Protocol of the Session on March 22, 2023

Ich habe mit dem Chefarzt Herrn H. gesprochen, der gleichzeitig der Chefarzt im Städtischen Klinikum ist und der für den Verband gesprochen hat. Natürlich ist im Augenblick die Zahl der Kinder- und Jugendmediziner rückläufig und es muss mehr ausgebildet werden. Er hat deutlich gemacht: Die RS-Viren führten im November, Dezember dazu, dass in das Städtische Klinikum und auch in das Universitätsklinikum erkrankte Kinder auch aus der Umgebung kamen - Sie haben es selbst angesprochen -, von Wolfsburg bis Braunschweig, weil hier noch Betten zur Verfügung standen. Er hat angemahnt, dass wir noch weitere Bereiche für genau solche Fälle aufrechterhalten müssen.

Wenn der ganze ländliche Raum keine Häuser mehr hat, wo er bei solchen Erkrankungen selbst stationäre Betten anbieten kann, dann kommt es im Städtischen Klinikum zu Überbelegungen. Die Kinder haben in den Gängen gelegen, weil wir im ländlichen Raum nichts anbieten können. Wir gucken hier im Land sehr wohl danach, dass wir Stendal und Salzwedel entsprechend ertüchtigen, auch mit Telemedizin.

Ich habe vorhin die Telemedizin angesprochen. Wir reden in jeder Versorgungskonferenz über telemedizinische Netzwerke. Das Universitätsklinikum Halle hat ein wunder- bares telemedizinisches Netzwerk auch über Magdeburg gelegt und hat damit auch Verlegungen von Intensivpatientinnen und -patienten im Jugendalter verhindert. Ich habe extra gesagt: Das waren 15 Fälle. Dann kann man nicht sagen, dass das, was wir hier tun, nicht zielführend ist.

Sie fragen mich immer: Ist die Versorgung gesichert? - Ja, ich kann sagen: Man kann nicht seinen Wunschort erreichen, aber die Versorgung ist in diesem Land gesichert,

(Zuruf von der AfD: Auf dem Papier!)

sowohl für die Kinder als auch für die Eltern, und verträglich. Es ist mir lieber, es wird qualitätsgerecht gepflegt und versorgt, als wenn es das nicht der Fall ist. Ich finde, das ist das Höchste, das wir tun müssen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich kann die Aussage von Chefarzt H. insoweit nachvollziehen, als er sich große Sorgen macht.

Wir hatten schon sehr viele Auseinandersetzungen darum. Im Bereich Haldensleben wurden auch Geburtsstation und Kinderstation geschlossen. Das passierte in dem ganzen Bereich um Gardelegen. Die Gardeleger fahren nicht nach Salzwedel. Alles, was darum herum ist, kommt natürlich nach Magdeburg. Deswegen müssen wir mit der Telemedizin die einfachen Fälle lösen und dort eine stationäre Möglichkeit haben, die Kinder auch aufzunehmen. Das wollen wir schaffen.

Ich höre nicht, dass Sie zumindest anerkennen, dass dieses Versorgungsmodell, in das wir 10 Millionen € zusätzlich über das CoronaSondervermögen hineingegeben haben, einer der Bausteine zur Lösung ist, um den ländlichen Raum zukünftig zu versorgen.

Danke. - Das war, glaube ich, eine sehr ausführliche Antwort.

Ja. Ich glaube, das war an dieser Stelle auch einmal nötig.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das liegt immer im Auge des Betrachters. Danke, Frau Ministerin. Es gibt keine weiteren Fragen. - Ich stelle eine Überziehung der Redezeit um zwei Minuten fest. Zur Freude der nun kommenden Redner haben wir keine Drei-, sondern eine Fünfminutendebatte. - Es spricht als Erster Herr Teßmann. Niemand ist verpflichtet, die Redezeit voll auszuschöpfen, aber das Redezeitvolumen ist da. - Herr Teßmann, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Lage an den Kliniken, insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin, ist stark angespannt. Dem Personal gilt mein besonderer Dank für seine Arbeit. Die wichtige ambulante Arbeit der Kinder- und Jugendmediziner vor Ort in den Kommunen findet keinerlei Berücksichtigung oder gar Anerkennung in dem Antrag der LINKEN.

(Beifall bei der CDU)

Das gilt nicht nur in Bezug auf die Kliniken, sondern auch auf die Praxen. Eine Behandlung in den Kliniken sollte der letzte, unausweichliche Schritt in der Behandlung sein. Deswegen

sollten gerade die Kinderarztpraxen unter- stützt und gestärkt werden. Eine Gesamtbetrachtung von ambulanten und stationären Angeboten ist notwendig. Spricht man mit Ärzten in den Kliniken, ist das DRG-System das große Problem bei der auskömmlichen Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin.

(Zustimmung bei der CDU)

Daher sollte in Berlin über Korrekturen an diesem System nachgedacht werden.

Eine Aufhebung der Budgetierung bei niedergelassenen Kinderärzten seit 1. Januar 2023 war richtig und wichtig. Ziel muss es sein, auch bei Kliniken auf dem Land die Fallzahlen so zu gestalten, dass die Aufrechterhaltung der Station rentabel ist. Dazu muss man darüber nachdenken, welche Wege man gehen will, um die ländlichen Räume zu stärken.

Gerade aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schnell die Bewohner des ländlichen Raums in die Zentren fahren sollen, um medizinische Angebote wahrzunehmen. Dies wird dann oft als selbstverständlich angesehen. Sind denn die Patienten der Großstädte auch bereit, für geplante OPs nach Schönebeck oder nach Gardelegen - auch das wurde genannt - zu fahren, sofern die Angebote dort vorhanden sind?

Ihr Antrag verschweigt jegliche demografische Entwicklung in unserem Bundesland. Allein diese Entwicklung ist Grund dafür, dass viel weniger Fachkräfte nachkommen.

Weiterhin sehen Berufsanfänger die Vereinbarkeit von Beruf und Familie anders als die vorherigen Generationen. Diese Entwicklung muss ebenso beachtet werden. Kurzum: Ihr Antrag ist zu kurz gedacht und thematisiert

lediglich die Situation an den Kliniken. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen. - Dann kommen wir zu der Fraktion der AfD. Noch einmal für Sie, Herr Siegmund, und alle nachfolgenden Rednerinnen und Redner: Ich habe eine Überschreitung der Redezeit von zwei Minuten festgestellt. Das akzeptiert der Redezeitcomputer nicht. Aber da ich der Präsident bin und nicht der Redezeitcomputer, werden bei Ihnen nur vier Minuten angezeigt, ich lasse Ihnen aber fünf Minuten.

Das ist lieb von Ihnen, Herr Präsident.

Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Familien sind gesundheitspolitisch in diesem Land aktuell schon ziemlich im Stich gelassen - nicht nur Familien, sondern auch viele andere Bereiche, über die wir heute noch gar nicht gesprochen haben - ich gucke auch einmal in den Bereich der Frauenheilkunde. Wenn man mal ehrlich ist, trifft das auf die ganze Bandbreite der medizinischen Versorgung in diesem Land zu.

Als ersten Kritikpunkt möchte ich anführen: Das, worüber ich jetzt spreche und worüber wir hier heute sprechen, ist wie ein Film in Dauerschleife, der sich seit dem Jahr 2016 in diesem Hause abspielt. Die Probleme liegen auf der Hand, sie liegen seit Jahren auf der Hand. Es werden immer die gleichen Themen angesprochen. Und immer die gleichen Grundlösungen, die das Problem in der Grundsätzlichkeit langfristig lösen würden, werden ignoriert, werden nicht angepackt, werden vom Tisch gewischt, einfach weil sie eine ganze Stange Geld kosten und weil sie einer grundsätzlichen Herangehensweise bedürfen.

Man macht aber was? - Man dreht an einer Stellschraube nach der anderen, stellt sich hier hin und sagt: Die Versorgungssituation ist gewährleistet; wir haben eine auskömmliche Versorgung. Aber, liebe Kollegen, das ist vielleicht auf dem Papier der Fall. Das ist das, was wir kritisieren. Die Versorgungssituation in der Praxis spricht eine andere Sprache. Fragen Sie die Betroffenen über alle Fachbereiche hin- weg, in den Kliniken, vor allem aber auch - das taucht in dem Antrag nicht auf - im fachärztlichen Bereich. Sehen Sie sich einmal an einem Montagvormittag die Schlangen bei den Fachärzten an, bei den Hausärzten, bei den Notaufnahmen ganztägig. Es ist eine absolute Katastrophe in diesem Land.

Die großen Problematiken - das prophezeie ich hier jedes Mal - stehen uns noch bevor. Das ist eine mathematische Gewissheit. Wir haben viel zu wenig medizinischen Nachwuchs bei den Fachärzten, bei den Allgemeinmedizinern in den Kliniken und auch bei dem medizinischen Fachpersonal. Ohne ein gutes Team kann kein Arzt in diesem Land arbeiten. Das gilt für die Kliniken, das gilt aber auch für den fachärztlichen Bereich und den Bereich der niedergelassenen Ärzte.

Die Grundprobleme habe ich gerade schon angerissen. Darauf komme ich jetzt noch einmal. Wir beantragen das hier auch in Dauerschleife seit dem Jahr 2016. Auch die LINKE, die sich heute wieder hinstellt und ihre Show abzieht, sie sei der Retter des Gesundheitssystems, hat das mit verhindert, hat das blockiert. Wenn wir gemeinsam etwas für die Menschen in diesem Land machen würden, dann hätten wir heute mehr Ärzte, ganz einfach weil wir im Jahr 2016 schon mehr Studienplätze geschaffen hätten. Sie haben es mit blockiert, sehr geehrte Damen und Herren. Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der AfD)

Das ist der eine Punkt, den ich anspreche: Klar, das kostet Geld; ein Studienplatz kostet eine Viertelmillion Euro. Man ist nicht bereit, das auszugeben, weil dieses Geld an anderer Stelle zum Fenster hinausgeworfen wird. Auf der Bundesebene wissen wir alle: Hier 10 Milliarden € für Indien, da Klimaschutz, dort Geld für die ganze Welt. Auch wenn das auf der Bundesebene passiert, es ist Geld, das uns hier fehlt. Jeder Steuereuro kann nur einmal ausgegeben werden. Das merken wir hier ganz schmerzlich, indem wir uns über so etwas wie heute Gedanken machen müssen, liebe Kollegen.

Dann der zweite Punkt. Das Thema der Fallpauschalen wurde schon angerissen. Es ist doch ganz logisch. Betrachten wir einmal, welche Versorgungslandschaft wir haben. Sie können sich an vielen x-beliebigen Standorten in unserem Bundesland einer Endoprothetikoperation unterziehen. Hier ein künstliches Knie, dort eine künstliche Hüfte oder eine Kataraktoperation bei Grauem Star. Warum? - Weil das Operationen sind, die schnell gemacht sind, die planbar sind und die viel, viel Geld für die Kliniken bringen.

Haben wir hier irgendwann schon einmal über eine Klinik aus dem orthopädischen Bereich gesprochen, die in eine finanzielle Schieflage gekommen ist oder die Probleme mit der Fachversorgung hat? - Nein, das haben wir nicht. Denn das ist attraktiv für die Kliniken. Und worüber sprechen wir immer?

(Zuruf: Richtig!)

Jugendmedizin, Frauenheilkunde, Geburts

medizin - alles Bereiche, die komplikationsreich sind, die wenig Geld bringen, die einfach nicht interessant sind für die Kliniken, wo die Ärzte rausgezogen werden und in andere Bereiche gehen. Das ist die große Schieflage. Deswegen muss es heißen: Ran an die Fallpauschalen! Gleiches Recht für alle, und zwar individuelle Vergütung! Weg von dem Abkassieren in einzelnen medizinischen Fachbereichen!

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Ja- wohl! - Bravo!)

Abschließend ein letzter Satz - jetzt muss ich politisch werden -: Wer regiert dieses Land seit Jahren und Jahrzehnten? - Immer die, die sich hinstellen und sagen: Das ist doch alles nicht so schlimm; das kriegen wir schon irgendwie hin.

Ein Satz der Frau Ministerin hat mich jetzt doch ein bisschen geschockt. Man muss sich einmal überlegen, was hier passiert: Hier gerät eine Klinik nach der anderen in die Gefahr der Schließung, aktuell gerade Zeitz oder auch die ITS in Magdeburg.

Sie stellen sich hin als Ministerin und sagen: Das ist in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. - Das darf nicht in den Fokus der Öffentlichkeit geraten, weil es nämlich unsere politische Verantwortung ist, so etwas zu bekämpfen, bevor

es in eine Schieflage gerät. Das ist eigentlich das, wofür wir hier gemeinsam kämpfen müssten. - Danke schön, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD - Tobias Rausch, AfD: Eine atemberaubende Rede!)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abg. Herr Pott.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst: Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass es auch in der Kindermedizin durchaus Probleme gibt, was die Versorgung angeht, zumindest größtenteils. Das Problem ist dort angekommen. Wir haben nicht das Problem, dass wir nicht wissen, dass es dort Probleme gibt, sondern dass die Lösungen eben nicht ganz so klar auf der Hand liegen.

Man kann das vor allem auf zwei sehr zentrale Punkte im Bereich der kindermedizinischen Versorgung herunterbrechen. Das sind zum einen der demografische Wandel und zum anderen die aktuelle Vergütungsstruktur. Den demografischen Wandel können wir nicht innerhalb von ein paar Monaten oder Jahren komplett umdrehen. So ehrlich muss man an der Stelle sein. Es gibt aber Möglichkeiten, dem entgegenzusteuern, bspw. über qualifizierte ausländische Fachkräfte. Deswegen haben wir in unserem Alternativantrag ganz klar geschrieben, wir wollen, dass die Abschlüsse aus dem Ausland schneller anerkannt werden,

(Zustimmung von Matthias Redlich, CDU)