Protocol of the Session on December 15, 2022

Abstimmung

Wir stimmen ab über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten in der Drs. 8/1984. Wer zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Koalition. Wer ist dagegen? - Die anderen. Damit wurde darüber abgestimmt und Tagesordnungspunkt 26 ist erledigt.

Herr Gallert hat das Vergnügen, mit Ihnen die nächste Runde zu drehen.

Dann kommen wir zum nächsten Vergnügen. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 28

Beratung

Bürgerrechte sichern! Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ abschaffen

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/1953

Die Einbringung erfolgt durch Herrn Tillschneider.

(Zustimmung bei der AfD - Guido Kosmehl, FDP: Applaus, wer noch nichts sagt!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Verfassungsschutzbericht 2021 des Landes Sachsen-Anhalt findet sich neben Rechtsextremismus und Linksextremismus ein eigenes neues Beobachtungsfeld, die sogenannte Delegitimierung des Staates.

(Guido Kosmehl, FDP: Verfassungsschutzre- levante!)

Auf Seite 122 des Verfassungsschutzberichts wird das neue Beobachtungsfeld wie folgt definiert - ich zitiere -:

„Bestrebungen dieses Sammelbeobach

tungsobjekts lehnen nicht zuvorderst die Demokratie unmittelbar ab, sondern agitieren in unbotmäßiger, verfassungsschutzrelevanter Weise gegen demokratisch legitimierte Repräsentantinnen und Repräsentanten des Staates und machen diese verächtlich.“

Wer in „unbotmäßiger Weise“ gegen die Regierung agitiert, soll also ein böser Delegitimierer des Staates und also ein Verfassungsfeind sein. Ich störe mich ein wenig an dem Begriff „unbotmäßig“. Der Duden definiert „unbotmäßig“ als „sich nicht so verhaltend, wie es von der Obrigkeit gefordert wird“. Der Begriff der „Obrigkeit“ wiederum ist bezogen auf den Begriff des Untertanen. Ihr Sprachgebrauch verrät uns also: Sie sehen sich insgeheim als Fürsten und Könige,

(Guido Kosmehl, FDP: Nee, nee, nee, nee, nee! Das ist bei Ihnen!)

die die Bürger als Untertanen beherrschen. Denn nur Untertanen können sich unbotmäßig verhalten. Und wenn sich die Untertanen unbotmäßig verhalten, dann wird ihnen der Inlandsgeheimdienst auf den Hals gehetzt.

(Beifall bei der AfD - Zuruf: Jawohl!)

Aufschlussreich ist auch die Formulierung, die Delegitimierer würden nicht zuvorderst die Demokratie unmittelbar ablehnen. Wir alle wissen: Diejenigen, die beobachtet werden, lehnen die Demokratie nicht ab. Im Gegenteil kämpfen sie für die Demokratie.

(Zustimmung bei der AfD - Lachen bei der CDU)

Das weiß auch der Verfassungsschutz. Deshalb unterstellt er kurzerhand, dieser Eindruck sei nur oberflächlich, wobei die holprige Formulierung anzeigt, dass doch eine gewisse Unsicherheit im Hintergrund steht. Ein Verfassungsschutz nämlich, der sich mehr um die Sicherheit des Staats als um die Sicherheit der Demokratie sorgt, ist kein Verfassungsschutz mehr, sondern nur noch ein kleines armseliges Amt für Staatssicherheit.

(Zustimmung bei der AfD)

Die Beispiele, die der Verfassungsschutzbericht selbst gibt, sprechen für sich. Fälle von verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des

Staates sollen etwa vorliegen, wenn jemand meint, die Regierung nutze die Coronapandemie, um die Bürger zu entrechten und über- wachen, oder wenn jemand den politisch Verantwortlichen ein diktatorisches Verhalten unterstellt und zum Widerstand dagegen aufruft, oder wenn jemand das in Davos tagende Weltwirtschaftsforum dafür kritisiert, dass die dort versammelten Akteure eine Auflösung traditioneller gesellschaftlicher Strukturen anstreben.

Wissen Sie: Ich sage es offen. Natürlich haben Sie die Coronapandemie genutzt, um einmal in Erfahrung zu bringen, wie viel Entrechtung und Überwachung sich die Bürger gefallen lassen. Und ja, Sie haben sich diktatorisch aufgeführt. Und ja, ich bin der Meinung, dass die Herren in Davos mit ihrem Great Reset eine ökosozialistische Weltdiktatur des großen Geldes an- streben.

(Zustimmung bei der AfD)

Das ist alles von der Meinungsfreiheit gedeckt, die die Substanz der freiheitlich-demokra- tischen Grundordnung bildet.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Indem Sie darauf nicht anders als mit dem Knüppel der VS-Beobachtung zu reagieren wissen, zeigen Sie doch nur, dass Sie mit echter Kritik nicht umgehen können und mit Meinungsfreiheit nicht viel anzufangen wissen. Ihr Motto ist „Repression statt Diskussion“.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Weshalb? - Weil Sie keine Argumente haben. Damit - das ist die besondere Ironie dabei - zeigen Sie selbst, dass an der Kritik wohl doch etwas dran ist und dass die Vorwürfe, die Sie Ihrerseits delegitimieren wollen, legitim sind. Sie wollen Kritik, die Sie nicht widerlegen können, mit dem neuen Totschlagargument der Delegitimierung des Staates erledigen. Das ist eine geistige Bankrotterklärung. Glauben Sie mir: Das fällt auf Sie selbst zurück.

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Sie fürchten sich um Ihre Legitimität wie sich eine alte Hure um ihren moralischen Ruf fürchtet.

(Lachen - Tobias Krull, CDU: Jetzt aber bitte mal die Worte korrekt wählen!)

Jeder sieht Ihren wunden Punkt, und jede Stichelei in Richtung Ihres wunden Punktes beantworten Sie mit Überreaktionen, die nichts anderes sind als das sprichwörtliche Bellen der getroffenen Hunde.

(Zustimmung bei der AfD - Alexander Räu- scher, CDU: Wauuu!)

Sie wollen der Opposition ganz genau vorschreiben, wie sie die Regierung noch kritisieren darf. Wenn aber die Regierung der Opposition vorschreiben kann, welche Art von Kritik ihr, der

Opposition, noch erlaubt sein soll, dann kann man das zwar machen, man sollte sich aber bitte nicht einbilden, in einer Demokratie zu leben.

Was Sie wollen, ist nichts anderes, als eine ge- fügige Scheinopposition und bestenfalls eine gelenkte Demokratie. Wenn Sie sich das nächste Mal beschweren, die Russische Föderation sei keine echte Demokratie,

(Zurufe von Alexander Räuscher, CDU, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

dann sage ich Ihnen, kehren Sie besser vor der eigenen Tür.

(Zustimmung bei der AfD - Dr. Katja Pähle, SPD: Unglaublich!)

Durch Ihr eigenes Verhalten delegitimieren Sie sich gründlicher, als es jede Opposition könnte. Geht es nach Ihnen, soll nur noch eine Kritik zulässig sein, die die Regierung nicht mehr grundsätzlich infrage stellt. Das heißt, wir dürfen, um nicht als böse Delegitimierer und also Verfassungsfeinde zu gelten, nur noch technokratische Verbesserungsvorschläge anbringen und z. B. sagen, dass statt einer Impfpflicht besser eine Testpflicht verhängt werden sollte oder statt einer Testpflicht eine Maskenpflicht.

Oder wir dürfen sachbezogen darüber streiten, welche Coronatesttypen genau wo und wann zu verwenden sind. Wir dürfen aber die Gesamtheit der Maßnahmen nicht mehr als das kritisieren, was sie waren, nämlich als staatlichen Übergriff und völlig unverhältnismäßige Freiheitseinschränkungen.

(Zustimmung bei der AfD)

Genau darin, in dieser Unterdrückung von Grundsatzkritik durch den Regierungsapparat,

liegt zurzeit die größte Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Denn wenn eine Regierung sich daran machen würde - ich abstrahiere jetzt von unserer historischen Situation und spreche deshalb im Konjunktiv -, eine Pandemie für die Errichtung einer Diktatur zu nutzen, könnte das nicht mehr kritisiert werden. Ist es aber ausgeschlossen, dass derartiges passiert?

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Machtgier und Machtmissbrauch, Opportunismus und Feigheit liegen in der Natur des Menschen. Keine Regierung dieser Welt ist vor solchen Fehlentwicklungen gefeit, weshalb es in einer Demokratie die Aufgabe der Opposition ist und bleiben muss, solchen Fehlentwicklungen mit Kritik entgegenzutreten, wobei ihr niemand vorschreiben darf, wie weit diese Kritik zu gehen hat und wie grundsätzlich sie sein darf.

(Beifall bei der AfD)