Protocol of the Session on December 15, 2022

(Unruhe)

- Er kann sie aber nur realisieren, wenn wir jetzt ein bisschen Ruhe einkehren lassen. Danke.

Herr Redlich, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Herr Aldag, Sie haben gesagt, Sie waren bei einer Sitzung vor Ort. Nun ist es so: Ich bin aus der Region, ich bin dort groß geworden, ich lebe dort. Ich bin dort auch mit den Menschen unterwegs.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Ich betreue die schon seit sechs Jahren und bin dort auch sehr oft!)

- Sie wollten jetzt nicht vorn stehen, um dem Ganzen zuzuhören. Auf Ihrem Platz dürfen Sie es aber gern tun.

Bei solchen Sitzungen ist es immer so, dass sie natürlich auch eine bestimmte Klientel an- ziehen. Natürlich muss ein Einklang gefunden werden. Herr Hövelmann hat sehr deutlich gesagt, dass wir das dort machen müssen, damit die Menschen vor Ort auch leben können und dort Arbeit finden. Sie haben mit Ihrem Beispiel sehr deutlich gemacht, was passiert, wenn die Leute wegziehen. Auch das müssen wir schaffen.

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja, genau!)

Sie haben in Ihrem Beispiel auch den Stausee Kelbra angesprochen, wo der Umweltschutz plötzlich einseitig über die Interessen von allen Menschen dort gestellt wurde. Auch von Ihrer Fraktion wurden die Menschen eben nicht angehört.

(Zustimmung bei der CDU)

Auch das müssen wir beachten. Das heißt, wir müssen Mensch und Natur bedenken und dabei natürlich auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Industrie mit einbeziehen. Genau das tun wir Ort. Darum wollen wir uns auch be- mühen. Ich denke auch, dass wir das weiter im Blick haben werden. Was wir als Alternativantrag einbringen, tut dem keinen Abbruch.

(Zustimmung bei der CDU und von Jörg Bern- stein, FDP)

Es gibt zwei Fragen, und zwar von Herrn Tullner und von Herrn Thomas. Aber da sich Herr Aldag hingesetzt hat, haben sich diese nun erübrigt.

(Ulrich Thomas, CDU: Oh, schade!)

Insofern treten wir jetzt in die

Abstimmung

ein. Wir werden erst einmal, so wie beantragt, über die Überweisung der beiden vorliegenden Drucksachen abstimmen. Beantragt wurde eine Überweisung in den Umweltausschuss und in den Wirtschaftsausschuss. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer ist gegen eine Überweisung? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die AfD-

Fraktion. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.

(Zuruf von Marco Tullner, CDU - Lachen bei AfD)

Jetzt kommen wir zu der Abstimmung über die - -

(Unruhe bei der AfD)

- Leute, Entschuldigung, wenigstens bei der Abstimmung könnten wir uns doch einmal ein bisschen zurückhalten. Danke.

Wir kommen jetzt zu der Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 8/1979. Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die AfD-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 8/2008. Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Die AfDFraktion. Damit ist dieser Alternativantrag mehrheitlich angenommen worden.

(Zustimmung bei der FDP)

Damit beenden wir den Tagesordnungspunkt 6 und werden hier vorn noch einen kleinen Wechsel durchführen. - Danke.

Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 7

Beratung

Verkürzung ausufernder Planungszeiten in Deutschland - Straffung von Genehmigungsverfahren für alle Infrastrukturvorhaben

Antrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/1985

Einbringen wird diesen Antrag Herr Gürth. Er steht bereits am Rednerpult. - Bitte schön, Herr Gürth.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland ist, global betrachtet, hinsichtlich Bodenschätzen, Fläche und Einwohnerzahl eher klein und unbedeutend. Dennoch sind wir die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Das Fundament für unseren Wohlstand und unseren Lebensstandard, den wir jetzt genießen, für unser Sozialstaatsprinzip, das wir seit Jahrzehnten und Generationen aufrechterhalten und verteidigen, ist unsere globale wettbewerbsfähige Wirtschaft. Verlieren wir diese Wettbewerbsfähigkeit als international attrak- tiver Wirtschaftsstandort, verlieren wir auch unseren Wohlstand. Eine gute funktionierende öffentliche Verwaltung und eine moderne Infrastruktur sind wesentliche Voraussetzungen für diese Wettbewerbsfähigkeit.

Vor dem Hintergrund, dass Länder, die Entwicklungsländer waren, jetzt Schwellenländer sind, und die Schwellenländer von damals jetzt global ernst zu nehmende Konkurrenten sind, müssen wir uns mehr als bisher anstrengen, diese Wettbewerbsfähigkeit zu behalten.

Im Jahr 2000 hat das kleine Taiwan ein höheres Bruttosozialprodukt gehabt als China. Es galt als Wirtschaftsriese und politischer Zwerg. Davon ist heute in Anbetracht von 1,4 Milliarden Einwohnern und einem Entwicklungstempo, das atemberaubend ist, schon lange nicht mehr die Rede. Alle schauen auf Indien und haben tradierte Bilder im Kopf. Mit 1,2 Milliarden Menschen und mittlerweile führend in Branchen der Hightechindustrie fliegt es fast unter dem Radar. Sie sind unsere unmittelbaren Wettbewerber.

Bisher zählten 539 Flughäfen und Landeplätze, 33 600 km Schienenwege, 625 000 km Straßen und Tausende Kilometer Wasserstraßen, Dutzende wichtige Häfen für See- und Binnenschifffahrt zu unserer unverzichtbaren Infrastruktur für unsere Wettbewerbsfähigkeit und unseren Lebensstandard. Die digitale Infrastruktur muss heute hinzugerechnet werden. Alles zusammen verzeichnet einen immer größer werdenden Investitionsstau.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Lagen die Ursachen hierfür früher zumeist in der chronischen Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte für solche Investitionen zur Modernisierung durch Ersatzneubauten, ist dies schon seit Jahren nicht mehr der wichtigste oder gar alleinige Grund.

Verantwortlich für den Investitionsstau und für so manche vermeidbare Verteuerung von Ersatzneubauten und Infrastrukturinvestitionen sind überbordende, ausufernde, viel zu

aufwendige und unverantwortlich lang an- dauernde Genehmigungsverfahren.

20 Jahre vom Aufstellungsbeschluss für eine Ortsumgehung bis zum ersten Spatenstich - das ist Alltag in Deutschland. 23 Jahre von der Entwurfsplanung bis zur Inbetriebnahme von

Schienenwegen sind ebenso unverantwortlich lang.

Diese irren Genehmigungsprozeduren werden oft - das dürfen wir nicht vergessen - auch auf dem Rücken Tausender Menschen ausgetragen, welche dringend auf Entlastungen hoffen, bspw. hinsichtlich der angekündigten Ortsumgehung. Staus sorgen für zusätzliche Emissionen. Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm.

3 000 Brücken sind in einem unzureichenden Zustand. Das entspricht etwa 10 % der 27 000 km Autobahn, die wir haben. Soll bspw. eine marode Brücke aus den 60er-Jahren durch einen modernen Neubau ersetzt werden, weicht dieser natürlich vom Design der alten Brücke ab. Dies wiederum führt dazu, dass aufwendige Planfeststellungsverfahren für einen Ersatzneubau notwendig werden.

(Zuruf von der AfD)

Das bedeutet ein komplettes Planungsverfahren, welches teuer und langwierig ist und zu jahrelangen Sperrungen sowie zu Belastungen der Einwohner führt. Es gibt Einschränkungen, Staus, Mehremissionen. Ein simpler Ersatzneubau wird zu einer Generationenaufgabe.

Die Ampel in Berlin - alle, die jetzt auf AmpelBashing hoffen, muss ich enttäuschen; das ist nicht Ziel dieser Initiative - hat sich bspw. im Hinblick auf die Fahrgastzahlen bei der Bahn ein großes Ziel vorgenommen: Sie möchte sie verdoppeln. Das ist ein löbliches Ziel. Der Güterverkehr auf der Schiene soll von 19 % auf 25 % gesteigert werden. Der erforderliche Ausbau der Bahninfrastruktur wird diesen Anforderungen aber nicht gerecht werden können. Schon jetzt hängen wir hinterher, und nichts deutet darauf hin, dass Planungs- und Genehmigungsprozeduren diesem Ziel auch nur annähernd gerecht

werden können, wenn wir die Schienenwege ausbauen wollen. Wir bremsen uns selbst aus. Deswegen muss diesbezüglich etwas passieren.

Nehmen wir ein weiteres Beispiel, die Elektrifizierung unserer Bahnstrecken. Wir sind jetzt dabei, das Dieselnetz deutschlandweit dahin gehend zu prüfen, wo eine Elektrifizierung Sinn ergibt. Wir wollen das schneller voranbringen. Aber selbst dort, wo seit gut 100 Jahren Züge fahren - erst unter Kohledampf, jetzt mit Diesel oder dieselelektrisch -, ist ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren notwendig, um Ober- leitungen über diese Schienenwege zu ziehen. Das kann ich keinem erklären.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Kathrin Tarricone, FDP)