass es schon jetzt gibt, diese Pässe von zertifizierten und berechtigten, fachkundigen Personen zeitnah erstellen zu lassen. Ich wage mir gar nicht auszumalen, was geschieht, wenn das, was in der EU-Richtlinie steht, nun für alle verbindlich in dieser kurzen Frist umgesetzt werden soll. Es wird schon daran mangeln, dass es gar nicht genug Leute gibt, die in so kurzer Zeit sämtliche Bestandsgebäude einschätzen und zertifizieren können.

Neu in dieser Richtlinie und ziemlich hart formuliert ist, dass für alle EU-Mitgliedsstaaten zu den Zielen, die man sich bis 2050 gemeinsam gesetzt hat, verbindliche Schritte vorgegeben werden sollen. In der Umsetzung der Maßnahmen gibt es Spielräume, die es vorher nicht gab. Aber in Bezug auf diese Spielräume haben wir sehr große Sorgen. Wir haben aus unseren Erfahrungen immer erlebt, dass viele EU-Richtlinien, die in Kraft gesetzt wurden, bei der Umsetzung in nationales Recht durch die jeweilige deutsche Bundesregierung mit einem bürokratischen Aufwuchs so weit verschlimmbessert wurden, dass es erhebliche Kritiken und Friktionen gab. Das darf hierbei auf keinen Fall passieren.

Sanierungspflichten für Bestandsgebäude bis 2030 stehen unter anderem darin. Ich sage einmal, wir als CDU-Fraktion würden statt solcher Pflichten, die ich in diesen Zeiträumen für völlig unrealistisch halte, lieber Anreize sehen. Den Markt mit Anreizen zu ergänzen, setzt viel mehr

Energie im positiven Sinne und Investitionen frei, als ständig zu verbieten und zu verpflichten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns den Text der Richtlinie anschauen - ich habe sie tatsächlich gelesen -, hört sich vieles nett an, aber wenn man an die Umsetzung in der Lebenswirklichkeit geht, bekommt man Angst. Deshalb steht schon heute fest: Die Brüsseler Überlegungen, die in dem Text stehen, dürfen auf keinen Fall zu kalten Enteignungen führen. Das würden sie aber, wenn sie so blieben und so umgesetzt würden. Die Folge wären Mietpreisexplosionen, Zwangsumzüge und soziale Härten, die man nicht verantworten könnte.