Protocol of the Session on December 14, 2022

Wir bilden heute Nachwuchs aus, der dann aufgrund der besseren Bezahlung nach

Sachsen, Thüringen, Niedersachsen und Brandenburg abwandert. Wenn uns nachweisbar ein Drittel der jungen Lehrkräfte verlässt, dann haben wir ein Problem. Genau deshalb müssen wir erneut über diesen Punkt reden.

Was haben wir schon auf den Weg gebracht? - Ganz ehrlich: Auch darauf muss man hin- weisen. Denn auch wenn die Situation so ist, wie beschrieben, haben wir in der Koalition doch schon einiges in Bewegung gesetzt. Zum Schulhalbjahr wird es Arbeitszeitkonten für Lehrkräfte geben. Für die Schule besteht die Möglichkeit, ihren Unterricht anders zu gestalten. Das 40-10-Modell ist hierbei das Schlagwort.

Das Ministerium plant für das nächste Jahr Stipendien für Lehramtsstudierende an Sekundarschulen, die MINT-Fächer studieren. Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst können ab der elften Unterrichtsstunde freiwillig mehr arbeiten.

Für diese und künftige Maßnahmen ist aber eines unverzichtbar: Sie dürfen nicht in einem Flaschenhals in der Schulverwaltung stecken bleiben. Viele Probleme, die an uns herangetragen werden, könnten vermieden werden, wenn die Schulverwaltung flexibler und moderner ausgestattet wäre. Dafür muss sie personell und fachlich gestärkt und an der Spitze professionalisiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bildung ist die wichtigste Ressource, die wir in Sachsen-Anhalt haben. Wir tun gut daran, uns diesem schwierigen Thema intensiv zu widmen und nicht so zu tun, als wären einfach nur mehr Studienkapazitäten die Lösung für unsere Probleme,

(Zustimmung bei der FDP)

als wäre die Neuausrichtung an der OVGU die Lösung unserer Probleme. Es geht um kurzfristige Maßnahmen - dazu habe ich einige Dinge gesagt - und es geht um mittel- und langfristige Maßnahmen.

Bei aller Diskussion bitte ich alle engagierten Bildungs- und Wissenschaftspolitiker im Blick zu behalten, dass auf ein Tief in der Lehrerversorgung immer ein Hoch folgt. Genau an diese Konsequenz müssen wir bereits heute denken. Denn wir wissen, wie lange die Lehramtsausbildung dauert. Sie eignet sich im Übrigen kaum für das Umstellen auf eine Ausbildung auf Fachhochschulniveau. Deshalb ist es gut, diese Diskussion sachlich fundiert zu führen.

Die Grundidee, dass für den Norden des Landes Lehrkräfte nur gewonnen werden können, wenn sie im Norden des Landes ausgebildet werden, halte ich persönlich für falsch.

(Zustimmung bei der CDU)

Niemand von uns käme auf die Idee, Magdeburg benötige eine eigene juristische Fakultät, weil es im Norden des Landes zu wenige Juristinnen und Juristen gibt.

(Zustimmung bei der CDU und von Andreas Silbersack, FDP)

Niemand käme auf die Idee, Verwaltungsfachassistenten aus dem Harz abzuziehen, weil in Wittenberg Stellen unbesetzt bleiben. Genau vor diesem Hintergrund ist unsere vorderste Aufgabe, die Besetzungen zu beschleunigen, den Lehrerberuf in Sachsen-Anhalt attraktiv zu gestalten, die Bremsen, die wir haben, zu lösen, damit wir schneller und besser ein- stellen können als die uns umgebenden Bundesländer. Damit können wir im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler und im Interesse unserer Schulen sehr schnell sehr viel erreichen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Frau Dr. Pähle, Sie waren sehr schnell. Es gibt eine Intervention von Herrn Lippmann.

(Lachen bei der AfD - Zuruf von der AfD: Nein!)

Ich betone, dass ich das jahrelange Festhalten, insbesondere auch der SPD, an der geschlossenen Lehrerausbildung in Magdeburg für Irrsinn halte und dass das der Grund dafür sein wird, dass die Probleme, für die wir jetzt natürlich

irrsinnige kurz- und mittelfristige Lösungen benötigen, über das Jahr 2035 bestehen bleiben werden.

Mit der gegenwärtigen Lehrerausbildung, mit den gegenwärtigen Kapazitäten,

(Christian Hecht, AfD: 30 Sekunden!)

ohne Magdeburg in einem Flächenland, verspielen wir jetzt die Chance, überhaupt irgendwann aus der Sache herauszukommen - es sei denn, wir setzen auf das Aussterben des Landes, nämlich auf sinkende Schülerzahlen.

Aber genau das hat sich in den letzten Jahren nicht bewährt. Die Schülerzahlen sind nicht gesunken, und wir wissen, dass sie auch bis zum Jahr 2030 - ich sage, sogar darüber hinaus - nicht sinken werden. Wir schaffen mit dieser Haltung heute die Probleme derer, die in zehn bis zwölf Jahren hier in diesem Haus sitzen und die gleichen Debatten führen werden, wie wir sie heute führen.

Frau Dr. Pähle.

Sehr geehrter Herr Kollege Lippmann, Sie wissen, dass ich Ihre fachliche Expertise an vielen Stellen sehr schätze. Aber bei dieser werde ich immer und immer wieder widersprechen. Ich kann es Ihnen auch herleiten: Wir haben bundesweit aktuell einen Lehrkräftemangel. Wir haben überall das Ringen um Lehrkräfte.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Genau das ist das Problem!)

Ich frage Sie ganz ehrlich, ob es wirklich unser Ansatz sein muss, dafür zu sorgen, eine neue Ausbildungsstätte wiederaufzubauen mit einer Berufsperspektive für neu zu berufende Professorinnen und Professoren von 30 bis 35 Jahren, um dann Lehrkräfte auszubilden, die wir wahrscheinlich nicht alle benötigen werden.

Die wichtige Frage ist - Frau Feußner hat darauf hingewiesen -: Die Anzahl der Abiturabgänger betrug im vergangenen Jahr knapp etwas mehr als 5 000 Abiturientinnen und Abiturienten. 1 200 Studienplätze werden im Erstsemester für das Lehramt in Halle plus einige zusätzliche Plätze in Magdeburg angeboten. Aus welchem Fundus wollen Sie denn den Aufwuchs von Studienkapazitäten besetzen?

Sollte es nicht unsere Aufgabe sein, z. B. die Frage zu stellen, warum wir Lehrkräfte aus Baden-Württemberg, die in den Sommerferien entlassen werden, mit einer Perspektive der Festanstellung nicht für Sachsen-Anhalt gewinnen können?

(Zuruf von Ministerin Eva Feußner)

Das ist doch in dieser Phase der wesentlich lohnendere Aspekt, als darüber zu spekulieren, in fünf oder sechs Jahren aus einem neu aufgebauten Studiengang zusätzlich ausgebildete Lehrkräfte zu haben, die wir dann aus einem Abiturfundus schöpfen, der sowieso viel zu klein ist, um alle Bedarfe im Land zu decken.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. - Es folgt als nächster Redner Herr Dr. Tillschneider.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Man muss nicht durch jede Pfütze gewatet sein, um zu wissen, dass es geregnet hat - eine alte Historikerweisheit. Das passt aber auch hervorragend auf die Bildungspolitik, wie sie ein Lippmann betreibt.

Kollege Lippmann ist nämlich genau so einer, der meint, er müsste durch jede Pfütze waten, um dann lang und breit davon zu berichten, wie tief sie war und wie dreckig das Wasser. Doch was ist damit gewonnen?

So frage ich mich: Was ist damit gewonnen, wenn Sie wieder einmal mit einer Ihrer kreuzüberflüssigen Anfragen bspw. zutage gebracht haben, dass im Land Sachsen-Anhalt an den Grundschulen im Schuljahr 2019/2020 exakt 68 469 Unterrichtsstunden ausgefallen sind - nicht 60 000; nicht 70 000; 68 469? - Nichts ist damit erreicht.

Wir wissen nämlich auch ohne Lippmann, dass viel zu viel Unterricht ausfällt. Wir wissen auch ohne Lippmann, dass Lehrer fehlen. Wir wissen auch ohne Lippmann, dass unser Bildungssystem in einer tiefen Krise steckt.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Sie haben keine Lösungen. Sie verstehen sich nur auf das Lamentieren, auf endlose Monologe und auf eine nerventötende Erbsenzählerei. Dazu passt auch wieder diese Aktuelle Debatte.

Als ich mir die Begründung durchgelesen habe, dachte ich mir: Wie substanzlos kann eine Debattenbegründung nur sein? Sie klagen lang

und breit über den Unterrichtsausfall. Dann ziehen Sie Ihr Fazit und sagen - ich zitiere -:

„Wenn man die Schulkrise stoppen will, dann nur mit aller Kraft und dem Ausschöpfen aller möglichen Maßnahmen.“

Die Schulkrise stoppen - allein schon diese dümmliche Formulierung sagt doch alles - so als wäre diese tiefe Krise etwas, das sich einfach stoppen ließe, indem man einen Schalter umlegt. Sie sagen nicht einmal ansatzweise, was denn qualitativ geändert werden müsste. Sie deuten nicht an, welchen Ansatz Sie verfolgen wollen, um das Problem zu lösen. Sie sagen einfach nur: Wir müssen uns mehr anstrengen. - Nein! Wenn man auf dem falschen Weg ist, dann sollte man sich nicht wie ein sturer Gaul in seinem Trott noch mehr anstrengen, sondern innehalten und nachdenken.

Der Fehler des Bildungsministeriums ist jedenfalls nicht, dass es sich zu wenig anstrengen würde. Nein, der Fehler ist, dass man im Ministerium nicht das Richtige tut. Dazu aber können Sie nichts sagen. Das können Sie gar nicht verstehen, weil Sie ja auch auf dem falschen Weg sind.

Sie, die Sie sich hier als Retter in der Not auf- spielen, sind in Wahrheit diejenigen, die diese Krise sehenden Auges herbeigeführt haben. Ich sage: Sie, die LINKEN, sind in der Bildungspolitik das Hauptproblem.

(Zustimmung bei der AfD - Monika Hoh- mann, DIE LINKE, lacht - Zuruf von Andreas Henke, DIE LINKE)

Natürlich waren Sie die letzten Legislaturperioden nicht in der Regierungsverantwortung; das wissen wir. Aber der Ungeist, den Sie repräsentieren, durchzieht die gesamte Bildungspolitik

dieser Republik und zieht unser Bildungswesen in den Abgrund.

Die GRÜNEN sind nicht besser, vielleicht sogar noch etwas schlechter, und die CDU besteht aus einem Haufen von Mitläufern, die dem Vernichtungswerk der LINKEN mangels konservativer Ideenbasis kaum noch etwas entgegensetzen können und wollen.

(Unruhe - Olaf Meister, GRÜNE, und Andreas Henke, DIE LINKE, lachen - Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

So treiben die LINKEN in der Bildungspolitik die Regierung vor sich her und die Regierung lässt sich bereitwillig treiben. So schaut es in unserem Land aus.