Wie falsch und unehrlich die Erzählung ist, Ausländerbehörden würden nur Recht und Gesetz umsetzen, ihr Handeln sei quasi nicht zu beeinflussen, und dass im Übrigen nicht immer das Entscheidende ist, welches Parteibuch jemand hat, zeigt das Agieren des Landrates des Burgenlandkreises Götz Ulrich, der mit seiner Dienstanweisung die klare Zielrichtung ausgegeben hat, möglichst vielen Geflüchteten unabhängig vom Aufenthaltsstatus und dem Ausgang des Asylverfahren eine Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme zu geben und erfolgreich in das Arbeitsleben integrierten Personen einen Übergang in einen dauerhaften Aufenthalt zu ermöglichen.
Das ist eine klare Ansage. Das zeigt, wie falsch die Legende vom nicht beeinflussbaren Handeln der Ausländerbehörden ist. Das sollte Standard im ganzen Land sein.
Auch dafür plädieren wir mit unserem Antrag: Wer die Voraussetzungen für bedarfsgerechte Erstunterbringung nicht schafft, wer auf Abschreckung statt auf Teilhabe setzt und wer so tut, als sei Integration nur die Sache der Ankommenden, der kann nicht auf Überforderung und Kapazitätsprobleme verweisen, sondern muss endlich seine Arbeit machen.
Frau Quade, es gibt zwei Interventionen und eine Frage. Ich würde diese abarbeiten. - Zuerst Herr Scharfenort, bitte, Sie haben das Wort.
Es wäre für mich eine wichtige Information zu wissen, von wem die Interventionen und die Frage kommen. Aus den demokratischen Fraktionen beantworte ich Fragen sehr gerne, aus der Reihe der rechtsextremen Fraktion nicht.
(Alexander Räuscher, CDU: Das ganze Parla- ment wird demokratisch gewählt! Was ist das für ein dummer Spruch!)
Okay. Alles klar. Also, dann machen wir das sozusagen in Summe. Wir haben eine Intervention von Herrn Scharfenort. Dann haben wir eine Frage von Herrn Erben und eine Intervention von Herrn Teßmann. Das ist die Reihenfolge.
Frau Quade, Sie vermengen immer wieder Asylrecht und Einwanderung. Sie haben Beispiele genannt. Bei einem Teil davon ist es ja gerade nicht so gedacht, im Prinzip über das Asylrecht hier einzuwandern.
Das ist genau nicht Sinn und Zweck des Asylrechts. Wir haben sowohl das Arbeitsvisum als auch andere Möglichkeiten. Ich nehme meine eigene Frau. Sie ist den Weg gegangen über Arbeitsvisum, Studium, hat sich qualifiziert und dann ganz normal, legal die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Sie hat heute auch einen tollen Job. Also, es ist möglich. Diejenigen, die sich anstrengen und wollen, bekommen letztendlich auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Aber sie müssen sich eben auch ein bisschen anstrengen. Das ist auch richtig und gut so.
Was Sie machen und was mittlerweile auch die Regierung macht, das ist eben, die falschen Anreize zu setzen. Man macht den Menschen falsche Hoffnungen, die meinen, sie könnten über das Asylrecht hier einwandern. Das ist genau nicht Sinn und Zweck. Das ist auch, sage ich einmal, unmenschlich, weil Sie mit Ihrer Politik den Leuten falsche Hoffnungen machen und am Ende werden sie dann abgeschoben. Natürlich gibt es auch die tragischen Beispiele in Einzelfällen.
Frau Kollegin Quade, zunächst überlege ich noch, wie ich meine Bemerkung am besten in eine Frage kleide, aber das fällt mir sicherlich noch während der Frage ein.
Sie haben berechtigterweise die Arbeit der Migrationsagentur im Burgenlandkreis gelobt und auch die entsprechende Dienstanweisung des Landrates erwähnt, auch in Ihrem Antrag. Damit ich es Ihnen jetzt nicht zu einfach mache: Ist Ihnen bekannt, welche Ausländerbehörde - denn das gehört ja auch zu den Aufgaben einer Ausländerbehörde - die mit Abstand meisten Abschiebungen in Sachsen-Anhalt durchführt?
Herr Erben, ich mutmaße, Sie wollen darauf hinaus, dass es die Ausländerbehörde des Burgenlandkreises ist.
In der Tat sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Wie eine Ausländerbehörde agiert, ist zu beeinflussen. Die Dienstanweisung des Landrates des Burgenlandkreises, die ich zitiert und mit einem Teilzitat in unseren Antrag aufgenommen habe, umfasst einen weiteren Punkt, den ich nicht erwähnt habe, weil ich ihn falsch finde. Das steht aber sozusagen auf einem anderen Blatt.
Die Dienstanweisung sieht in der Tat genau das vor, was Sie beschrieben haben, eine beschleunigte Abschiebung von Menschen, die diese Kriterien nicht erfüllen. Das kann man tun; das kann man machen. Ich finde das politisch nicht richtig. Deswegen ist es nichts, was ich hier beantragen würde.
Worum es uns geht, ist, zu zeigen, welchen Gestaltungsspielraum man hat, und den, der da ist, auch zu nutzen, und in diesem Fall natürlich zum Besseren. Die Frage, wie gut, wie schnell, wie nachhaltig und mit welchem Aufwand es gelingt, dass auch Asylsuchende, Geflüchtete, die aus anderen Gründen hierher gekommen sind, die jetzt aber erst einmal da sind, die Möglichkeit und die Chance haben, in Sachsen-Anhalt zu leben, zu arbeiten, ihren eigenen Lebensunterhalt zu erwirtschaften und im Übrigen auch etwas für dieses Land zu tun, ist beeinflussbar. Das muss man politisch tun. Genau das haben wir hier beantragt, natürlich mit der politischen Zielsetzung, die wir vertreten.
Ja, ich wollte nur herausarbeiten, dass zu einer professionell arbeitenden Ausländerbehörde beide Seiten der Medaille gehören.
Jetzt nehme ich das als Nachfrage, Herr Präsident. - Zweifellos, Medaillen haben zwei Seiten, und ehrlicherweise sind die meisten Gegenstände, mit denen wir uns befassen, nicht so flach wie Medaillen, sondern haben noch mehr Seiten.
Selbstverständlich gilt es, das alles zu betrachten. Der Punkt ist, ich will Ausländerbehörden, die nach Recht und Gesetz entscheiden und die ihren Ermessensspielraum nicht immer nur zum Nachteil der Betroffenen
Betroffenen durchbrochen wird, von einem CDU-Landrat. Ansonsten tun alle immer so, als könne man bei den Ausländerbehörden gar nichts machen. Das ist der Punkt, den wir uns hier endlich eingestehen müssen. Wer über Integration in Sachsen-Anhalt redet, der muss über das Agieren der Ausländerbehörden reden.
Sehr geehrte Frau Quade, Sie sagen selber von sich, sie stecken voll im Thema drin. Ich habe neun Jahre lang in dem Bereich gearbeitet, bevor ich hier in den Landtag eingezogen bin. Ich muss Ihnen leider sagen, z. B. vom Aufnahmegesetz oder von der Richtlinie zur Unterbringung von Asylsuchenden haben Sie noch nicht viel gehört. Das hat man eben in Ihrer Rede gehört. Sie tragen mehrere Einzelfälle vor. Gucken Sie einmal genau in diese Gesetze und Richtlinien. Dann werden Sie vielleicht ein Stück weiterkommen. Beschäftigen Sie sich noch ein bisschen mehr mit den Gesetzlichkeiten.
Genau, es waren mehrere. Also, das Aufnahmegesetz z. B. Für die Unterbringung sind die kreisfreien Städte und die Kreise zuständig. Das nächste war Ihr Beispiel, ich glaube, der indischen Familie, die acht Jahre lang in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnt. Gucken Sie in die Richtlinie. Darin steht, wie lange Familien dort untergebracht werden sollen.