Die Lampen leuchten nicht flächendeckend. Das kann man dort beobachten. Sicherer Strom ist der, der dauerhaft und kontinuierlich produziert wird. Wenn aufgrund von fehlendem Wind und weniger Sonnenlicht weniger Strom produziert wird und dies dazu führt, dass wir nicht genug haben, dann ist dies unsicherer Strom.
Dann sind wir jetzt durch und können weitermachen. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abg. Herr Scheffler. - Herr Scheffler, bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Seit beinahe einem Jahr steht die Energiepolitik unter enormen Druck. Die Abhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland hat Deutschland angreifbar gemacht. Der aufgezwungene Feldversuch zur Bewältigung der Energiekrise, also sozusagen der Realversuch, hat leider gezeigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien Lücken hat.
Die Lücken zeigen sich nicht zwingend an der Anzahl der Anlagen zur Energieerzeugung, nein, sie zeigen sich vielmehr in der Grundlastfähigkeit und der Speicherfähigkeit. Die erneuerbaren Energien haben den Stresstest im Realversuch nicht zufriedenstellend bestanden. Man könnte auch sagen, dass sie durchgefallen sind.
In der derzeitigen Situation kann es nicht mehr um Ideologien gehen, sondern es muss um die Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger gehen.
Es muss um unsere Wirtschaft gehen. Es muss darum gehen, dass es eine sichere und bezahlbare Energieversorgung in unserem Land gibt.
Um dies zu erreichen, ist es nötig, alle Energieerzeugungsmethoden und alle erdgasunabhängigen Methoden, und zwar gerade jetzt, zu nutzen - alle! Das schließt die Kernkraftwerke ein.
Durch das Hochfahren der Braunkohlekraftwerke aus der Sicherheitsbereitschaft hat die Bundesregierung reagiert. Dies bedeutet aber gleichzeitig eine Produktion von CO2, wie wir sie lange nicht kannten. Es ist unbegreiflich, dass die Bundesregierung CO2-intensive Kohlekraftwerke und nicht CO2-neutrale Kernkraftwerke unterstützt. Hier wird gerade der von den GRÜNEN geforderte Klimaschutz geopfert.
Seit dem Hochfahren der Kraftwerke sind ca. vier Monate vergangen und doch ist kein nennenswerter Fortschritt erkennbar. Die Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen Kernkraftwerke bis zum 15. April 2023 ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aktuell wird vermutet, dass nicht dieser Winter das Problem für uns darstellt, sondern der kommende. Noch ein Grund mehr, die Laufzeit zu verlängern.
Meine Damen und Herren! Diese Forderung ist keineswegs der Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernenergie, sondern vielmehr der einzig gangbare Weg, um das Land nicht ins Chaos zu stürzen.
Unsere Bürgerinnen und Bürger leiden unter den hohen Energiepreisen, und das nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch beim Wocheneinkauf. Die Verbraucherpreise von Nahrungsmitteln sind um 20 % gestiegen. Wir haben eine Inflationsrate von fast 10 % und eine Erhöhung der Verbraucherpreise für Energie um ca. 25 %. Das kann so nicht weitergehen. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Mittelstand und Handwerk wissen nicht mehr, wie sie ihre Strom- und Gasrechnungen bezahlen sollen. Ich möchte nicht wissen, wie groß die Sorgen im Winter 2023/2024 werden.
Jeder, der dieses Problem sieht, kann nur zu einer Lösung gelangen: Lasst unsere Kernkraftwerke am Netz und gebt den Betreibern eine Planungssicherheit! Denn der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland kann den Strompreis um bis zu 12 % senken.
Ich sagte bereits, dass dies nicht der Ausstieg aus dem Ausstieg der Kernenergie sei; es ist die Nutzung vorhandener klimaneutraler Energieerzeugungsmethoden, bis die erneuerbaren Energien auf ganzer Linie erfolgreich sein können. Hierzu müssen Forschung und Entwicklung bei den Speichertechniken, der Energieeffizienz, bei der Digitalisierung der Stromsysteme, bei synthetischen Kraftstoffen und in der Wasserstofftechnologie vorangebracht werden. Die Umstellung von einer konventionellen zu einer
regenerativen Stromerzeugung muss sich daran orientieren, ob Deutschland trotz seines künftig noch höher prognostizierten Stromverbrauchs in der Lage ist, Spitzen- und vor allem Grundlast über das gesamte Jahr zu garantieren.
Wir brauchen eine schnelle und pragmatische Umstellung der deutschen Energieversorgung. Dafür müssen wir bestehende Kernkraftwerke länger als geplant in unsere Stromversorgung einbeziehen. Eine gesicherte Versorgung ist nur dann gewährleistet, wenn die Produktion von Energie auf möglichst vielen und unabhängigen Säulen basiert, wenn die Grundlast 24/7 sichergestellt ist und die Bedarfsspitzen gut und zuverlässig bedient werden können. Meine Damen und Herren, wir müssen jetzt handeln.
Als Land sind unsere Mittel begrenzt, aber wir können vom Bund fordern: Lasst die Kernenergie als Brückentechnologie und zur Absicherung der Grundlast am Netz, bis die erneuerbaren Energien durch Speicherung grundlastfähig sind und die Stilllegung der Kernenergie vollständig auffangen könnten.
Nun empfehle ich Ihnen einen Blick aus dem Fenster: keine Sonne, kein Wind, und das seit mehreren Tagen. Kommen Sie in der Realität an! Wir brauchen zuverlässigen Strom. - Danke.
Ich sehe keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenbeitrag. Für DIE LINKE spricht die Abg. Frau Eisenreich. - Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Und ewig grüßt das Murmeltier“ möchte ich angesichts der - ich weiß schon nicht mehr wievielten - Debatte hier im Landtag um die Atomkraft und die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke voranstellen. Dabei sind doch inzwischen alle Argumente ausgetauscht und die Absurdität dieser Forderung längst erwiesen.
Aber nun ja, manch einem fällt es halt schwer, Fakten zu akzeptieren. Nachdem nun die drei vorherigen flammenden Plädoyers für die Atomkraft gehalten wurden, sollten wir uns einfach einmal wieder mit den Tatsachen und Fakten beschäftigen.
Die FDP trägt ja bei der Energiewende immer wieder das Mantra der Technologieoffenheit vor sich her. Nur, wissen Sie: Sie selbst erfüllen Ihre eigene Forderung nicht; denn immer wieder stellen Sie Behauptungen in den Raum: Erneuerbare Energien wären nicht grundlastfähig, Atomkraft ist CO2-neutral und daher nachhaltig;
außerdem sei Atomkraft billig. Ich glaube, da muss man einmal eine ganze Menge gerade- rücken. Ich empfehle Ihnen - dem ganzen Mitte-rechts-Block - daher dringend die Lektüre der jüngsten Publikation des Bundesamtes für Sicherheit und nukleare Entsorgung, kurz BASE
und die Menschheit hat eine ganze Menge hervorgebracht, allerdings eben nicht immer und nur ausschließlich zum Nutzen der Menschheit. Entscheidend ist dann doch die Frage: Wie geht man nun gesellschaftlich damit um? In der genannten Publikation wird aus meiner Sicht ein sehr anschauliches Bild verwendet, das ich hier gern einflechten möchte: Startet man eigentlich mit einer Technologie, ohne zu wissen, ob und wo man dann landen kann?
Oder werden vor dem Start Routen geplant, genau abgewogen und sichergestellt, dass am Ziel auch eine Landebahn vorhanden ist?
Bei der Atomenergie ist es jedenfalls nicht so. Es geht also darum, systematisch und ehrlich Risiken und Lösungen von Problemen bei einer Technologie vorherzusehen und abzuwägen. Im Falle der Atomkraft ist das eben nicht geschehen; denn auch nach 70 Jahren des Einsatzes ist die Entsorgungsfrage, vor allem des hochradioaktiven Atommülls, immer noch nicht gelöst. Wir bürden damit vielen nach- folgenden Generationen Abfälle auf, obwohl nur wenige Generationen einen direkten Nutzen aus dem Atomstrom gezogen haben. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist einfach unverantwortlich, und es verstößt im
Übrigen auch gegen das von Ihnen immer wieder zitierte Grundgesetz, das nämlich fordert, dass mit den Ressourcen und der Umwelt so umzugehen ist, dass die Lebensgrundlagen für die nachfolgenden Generationen erhalten bleiben.
Dazu lässt sich - neben der Entsorgungsproblematik - nachweisen, welche Schäden die risikobehaftete Technologie für Menschen und Umwelt hervorruft. Neben den allseits bekannten Reaktorunglücken von Tschernobyl und Fukushima haben weitere Atomunfälle für schwere Umweltschäden gesorgt. Da ist z. B. im Jahr 1979 in den USA der Damm eines Abraumbeckens gebrochen und die USA selbst betiteln dieses Unglück als „größten atomaren Unfall in ihrer eigenen Geschichte“. Die Liste größerer und kleinerer Unfälle ließe sich übrigens beliebig fortsetzen.
Aber bereits die Förderung von Uran birgt immense Risiken. Mehr als 99 % des Uranerzes müssen nach der Aufbereitung als Abraum auf Halde oder als Bergbauschlamm in Abraumbecken gelagert werden - also weniger als 1 % Urangehalt im Erz -, und dafür wird eine riesige radioaktive Kontaminationsquelle - und damit eine ständige Bedrohung für die Umwelt - geschaffen. Was im Übrigen die Sanierung solcher Gebiete betrifft, sollten wir in Mitteldeutschland doch einmal gut vor Augen haben: Bis 2020 hat die Sanierung der gesamten Hinterlassenschaften der Wismut in Westsachsen und Ostthüringen bisher fast 7 Milliarden € verschlungen und der Prozess ist immer noch nicht abgeschlossen. Also, meine sehr geehrten Damen und Herren, Nachhaltigkeit sieht aus meiner Sicht ganz anders aus.
Damit sind wir bei dem Thema der vermeintlichen Nachhaltigkeit von Atomkraft, wie sie nach der EU-Taxonomie vorgenommen wurde. Das ist einfach Unsinn. Ich kann doch nicht die Nachhaltigkeit allein anhand der Stromerzeugung aus Atomkraft beurteilen und dabei gleichzeitig Uranabbau, Baustoff- und Energieeinsatz beim Bau von Kraftwerken und der Herstellung von Brennstäben sowie die Sicherheit im Betrieb, die Endlagerung und die Auswirkungen auf die Umwelt nicht berücksichtigen. Das funktioniert nicht. Wenn man dann eine ganzheitliche Betrachtung vornimmt, sieht auch die viel gerühmte, tolle CO2-Bilanz schon einmal ganz anders aus. Im Übrigen - auch das steht in dieser sehr interessanten Publikation -: Sollte die Kernenergie Deutschland spürbar von CO2-Emissionen entlasten, brauchten wir nach Schätzung des BASE bis zu 150 Kernkraftwerke in Deutschland. Dazu kann ich dann nur sarkastisch sagen: Viel Spaß bei der Standortsuche!