Protocol of the Session on February 23, 2023

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest, eröffne hiermit die 36. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der achten Wahlperiode und begrüße Sie auf das Herzlichste.

Um eventuellen Nachfragen vorzubeugen, informiere ich Sie darüber, dass wir eine Audiomesstechnik im Saal aufgebaut haben, um ein elektronisches Modell zur akustischen Simulation des Plenarsaals zu erstellen. Wir fertigen diese Simulation an, um sicherzustellen, dass Sie an jeder Stelle, an der Sie sich befinden und aufmerksam zuhören, auch wirklich alles das hören, was gesprochen wird.

Außerdem möchte ich Sie darüber informieren, dass die Landtagsverwaltung am morgigen Vormittag für ungefähr 30 Minuten Filmaufnahmen anfertigen wird, um die Nachfrage nach Besuchsterminen im Landtag mit Dokumenten zu erhöhen. - Irgendwie ist ein kleiner Fehler enthalten.

Wir verzeichnen erfreulicherweise einen verstärkten Zustrom an Besuchern. Das zwingt uns auch dazu, auf unterschiedlichen Maßstäben zu arbeiten. An dieser Stelle steht die Frage der Digitalisierung an. Es sollen Filmangebote für die Besucher im Vorfeld zur Verfügung stehen. Deshalb werden morgen für eine halbe Stunde Filmaufnahmen angefertigt. Wer also besonders fotogen sein will, der sollte sich morgen entsprechend kleiden. Manche brauchen vielleicht auch ein Jackett; das als

Hinweis. Es wäre nicht schlecht, wenn man das in die Reihe bekommt.

Ich habe bereits im Ältestenrat darüber informiert, dass Ministerin Frau Grimm-Benne heute nicht anwesend ist. Sie nimmt an der Länderarbeitsgruppe zur Krankenhausreform in Berlin teil.

Zur Tagesordnung. Sie haben sicherlich mitbekommen, dass die für morgen vorgesehene Aktuelle Debatte seitens der CDU zurückgezogen wurde. - Herr Kurze möchte dazu etwas sagen.

Herr Präsident, wir haben uns unter den PGF abgestimmt. Wir würden für die Plenarsitzung am Freitag folgende Reihenfolge der Tagesordnungspunkt vorschlagen: Wir beginnen, da wir unsere Aktuelle Debatte streichen, mit der Aktuellen Debatte zum Zukunftszentrum für Europäische Transformation. Danach folgt die Aussprache zur Großen Anfrage. Hiernach werden die Tagesordnungspunkte 19 und 20 behandelt. Nach dem Tagesordnungspunkt 20 folgt noch vor der Mittagspause die Beratung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Sachsen-Anhalt braucht ein Bildungsforum zur Krisenbewältigung -, der ursprünglich verbunden mit der von uns beantragten Aktuellen Debatte behandelt werden sollte. Dieser Ablauf wurde mit allen sechs Fraktionen abgestimmt.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE wird im Rahmen einer Dreiminutendebatte mit folgender Reihenfolge behandelt: SPD, AfD, FDP, GRÜNE, CDU und LINKE.

Damit steht die Tagesordnung fest. Wer stimmt dieser zu? - Das ist das gesamte Hohe Haus.

Wie üblich starten wir morgen um 9:30 Uhr.

Wir steigen ein in

Tagesordnungspunkt 1

Befragung der Landesregierung nach § 45a GO.LT

Die Fraktion DIE LINKE beginnt. - Frau von Angern, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich will vorausschicken, dass uns im Ältestenrat bekannt gemacht wurde, dass die Sozialministerin heute nicht anwesend ist. Wir wissen aber, dass es mindestens zwei weitere Kabinettsmitglieder gibt, die sich mit dem Uniklinikum Magdeburg intensiver beschäftigen, nämlich Herr Willingmann und Herr Richter, da sie im Aufsichtsrat vertreten sind. Darüber hinaus gehe ich da- von aus, dass sich das Kabinett spätestens nach der Berichterstattung durch die „Volksstimme“ am 16. Februar über die Schießung der Kinder-ITS am Uniklinikum Magdeburg diesem Sachverhalt angenommen hat, zumal dies nicht ganz unproblematisch ist und auch eine große Herausforderung für Sachsen-Anhalt darstellt.

Es geht um die Schließung der Kinder-ITS am Uniklinikum Magdeburg. Die „Magdeburger Volksstimme“ hat darüber berichtet und hat

erklärt, dass diese bereits Anfang Februar voll- zogen worden ist. Als Gründe dafür sind der Fachkräftemangel und möglicherweise auch ein Konflikt zwischen dem Chefarzt und der Kinderklinik benannt worden.

Die pädiatrische Versorgung ist nach Einschätzung von Fachleuten, zuletzt geäußert auch durch den Landesverband Sachsen-Anhalt Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen, besonders im Norden Sachsen-Anhalts gefährdet. Bei allem Engagement der Uniklinik Magdeburg und des Städtischen Klinikums, auch mit Unterstützung des Sozialministeriums, für die Einrichtung eines KinderEltern-Zentrums in Magdeburg bereitet unserer Fraktion diese Situation große Sorgen, vor allem bezüglich der Menschen in Sachsen- Anhalt, bezüglich ihrer gesundheitlichen Versorgungssituation.

Daher frage ich die Landesregierung: Warum kam es tatsächlich zur Schließung der Kinderintensivstation an der Uniklinik Magdeburg zum 1. Februar dieses Jahres? Teilt das Gesundheitsministerium bzw. die Landesregierung die Einschätzung des Verbandes Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen, dass besonders im Norden des Landes Sachsen-Anhalt ein seit Jahren gewachsenes pädiatrisches Versorgungsproblem vorliegt? Seit wann haben Sie als Landesregierung Kenntnis über die Situation an der Kinder-ITS? Wann haben Sie den Krankenhausplanungsausschuss über diesen Sachverhalt unterrichtet?

Herr Willingmann wird für die Landesregierung sprechen.

Das will ich gern tun. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau von Angern, soweit Sie sehr konkrete Fragen in Bezug auf den Krankenhausausschuss gestellt haben, bitte ich um Nachsicht, dass Kollegin GrimmBenne nicht da ist und ich an dieser Stelle auch nicht versuchen will, zu orakeln. Ich bitte Sie darum, dass wir diese Frage mitnehmen dürfen.

Zu den anderen Fragen möchte ich Ihnen aber gern Auskunft geben. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass im Aufsichtsrat - in betone: im Aufsichtsrat - dieses Klinikums neben Kollegin Grimm-Benne und dem Finanzminister auch meine Person als Aufsichtsratsvorsitzender vertreten ist. Daher eine kurze Information dazu.

In der Tat gab es die Meldung, dass die Kinderintensivstation - ich betone: nur die Kinderintensivstation - der Pädiatrischen Klinik am Universitätsklinikum Anfang Februar geschlossen werden musste. Das ist genau aus den Gründen geschehen, die Sie gerade geschildert haben, nämlich aufgrund eines evidenten Fachkräftemangels und des normalen Mechanismus, der allein schon wegen Qualitätssicherungsgesichtspunkten und übrigens auch aus Fürsorge greift, wenn entweder zu wenig Personal vorhanden ist, um den entsprechenden Standard zu erfüllen, oder bspw. auch wenn eine Klinik gefüllt ist; auch dann wird sie geschlossen. So etwas kommt vor, auch anderenorts.

Im konkreten Fall handelt es sich um vier ITSBetten, die an der Kinderklinik vorgehalten werden und deren Weiterbetrieb nicht möglich war, nachdem eine Spezialistin für KinderITS - Frau von Angern, Sie wissen, das ist eine extreme Spezialmaterie im Bereich der

Pädiatrie - ausgefallen war und man deshalb den Bereich ITS nicht weiter betreiben wollte.

Zugleich wurde sichergestellt - es ist mir wichtig, das zu sagen -, dass der übrige Betrieb der Kinderklinik weiterläuft, und zwar im normalen Standard, also so wie bisher auch. Das gilt sowohl für die allgemeine pädiatrische Behandlung als auch für die Neonatologie. Zugleich wurde sichergestellt, dass in den Fällen, in denen eine kinderintensive Behandlung erforderlich wird, mithilfe einer Zusammenarbeit mit anderen Kliniken eine solche Betreuung erfolgen kann.

Der allererste Adressat für so etwas ist natur- gemäß unsere Universitätsklinik in Halle, die ihrerseits sozusagen beigesprungen ist und gesagt hat, wir nehmen zusätzliche Kapazität auf. Dort gibt es eine knapp zweistellige Zahl an ITS-Betten, sodass also dort ein Stück weit versorgt werden kann.

Ich darf Ihnen aufgrund einer Information von heute Morgen berichten, dass inzwischen sogar eine telemedizinische Einrichtung hergestellt wurde zwischen der hiesigen Kinder-ITS und dem Universitätsklinikum in Halle, sodass eine permanente Betreuung von Intensivfällen möglich ist, die im Moment noch hier in Magdeburg sind. Die werden telemedizinisch von Spezialisten betreut, die in Halle sitzen.

Es wird also alles getan, Frau von Angern, damit man diesen Zustand, der im Moment äußert misslich ist und der überwunden gehört, zumindest abmildert. Das geschieht auf dem Wege, den ich Ihnen gerade beschrieben habe. - Punkt.

Frau von Angern hat eine Nachfrage.

Ja, ich habe eine Nachfrage. Sie sprachen jetzt die telemedizinische Verbindung zwischen der Uniklinik in Magdeburg und der Uniklinik in Halle an. Ist Ihnen bewusst, dass ITS-Fälle bei Kindern nicht nur von der ITS der Uniklinik in Magdeburg, sondern eben auch vom Städtischen Klinikum oder von sämtlichen anderen Krankenhäusern, die es im Norden Sachsen- Anhalts noch gibt, an die Uniklinik in Halle verlegt werden müssen? Wie wird damit umgegangen?

Frau von Angern, ja, das ist uns bewusst. Nur, diese Situation hatten wir schon die ganze Zeit lang. Wir reden wohlgemerkt über vier Betten, die in Magdeburg betrieben wurden. Es musste auch bis jetzt schon, wenn eine kinderintensive Behandlung erforderlich wurde, Kapazitäten anderenorts in Anspruch genommen werden.

Er gibt Ausweichmöglichkeiten sowohl nach Brandenburg als auch nach Hannover. Die wurden in der Vergangenheit schon genutzt, und die werden auch jetzt genutzt.

Wenn ich Ihnen noch eine Information geben darf: Die Kinder-ITS, also die hier bei uns im Universitätsklinikum, ist in den letzten drei Jahren an mehr als 100 Tagen geschlossen worden. Sie ist an mehr als 100 Tagen geschlossen worden, teils weil die Kapazität ausgelastet, teils weil kein Personal da war.

Frau von Angern, das entscheidende Problem im Moment ist, Kinderintensivmediziner dorthin zu bekommen. Wir brauchen in einer

Spezialmaterie der Medizin - unter uns sitzen Kolleginnen und Kollegen, die dieser Disziplin angehören -, in einer Spezialdisziplin der pädiatrischen Heilkunde Spezialistinnen oder Spezialisten. Die sind so wertvoll wie Goldstaub und so gut wie nicht zu gewinnen. Deshalb werden alle Bemühungen unternommen, um dort Kapazität hinzubekommen.

Aber mit allem Respekt: Auch die Universitätsklinik und vor allen Dingen der Klinikvorstand, der für das Recruitment verantwortlich ist, ebenso wie der Chefarzt der Kinderklinik,

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

klagen darüber, dass sich Menschen nur sehr begrenzt für dieses Fach entscheiden und dass leider Gottes auch nicht alle, die wir nach Magdeburg holen wollen, bei uns zusagen.

Danke. - Als nächste Fragestellerin folgt Frau Anger.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, Sie haben eben gerade auch schon ausgeführt, dass die Herausforderungen, die jetzt letztlich in der Schließung der Kinder-ITS gipfelten, schon deutlich länger bestehen. Ich würde gern von Ihnen wissen, welche Maßnahmen die Landesregierung in der zurückliegenden Zeit denn ergriffen hat, um die bestehenden Probleme bei der Kinder-ITS in der Uniklinik zu beheben.

Und über welchen Zeitraum wird die ITS denn jetzt geschlossen bleiben bzw. was tun Sie als

Landesregierung im Aufsichtsrat und was tut das Uniklinikum, um so schnell wie möglich Kinderärzt*innen zu gewinnen?

Frau Anger, auch diese Frage will ich Ihnen gern beantworten. Aber ich glaube, dass wir sie gerade schon einmal beantwortet haben. Ich sage es noch einmal: Es gibt einen Bedarf an Kinder-ITS-Spezialisten, der im Moment vom Markt nicht gedeckt wird. Ich sage das einmal mit dieser eher betriebswirtschaftlichen Beschreibung. Deshalb bemüht man sich sehr, übrigens schon seit zwei Jahren, nach Spezialisten zu suchen und zu versuchen, Menschen dafür zu gewinnen. Das gelingt mal, und mal gelingt es nicht.

Wir können das leider Gottes nur begrenzt beeinflussen. Als Landesregierung können wir es ohnehin nur begrenzt beeinflussen. Selbst der Aufsichtsrat kann es nur begrenzt beeinflussen; denn der Klinikvorstand muss die Personalausstattung sicherstellen. Und er hält uns darüber ja informiert. Aber er tut das, was jetzt geboten ist.

Wenn die personelle Ausstattung nicht reicht, dann wird nicht mal herumgedoktert, sondern dann wird sicherheitshalber geschlossen, damit die Versorgung dieser Patientinnen und Patienten anderenorts durchgeführt werden kann. Dann geht man nicht mit den Standards nach unten und sagt, dann versuchen es mal mit ein oder zwei Ärzten weniger an Bord; vielmehr bleiben wir bei unserem Qualitätsanspruch. Der besagt nun einmal, wenn diese Mindestanforderung an Betreuung - Sie kennen diesen

Schlüssel, er liegt bei drei zu eins - nicht erfüllt ist, dann muss geschlossen werden. Das ist, mit allem Respekt, unschön. Aber es kommt immer wieder vor, übrigens nicht nur in der Kinderklinik, sondern auch an anderer Stelle und übrigens auch in anderen Kliniken.

Dahinter steckt etwas, was Sie auch alle kennen. Möglicherweise verbinden wir es zu wenig mit der Medizin. Aber wir kennen das als Fachkräftemangel. Der gilt eben für alle Disziplinen, auch und insbesondere für die Pädiatrie.

Danke. - Nutzen Sie die Gelegenheit, mit mir Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule des Landkreises Börde in Haldensleben zu begrüßen. Herzlich willkommen im Hohen Haus!

(Beifall im ganzen Hause)