Protocol of the Session on January 26, 2023

(Beifall bei der LINKEN)

Warum müssen denn die Landkreise Kredite für ihre kommunalen Einrichtungen geben? Warum werden diese Kredite von den Einrichtungen denn abgerufen? - Eben weil ein Liquiditätsminus besteht.

Krankenhäuser, meine Damen und Herren, sind immer defizitär, weil sie keine Wirtschafts- unternehmen sind, sondern eine soziale Einrichtung. Wenn Krankenhäuser wirtschaftlich sein sollten, müssten sie bei den Löhnen, beim Material und bei der Hygiene sparen. Die Zusammenarbeit der Uniklinik Magdeburg mit dem kommunalen Klinikum ist Ausdruck einer Notlage, nicht Ausdruck einer Angebotserweiterung.

(Zuruf von Konstantin Pott, FDP)

Dass die FDP hierbei wieder mit Betriebswirtschaft kommt, verdeutlicht klar das Problem im Gesundheitswesen: die Ökonomisierung des Gesundheitssystems. Wir setzen dagegen auf soziale Gerechtigkeit und gute Daseinsvorsorge.

Wenn Sie, meine Damen und Herren, wissen wollen, was kommt, dann schauen Sie bitte nach Havelberg. Bei einem „Weiter so!“ wer- den wir Havelberg an mehreren Orten haben. In Havelberg kämpfen die Menschen seit drei Jahren um eine medizinische Versorgung vor Ort, gerade erst wieder am letzten Freitag. Meine Fraktion war dort. Mein Fraktionskollege Wulf Gallert engagiert sich dort seit vielen Jahren aktiv und unterstützt die Forderungen der Havelberger*innen.

War die Gesundheitsministerin am letzten Freitag in Havelberg? - Nein.

(Zurufe von der SPD)

Hat jemand von den Koalitionsfraktionen dort am letzten Freitag das Wort ergriffen? - Nein.

Man übergibt lieber Schecks und macht nette Fotos. Es ist aber auch Ihre Aufgabe, dorthin zu gehen, wo es brennt.

(Zustimmung)

Ich kann nur hoffen, dass das bis 2026 nicht so weitergeht; denn sonst können wir hier gesundheitspolitisch einpacken. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Pähle, ist das eine Frage oder eine Wortmeldung als Fraktionsvorsitzende?

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

- Dann kommen Sie bitte nach vorn.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin deshalb nach vorn gekommen, weil Frau Anger gerade den Eindruck erweckt hat, als hätten sowohl die Ministerin wie auch Mitglieder der Koalitionsfraktionen bewusst den Termin in Havelberg verpasst. Nur zur Erinnerung: An diesem Tag war die Ministerin in Gardelegen und hat dort einen Zuwendungsbescheid übergeben. Und darum geht es doch, Frau Anger: Krankenhäuser in der Weiterentwicklung zu unterstützen, und zwar mit Landesmitteln.

Mit anderen Worten: Ich würde mich freuen, wenn die Ministerin noch bei sehr, sehr viel mehr Krankenhäusern unterwegs wäre, um Zuwendungsbescheide für die Zukunftsentwicklung unserer Gesundheitsversorgung zu über- geben. Das liegt im allgemeinen Interesse und sollte, ehrlich gesagt, von Ihnen hier nicht in einen falschen Zusammenhang gebracht werden und auch nicht skandalisiert werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Damit sind wir wirklich am Ende der Debatte angelangt und können den Tagesordnungspunkt schließen.

Der nächste Punkt ist die Mittagspause, allerdings, wie immer, nicht für alle; denn die innenpolitischen Sprecher treffen sich jetzt im Raum B1 11. - Wir setzen die Sitzung um 14:30 Uhr fort.

Unterbrechung: 13:31 Uhr.

Wiederbeginn: 14:30 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist 14:30 Uhr. Wir wollen uns so allmählich darauf einstellen, weiterzumachen. Meine Damen und Herren! Wir machen weiter. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

Aktuelle Debatte

Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier - Zwischenbilanz nach dem Antragsstopp?

Antrag Fraktion SPD - Drs. 8/2149

Zunächst hat wie üblich die Antragstellerin das Wort. Es wird der Abg. Herr Erben reden. - Herr Erben, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine Anmerkung zu der Drucksache zur Antragstellung: Das Fragezeichen, das dort hinter dem Wort Antragsstopp steht, gehört dort natürlich nicht hin, sondern das ist ein redaktionelles Versehen.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

Ich will kurz mein Manuskript zur Seite legen und einmal berichten, wie ich von dem Antragsstopp erfahren habe. Vielleicht ist es dem einen oder dem anderen auch so wie mir ergangen.

Wenn man sich bspw. auf „DER SPIEGEL (online) “ bewegt, dann bekommt man sehr häufig Werbung von Google angezeigt. Dort fiel mir im Dezember 2022 schon immer auf, dass der Strukturwandel Sachsen-Anhalt sehr intensiv wirbt. Der tauchte bei mir beständig auf. Dann habe ich mir gedacht: Guckst du doch einmal, - das war während der Weihnachtsfeiertage - was sich hinter dieser Werbung verbirgt. Dann klickte ich diesen Link an und bekam: Antragsstopp.

(Olaf Meister, GRÜNE, lachend: Läuft!)

Das war nämlich am 23. Dezember 2022 dort eingestellt worden. Ich war zugegebenermaßen etwas überrascht.

Der Ausstieg aus der Braunkohle als solcher hat in den letzten Wochen unter dem Stichwort Lützerath sicherlich einiges an Momentum in der öffentlichen Debatte gewonnen. Aber darum soll es heute überhaupt nicht gehen; denn beim Ende des Braunkohleabbaus geht es nicht um Wünsche, sondern es geht um Fakten. Zumindest in Sachsen-Anhalt ist das Datum recht klar gesetzt: Spätestens im Jahr 2035 wird das Abbaufeld Domsen des Tagebaus Profen aus- gekohlt sein - nicht weil wir das so wollen, sondern weil der Rohstoff dort schlichtweg nicht mehr vorhanden sein wird.

Wenn manche immer sehr laut fordern, dass das doch irgendwie weitergehen möge - das wird vermutlich nachher auch wieder von dem Vertreter der AfD-Fraktion kommen -,

(Oliver Kirchner, AfD: Das ist auch so!)

dann muss auch die Frage beantwortet wer- den, die zugegebenermaßen nur theoretisch ist: Ist es denn nun - das Dauerthema - Lützen oder die Egelner Mulde, die als nächstes um- gesiedelt werden muss?

(Andreas Silbersack, FDP: Ja, ja, ja!)

Ich vermute, auch heute werden sich die Kollegen der AfD-Fraktion um die Antwort auf diese Frage herumdrücken.

(Zurufe von der AfD: Nein! - Was?)

Viel wichtiger für die Menschen im Revier ist die Beantwortung der Frage, was nach der Beendigung des Braunkohleabbaus und der Braunkohleverstromung passieren wird, nämlich dass es auch nach dem Jahr 2035 noch gut bezahlte Arbeitsplätze im Mitteldeutschen Revier geben wird. Das ist für mich keine abstrakte oder eine statistische Frage. Für mich haben Begriffe wie Braunkohle, Ausstieg oder Strukturwandel ein Gesicht. Es ist das Gesicht meines Nachbarn. Es ist das Gesicht des Sportfreundes aus dem eigenen Sportverein. Es sind die Kollegen in der IG-BCE-Ortsgruppe. Es sind auch die eigenen Genossen im SPD-Ortsverein.

Es geht um Menschen, um diese Menschen. Es geht um ihre Kinder und ihre Enkelkinder. Werden die jungen Leute in Hohenmölsen, Zeitz oder Teuchern sagen: Ja, ich fange hier meine Ausbildung an, weil alles das vorhanden ist, was ich brauche? Oder werden diese jungen Menschen von ihren Eltern zu hören bekommen: Zieh lieber weg, hier kriegst du eh nichts, was gut und gescheit bezahlt wird?

(Zuruf: Was?)

Mit Blick auf diese Fragen wird sich langfristig die wirtschaftliche Zukunft für den Süden unseres Landes entscheiden. Ob diese Zukunft jedoch eine gute ist, muss derzeit beantwortet werden.

Das Strukturwandelprogramm der Landesregierung ist ambitioniert. Die vier Handlungsfelder

Wirtschaft und Innovation, Attraktivität des Reviers, treibhausgasneutrale Energie sowie Bildung und Fachkräftesicherung sind umfangreich ausgearbeitet und bieten an sich gute Perspektiven für ein Revier nach der Kohle. Nur wurde dieses Papier natürlich von der Entwicklung der letzten Jahre faktisch überrollt. Die Preissteigerung hat dazu geführt, dass bei zahlreichen Projekten neu kalkuliert werden muss. Über einigen schwebt der Rotstift, weil auch ein gewaltiger Betrag wie 1,6 Milliarden € aus dem Landesarm irgendwann verplant ist. Die Zeiten, in denen auch hier bei uns in SachsenAnhalt die Vertreter des Landes Sätze geprägt haben wie: Es fehlen die Ideen; Geld ist genug da, sind lange her. Sie klingen jedoch wie aus einer lange vergangenen Zeit.

Diese Lage erfordert jetzt einen Kassensturz. Wie viel Geld ist noch da? Wozu soll es eingesetzt werden? Unser Problem ist, dass sich das definierte Strukturwandelgebiet nun einmal über vier Landkreise und eine kreisfreie Stadt erstreckt. Doch das am stärksten betroffene Kernrevier - das sage ich nicht nur, weil ich von dort komme - ist jedoch wesentlich kleiner. Dass die Gelder bis zum Gartenreich Wörlitz fließen sollen, sorgt bei vielen Menschen im Kernrevier für erheblichen Frust.

Wenn jetzt ausgerechnet wegen regionaler Verteilungsfragen ein Antragsstopp für die Förderrichtlinie erfolgt, dann wird dieser Frust nicht kleiner sein. Wir erwarten daher, dass die Landesregierung schnellstmöglich eine Einigung mit dem Saalekreis erzielt, die diese Verteilungsfrage klärt, sonst erleben wir weiterhin ein Windhundrennen um die Fördergelder, bei dem ohnehin schwächere Kommunen schlichtweg nicht mithalten können.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)