Meine Damen und Herren! Es ist heute schon gesagt worden, dass die Versorgung der Bauindustrie mit Gips notwendig ist. Auch DIE LINKE verschließt sich nicht den Notwendigkeiten. Auch wir möchten, dass es sozialen Wohnungsbau gibt und dass Gebäude gedämmt werden. Aber das Ausspielen des sozialen Wohnungsbaus oder der energetischen Sanierung gegen das Schutzinteresse der Natur kann man sich echt sparen, meine Damen und Herren.
Wir haben schon in unseren Debatten über das Müllimportland Deutschland, über unser Abfallgesetz und über die Deponien im Land deutlich gemacht, dass wir eine wesentlich höhere Recyclingquote bei Baustoffen brauchen. Das ist nicht nur ressourcenschonend, sondern das bewahrt die Menschen vor Ort davor, dass ihnen eine Müllhalde nach der anderen vor die Füße gekippt wird.
Meine Damen und Herren! Darum ist der Ansatz der GRÜNEN richtig, heute den Produktionsstandort Rottleberode dadurch zukunftsfest zu machen, dass Recyclinggips entsprechend ver-
arbeitet werden kann. Der Wegfall von REAGips darf nicht durch einen weiteren exzessiven Abbau von Naturgips kompensiert werden.
Darum sind Forschung und Innovation notwendig. Eine solche Innovationsidee konnte ich mir in Dessau ansehen, nämlich Ziegelbruch mittels Drehrohrtechnologie zu recyceln und dabei Gips zurückzugewinnen. Zudem kann Gips insgesamt gut recycelt werden, wenn man ihn, wie bei Glas üblich, entsprechend trennt.
Während wir in Deutschland eine Recyclingquote von 2 % bis 5 % haben, liegt sie in skandinavischen Ländern schon bei 30 % bis 60 %. Meine Damen und Herren! Ein solches Ziel wird mit kluger Regulatorik erreicht, vor der sich Bund und Land nicht drücken dürfen. Auf der Bundesebene muss das Kreislaufwirtschaftsgesetz reformiert und auf der Landesebene das Abfallgesetz angepasst werden. Recycling vor Neugewinnung von Rohstoffen und Deponierung. Die öffentliche Hand muss beim Einsatz von Recyclingmaterialien Vorbild sein.
Meine Damen und Herren! Die Debatte ist auch deswegen gut, weil sie deutlich macht, dass guten Worten nicht immer gute Taten folgen. Ich konnte gestern so ziemlich alles gutheißen, was Frau Kleemann zum Thema Grenzen des Wachstums, zur Ressourcenschonung und zur Biodiversität gesagt hat.
Heute haben wir einen Alternativantrag der Koalition, der nicht einmal mit einer Silbe den Schutz des Biosphärenreservates erwähnt. Das ist gefährlich, aber auch etwas entblößend.
Wenn Sie dort drüben einmal dem zugehört hätten, was Herr Loth alles angeklagt hat, dann würden Sie auch anders reden.
Meine Damen und Herren! Mit dem Beitrag des Deutschlandfunks, der am 6. Dezember gesendet wurde, wurde bekannt oder öffentlich noch einmal stärker bekannt, dass Erkundungsbohrungen im Biosphärenreservat und sogar im Naturschutzgebiet geplant sind. Wir erleben eine einzigartige Eierei des SPD-geführten Umweltministeriums dabei. Herr Willingmann, es ist Ihre Aufgabe, den einzigartigen Biodiversitätshotspot Karstlandschaft Südharz zu verteidigen.
Eigentlich sollten wir so weit sein, dass dieser wertvolle Naturraum mit seinen uralten Buchenwäldern, mit seiner seltenen Flora und Fauna, mit seinen 1 500 Farn- und Blütenpflanzenarten, mit geschützten Tieren wie der Wildkatze oder den 20 Fledermausarten, die zum Teil in den Karsthöhlen wohnen, als dauerhaft geschützt gilt. Es ist Ihre Aufgabe, diesen Naturraum vor weiterem Raubbau zu verteidigen.
Sollten tatsächlich Erprobungsbohrungen erfolgen, werden wir dem Ziel der Anerkennung des Biosphärenreservates weit entrücken. Im Gegenteil: Bei erfolgreicher Suche werden die Begehrlichkeiten groß sein. Darum braucht es klare Haltung für die Natur; denn wenn die artenreichen Urwälder oder uralten Buchen- wälder dem Raubbau an Gips geopfert werden, dann ist diese Landesregierung nicht besser als Bolsonaro, der den brasilianischen Urwald abholzen lässt.
(Oh! bei der CDU und bei der SPD - Zuruf: Ja- wohl! - Unruhe bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP - Dorothea Frederking, GRÜNE: Solch ein Fall! - Marco Tullner, CDU: Aua, oha!)
Als nächster Redner kommt Herr Schumann nach vorn und wird für die CDU-Fraktion sprechen. - Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland muss unabhängiger werden, nicht nur energetisch, sondern auch im Hinblick auf die Rohstoffversorgung. Übrigens merken wir das auch gerade in Sachen Arzneiversorgung. Man kriegt ja kaum noch Fiebersaft oder Antibiotika für Kleinkinder. Das ist auch ein Thema, das wir uns in SachsenAnhalt einmal auf die Fahnen schreiben können, aber an anderer Stelle.
Die Energiekrise führt uns vor Augen, wie wichtig eine unabhängige Energieversorgung ist. Wir alle wissen, wie wichtig Rohstoffe für unsere industriellen Wertschöpfungsketten sind. Ohne Rohstoffe gibt es keine Zulieferindustrie und ohne Industrie gibt es keine Innovation in Produkte und Verfahren. Ohne Innovation gibt es keine Zukunftstechnologien. Und ohne
Zukunftstechnologien gibt es keine Lösung der globalen Herausforderungen, übrigens auch nicht für den Klimaschutz.
Es gibt keine nachhaltige Entwicklung und vor allem keine Arbeitsplätze im Industrieland Deutschland. Dieser Zusammenhang ist aber die Stärke Deutschlands. Wir haben Unternehmen, die - verglichen mit anderen - unter Beachtung höchster Technologie-, Umwelt- und Sicherheitsstandards hier arbeiten und forschen. Wir haben hier Know-how, Forschergeist, einen funktionierenden Forscherverbund zwischen Unternehmen und Wissenschaft sowie innerhalb der Wertschöpfungskette. Aber wir sind ein rohstoffarmes Land. Wir brauchen also Roh-
stoffe zu wettbewerbsfähigen Preisen. Und wir brauchen zukünftig trotz Ressourceneffizienz nicht weniger, sondern sogar mehr Rohstoffe als heute.
Die GRÜNEN haben uns heute diesen Antrag vorgelegt, der beispielhaft mit dem Gipsabbau in Rottleberode das Ziel verfolgt, die Rohstoff- sicherung in Sachsen-Anhalt grundsätzlich zu verhindern.
(Ulrich Thomas, CDU: Das gibt es doch wohl nicht! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Es wird nicht wahr, indem man es wiederholt! - Un- ruhe)
- Ja, wir denken jedenfalls in eine komplett andere Richtung als Sie mit Ihrem Antrag. Für uns als CDU und als Koalition ist das Thema Rohstoffsicherung ein Teil
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Sie haben doch kein Recht auf Ihre eigene Wahrheit! - Guido Heuer, CDU: Aber Sie haben das!)
Aber Sie müssen doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir in einem Industrieland leben und nicht in einem Naturpark.
- Ja, genau. - Die sichere Versorgung SachsenAnhalts mit Rohstoffen zu wettbewerbsfähigen Preisen ist nicht nur eine Frage
unserer Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch unserer Zukunftsfähigkeit. Auch das ist richtig. Aber diese Recyclingfähigkeit wird niemals Ersatz schaffen für die gesamte Produktion. Das wird nicht funktionieren.
(Zuruf: Die Minister wissen nicht weiter! - Tobias Rausch, AfD: So, jetzt weiß er nicht mehr, was er sagen wollte!)
Sie findet nicht in theoretischen Erörterungen statt, sondern in der Realität. Ich habe den Eindruck, dass das hier noch immer unterschätzt wird. Daher warne ich davor, die Rohstoffversorgung als ein politisches Modethema zu behandeln. Sie ist das zentrale Thema der Exportnation Deutschland.
An vielen Stellen stoßen wir auf massive Veränderungen in der globalen Weltordnung. Immer mehr Länder in Europa und auf allen Kontinenten fragen intensiv Rohstoffe nach, um die eigene Entwicklung voranzutreiben. Sie wollen teilhaben an der industriellen Produktion, am Wachstum und am Wohlstand.
Eine Entwicklung, bei der etwa das Ziel der Versorgung Sachsen-Anhalts mit Rohstoffen dem Ziel der Ressourceneffizienz eindimensional
untergeordnet werden sollte, verkennt die Realität und schadet am Ende sogar der nachhaltigen Entwicklung; denn nirgendwo sonst als hier in Deutschland werden auf technologisch höchstem Niveau Rohstoffe ressourceneffizient gewonnen.
Ich mache jetzt einmal einen kleinen Sprung, weil die CDU für Technologieoffenheit steht. Wir stehen aber auch für den offenen Abbau und die Nutzung heimischer Rohstoffe.
Was passiert, wenn wir unsere eigenen Rohstoffe nicht nutzen, das erleben wir in diesen Tagen. Deutschland ist aus der Steinkohle ausgestiegen. Jetzt importieren wir über Zehntausende Kilometer südafrikanische, australische und südamerikanische Steinkohle völlig nachhaltig