(Jan Scharfenort, AfD: Sie erreichen Ihre Ziele nicht - im Gegenteil: Es wird schlimmer, und das zu einem hohen Preis! Wohlstandsver- lust!)
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Meister, ich habe Ihrer Rede entnommen, dass Sie prinzipiell die Art des Protests, also die Besetzung, für durchaus legitim halten. Nun ist es auch dazu gekommen, dass vor gar nicht so langer Zeit, in diesem Jahr, die Geschäftsstelle der GRÜNEN in NRW besetzt wurde, wogegen sich die Partei sehr stark gesträubt hat und gesagt hat, dass es eben nicht als legitimes Mittel angesehen werde und dass das Erpressung sei. Ich möchte von Ihnen ganz gern wissen: Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Ist eine Besetzung ein legitimes Mittel und, wenn ja, warum war es die Besetzung der GRÜNENGeschäftsstelle in NRW nicht?
Ich habe in meiner Rede erwähnt, dass nicht jedes richtige Ziel jedes Mittel rechtfertigt. Das ist tatsächlich erst einmal die Grundlage.
Die Besetzung der Universität, des Audimax, das wäre von der Form her erst einmal nicht gerechtfertigt, wenn die Universität das tatsächlich zurückweisen würde. Wenn die Universität aber sagt: „Das ist okay, wir treten in Verhandlungen ein, um das gütlich zu regeln“, dann halte ich das für ein legitimes Mittel.
Die Besetzung einer Parteigeschäftsstelle, das findet eine Partei doof. Ich würde es auch doof finden, wenn meine Geschäftsstelle besetzt würde. Wenn ich das im Gesamtkontext betrachte und sehe, das ist eine Protestform, mit der ich auch einmal leben muss, dann sage ich: Okay, damit muss ich leben. Die Frage ist: Was passiert damit, wie lange dauert das und wie komme ich da heraus?
- Nein. - Insofern kann man damit tatsächlich umgehen. Das sind die verschiedenen Aktionsformen, die es gibt. In der Vergangenheit wurden viel verrücktere Aktionsformen genutzt.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrtes Hohes Haus! Es ist schade, dass wir die Landtagssitzung inhaltlich ausgerechnet mit dieser Aktuellen Debatte beginnen; denn was die AfD den Abgeordneten hier zumutet, ist Punkt für Punkt blanker Unsinn.
Ich will versuchen, das Wichtigste zurechtzurücken für all diejenigen, die tatsächlich an einem Diskurs interessiert sind.
- Diskurs bedeutet auch erst einmal zuzuhören. - Also, erstens: Die AfD bezeichnet die Besetzer des Auditoriums maximum in Halle als Klimaextremisten.
Die Forderungen und Positionen von „End Fossil: Occupy!“ sind aber alles andere als extrem. Die Senkung von Treibhausemissionen zum Abbremsen der Erderwärmung ist keine Klimaideologie, sondern ein völkerrechtlich verbindlich vereinbartes Ziel der internationalen Gemeinschaft.
Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 ist ein verbindliches Ziel der Europäischen Union. In Deutschland ist die Zielstellung für das Jahr 2045 geltendes Recht.
Der Ausstieg aus der Kohle ist in Deutschland ein breit getragener Konsens, dem auch der Landtag von Sachsen-Anhalt zugestimmt hat. Wie wichtig es ist, insgesamt aus der Nutzung fossiler Energien auszusteigen, das sehen wir an unseren internationalen Abhängigkeiten und an den dramatischen Preissteigerungen auf unseren eigenen Rechnungen für Strom und Gas.
Was die Besetzer des Hörsaals von der offiziellen Klimapolitik unterscheidet, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht das Ziel, das ist ihre Ungeduld. Ganz ehrlich: Dass junge Leute, zumal politisch engagierte Studierende, den Älteren Dampf machen wollen, die schon länger Verantwortung tragen, das war schon immer so, das wird immer so sein und das ist auch nötig.
An meine geschätzten halleschen Kollegen: Wo wäre Halle mit seiner Medizinischen Fakultät, wenn im Jahr 2013 nicht Tausende von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Halle und Studierende richtig Dampf gemacht und zumindest in meiner Erinnerung zum Dampfmachen auch das Instrument der Besetzung des Melanchthonianums genutzt hätten? Wo wären Halle und ganz besonders die Medizinische Fakultät bzw. das Universitätsklinikum?
von außen in die Universität eingedrungen und drohe die Lehrinhalte abzuändern. Auch das ist Unsinn. Der Einsatz zur Rettung des Weltklimas
kommt aus der Wissenschaft. Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse über den menschengemachten Klimawandel sind unbestreitbar, die interdisziplinären Erkenntnisse über die Risiken für Ernährung, Wohlstand, Sicherheit und Demokratie ebenfalls. Die Einsicht, dass wir diese Entwicklung aufhalten müssen, verdanken wir der jahrzehntelangen unermüdlichen Aufklärungsarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die nicht lockergelassen haben, um die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft zu überzeugen. Das wissen alle.
Drittens. Angesichts der Rolle der Wissenschaft - übrigens: Hochschulen sind nicht nur Orte der Lehre, sondern eben auch der Wissenschaft -
für den Klimaschutz können wir feststellen: Die Gruppe „End Fossil: Occupy!“ blockierte zwar Hörsäle, bei Hochschulen und außer-
universitären Forschungseinrichtungen rennt sie aber offene Türen ein. Ich nenne ein paar Beispiele. Die Humboldt-Universität Berlin will bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden. Die Fraunhofer-Gesellschaft, die in ihrer Forschung bekanntermaßen eng mit der Industrie zusammenarbeitet, will ebenfalls bis zum Jahr 2030 klimaneutral sein. Bei der Max-Planck-Gesellschaft arbeitet ein Nachhaltigkeitsnetzwerk und bei der Helmholtz-Gemeinschaft das Netzwerk „Helmholtz klimaneutral“ an diesen Zielen. Sie sind damit nicht allein - die Allianz der Wissenschaftsorganisationen hat sich dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu arbeiten.
Dabei ist in unserem eigenen Land nicht zuletzt auch die Rolle der Leopoldina in Halle als Nationale Akademie der Wissenschaften hervorzuheben, die als Ratgeber für die Politik immer wieder ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen fordert und dazu ermahnt.
Viertens. Angesichts dieser Sachlage ist es nicht nur eine Unverschämtheit, sondern auch einfach abwegig, von einer Unterwerfung der Hochschulleitung zu sprechen. Was als Verhandlungsergebnis zwischen dem Rektorat und den Besetzern des Audimax herausgekommen ist, das zielt vor allem darauf ab, die schon längst bestehende Kompetenz der Martin- Luther-Universität in Sachen Klimaschutz und die vielfältigen Lehrangebote und Forschungsansätze stärker herauszustellen und bekannter und sichtbarer zu machen.
Fünftens möchte ich dem neuen Rektorat für den besonnenen Umgang mit der Besetzung und für das erreichte Verhandlungsergebnis ausdrücklich danken;