Protocol of the Session on March 22, 2023

In der vorigen Woche gab es in der „Volksstimme“ die etwas verwunderte Meldung auf Seite 2, dass es bei einer Bürgermeisterwahl nicht eine einzige Neinstimme gegeben habe. Der Journalist war offensichtlich verblüfft und hielt es einer Meldung wert. Anlass für die Verwunderung ist allerdings die mit unseren Wahlprinzipien nicht zu vereinbarende Regelung, dass es bei einer Kandidatur von nur einer Person keine Neinstimme gibt. Das gibt es einfach nicht; es ist nicht möglich, mit Nein zu stimmen.

Dieser Wahlvorgang ist dann völlig sinnlos, ist jeden Sinns entkleidet. Die Leute werden zur Urne gerufen und können dann nur eine Jastimme abgeben. Alles andere führt zur Ungültigkeit der Stimmabgabe. Das hat mit einer Wahlentscheidung nichts mehr zu tun und entkleidet den Wahlvorgang seines Sinns. Das Herumtragen von Zetteln sollten wir niemandem

zumuten. Eine alleinige Kandidatur muss dann zumindest die Mehrheit der Menschen hinter sich bringen.

Unser entsprechender Änderungsantrag fand leider nicht nur keine Mehrheit im Ausschuss, sondern es bestand auch keine Diskussionsbereitschaft. Frau Buchheim ist an anderen Stellen darauf eingegangen, wie offensichtlich die Lage im Ausschuss war. Das gilt auch für andere Aspekte. Es ist nicht sinnvoll, dass hauptamtliche Bürgermeister in den Kreistagen sitzen. Die beiden Funktionen beißen sich.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Das sollte ausgeschlossen werden. Dann müssten sich die Personen für eines der Ämter entscheiden.

Problematisch ist auch die Frage der Einteilung der Wahlbereiche. Der Gesetzentwurf geht erfreulicherweise mit der Beschränkung der Abweichung der Wahlbereichsgrößen auf 20 % statt auf 25 % in die richtige Richtung. Es muss aber klar sein, dass das Wahlsystem sehr empfindlich auf Größenunterschiede der Wahlbereiche reagiert. Wir wären im Sinne der Wahlgleichheit gern auf maximal 10 % heruntergegangen und hätten die Pflicht zur Einteilung in Wahlbereiche für die Großstädte sogar aufgehoben.

Auch die aktuell faktisch unerreichbaren Quoren bei Abwahlverfahren hätten wir gerne behutsam angepasst. Man muss vorsichtig sein, man darf kein Bürgermeisterkegeln daraus machen. Die jetzt geforderte Mehrheit von 30 % der Wahlberechtigten - eine Mehrheit sowieso - führt dazu, dass bei Wahlbeteiligungen im kommunalen Bereich, die ohnehin in diesem Bereich liegen, selbst ein Wahlergebnis

von 100 % nicht zu einer Abwahl führt. Bei einer Wahlbeteiligung von 29 % ist das nicht so ungewöhnlich - völlig unbefriedigend.

(Guido Kosmehl, FDP: Aber in Frankfurt hat es auch geklappt!)

- Na ja, Frankfurt liegt nicht ganz in Sachsen- Anhalt. Das ist Ihnen bekannt.

(Guido Kosmehl, FDP: Aber es hat geklappt!)

Besonders absurd ist diese Situation, wenn es bei der Wahl nicht einmal die Möglichkeit der Neinstimme gibt - ich ging darauf ein.

Dies und noch einiges mehr - das Wahlalter ist angesprochen worden; hatten wir auch beantragt - hat leider nicht gefruchtet. Insofern wird es von uns keine Zustimmung, sondern eine Ablehnung des Gesetzentwurfes geben.

(Oh! bei der CDU)

- Ja, das ist bei Wahlen tatsächlich so ein Ding. Es wäre schön, eine breite Mehrheit zu haben. Der Bund erlebt eine ähnliche Diskussion. Wenn man das nicht will, dann geht man so vor, wie es gemacht wird.

Die Innenministerin hat zur niederdeutschen Sprache ausgeführt, dass es geregelt ist. Ich würde mich freuen, wenn es tatsächlich so ist. Wir hatten versucht, es in den Artikel einzufügen. Es wäre tatsächlich erfreulich, wenn das Problem ausgeräumt wäre. Das werden wir weiter beobachten. - Danke schön.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE - Siegfried Borgwardt, CDU: Also keine Zu- stimmung? - Marco Tullner, CDU: Er wollte, aber er durfte nicht! - Stephen Gerhard Stehli, CDU: Halb zog sie ihn, halb sank er hin!)

Vielen Dank, Herr Meister. - Als nächster Redner kommt Herr Krull nach vorne.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Mitglieder des Hohen Hauses! Bereits bei der Einbringung des Gesetzentwurfes bin ich auf einige Aspekte der geplanten Änderung eingegangen. Aus der Sicht der CDUFraktion ist der Gesetzentwurf ein gelungener Kompromiss. Es gehört zum Wesen einer Demokratie, dass Kompromisse geschlossen werden sollen und dass nicht alle Wünsche, z. B. vonseiten des Städte- und Gemeindebundes, berücksichtigt werden können.

Unabhängig von dem, was die Landesregierung als Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht hat, wurde über zwei Punkte zusätzlich diskutiert. Ein Punkt waren die Ausführungen der AfD-Fraktion bezüglich der Briefwahlen. Es gibt ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber den Briefwahlen und auch einen Vertrauensverlust gegenüber den öffentlichen Verwaltungen. Es wurden mehr oder weniger offen Manipulationsvorwürfe erhoben. Für die CDU-Fraktion kann ich ganz klar sagen, wir sind komplett anderer Auffassung.

(Zustimmung bei der CDU)

Was wir aber bedürfen, sind kontinuierliche Schulungen derjenigen, die als hauptamtliche

Verwaltungskräfte, aber vor allem als ehrenamtliche Wahlvorstände aktiv sind, damit Wahlen ordnungsgemäß durchgeführt werden können.

Ein weiterer großer Punkt war das Wahlalter bei den Kommunalwahlen. Die Absenkung auf 14 Jahre wurde beantragt. Mir ist bewusst, dass ein Teil der Koalition und auch der Kinderbeauftragte des Landes eine andere Position vertreten als die CDU-Landtagsfraktion. Auch in anderen gesetzlichen Regelungen legen wir Altersgrenzen fest. Natürlich gibt es diejenigen, die mit 14 Jahren über die notwendige Reife verfügen, und es gibt Menschen, die mit Mitte 20 noch nicht dazu in der Lage sind, sich vernünftig mit Politik zu beschäftigen. Das Wahlalter 16 Jahre scheint mir ein guter Kompromiss zu sein.

Bevor hier das Märchen auftaucht, dass wir als CDU gegen das Wahlalter 14 Jahre wären, weil wir dann keine Mehrheit mehr hätten, sei hier darauf verwiesen, dass wir bei den U-18-Wahlen zum Landtag grundsätzlich Platz 1 in Sachsen-Anhalt belegen. Also, wir schneiden uns eigentlich noch Wählerinnen und Wähler ab. Das ist ein guter Beweis dafür, dass wir für alle Generationen in unserem Land Politik machen.

(Zustimmung bei der CDU - Hendrik Lange, DIE LINKE: Na ja!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wahlrecht ist das eine, das andere sind weitere Herausforderungen, vor denen wir in diesem Zusammenhang stehen. Zum einen wollen wir die Wählerinnen und Wähler zu einer möglichst hohen Wahlbeteiligung motivieren, zum anderen suchen wir natürlich Menschen, die sich ehrenamtlich in den kommunalen Vertretungen engagieren. Dieses

häufig zeitaufwendige und nicht immer einfache Ehrenamt verdient eine breite öffentliche Wertschätzung. Die Auszeichnungen der kommunalen Spitzenverbände oder des Innenministeriums im vorigen Jahr sind ein erster Anfang. Es gibt aber sicherlich noch mehr Möglichkeiten, gerade weil die Belastungen steigen.

Dass durch die Sicherheitsbehörden unseres Landes Broschüren zum Thema Sicherheit von Mandatsträgern gedruckt und verteilt werden, sollte uns alle nachdenklich machen.

Zusätzlich muss aus der Sicht meiner Fraktion auch über die Anpassung der im Verhältnis ohnehin sehr überschaubaren Entschädigungen für ehrenamtlich kommunalpolitisch Engagierte nachgedacht werden. Die Landesregierung ist gefordert, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.

Mein großer Dank gilt allen, die sich ehrenamtlich in den Herzkammern unserer Demokratie für ihre Gemeinschaft engagieren. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Krull. - Der letzte Redner in der Debatte ist Herr Lizureck für die AfD-Fraktion.

(Frank Otto Lizureck, AfD: Er eilt!)

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Der ursprüngliche Gesetzentwurf der

Landesregierung zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes und des Kommunalverfassungsgesetzes, der als Drs. 8/2073 dem Ausschuss für Inneres und Sport zur Beratung zugeleitet wurde, enthielt einige künstliche neue bürokratische Hürden, die die heute zu beratende Beschlussempfehlung nicht mehr enthält.

So sollte von den Bewerbern für kommunale Vertretungen die Zustimmungserklärung zur Aufnahme in den Wahlvorschlag mit der Einreichung des Wahlvorschlages vorliegen. Das hätte aber in der Praxis bedeutet, dass diese nicht mehr nachholbar gewesen wäre. In der heutigen Beschlussempfehlung bleibt es bei der alten Regelung des § 21 Abs. 8 des Kommunalwahlgesetzes.

Auch sollte nach dem Willen der Landesregierung in § 21 Abs. 6 Nr. 1 die Möglichkeit geschaffen werden, bei den persönlichen An- gaben für den Wahlvorschlag statt des Berufs des Bewerbers nur dessen Stand anzugeben. Es blieb unklar, was damit gemeint war, etwa der Personenstand wie verheiratet oder verwitwet oder ein Status wie Rentner oder Student. Ich denke, es war richtig, dass der Ausschuss sich nicht darauf eingelassen hat und es bei der jetzigen Regelung bleibt, dass der Beruf anzugeben ist; denn es ist doch im Interesse der Wähler, die ein Recht auf minimale Auskunft darüber haben, welche Kompetenzen und Lebenserfahrung die Bewerber für die kommunalen Vertretungen mitbringen, wenn sie diese nicht persönlich kennen.

In Artikel 2 der Beschlussempfehlung will die Ausschussmehrheit das Kommunalverfassungsgesetz allerdings grundlos und ohne Not verändern und übernimmt in § 63 Abs. 1 die Formulierung der Landesregierung. Damit schaffen Sie die Grundlage dafür, die Frist zur Nachwahl von Hauptverwaltungsbeamten der

Kommunen bei Nachbesetzungen von drei Monaten auf nunmehr sechs Monate hinauszuzögern. Das heißt doch, dass eine Kommune bis zu sechs Monate lang entweder keinen Hauptverwaltungsbeamten hat oder mit kommissarischer Vertretung des Hauptverwaltungsbeamten auskommen muss. Eine Vakanz des Leiters aller kommunalen Behörden auf bis zu sechs Monate auszudehnen, ist im Interesse der Handlungsfähigkeit der Kommunen eigentlich nicht tragbar.

Wegen der guten Ansätze bei der Änderung des Kommunalwahlgesetzes lehnen wir dieses Artikelgesetz nicht ab, sondern wir werden uns der Stimme enthalten. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Lizureck. - Wir sind am Ende der Debatte angelangt. Bevor wir in die Abstimmung eintreten, hat Frau von Angern als Fraktionsvorsitzende um das Wort gebeten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich will die Zeit nicht dafür nutzen, um auf den unsäglichen Umstand hinzuweisen, dass dieses Hohe Haus nach wie vor einen Vorsitzenden des Innenausschusses hat, der dazu aufgerufen hat, dass Menschen mit Fackeln und Mistgabeln den Landtag und insbesondere bestimmte Landtagsbüros stürmen mögen.

(Guido Kosmehl, FDP: Oh! - Christian Hecht, AfD: Dann lassen Sie es doch! Dann machen Sie es doch nicht!)

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es heute zum wiederholten Mal der Fall war, dass durch diesen Ausschussvorsitzenden sozusagen bewiesen worden ist, dass er den Auf- gaben des Innenausschussvorsitzenden nicht gewachsen ist,

(Zustimmung bei der LINKEN)

und sei es nur so banal wie eine Berichterstattung hier. Danke, Herr Krull, dass Sie kurzfristig übernommen haben.

Es ist hier nicht der Punkt, ein Abwahlverfahren zu beantragen, aber ich möchte zumindest in die Mitte des Hauses hineingeben, dass meine Fraktion einem solchen Vorhaben selbstverständlich offen gegenüberstehen würde.

(Beifall bei der LINKEN)