Wenn vom grünen NRW-Verkehrsminister behauptet wird, man müsse vermeintlich gute Infrastruktur priorisieren, dann hat er vermutlich parteipolitische Prioritäten im Blick.
Dass er es der grünen Wählerschaft eher zumuten wird, Klagemöglichkeiten gegen eine Stromtrasse auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen als gegen eine Autobahn, ist durchaus verständlich. Wenn aber die Planungskapazitäten im Straßenbau in langwierigen Prozessen gebunden sind, dann sorgt das eher nicht dafür, dass es bei anderen Infrastrukturen schneller geht.
Man kann beklagen, dass das, was die Bundesregierung bisher vorgelegt hat, nicht ausreicht. Sicher, eine Eisenbahnstrecke, die zehn Jahre bis zur Fertigstellung benötigt statt 20 Jahre,
kann man trotzdem erst im nächsten Jahrzehnt benutzen. Mit einer großen Reform wird es aber ohnehin nicht getan sein. Die Materie ist so komplex geworden, dass viele Stellschrauben zu drehen sind.
Sehr Erfolg versprechend für die Planungsbeschleunigung ist die konsequente Digitalisierung der Verfahren. Ganz grundsätzlich brauchen wir jedoch auch einen gesellschaftlichen Sinneswandel. Als hervorragendes Beispiel wird gerne Dänemark benannt. Über Großprojekte wie die Öresund-Brücke wird dort im Vorfeld der Entscheidung eifrig diskutiert. Wenn sie aber gefallen ist, übrigens im Parlament, dann wird sie auch akzeptiert. Eine solche grundsätzliche demokratische Übereinkunft brauchen wir auch. Ansonsten werden wir immer wieder Wege finden, um Sand ins Getriebe zu werfen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Frau Lüddemann ist heute krankheitsbedingt nicht da und ich darf sie bei diesem Tagesordnungspunkt vertreten.
Das Gelingen der Energiewende und der Mobilitätswende ist auf zügige Planungs-, Genehmigungs- und Bauphasen angewiesen. Bis ein Windrad Strom produziert, bis ein Dieselzug durch eine E-Lok ersetzt werden kann, bis Radfahrende einen sicheren Radweg nutzen können,
bis unser Schienennetz steigenden Bedarfen an Personen- und Güterverkehr gerecht wird, dürfen eben nicht Jahre und Jahrzehnte ins Land gehen.
Eine Beschleunigung dieser Vorhaben erreichen wir vor allem durch eine fachlich fundierte und von Beginn an rechtmäßige Planung; denn dann braucht es auch keine langwierigen Gerichtsverfahren, um Vorhaben nachträglich rechtskonform auszugestalten.
Wenn man es aus Nachlässigkeit, Kalkül oder auch Kostendruck auf Klagen ankommen lässt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn Umweltverbände entsprechend und notwendigerweise regelhaft aktiv werden.
An dieser Stelle, Frau Ministerin Dr. Hüskens, erlaube ich mir eine Empfehlung, wenn Sie schnell nach Stendal kommen wollen. Man braucht eben nicht für alle Strecken notwendigerweise ein Auto.
(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bernstein, FDP: Wir wollten an die Ostsee! An die Ostsee! - Weitere Zurufe)
Ein zweites Beispiel ist die B 6n. Die seltenen Krötenpopulationen waren ja schon im Vorfeld bekannt. Wäre eher an dieser Stelle sauber gearbeitet worden, hätte es keine Klagen und auch keine Nacharbeiten gebraucht.
Unzureichende Planungen sind also der erste Flaschenhals aller Infrastrukturmaßnahmen. Der zweite ist, dass es nicht genügend Personal in den zuständigen Ämtern und Behörden gibt. Nicht der Feldhamster verlangsamt die Fortentwicklung unserer Infrastruktur,
Der Punkt der Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen ist sicherlich sehr relevant. Dass immer noch wäschekörbeweise Papierakten eingereicht werden müssen, stammt doch aus einem anderen Jahrhundert. An dieser Stelle gilt es, noch Potenziale zu heben. Dabei bin ich ganz bei Ihnen, Herr Gürth. Die Frau Ministerin hat es gesagt. Frau Tarricone, Sie haben es auch erwähnt. In Ihrem Antrag steht es auch
Wenn wir diese drei Flaschenhälse in den Blick nehmen und auch gelöst bekommen, dann werden wir in Deutschland unsere Infrastruktur wesentlich reibungsloser modernisieren können.
Wir GRÜNEN sehen aber mit dieser Diskussion auch eine grundsätzliche Gefahr verknüpft. Ich will es einmal so sagen: Die Debatte zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung darf nicht zum Trojanischen Pferd werden, um die Rechte von Umweltverbänden zu beschneiden.
Es melden sich jetzt nämlich Akteure zu Wort, denen die Klagerechte von Umweltverbänden und entsprechende Auflagen schon immer ein Dorn im Auge sind und die meinen, mit dem allseits beliebten Beschleunigungsbegriff jetzt ein gutes Argument gefunden zu haben. Nicht mit uns GRÜNEN; das muss auch ganz unmissverständlich klar sein. Ich bin unserer Bundesumweltministerin dankbar, hierfür klare Worte zu finden.
Wenn es aber nötig und sinnvoll ist, also Infrastruktur und Klima dient, dann muss es Ausnahmen geben, so geschehen bei den Ausnahmeregelungen für LNG-Terminals und so auch geschehen im Koalitionsvertrag für die Bundes- regierung etwa in Sachen Elektrifizierung von Bahnstrecken, aber eben primär nur in Fällen von kritischer Infrastruktur, zu denen gemäß Koalitionsvertrag für die Bundesregierung ge- hören - ich zitiere -: „systemrelevante Bahn- strecken, Stromtrassen und Ingenieursbauwerke, z. B. kritische Brücken“,
Zeitersparnisse auf Kosten der Umwelt, auf Kosten der Artenvielfalt, zulasten des Klimas darf es nicht geben und wird es mit uns GRÜNEN nicht geben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion möchte ich hier noch zwei, drei Dinge klarstellen und zum Antrag sagen.
Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, wie sie jetzt auf Bundes- und EU-Ebene im Gespräch ist, darf nicht nur auf LNG oder Infrastruktur und erneuerbare Energien in diesem Zusammenhang bezogen werden, sondern die Beschleunigung ist dringend notwendig für alle Infrastrukturvorhaben.
Der Redebeitrag der von mir geschätzten Kollegin Frederking offenbart eines, nämlich eine beispiellose Heuchelei.