Protocol of the Session on March 22, 2023

(Ulrich Siegmund, AfD: Was, die Raucherin- nenquote?)

Das ist schon kein überambitioniertes Ziel. Aber, wie im Konzept zu lesen ist, selbst das haben wir als Land noch nicht erreicht. Auch wenn bis zum heutigen Tag wenig getan wurde, um das Konzept umzusetzen - das Wissen um die Gefahren des Rauchens und des passiven Rauchens gehört zum Glück seit einiger Zeit zur Allgemeinbildung. Aber der Mensch neigt dazu - auch ich selbst in diesem Fall -, wider besseres Wissen zu handeln. Bei Eigengefährdung gehört das in den Bereich der allgemeinen Handlungsfreiheit und obliegt der Eigenverantwortung mündiger Bürgerinnen.

Aber im Falle von Fremdgefährdung obliegt es eben der Politik, den Schutz dort, wo es geht, zu gewährleisten.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE, von Wolfgang Aldag, GRÜNE, und von Hendrik Lange, DIE LINKE)

In diesem Bereich ist das im Nichtraucherschutzgesetz normiert. Aber dieses Gesetz hat Lücken. Darauf wird in dem Konzept der Landesstelle mehrfach und eindrücklich verwiesen. Wir haben Lücken bei uns im Gesetz, die bundesweit einmalig sind - etwa die Ausnahmeregelung zum Rauchen an Berufsschulen.

Wir haben Lücken, die andere Bundesländer, bspw. Bayern, seit Langem geschlossen haben, wie bezüglich des Rauchens in der Gastronomie. Wir haben Lücken, die sich schlicht aus dem Alter unseres Gesetzes ergeben. Vor zwölf Jahren gab es z. B. noch nicht diese große Palette an Tabakersatzprodukten. Damit unter- liegen diese Produkte nicht dem Nichtraucherschutzgesetz.

Das Gesetz verfehlt also die Aufgabe, den öffentlichen Raum weitgehend rauchfrei zu gestalten, das Nichtrauchen als Normalität zu stärken. Das ist umso wichtiger - Achtung, jetzt kommt es - wegen der Cannabislegalisierung am Horizont.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ah!)

Denn natürlich, das wird Sie nicht überraschen, sind wir GRÜNE für einen regulierten Cannabismarkt samt Qualitätskontrolle und Jugendschutz.

(Alexander Räuscher, CDU: Kiffer! - Zurufe: Das war klar! - Quatsch mit Soße!)

Aber ebenso natürlich - -

(Zuruf)

- Nicht aufregen. Erst einmal zuhören. - Aber ebenso wollen wir natürlich nicht, dass dann in Gaststätten oder an Haltestellen Cannabis geraucht wird.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz muss notwendigerweise die Legalisierung von Cannabis flankieren. Gerade die Ausnahmen in der Gastronomie und die anscheinend sehr laxen Kontrollen der bestehenden Regelungen unterwandern den Nichtraucherinnenschutz.

Um Gäste und gerade die Mitarbeitenden zu unterstützen, braucht es aber ein konsequentes Rauchverbot. Auch die Bedienung in einer kleinen Eckkneipe hat das Recht auf einen Arbeitsplatz ohne erhöhtes Krebsrisiko.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine klare Regel für alle Gastronomen bietet eben auch gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle und ist damit fair.

(Guido Kosmehl, FDP: Warum?)

Wenn selbst Länder mit einer ausgeprägten Pubkultur wie Irland und England es schaffen, rauchfreie Pubs als Norm und als Normalität zu etablieren, und zwar ohne, dass die Pubs sterben, dann sollten wir das hierzulande wohl auch hinbekommen - ohne das oft an die Wand gemalte Schreckgespenst des Kneipensterbens.

(Beifall bei den GRÜNEN - Guido Kosmehl, FDP: Aha! Wann waren Sie das letzte Mal in Irland?)

- Ich war kürzlich in London. Ich habe dort keine toten Pubs gesehen, sondern Pubs, wo die Leute in großen Gruppen

(Guido Kosmehl, FDP: Was?)

vor der Türe stehen und rauchen. Aber dort gibt es lebendige Kneipenkultur.

(Zustimmung)

Auch rauchfreie Haltestellen im ÖPNV dienen der Schaffung rauchfreier öffentlicher Räume.

(Unruhe)

Bei Regen kann es in einem kleinen Wartehäuschen schon einmal eng werden. Es braucht wirklich niemanden, der dort raucht.

(Unruhe)

Wenn gerade Schulkinder unterwegs sind, dann gilt es, deren Rauchexposition - -

(Unruhe)

Frau Sziborra-Seidlitz, warten Sie einmal kurz. - Ich weiß, es ist wieder ein Thema, von dem alle Ahnung haben, aber trotz alledem

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

ist meine Bitte, dass nicht alle gleichzeitig die eigenen Erkenntnisse preisgeben, sondern erst dann, wenn man dran ist. Das macht es vielleicht ein bisschen leichter. Also bitte den Geräuschpegel senken. - Frau Sziborra-Seidlitz, Sie haben das Wort.

Wenn gerade Schulkinder mit dem ÖPNV unterwegs sind, dann gilt es, deren Rauchexposition zu minimieren.

Wir haben bei dem Anliegen hinsichtlich einer rauchfreien Öffentlichkeit durchaus abgewogen. Im Konzept findet sich z. B. der Vor- schlag, Rauchverbote auf Grünflächen auszusprechen. Ich persönlich finde, wenn man sich abends zum Grillen trifft, sich auf ein Bier im Park verabredet, dann kann unter freiem Himmel auch das Rauchen durchaus

möglich sein, ohne dass man andere Leute damit gefährdet.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Aber klar ist natürlich: Der Filter gehört nicht in die Büsche geschnipst. Taschenascher wären dafür die Lösung.

Kurz und gut: Das hiesige Nichtraucherschutzgesetz verdient seinen Namen im Grunde genommen nicht mehr.

(Unruhe)

Es gilt, dieses zu modernisieren. Ich hoffe wirklich, wir können in dieser Hinsicht auch in Sachsen-Anhalt demnächst Vollzug melden, auch wenn diese Initiative aus den Reihen der Opposition kommt.

Erinnern Sie sich bitte daran, verehrte CDU und auch verehrte SPD,

(Zuruf)

auch Ihre Fraktionen haben in der vorherigen Legislaturperiode dem Beschluss des Landes zur Konzepterarbeitung zugestimmt.

(Unruhe)

Ob wir ein neues Gesetz bekommen werden, ist also abzuwarten. Was wir in Deutschland allerdings bekommen werden - das ist jetzt der Schluss meiner Ausführungen -, ist ein Außenwerbeverbot für Tabakprodukte.

(Zuruf von Frank Bommersbach, CDU)

Wenn auch nicht gleich morgen, so ist Deutschland doch endlich auf dem Weg, seine un-

rühmliche Ausnahmestellung in Europa zu räumen und auch hierzulande die Bewerbung

(Zuruf von Sven Rosomkiewicz, CDU - Weite- rer Zuruf: Ihr wollt doch wieder was verbie- ten!)